Diese Pläne, die Herr Seehofer im dritten Neuordnungsgesetz hatte, hat er jetzt in seiner Schublade. Ich gebe Ihnen Brief und Siegel darauf, dass er sie sofort wieder herausholen wird. Er ist nur diesmal etwas schlauer geworden, er wirft jetzt nur ein paar Nebelkerzen. Sie sollen sich nicht von diesem solidarischen System verabschieden, oder Sie müssen sagen, wie Sie das alles finanzieren wollen, was Sie in Ihrem Programm haben. Ich bin ganz gespannt darauf!
Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas zu den DiseaseManagement-Programmen, wie das ja so schön auf Neudeutsch heißt. Ich bin mehr für den Ausdruck Krankheitsmanagement, weil es genau das ist. DMP, das klingt immer alles ganz schön. Wir hatten die Frage ja auch gestern in der Fragestunde. Ich habe vorhin noch dafür gesorgt, dass diese Antwort auf die Frage vorgelegt wird, weil das gestern nicht geschehen ist. Die Antwort liegt vor, und wenn Sie hineinschauen, dann ist der Senat der Freien Hansestadt Bremen für die Einführung von Disease-Management-Programmen, das ist die beschlossene Antwort des Senats. Ich frage mich nur, Frau Dreyer, warum stellen Sie sich hier hin und sagen, Sie sind dagegen? Der Senat hat uns gestern geantwortet, er ist für die Einführung der strukturierten – –.
Natürlich, so etwas wollen Sie nicht hören! Das liegt bei Ihnen auf dem Tisch, das können Sie nachlesen! Damit ist nämlich ein wichtiger Schritt zur Beseitigung der durch Gutachten belegten Versorgungsmängel getan, insbesondere hinsichtlich der chronisch kranken Versicherten.
Wir hatten Ähnliches gestern schon einmal mit Herrn Böse. Herr Böse ist entgegen der CDU für die Einführung von 0,0 Promille für Führerscheinanfänger. Der Senat, Herr Böse, Herr Hattig, Herr Perschau sind für die Einführung von DMP, nur Frau Dreyer ist dagegen. Jetzt frage ich Sie, Herr Eckhoff, als Vorsitzender, sind Sie auch dagegen?
(Beifall bei der SPD – Abg. E c k h o f f [CDU]: Wir sind alle dagegen! Sie kennen doch unser Wahlprogramm, oder nicht?)
Das finde ich ja unheimlich spannend. Dann möchte ich Sie doch einmal bitten, innerhalb der CDU erst
einmal zu sortieren, wofür und wogegen Sie sind, und das dann hier dem Hause auch deutlich zu machen!
Ich möchte aber noch ganz gern etwas zu den Inhalten der DMP sagen, weil es ja in der Öffentlichkeit gar nicht so bekannt ist. Die Krankenkassen können ihren Versicherten künftig spezielle Behandlungsprogramme für chronische Erkrankungen anbieten. Die Patienten werden anhand von Leitlinien behandelt, und die Krankenkassen werden ermuntert, die Versorgung von chronisch Kranken zu verbessern, indem Ärzte, Krankenhäuser, Therapeuten zusammenarbeiten und die Behandlungsmaßnahmen aufeinander abstimmen. Hier fängt es an, spannend zu werden. Diesen Topf gibt es nur einmal zu verteilen! Ich kenne ja nun auch die Kassenärztliche Vereinigung, die zwar momentan etwas andere Probleme hat, aber die Kassenärztliche Vereinigung will partout die Einführung dieser DMP nicht. Warum wohl? Es geht auch um die Verteilung von Geld. Der Patient bleibt dabei absolut wieder auf der Strecke, und das finde ich einen Skandal.
Frau Dreyer, natürlich ist es unser Programm, aber wir sitzen leider nicht in der Kassenärztlichen Vereinigung, und ich finde – –.
Jetzt einmal ganz langsam! Die Kassenärztliche Bundesvereinigung ist ein Gremium, wie heißt das – –?
Nein, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts! Die Disease-Management-Programme sind seit 1. Juli 2002 Gesetz, und wenn sich eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht an Gesetze hält, dann, finde ich, macht sie sich überflüssig in dieser Stadt.
Es muss den Ärzten doch schon sehr nahe gehen, wenn ihre Kassenärztliche Bundesvereinigung jetzt mit diesen unseriösen Mitteln versucht, Patienten zu verunsichern und Politik zu verunglimpfen.
Meine Damen und Herren, die Kassenärztlichen Vereinigungen haben sich entschieden, diesen Weg so zu gehen. Ich kann die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung nur auffordern einzuhalten. Sie werden hinterher
mit den gleichen Personen, die jetzt Gesundheitspolitik in Berlin machen, wieder an einem Tisch sitzen, und sie sollten das Klima nicht vergiften, denn irgendwo müssen wir anschließend die Reform im Gesundheitswesen gemeinsam anpacken. Dass es Reformen geben muss, das steht außer Zweifel. Frau Hoch hatte es heute schon gesagt: ambulante Versorgung und stationäre, der Mensch begreift manchmal gar nicht diese vielen Gesetze, die wir haben. Ich habe ein kleines Beispiel dafür: Ein Mensch hat es am Rücken, er wird krank, für ihn ist das SGB V zuständig, nämlich die GKV. Er ist lange krank, wird rehabilitiert, zuständig ist dann das SGB IX. Er wird arbeitslos und soll durch Wiedereingliederungsmaßnahmen fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden, nun kommt das SGB III in Anwendung. Der Patient wird aber pflegebedürftig, das SGB XI kommt in Anwendung. Durch lange Arbeitslosigkeit, Wiedereingliederung, Rehabilitation, Pflegebedürftigkeit haben auch seine Kinder Probleme, hier ist dann das SGB VIII zuständig. Das Einkommen reicht nicht mehr, dafür kommt SGB XII in Anwendung. Meine Damen und Herren, hier sollten wir ansetzen, bei unseren Gesetzen, die wir haben. Es kann nicht angehen, dass wir für jedes neue Problem ein neues Sozialgesetzbuch schaffen, sondern wir sollten dies gemeinsam durchforsten. Zum Schluss jetzt noch die DRG! Sie tun ja immer so, als wenn die rotgrüne Bundesregierung sich da etwas ganz Hinterhältiges ausgedacht hat. Die DRG, Frau Kollegin, wenn Sie das nicht wissen, werden mit der Einführung des Fallpauschalengesetzes wichtig. Für die, die nicht ganz in der Thematik sind, lassen Sie mich kurz erläutern! Mit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz hat der Gesetzgeber, Paragraph 17 b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene, ich sage noch einmal, die Selbstverwaltungspartner aufgefordert zu handeln. Herr Seehofer hat immer gesagt, Selbstverwaltung ist das A und O, keine Mitsprache, Selbstverwaltung, das war das A und O! Die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene, also Deutsche Krankenhausgesellschaft, Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherungen, beauftragen zum 1. Januar 2003, dieses DRG-Fallpauschalensystem für die Vergütung vor- und teilstationärer Krankenhausleistung einzuführen. (Glocke)
Von Ambulanz war da nie die Rede, insofern müssten Sie sich vielleicht noch einmal diesen Gesetzestext holen. Diese Vorgabe ist auch nicht vom Himmel gefallen, sondern, Frau Dreyer, diese Vereinbarung beruht noch auf Lahnstein. Da waren sich die beiden großen Volkspartein noch relativ einig in der Gesundheitsgesetzgebung.
Ja, natürlich ist das lange her, aber darauf beruhen die DRG, das ist noch eine Vereinbarung von Lahnstein, das ist nicht irgendetwas Hinterhältiges, das sich Rot und Grün ausgedacht haben. Über Partei- und Ländergrenzen, das hat nichts mit SPD, CDU und Grünen zu tun, alle waren sich einig, dass im Krankenhausbereich ein modernes und leistungsorientiertes Vergütungssystem benötigt wird, mit dem Qualität und Transparenz verbessert werden.
Mein letzter Satz: Risikostrukturausgleich, das habe ich mir noch aufgeschrieben, obwohl Sie nichts dazu gesagt haben.
(Abg. Frau D r e y e r [CDU]: Dazu habe ich sehr viel gesagt, Frau Hammerström! Sie müssen auch zuhören! – Abg. P f l u g - r a d t [CDU]: Sie bekommt nur das mit, was sie auch will!)
Die CDU will den Risikostrukturausgleich so fortführen, aber der Herr Stoiber klagt mit seinem Bundesland Bayern gegen den Risikostrukturausgleich. Noch einmal, Sie müssen sich entscheiden, was Sie wollen, Sie müssen auch dem Wähler die Wahrheit sagen! – Danke!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wirklich nur noch ein Satz, aber ich dachte auch, Frau Hammerström, muss ich mich denn doch noch einmal melden? Ich empfehle Ihnen die Aussage Ihres Präsidenten des Senats, Herrn Dr. Scherf, Frau Hammerström: Ich fordere meine Genossen auf, mehr als den „Vorwärts“ zu lesen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir können alle möglichen Leute zitie––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
(Abg. Frau W i e d e m e y e r [SPD]: Er hat ja auch nicht zitiert! – Abg. T e i s e r [CDU]: Ich zitiere mich immer selbst!)
Ich möchte einmal versuchen, eine sachliche Ebene wiederherzustellen. Es ist schon sehr vieles gesagt worden, und eines zieht sich durch alle Beiträge hindurch, nämlich dass das Krankenhaus- und das Gesundheitssystem reformiert werden müssen. Reformansätze hat es durch viele Jahre hindurch gegeben, auch durch die letzten vier Jahre, wir dürfen aber bei diesen Anstrengungen nicht nachlassen. Ein ganz wichtiges Ziel ist, die Qualität zu verbessern, weil unser Gesundheitssystem, so gut es auch sein mag, an vielen Stellen an Unter-, Über- und Fehlversorgung leidet. Wir müssen dafür sorgen, dass das Geld wirklich da ankommt, wo es auch gebraucht wird,
und nicht in irgendwelchen Doppelstrukturen verschwindet. Da ist insbesondere, wenn wir beim Thema Qualität sind, das, was auf den Weg gebracht worden ist mit dem Titel Disease-Management-Programm, aus meiner Sicht von besonderer Bedeutung. Es ist erwiesen, dass mehr als die Hälfte der chronisch Kranken nicht richtig, nicht medizinisch ordentlich versorgt wird. Wir wissen, dass über 50 Prozent der Krankenkassenbeiträge gerade für chronisch Kranke aufgewandt werden. Da besteht großer Handlungsbedarf, und wir haben ab 1. Juli, Gott sei Dank, jetzt die Möglichkeit, Disease-Management-Programme für Diabetes- und Brustkrebskranke zu realisieren. Atemwegserkrankungen und koronare Herzerkrankungen sollen folgen. Diese Disease-Management-Programme haben für die Kranken viele Vorteile. Das kann man an dem schon im Bereich Nordrhein sehr weit ausgehandelten Vertrag der Selbstverwaltung gut nachvollziehen. Wenn ich das Beispiel Brustkrebs nehme, da wird sehr stark darauf geachtet, dass die Frauen eine qualitätsorientierte Diagnose bekommen, dass sie ausführliche Informationen erhalten, dass sie gemeinsam mit den Ärzten auch Schulungsprogramme erhalten, dass der Anteil an Brust erhaltenden Operationen verstärkt werden soll, dass eine psychosoziale Begleitung des Behandlungsprogramms erfolgt und so weiter. Im Mittelpunkt steht also die Patientin mit ihrer Krankheit, und es ist keineswegs richtig, dass die ärztlichen Behandlungsspielräume eingeschränkt werden.
Frau Senatorin, diese Disease-Management-Programme sind ja eingeführt worden unter Kostendämpfungsgesichtspunkten. Man will eigentlich damit erreichen, dass sich die Kosten verringern. Sie waren letztens auch auf der Podiumsdiskussion bei den Betriebskrankenkassen, und da ist festgestellt worden, dass die Programme für die Patienten sicher gut sind, ohne Frage, aber dass sie natürlich auch teuer sind und dass sie eben keine Kostendämpfungsmaßnahmen auslösen würden. Da haben Sie ja selbst zugestimmt!
Ich habe da nicht zugestimmt, Frau Tuczek, und aus meiner Sicht ist auch da der Kostenfaktor nicht der entscheidende Faktor. Der entscheidende ist der Qualitätsfaktor, dass wir die Versorgung für die Patientinnen und Patienten verbessern. Es gibt zum Beispiel Berechnungen bei dem Krankheitsbild Diabetes, wo errechnet worden ist – wir bewegen uns ja alle nur im Bereich von Schätzungen –, dass bei einer guten Annahme des Programms der Diabetiker durchschnittlich 200 Euro im Jahr gespart werden können pro Patient, das ist eine Variante. Mir kommt es wirklich noch einmal darauf an, dass wir die Qualität in den Mittelpunkt stellen.
Wenn Sie die Qualität verbessern wollen, dann muss man das sagen, das ist auch gut so, aber dann darf man nicht sagen, das würde Kosten sparen. Wir werden sehen, dass das nicht stimmt.
Das habe ich, glaube ich, auch nicht gesagt, sondern ich habe diesen Punkt unter der Qualitätsüberschrift eingebracht, wenn ich das noch einmal in Erinnerung rufen darf. Ich wollte noch einmal darauf hinweisen, dass ich das, was wir heute zum Beispiel in der „Welt“ lesen konnten in einer Anzeige von bundesweit zusammengeschlossenen Kassenärztlichen Vereinigungen, nicht mehr nachvollziehen kann, was sich da widerspiegelt. Da wird von vielen Kassenärztlichen Vereinigungen behauptet, die sich zusammengetan haben, dass diese DiseaseManagement-Programme nicht mehr den Menschen, nicht mehr die Qualität einer Therapie, nicht mehr die medizinische Versorgung, sondern nur noch das Kostenargument in den Mittelpunkt stellen. Das sei