Protocol of the Session on May 16, 2002

Folglich werden wir hier heute auch so verfahren. Das ändert nichts am Ziel, und Sie können sicher

sein, wir werden dieses Ziel auch erreichen. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will hier auch noch auf die inhaltliche Kritik eingehen, die wir als CDU-Fraktion am Vorgehen auf jeden Fall haben. Wir hatten im vergangenen Jahr die Anhörung, und kurz zuvor gab es erst keinen Gesetzentwurf – das habe ich auch noch selbst aus der Behörde erfahren –, eine halbe Stunde später hatte ich dann den Gesetzentwurf, und der war ziemlich dick, dafür dass er in einer halben Stunde geschrieben wurde. Ich möchte es so formulieren, es war nicht an die Wand gefahren, sondern da ist die Behörde einfach losgaloppiert und hat alles in ein Gesetz hineingeschrieben und dabei übersehen, was eigentlich das Ziel war. Das Ziel ist, Schule muss eigenständiger werden, das teilen wir Christdemokraten voll und ganz.

Im Gegenzug, meine Damen und Herren, ist aber Folgendes wichtig: Wenn Schulen eigenständiger werden, bedarf es auch klarer Vorgaben, was Schule leisten muss!

(Beifall bei der CDU)

Diese Vorgaben müssen auch kontrolliert werden. Da frage ich aber erst einmal, wer das zurzeit kontrolliert. Haben wir in Bremen noch eine funktionierende Schulaufsicht? Wir haben Teams, Stufenteams, Regionalteams, aber diese Teams erledigen in keiner Weise ihre Aufgaben. Herr Senator, Sie kennen unsere Kritik, und ich weiß, dass Sie diese Kritik in großen Teilen genauso sehen und vorhaben, umzustrukturieren. Von daher, Herr Senator, wenn wir die Schulen eigenständiger machen, dann müssen Sie von der Behörde auch erst einmal in der Lage sein, dann auch dort eine entsprechende Hilfeleistung für die Schule zu bieten. Es muss aber auch eine Kontrollfunktion der Behörde vorhanden sein, weil Schulen auch nicht völlig im freien Raum machen können, was sie wollen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Herr Mützelburg hat das Schulverwaltungsgesetz angesprochen. Sie wissen, wie sich die CDU damals dazu verhalten hat, aber es ist völlig richtig, im Rahmen dieses Schulgesetzes ist mehr Autonomie für Schulen möglich. Das wird ja auch praktiziert, Herr Mützelburg. Sie haben auch Recht, es gibt eine Reihe von Anhängen, wie Sie es formulierten, zu den jeweiligen Sitzungen der Bildungsdeputation. Das ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

ist aber auch notwendig, Herr Mützelburg, wenn ich das kurz sagen darf. Allerdings ist da auch noch einmal – ich will den vorherigen Tagesordnungspunkt noch einmal aufgreifen und dieses Thema ganz kurz verlassen – die Frage, warum das alles noch nicht mit elektronischen Medien geht. Soweit ich weiß, sind alle Schulen am Netz. Also, von daher, Herr Senator, das nur als kleine Anmerkung außer der Reihe!

Wir haben aber Standards festzulegen, und darauf will ich zurückkommen, wie Schulen eigentlich arbeiten sollen, wenn sie eigenständiger sind. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat in ihrem Antrag die Forderung aufgenommen: „Die Schulen haben außerdem die Möglichkeit, im Rahmen der Stundentafel bis zu 50 Prozent des Unterrichts lehrplanungebunden zu gestalten.“ Meine Damen und Herren, wir haben in Bremen Rahmenlehrpläne. Diese Rahmenlehrpläne überlassen den Schulen, Lehrerinnen und Lehrern so viele Freiheiten, dass das eigentlich schon 50 Prozent überschreitet. Sie kennen unsere Forderung, und damit haben wir auch schon einen inhaltlichen Dissens. Wir wollen Fachlehrpläne, wo genau festgelegt wird, was im Unterricht zu vermitteln ist, damit wir nämlich auch vergleichbare Standards zwischen den Schulen haben, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Das ist auch eines der Probleme, die wir mit Ihrem Antrag haben, Herr Mützelburg. Wir können nicht 20, 30, 40, wie viele auch immer, verschiedene Schulen haben, die sich jeweils eigenständig eigene Lehrplaninhalte aussuchen. Dann haben wir keine Vergleichbarkeit im Unterricht und in den Schulabschlüssen mehr, meine Damen und Herren. Von daher muss dann auch erst einmal von Seiten der Behörde, und zwar dann durch Fachlehrpläne, geregelt werden, welche Inhalte denn im Unterricht vermittelt werden sollen. Am Abschluss davon stehen dann logischerweise auch zentrale Abschlussprüfungen, meine Damen und Herren. Auch das gehört dann zur Vergleichbarkeit und Gerechtigkeit von Schulabschlüssen.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben sicherlich Probleme, das ist eben angesprochen worden, mit der Neuregelung des Liegenschaftswesens. Nur, meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, wir gehen nicht davon aus, dass alles schlechter wird, sondern davon, dass alles besser wird.

(Lachen beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es gab Kinderkrankheiten, natürlich, meine Damen und Herren, aber die Zielsetzung ist doch dann auch, dass wir hier dazu kommen, dass die Schulruinen, die wir noch vor Beginn der großen Koalition in Bre

men hatten, saniert werden, damit der Unterricht auch wieder in adäquaten Räumen stattfindet, darum ist das ja auch gemacht worden. Wir haben das Ziel, Schulen eigenständiger zu machen. Ich kann auch hier wieder auf den runden Tisch Bildung verweisen, wo dies auch ein Thema ist, und an das anknüpfen, was der Kollege Ehmke gesagt hat, dass die Arbeitsgruppe natürlich tagen soll. Sie gehen hier auf einmal einen ganz anderen Weg, als Sie ansonsten sagen, Herr Mützelburg, wenn Sie sagen, es soll erst einmal von unten ein Vorschlag erarbeitet werden. Sie machen das jetzt hier auf einmal von oben, als Landtag sagen wir etwas, und jetzt machen wir das! Wir möchten eigentlich das aufgreifen, was dann aus dieser Arbeitsgruppe kommt. Von daher, meine Damen und Herren, was im letzten Jahr vorgelegt wurde, war der völlig falsche Weg. Wir gehen davon aus, dass wir Schulen eigenständiger machen. Nur, dafür brauchen wir Standards, und ich bin gespannt, was der Bildungssenator gleich zu diesen Standards sagen wird. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist gar nicht so wichtig, was der Senator dazu sagt.

(Senator L e m k e : Was?)

Es ist in diesem Fall nicht so wichtig, Herr Lemke, weil Sie das doch überhaupt nicht entscheiden. Die Koalitionsfraktionen haben entschieden, es passiert erst einmal nichts. Sie haben das deshalb entschieden, weil, ich sage einmal so, die SPD Angst hat, dass sie irgendein Tor öffnet, am Schulgesetz zu rütteln, weil ja vielleicht eine Gesetzesänderung nötig ist, und dann kommt die CDU mit hundert weiteren Gesetzesänderungen.

(Widerspruch bei der CDU)

Das ist doch heute schon von Herrn Eckhoff angekündigt worden, dass er schon weiß, wie Pisa ausgeht und die Lösung für die schlechten Pisa-Ergebnisse das Gymnasium ist. Das haben wir doch heute alles schon gehört!

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Das Gegenteil steht in der Pisa-Studie! Seite 49, sollten Sie einmal lesen!)

Ich habe gerade über die Prognosen von Pisa E geredet. Ich sage, die SPD hat Sorge, dass das Schul––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

gesetz angetastet wird, dass Tür und Tor für alle möglichen revolutionären oder reaktionären Vorschläge geöffnet werden, so sehe ich das!

Herr Rohmeyer hat uns eben ziemlich deutlich gemacht, was er unter Selbstständigkeit der Schulen versteht. Das ist garantiert nicht das, was wir darunter verstehen, dass sie tatsächlich eigenständige Profile entwickeln und durch den Wettbewerb untereinander bei Eltern und Schülern unter staatlicher Aufsicht – das ist unbestritten, Herr Ehmke, das habe ich vorhin auch deutlich betont, die Schule ist immer noch eine Staatsveranstaltung – qualitativ besser werden als heute! Das Problem sind doch nicht die Richtlinien und die Rahmenlehrpläne, die den Schulen alles Mögliche vorgeben. Das Problem ist die Qualität des Unterrichts im Einzelnen, die gilt es zu verbessern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. R o h m e y e r [CDU]: Da sind wir bei den Lehrplänen!)

Die Koalition hat aber entschieden, Herr Ehmke hat sich ja sehr viel Mühe gegeben, nichts zur Sache zu sagen, sondern zu sagen, dass es so mit einer Arbeitsgruppe geht, und diese Arbeitsgruppe tagt, und dann ist die Legislaturperiode zu Ende, und danach wird es dann irgendwie neu behandelt, es geht dabei um nichts anderes. Da Sie entschieden haben, dass im Moment nichts passiert, können Sie sich jetzt vollmundig zur Selbstständigkeit bekennen, weil das das Problem löst, dass Sie einen Konflikt haben, den Sie nicht austragen wollen.

Deswegen sage ich noch einmal: Ich lausche Ihren Worten gern, Herr Senator Lemke, wir sind auch oft einer Meinung, wahrscheinlich werden wir gleich auch in einigen Punkten wieder einer Meinung sein. Das wird nichts daran ändern, Sie wollen offensichtlich in dieser Legislaturperiode nicht mehr das tun, was auf der Tagesordnung steht. Konsequenzen aus Pisa ziehen, davon redet jeder, aber Konsequenzen aus Pisa entschlossen zu ziehen, das ist doch zu viel für die große Koalition!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner erhält das Wort Herr Senator Lemke.

(Zuruf des Abg. B ü r g e r [CDU])

Herr Bürger, den Zwischenruf habe ich nicht verstanden.

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Ich sagte, wir wollen besonnen handeln und nicht über- stürzt!)

Ja, da kann ich mich dem gleich anschließen!

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer hier dem Parlament sagen will, dass es dieses Beschlusses bedarf, und die Konsequenzen aus Pisa sind dann gezogen, der ist, glaube ich, nicht sehr redlich. Ich glaube auch, das war nicht ganz ernst gemeint, lieber Kollege Mützelburg.

Schule soll eigenständiger werden. Ich teile die Auffassung von Herrn Ehmke, dass wir zumindest über das Ziel ziemlich einig sind. Ich muss das leider sagen, das tut mir manchmal ein bisschen weh, aber ich muss Herrn Mützelburg auch an der Stelle Recht geben, nicht die Schulstruktur ist letztendlich für uns entscheidend, sondern für mich ist, und davon bin ich fest überzeugt, einzig und allein die Qualität des gegebenen Unterrichts entscheidend, ob eine Schule funktioniert oder nicht.

Dazu, meine Damen und Herren, und ich bin auch aufgrund der vielen Untersuchungen in Skandinavien der Überzeugung: Je eigenständiger wir die Schulen gestalten, desto mehr – und das wird sicherlich wieder im Haus Zustimmung finden – Wettbewerb haben wir. Wir brauchen mehr Wettbewerb in allen Bereichen der Gesellschaft, auch an den Schulen. Allein die Tatsache, dass wir vor einem halben Jahr Vergleichsarbeiten mit festgelegten Standards in der dritten, sechsten und zehnten Klasse angekündigt haben, hat dazu geführt, dass die Schulen untereinander, miteinander kommuniziert haben und anhand der vorgegebenen Standards in einen Wettbewerb eingetreten sind. Ich finde das, ehrlich gesagt, absolut positiv. Wenn wir erstens eine Kommunikation innerhalb und außerhalb der Schulen erreichen und hier ein Wettbewerb um Qualität an Schule angefacht wird, finde ich, dass auch das ein kleiner Beitrag zu dem Thema ist, worüber wir hier heute diskutieren. Inhaltlich will ich diese Diskussion jetzt nicht verlängern.

Ich bin der Auffassung, dass wir so schnell wie möglich möglichst viele Schulen in eine vergrößerte Eigenständigkeit bis hin zur Personalhoheit, bis hin zur Haushaltshoheit schicken. Wir geben den Schulen Mittel, wir geben ihnen die Möglichkeit, sich die Lehrerinnen und Lehrer auszusuchen. Ich bin der Meinung, dass man dann allerdings nicht sagen darf, sie können dann nicht machen, was sie wollen.

Im Rahmen der dann vorgegebenen Kontrakte und Standards, Herr Rohmeyer, bin ich schon der Meinung, dass sie dann ihre Schule so gestalten können, wie wir sie uns heute möglicherweise als vorgegebene Lehranstalten mit zum Teil grauslichem Charakter, wenn man in diese Lehranstalten geht, die sich auch räumlich noch so darstellen, wie sie vor 80 oder 90 Jahren gebaut worden sind. In welchem Bereich, denken Sie einmal alle an Ihre Berufe, in welchen Berufen gibt es diese räumlichen Dinge noch so, wie es vor 80, 90 Jahren vorgefunden worden ist? Ich glaube, in kaum einem beruflichen Bereich erleben Sie das. Aber heute sehen unsere Klassenräume, zum Teil mit dem Mobiliar von 1927,

noch so aus, wie unsere Großväter sie besucht haben. Da kann irgendetwas nicht stimmen!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie sind ja auch nun schon ein paar Jahre Bildungssenator!)

Ja, drei Jahre! In drei Jahren mache ich das alles, Frau Linnert. Alles klar, das ist überhaupt kein Problem, und das lösen Sie, wenn Sie dann in der Verantwortung sind, ganz schnell.

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Aber Ihre Par- tei hat seit 1947 Verantwortung in diesem Land!)

Aber ich kann da auch in andere Bundesländer gehen!

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Aber Ihre Par- tei hat damit nichts zu tun!)

Nein, Moment! Ich bin sehr wohl der Meinung, dass es mir auch als Bildungssenator gestattet sein muss, auf kritische Zustände in unseren Schulen einzugehen, Herr Eckhoff. Das unterscheidet uns vielleicht voneinander.