Protocol of the Session on September 19, 2002

Wie kann der Transfer unterstützt werden? Da ist eine Sache, die nicht so sehr beachtet worden ist, die aber für den Transfer von Hochschulen in die Wirtschaft ganz wichtig ist. Die Bundesregierung hat, auch das ist ein längst überfälliges Reformprojekt, das so genannte Professorenprivileg beseitigt. Bisher hatten nur die Professoren das Recht, ihre Erfindung zu vermarkten und Patente anzumelden. Sie hatten das Recht, aber sie haben es nicht wahrgenommen, weil sie es nicht konnten. Sie hatten weder die finanziellen noch die organisatorischen Mittel. Sie wussten nicht, wie man es macht, sie haben es schlicht gelassen, weil es nicht ihr Job, nicht ihre Aufgabe war.

Jetzt ist es anders. Jetzt hat die Universität das Recht, das zu vermarkten, aber auch die Verpflichtung, es zu tun, und die Professoren werden zu einem Drittel beteiligt. Das ist eine gute Lösung, denn jetzt gibt es Fachleute, die das machen, die das können, und die Professoren werden beteiligt. Es gibt für beide Seiten einen Anreiz, das zu machen. Das ist ein ganz wesentlicher Schritt dafür, dass wissenschaftliche Erkenntnisse in marktfähige Produkte umgesetzt werden können. Auch dies hat diese Bundesregierung neu geregelt!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Schließlich die Frage, das ist ja eine generelle Frage: Woher kommen denn eigentlich die Absolventen, die so notwendig sind, diese wissenschaftlichen Erkenntnisse überhaupt in die Gesellschaft zu tragen? Transferstellen allein sind es ja nicht, Innovationsassistenten sind es auch nicht. Es sind hauptsächlich gute, in ausreichender Zahl gut ausgebildete Absolventen. Die Bundesregierung hat den Kurs verfolgt, die Zahl der Absolventen zu erhöhen. In den vier Jahren, das ist nun wirklich nicht allein ein Werk der Bundesregierung, das will ich überhaupt nicht behaupten, ist aber immerhin die Zahl der Studierenden, die ein Studium beginnen, von 27 Prozent auf 32 Prozent eines Jahrgangs gesteigert worden.

Von Ihrer Seite ist immer gekommen: Wir haben viel zu viele Abiturienten, wir haben zu viele Leute, die studieren. Wir müssen irgendwo anders die Qualifikation haben. Das ist Unsinn! Wir brauchen an Hochschulen mehr ausgebildete Leute, und die Bundesregierung hat in diesem Sinn gehandelt. Wir haben das Bafög reformiert, wir haben die Zahlungen erhöht, wir haben Vorausbedingungen verbessert, man sieht das an den schnell gestiegenen Zahlen der Bafög-Empfänger.

Bafög war hier immer eine Spardose des Wissenschaftsressorts über lange Jahre, solange Herr Kohl regiert hat. Das hat sich geändert, die Spardose ist leer. Wir müssen jetzt noch mehr Geld hineintun, um

die Bafög-Empfänger zu bezahlen. Das ist nicht schade, das ist eine gute Entwicklung!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das sind nämlich Leute, die, wenn sie hier in Bremen studiert haben, dann in die Stadt und die Betriebe gehen, übrigens nicht nur in die Betriebe, sondern auch in die Gesellschaft. Sie haben Ihre Frage „Motor der wirtschaftlichen Entwicklung“ formuliert. Das kann man so machen. Eigentlich geht es um die Frage „Wissenschaft als Motor der gesellschaftlichen Entwicklung“. Ich sage noch einmal, die Konzentration oder das Starren auf die Naturwissenschaft und die Ingenieurwissenschaften ist wirklich so unmodern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn man die Frage untersucht, woran es liegt, dass die Innovation nicht von einem Ort zum anderen kommt, von der Wissenschaft in die Wirtschaft, zu den kleinen Unternehmen, so ist das keine Frage der Naturwissenschaft oder der Ingenieurwissenschaft, das ist eine Frage der Kommunikation. Das ist eine Frage der sozialen Beziehungen: Wie stellt man in den Betrieben eine Kommunikationsstruktur her? Wie lehrt man die Unternehmer, dass heute andere Bedingungen notwendig sind, um erfolgreich zu sein? Das sind sozialwissenschaftliche Fragestellungen. Ich will von der Erziehungswissenschaft, von Pisa und von den Schulen überhaupt nicht reden. Ich meine, so einen wirtschaftlichen Erfolg, den wir hätten haben können, wenn wir eine gute Qualitätskontrolle und Bildungs- und Erziehungsforschung in Bremen gehabt hätten, so dass wir bestimmte Dinge eher gesehen hätten, hätten wir mit einem rein wirtschaftlichen Erfolg überhaupt nicht haben können. Wir hätten unglaublich viel Geld sparen können.

(Abg. Frau S t r i e z e l [CDU]: Wer hat das denn verhindert?)

Ich sage, man kann unheimlich viel Geld sparen und Geld verdienen, wenn man eine gute Gesellschaftswissenschaft, in diesem Fall eine Erziehungswissenschaft, hat. Das wollte ich Ihnen damit sagen. Bitte hören Sie auf, uns zu erzählen, dass nur dieser eine Teil der Universität gut ist, Geld bringt, und der andere ist irgendwie notwendig! Nein, das Ganze gibt einen Sinn. Allein an dieser bewährten Position, die während der Ampelzeit festgelegt worden ist, seitdem unter wechselnden Senatoren, aber im relativ großen Konsens dieses Hauses – mit wenigen Initiativen von Ihrer Seite – eingehalten worden ist, wollen wir festhalten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte ursprünglich nicht vor, mich zu Wort zu melden, um doch noch die eine oder andere Bemerkung zu machen, aber nachdem nun der Kollege Böhrnsen und dann der Kollege Dr. Kuhn in ihren letzten Beiträgen deutlich gemacht haben, dass es weder der SPD noch den Grünen in dieser Debatte um das Thema „Wissenschaft – Motor des wirtschaftlichen Handelns“ geht, sondern dass es ihnen ausschließlich darum geht, sich über den 22. September zu retten, nun doch!

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD)

Lieber Herr Kuhn, das ist der Ansatz Ihrer Debatte! Ich möchte es ganz deutlich machen, das war der Punkt, an dem ich mich gemeldet habe. Ich habe lange überlegt, ob man überhaupt manche Punkte hier kommentieren sollte. Nur gegen eines verwahre ich mich ganz deutlich: Lieber Herr Kollege Kuhn, wenn Sie hier mit dem Thema Zuwanderungsgesetz anfangen, uns eine Feindlichkeit gegenüber ausländischen Studierenden zu unterstellen, dann ist das Fass übergelaufen, Herr Kollege Kuhn!

(Beifall bei der CDU)

Wir begrüßen ausdrücklich die Studenten aus anderen Ländern hier an den Hochschulen, an der Universität, insbesondere natürlich auch an der Internationalen Universität. Die ausländischen Studierenden hier, lieber Herr Kollege Dr. Kuhn, sind eine Bereicherung dieser Wissenschaftseinrichtungen des Bundeslandes, um das ganz deutlich zu sagen!

(Beifall bei der CDU)

Ihre Verknüpfung mit der Diskussion um das Zuwanderungsgesetz hat leider völlig das Thema verfehlt, Herr Kollege Dr. Kuhn!

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wer macht das denn?)

Wir machen es überhaupt nicht, um das einmal ganz deutlich zu sagen!

(Widerspruch bei der SPD)

Wissen Sie, um das ganz deutlich zu sagen, wo der Unterschied besteht? Wenn wir davon reden, dass Leute, die in der Bundesrepublik Deutschland Verbrechen begangen haben und nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, abgeschoben werden

müssen, dann schützt es die ausländischen Studierenden an den Universitäten!

(Beifall bei der CDU)

Lieber Herr Kollege Kuhn, ich verfüge über genug Bekannte und Freunde ausländischer Herkunft. Was meinen Sie, wie häufig die mich fragen und sagen, lieber Jens, was macht ihr eigentlich? Ich werde auf der Straße angepöbelt, weil ich eine andere Hautfarbe habe. Ich studiere hier, ich arbeite hier, ich zahle meine Steuern et cetera, und das passiert mir nur, weil Staat und Gesellschaft nicht in der Lage sind, sich gegen die Verbrecher entsprechend zu wehren! Das ist doch die Realität in unserem Land, Herr Kollege Kuhn, also erzählen Sie hier keinen Blödsinn in diesem Hause!

(Beifall bei der CDU)

Um das auch ganz deutlich zu sagen: Dazu, und das ist der zweite Teil unserer Diskussion zum Thema Zuwanderungsgesetz, müssen wir alle Integrationsmöglichkeiten doch frühzeitig nutzen. Wir müssen doch die jungen Leute hier möglichst früh in unsere Gesellschaft auch integrieren, wenn sie nicht in unserem Land geboren sind. Darüber haben wir doch in der Stadtbürgerschaft gestern diskutiert, als es um die Kindergärten ging. Darüber haben wir bei den aktuellen bildungspolitischen Debatten entsprechend gesprochen. Das wollen wir stärken.

(Zuruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Dazu hilft es überhaupt nicht, Frau Kollegin Linnert, wenn wir dann die jungen Leute mit 16 oder 17 Jahren aus der Türkei hier wieder herbekommen, nachdem sie dort entsprechende Schulen besucht haben, häufig kein Wort Deutsch sprechen. Das ist kein Beitrag zur Integration. Deshalb haben wir uns zum Beispiel dafür eingesetzt, das Zuzugsalter entsprechend zu senken.

(Beifall bei der CDU – Unruhe bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Lieber Kollege Böhrnsen, und auch was Herr Kuhn da gerade noch gesagt hat, es geht doch überhaupt nicht darum, auch anzuerkennen oder Ursprünge entsprechend zu reklamieren für Veränderung. Natürlich sind Beschlüsse gefasst worden in der Ampelzeit. Natürlich gab es auch schon vorher entsprechende Beschlüsse. Natürlich hat man jetzt auch Drittmittel eingeworben für Wissenschaft in dem Bereich Bund und EU. Das erkennen wir doch auch vollkommen an, das hat doch auch der Kollege Jäger in seinem Beitrag entsprechend gesagt. Nur, das möchte ich auch an dieser Stelle deutlich sagen, ei

nes ist doch ein ganz wichtiger Bestandteil von Drittmitteln, Herr Böhrnsen – Sie haben das so abgefeiert, was der Bundeskanzler Schröder gemacht hat –, ein wichtiger Bestandteil von Drittmitteln sind auch die industriellen Drittmittel.

(Abg. Frau W a n g e n h e i m [SPD]: Das hat er doch auch gesagt! – Abg. Frau L e m - k e - S c h u l t e [SPD]: Das ist auch okay!)

Ja, das ist vollkommen okay. Was wir dafür brauchen, ist nur eine Wirtschaft, die auch noch diese Drittmittel zahlen kann, liebe Frau Kollegin LemkeSchulte. Das ist doch die Realität!

(Beifall bei der CDU)

Da hat vorhin jemand einen Zwischenruf gemacht, wo der Nemax steht, wo der Dax steht. Natürlich hat das etwas miteinander zu tun. Wenn die Börsenwerte der Firmen das nicht mehr hergeben, dass sie sich diese entsprechenden Forschungs- und Entwicklungsaufgaben leisten können, dann stimmt etwas nicht in unserem Land, Herr Kollege Böhrnsen!

(Beifall bei der CDU – Unruhe bei der SPD)

Ich möchte – –.

(Zuruf des Abg. D r. K ä s e [SPD])

Lieber Herr Kollege Käse, Sie haben da gerade einen Zwischenruf gemacht. Mir ist natürlich klar, dass nicht jedes Unternehmen in Deutschland an der Börse notiert ist. Aber der Mittelstand kann sich aufgrund Ihrer Steuerpolitik diese Ausgaben schon lange nicht mehr leisten!

(Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich möchte auf zwei Themen doch noch zu sprechen kommen. Wo liegt denn die Leistung, Herr Kollege Böhrnsen, den Forschungsetat um eine oder 1,5 Milliarden, um 20 Prozent, entsprechend zu erhöhen? Wir hätten uns gewünscht, dass man nicht nur die 100 Milliarden von UMTS abkassiert hätte, sondern sie in den wirtschaftlichen Wandel unserer Republik investiert hätte!

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen])

Zweite Bemerkung: Wir haben Gott sei Dank, und wenn ich zu solchen Bemerkungen provoziert werde, dann sage ich das auch ganz deutlich, ein Bundesland, das es wirklich verstanden hat, in den letzten 20, 25, 30 Jahren den Strukturwandel zu schaffen, das sich Gott sei Dank aufgrund der Vorleistun

gen der Vorgängerregierungen in den letzten 30 Jahren auch erlauben kann, Privatisierungsmittel, die man bekommt,

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Argumen- tieren Sie in Bremen auch so?)

nicht, die Mittel, die man dort bekommt, tatsächlich in den Strukturwandel zu investieren. Was wäre das für ein Traumzustand in Bremen, lieber Herr Kollege Sieling, wenn wir nicht die Verfehlungen Ihrer Baupolitik in den siebziger Jahren jetzt mit Privatisierungsmitteln lösen müssten, sondern das in die wirtschaftliche Infrastruktur stecken könnten!