Protocol of the Session on February 21, 2002

Seit 1940, das hat die Frau Kollegin Dr. Mathes eben gesagt, wird im Ortsteil Vegesack im Bereich der heutigen Uhthoffstraße Grundwasser für die öffentliche Trinkwasserversorgung gefördert. Aktuell dient dieses Wasser der Versorgung in Bremen-Nord. 1968 wurden 650 000 Kubikmeter pro Jahr bewilligt. Ab 1997 ist diese Menge durch Bewilligung auf eine Million Kubikmeter pro Jahr erhöht worden. Die Modernisierung und Erweiterung der technischen Fördereinrichtung durch die swb AG ist abgeschlossen.

Mit großem Energieaufwand, meine Damen und Herren, das muss man sich auch einmal in Erinnerung rufen, wird aus Niedersachsen Trinkwasser bezogen. Dies soll nun reduziert werden, weil es in Bremen genügend eigene Grundwasserreserven gibt. Pumpversuche in den Jahren 1992 und 1994 haben gezeigt, dass die beabsichtigte Fördermenge ohne erkennbare Nachteile, man höre und staune, für den

Natur- und Wasserhaushalt aus der Wassergewinnungsanlage Vegesack zu erzielen ist.

Zukünftig ist geplant, einen Teil über die Lesum in das Gebiet des Bremer Westens zu leiten und dort den Stadtteil Burg-Grambke zu versorgen. Ich kann die Burg-Grambker nur beglückwünschen. Herr Liess, Sie werden in Kürze, wenn wir das Trinkwasserschutzgebiet ausgewiesen haben, ein exzellentes Trinkwasser erhalten, das sich wirklich mit dem teuersten Quellwasser vergleichen kann.

Im Oktober 2000, die Kollegin sagte es bereits, beschäftigte uns in dieser Legislaturperiode das Thema das erste Mal. Im Grunde ist es ein Skandal, dass wir immer noch nicht weiter sind.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dabei waren wir eigentlich schon einmal viel weiter. Die CDU hat zum Thema Trinkwasser in diesem Haus gesagt, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Es ist festzustellen, dass der Zwei-Städte-Staat Bremen generelle Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Grundwasserentnahme, Gewässerschutz oder Weserverunreinigung ergeben, nicht allein lösen kann.“ Sehr wohl, denn der Senat hat in einer gemeinsamen Sitzung mit Niedersachsen bereits vor zehn Jahren zugesagt, dass das Land Bremen mit der Ressource Wasser sparsam umgehen wird. In einer Senatsentscheidung vom 17. Mai 1994, und die möchte ich hier ganz gern noch einmal zu Protokoll geben, verpflichtet sich der Senat, sich im Interesse langfristiger Versorgungssicherheit zu bemühen, seine eigenen Ressourcen weiter auszubauen.

(Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Das waren noch Zeiten!)

Meine Damen und Herren, es gibt einen Senatsbeschluss aus dem Jahr 1994, der immer noch nicht umgesetzt ist. Der Kollege Wirtschaftssenator ist leider nicht da, aber wir sollten ihm diesen Senatsbeschluss noch einmal zur Kenntnis geben. Ich zitiere aus einem Redebeitrag des CDU-Redners aus einer Debatte: „In diesem Zusammenhang fordert die CDUFraktion den Senat auf, endlich die Ausweisung von Wasserschutzgebieten in Bremen-Nord vorzunehmen.“

(Beifall bei der SPD – Abg. Frau L e m - k e - S c h u l t e [SPD]: Hört, hört!)

Ich weiß gar nicht, warum die Kollegen nicht in die Hufe kommen! Das Protokoll verzeichnete damals Beifall bei der CDU. Anschließend der CDURedner: „Die Frage der Erhaltung und Qualität unserer Wasserressourcen wird von entscheidender Be

deutung für die nach uns kommenden Generationen sein.“ Recht hat er!

(Beifall bei der SPD)

Ich darf aber noch einmal darauf hinweisen, in der Deputation habe ich das bereits erwähnt, diese Debatte fand am 1. September 1982 statt.

(Abg. H e r d e r h o r s t [CDU]: Das ist noch nicht so lange her!)

Erinnern Sie sich doch einmal an Ihre guten Aussagen aus dem Jahr 1982, es war Ihr Kollege! Sie können das gern auch einmal nachlesen. Seit dem 8. Juni 1999 beschäftigen wir uns jetzt in der Deputation damit. Die öffentliche Auslegung war, der Beirat Vegesack hat dem zugestimmt, die vorgetragenen Bedenken und Anregungen konnten mit Ausnahme der Bedenken der Norddeutschen Steingut AG vollständig ausgeräumt oder berücksichtigt werden, ich erwähne noch einmal, bis auf die Bedenken der Norddeutschen Steingut!

Jetzt wird es kompliziert! Wenn alle Welt sagt, was habt ihr für ein tolles Trinkwasser in eurer Nähe, ihr könnt eigenes Wasser fördern, sagen die Kollegen leider, das stimmt zwar, aber wir wollen erst einmal abwarten, was die Handelskammer sagt. In der Sitzung vom 9. November wird uns in der Deputation der Erlass der Verordnung vorgelegt. Da es im Vorfeld Signale gab, dass die Handelskammer Einwände hatte, hat die Senatorin zu Recht gesagt, das Thema bekomme ich nicht durch, wir setzen das Thema aus. Vier Wochen danach kommt die Vorlage erneut auf die Tagesordnung. Staatsrat Logemann berichtet von den Gesprächen mit swb AG und Handelskammer. Ein Klärungsgespräch hat stattgefunden, eine Beschlussfassung soll aber noch nicht erfolgen, um mögliche abschließende Gespräche nicht zu irritieren. Die Deputation beschließt ein weiteres Mal, diesen Tagesordnungspunkt auf die Januar-Sitzung zu verschieben.

Die CDU-Fraktion reicht einen ausgiebigen Fragenkatalog ein, welche Auswirkungen die Ausweisung des Wasserschutzgebietes auf die gegenwärtigen und zukünftig dort ansässigen Gewerbebetriebe, die gegenwärtigen und zukünftig dort wohnenden Anwohner und sogar auf das Kanalnetz hat. Die Fragen wurden laut Protokoll zur Zufriedenheit der Kollegen der CDU beantwortet. Die Kollegen bitten aber trotzdem um Aussetzung dieses Tagesordnungspunktes.

Die Verwaltung berichtet weiter von Gesprächen mit Vertretern des Ressorts Wirtschaft und Häfen sowie zwei Rechtsanwälten, die sich auch in der Zwischenzeit eingeschaltet haben, und fünf im zukünftigen Schutzgebiet gelegenen Firmen. Nach der Prüfung wurde festgestellt, dass die vorhandenen Anlagen dieser Firmen zu keinerlei Problemen in

Bezug auf Änderungen, zusätzlichen Auflagen oder Ähnlichem führen werden. Die Firmen bitten aber weiterhin um Aussetzung dieses Beschlusses. Dem haben wir auch stattgegeben, weil, ich finde, wenn Firmen berechtigte Ängste haben, soll man sie auch ernst nehmen. Irgendwann muss aber auch das einmal ein Ende haben.

Mein Kollege Dr. Schuster und ich bitten die CDUKollegen um Auskunft, wie denn im Mai 2001 weiter verfahren werden soll. Meine Damen und Herren, Frau Mull erklärt verbindlich zu Protokoll, dass auf der nächsten Sitzung der Deputation für Bau und Umwelt über den Tagesordnungspunkt beschlossen werden soll. Auch damals hatte die SPD-Fraktion kein Verständnis dafür, dass 18 Monate nach Ablauf der Einwendungsfrist und ohne dass konkrete Nachteile für irgendeine Firma zu erkennen sind, die Ausweisung nicht endlich abgeschlossen werden konnte. Stellen Sie sich vor, dass ein normaler Mensch 18 Monate nach öffentlicher Auslegung noch Einwände erhebt! Ich glaube, er hätte nicht so viel Glück wie die Handelskammer und diese Firmen.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Fast die Tragezeit eines Esels! Wir werden schon prima regiert, das muss man schon sagen!)

Die Geschichte geht aber noch weiter. Im Mai 2001 legt die Senatorin den Bericht erst gar nicht wieder vor, weil er keine Aussicht auf Erfolg hat. Am 7. Juni 2001 steht das Thema Wasserschutzgebiet wieder auf der Agenda. Die CDU erklärt entgegen ihrer Zusage, dass erst die Einwände der Gewerbetreibenden ausgeräumt werden sollen. Die Senatorin stellt fest, dass alle früheren und inzwischen neu aufgekommenen Einwände aufgenommen und geklärt sind, und weist darauf hin, dass der Antrag der swb AG bereits im Jahr 1996 gestellt wurde. Sie setzt wiederum aus, weil zunächst aus formalen Gründen der Senat zu befassen ist.

Herr Dr. Schuster betont, dass inzwischen keinerlei konkretisierbare Nachteile und keinerlei materielle Einwände seitens der Gewerbetreibenden mehr existieren, und äußert die Vermutung, dass das Projekt Ausweisung Wasserschutzgebiet aus ideologischen Gründen blockiert werden soll, nachzulesen im Protokoll.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Nette kleine Geisel!)

Ich werde mir jetzt die diversen Sitzungen im Senat – ich war nicht dabei, weiß aber, wie oft auch dieses Thema im Senat war – verkneifen, weil dazu meine Redezeit nicht ausreichen würde. Geschehen ist aber trotzdem noch nichts. Wenn es nicht so traurig wäre, meine Damen und Herren, dann könnte man darüber lachen.

Meine Damen und Herren, die dauerhafte Sicherung der Trinkwasserversorgung mit einwandfreiem Grundwasser für die Bürger dieser Stadt ist von so gewichtigem Belang, dass demgegenüber die wenigen, vergleichsweise geringfügigen Nachteile für die ansässigen Betriebe, die im Wesentlichen in einer Erhöhung und Intensivierung der Prüffrequenz gegenüber den Anlagen mit wassergefährdenden Stoffen bestehen, hingenommen werden müssen.

(Beifall bei der SPD – Glocke)

Ich komme zum Schluss! Ärgerlich ist die Rolle der Handelskammer. Wenn wir auch akzeptieren, das habe ich vorhin schon gesagt, dass Firmen ihre Probleme haben, sind wir bereit, das abzuarbeiten. Wir hätten aber schon vor zwei Jahren der Ausweisung des Wasserschutzgebietes zustimmen können.

Ich komme jetzt zu dem Antrag. Wir möchten diesen Antrag nicht ablehnen. Das können wir auch langsam nicht mehr, dann wären wir auch nicht mehr glaubwürdig. Wir sollten aber, glaube ich, die Wirtschaftsdeputierten jetzt mit diesem Thema befassen. Wir bitten Sie, diesen Antrag an die Deputation für Wirtschaft zu überweisen. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Mull.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte hier jetzt nicht alles wiederholen, was Frau Hammerström gerade so schön chronologisch aufgezeigt hat, was sich in den letzten Wochen und Monaten in den Deputationen und den Senatssitzungen bezüglich dieses Themas getan hat. Das Thema „Ausweisung des Wasserschutzgebietes in Bremen-Vegesack“ ist mittlerweile schon das Lieblingsthema von sehr vielen.

Ich habe aber auch immer wieder gesagt, dass wir uns nicht grundsätzlich gegen die Ausweisung dieses Wasserschutzgebietes wehren, sondern ich habe von Anfang an gesagt, dass wir dieses Gebiet nur ausweisen, uns mit der Ausweisung nur dann einverstanden erklären werden, wenn dies im Einvernehmen mit den dort ansässigen Gewerbetreibenden und Unternehmen geschieht. Das ist bis heute nicht der Fall.

Ich bekomme jede Woche kilometerlange Faxe, in denen noch einmal dezidiert die Einwände der Unternehmen stehen, in denen Rechtsanwälte schreiben, in denen es darum geht, Stellungnahmen von den einzelnen Ressorts einzusehen. Es tut mir wirklich Leid, aber es kann kein Mensch davon sprechen, dass hier nicht mehr irgendwelche Unstimmigkeiten zwischen den beteiligten Ressorts Umwelt und ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Wirtschaft sowie den dort ansässigen Unternehmen gibt. Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, die Unternehmen fürchten um die Entwicklungsfreiheit ihrer Betriebe und eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit.

(Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Warum?)

Hinzu kommen nämlich zusätzliche Kosten, die sie zu tragen hätten, die mit großer Wahrscheinlichkeit anfallen würden, wenn wir die Ausweisung des Wasserschutzgebietes beschließen, sowie Befürchtungen, dass es zu einem Wertverlust der Betriebsfläche kommt. Es ist ja ganz klar, wenn eine Grunddienstbarkeit im Grundbuch, Abteilung zwei, eingetragen ist und von einem Erwerber bei einem Verkaufsfall übernommen werden soll, ist das natürlich eine Belastung, die sich auch im Wert und im Kaufpreis dieser Fläche niederschlagen wird. Das kann man natürlich nachvollziehen.

(Zuruf der Abg. Frau H a m m e r - s t r ö m [SPD])

Wir haben in der CDU-Fraktion kein Interesse daran, dass sich die geplanten Neubaumaßnahmen, die dort ja auch einige Unternehmen vorhaben und mit der Schaffung hochqualifizierter Arbeitsplätze in Bremen-Nord verbunden sind, verzögern beziehungsweise sogar ganz aufgegeben werden.

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: 200 Parkplätze!)

Es geht hier nicht nur um die 200 Parkplätze, die geschaffen werden sollen, wobei mir da allerdings Rechnungen vorliegen, dass die Ausweisung dieses Trinkwasserschutzgebietes eine zusätzliche Kostenaufstellung von 300 000 Euro – ich habe es selbst nicht glauben wollen – beinhaltet. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass das eine Menge Geld ist.

(Zuruf des Abg. D r. S c h u s t e r [SPD])

Herr Dr. Schuster kann sich, glaube ich, gleich selbst melden, wenn er in der Debatte etwas dazu beizutragen hat!

Jedenfalls darf man das nicht von der Hand weisen. Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit der dort ansässigen Unternehmen erhalten. Es geht um Arbeitsplätze. Es geht um die Erhaltung der bestehenden Arbeitsplätze, es geht aber auch um die Schaffung neuer Arbeitsplätze!

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Auch bei den Stadtwerken!)

Arbeitsplätze, denke ich einmal, sind ja nicht so ganz das Thema der rotgrünen Bundesregierung, deshalb sollten Sie hier gar nichts dazu sagen, Frau Hammerström,

(Beifall bei der CDU)

denn wenn man sich einmal die Arbeitslosenstatistik anschaut, die Sie da in Berlin fabrizieren, wird es eher mehr als weniger!

(Abg. K l e e n [SPD]: Schauen Sie lieber die Statistik der geschaffenen Arbeitsplät- ze an! – Unruhe)