Protocol of the Session on December 13, 2001

Bitte, Herr Abgeordneter!

Herr Kollege Herderhorst, ist Ihnen bekannt, dass die Staatsanwaltschaft in Hamburg ein Verfahren ein––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

geleitet hat wegen fahrlässiger Körperverletzung mit Todesfolge im Amt?

(Abg. Frau D r e y e r [CDU]: Wir sind nicht in Hamburg! Er versteht es nicht!)

Herr Kollege Dr. Güldner, das ist nach dem Strafgesetzbuch ein ganz normales einzuleitendes Verfahren in solchen Fällen, das ist doch völlig klar! Wenn der Verdacht besteht, dann wird ermittelt. Das heißt aber doch noch nicht, dass hier in irgendeinem Punkt rechtswidrig verfahren worden ist! Es muss doch zunächst erst einmal festgestellt werden, worin eigentlich die Ursache des Todes besteht. Das steht noch gar nicht fest!

(Beifall bei der CDU)

Im zweiten Punkt entsteht bei Ihren Ausführungen auch erneut, wie des Öfteren, bei mir der Eindruck, dass Sie lieber den Täterschutz als den Opferschutz praktizieren möchten.

(Beifall bei der CDU)

Der dritte Punkt ist, Sie haben den Ärztekammerpräsidenten zitiert, der sich geäußert hat. Ich frage mich nur, wenn diese Praktiken bereits seit mindestens zehn Jahren bundesweit angewendet werden und laufen, dies in Hamburg eineinhalb Jahre praktiziert wird, warum er sich, wenn er solche Bedenken hat, nicht bereits gleich mit der Aufnahme dieser Maßnahmen zu Wort gemeldet und mahnend darauf hingewiesen hat.

Zu Herrn Kleen möchte ich sagen, da stimmen wir überein, das brauchen wir gar nicht zu diskutieren: Tote sind in jedem Fall zu beklagen, und es ist in jedem Fall festzustellen, dass jeder Tote einer zu viel ist, egal auf welcher Ebene.

(Beifall bei der CDU)

Es ist auch völlig klar, dass polizeiliche Maßnahmen, wie und wo sie auch immer angewendet werden oder angewendet werden müssen, möglichst natürlich nicht zum Tod von Tätern führen dürfen. Auch das ist für mich überhaupt keine Frage, auch da besteht natürlich völliger Konsens.

Nun darf ich zum eigentlichen Antrag kommen! Zunächst einmal stelle ich voraus, dass wir den Antrag ablehnen. Ich komme auch gleich zu der Begründung. Darüber hinaus bin ich gern bereit, in der Fachdeputation dieses Thema noch einmal intensiver zu diskutieren, als wir es hier tun könnten. Ich meine aber, damit sollte es dann auch genug sein. Ich habe mich auch gefragt, warum dieser Dringlichkeitsantrag nun noch in diese Sitzung musste und warum dieser Antrag vor allem nicht nach Vorliegen der Ergebnisse der Ermittlungen diskutiert wird,

möglicherweise im Januar. Das bleibt aber wahrscheinlich ein Geheimnis. Sie haben dann in dem Antrag, und das ist für mich auch ein Stück Frage der Qualität eines solchen Antrags, unter anderem in der Überschrift, die „zwangsweise Vergabe von Brechmitteln“ genannt. Ich weiß nicht, wo sie vergeben werden. Sie werden zwar verabreicht, aber vergeben werden sie nicht,

(Beifall bei der CDU)

allenfalls wenn Sie an den freien Markt denken, aber ich glaube, dass Brechmittel da nicht gerade nachgefragt werden.

Dann haben Sie geschrieben: „nach der Festnahme“. Herr Dr. Güldner, bestimmte Vorgänge, die beobachtet werden und einen Verdacht rechtfertigen, werden zum Anlass genommen, jemanden festzunehmen. Erst dann kommen die weiteren Folgen. In Ihrem Antrag steht das aber genau andersherum, und auch das, wie gesagt, zeigt die Qualität dieses Antrags. In jedem Fall ist in diesen Dingen, bei denen Drogen im Spiel sind, der Verdacht auf Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz zu unterstellen. So ist es in diesen Fällen und auch in diesem konkreten Fall gewesen.

Wenn der Festgenommene nicht in eine solche Prozedur einwilligt, folgt nach der Strafprozessordnung das, was allgemein üblich ist, zum Beispiel auch bei Blutentnahmen. Wenn sich jemand weigert, sein Blut entnehmen zu lassen, dann ist dies auch genau aufgeführt, nämlich dass derjenige dann auch mittels unmittelbaren Zwangs durch die Polizei so lange ruhig gestellt wird, bis Blut abgenommen wird oder dieses Brechmittel verabreicht ist. Insofern ist hier also gar kein Unterschied zu sehen, allenfalls der, dass es sich bei Drogendealern in aller Regel um eine andere Qualität handelt als zum Beispiel bei einem, was auch schlimm genug ist, der mit 1,9 Promille gefahren ist.

Bestätigen sich auf dramatische Weise Einwände gegen Brechmittel? Das ist genau der Punkt, an dem Sie zunächst einmal feststellen wollen, dass diese Brechmittel nicht dazu geeignet sind, hier Beweismittel sicherzustellen. Darüber hinaus meine ich, dass hier bei insgesamt 41 festgestellten Kügelchen, die da herausgekommen sind, sehr wohl die Möglichkeit bestanden hat – auch das muss ja erst einmal festgestellt werden –, dass sich eines dieser Kügelchen aufgelöst hat, und dann ist allgemein bekannt und medizinisch belegt, dass dies dann auch zum Tod führen kann. Von daher bitte ich wirklich, warten wir doch erst einmal ab! Dann können Sie immer noch berechtigte Kritik an dem einen oder anderen oder an der Position aufmachen.

Ich will Ihnen auch sagen: Was ist denn die Alternative, würden wir von diesem Vorgehen abgehen und würden diese Brechmittel nicht verabreichen? Das will ich Ihnen auch sagen: Bei dem Verdacht

und der Festnahme würde diese Person in Gewahrsam genommen, und zwar so lange, bis sie diese Dinge auf natürliche Weise ausscheidet, wenn sie sie denn ausscheidet und wenn sich der Verdacht bestätigt. Darüber hinaus kann das aber auch ein sehr langer Zeitraum sein, ein so langer Zeitraum, dass sich eben auch diese Kügelchen auflösen und dann die Gefahr, dass die Person dadurch zu Tode kommt, zumindest ziemlich groß ist, und auch das ist für mich wirklich keine Alternative.

(Beifall bei der CDU)

Ich will Ihnen auch sagen, dass es sich hier um Täter handelt, und jeder weiß, jedenfalls derjenige, der mit offenen Augen auch durch Bremen geht, dass es sich hier überwiegend um Ausländer handelt, in aller Regel auch um Ausländer, die im asylrechtlichen Sinn hier eigentlich keinen Aufenthalt haben dürften und die ihren Aufenthalt dazu nutzen, ihren kriminellen Geschäften nachzugehen. Unter der Prämisse, die ich eingangs genannt habe, mit Toten ist das sehr kritisch zu betrachten, sage ich Ihnen auch genauso klar: Diese Drogendealer, die dazu beitragen, dass andere Menschen zu Tode kommen, sind für mich im gewissen Sinne Mörder.

(Beifall bei der CDU)

Diese Mörder verdienen nicht noch eine mädchenhafte Behandlung!

Im Übrigen obliegt es denjenigen, die festgenommen sind, sich so zu verhalten, dass ein Widerstand nicht gebrochen werden muss und auch daraus dann eine solche Konsequenz möglicherweise von vornherein ausgeschaltet ist. Jedenfalls sage ich Ihnen noch einmal, dass rechtlich an dieser Methode nichts zu beanstanden ist, weder in der Verabreichung des Brechmittels noch in der Brechung des Widerstands. Von daher ist es ein rechtsstaatliches Verfahren.

Ich will in diesem Zusammenhang auch noch einmal sagen, dass ich es sehr bedauere, dass wir gerade in diesem Bereich das große Problem haben, dass diese Drogendealer die Gesetzeslücke im BTMG nutzen, indem sie in aller Regel – hier war es nun eine Ausnahme – nur so kleine Mengen bei sich tragen, die nach dem BTMG zulässig und von daher strafrechtlich nicht relevant sind, zumindest zurzeit nicht, es sein denn, man würde das Gesetz ändern. Das hat dann zur Folge, dass diese Drogendealer, selbst wenn bei ihnen eine so kleine Menge gefunden wird, nach der Festnahme sofort wieder entlassen werden, und das ganze Spiel geht wieder von vorn los, zur Freude insbesondere natürlich auch der der Polizei, an der sie dann freundlich grüßend vorbeigehen, so wie es sich am Bahnhof und sonst wo jederzeit zugetragen hat und noch zuträgt.

Ich will jetzt gar nicht noch darauf abstellen, dass natürlich auch die Frage des Haftbefehls dadurch

unterlaufen wird. Auch das ist aus meiner Sicht ein beklagenswerter Zustand. Da ist Hamburg uns voraus. Sie haben dort eine Vereinbarung, wir haben das aber debattiert, deswegen gehe ich hier nicht näher darauf ein.

Ich will abschließend noch sagen, weil in einer Debatte – ich weiß jetzt nicht mehr, in welcher, ich glaube, in der Schuldebatte heute Mittag oder heute Morgen – auch Zuwanderungsrechte genannt wurden. Ich will das noch einmal aus unserer Sicht deutlich machen: Wir sind uns eigentlich alle einig, dass das Zuwanderungsrecht geregelt werden muss. Das ist nicht der Punkt. Es kann aber nicht sein, dass ein neues Zuwanderungsrecht außerstaatliche Verfolgung und geschlechtsspezifische Verfolgung als Asylgrund zulassen will und wir damit das bisher praktizierte Asylrecht völlig umkehren und die Möglichkeit für alle Menschen dieser Erde eröffnen, hier in diese Republik zu kommen. Das kann es nicht sein, und solange das nicht zurückgenommen wird, werden wir unsere Zustimmung dazu nicht geben können!

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zum Schluss!

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Gott sei Dank!)

Niemand in Deutschland wird von dieser Beweismittelsicherungsmethode abweichen, und schon gar nicht vor Abschluss der Ursachenforschung für diesen Fall, und wir in Bremen schon gar nicht!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Dringlichkeitsantrag mit der Drucksachen-Nummer 15/1028 vom Bündnis 90/Die Grünen, die zwangsweise Vergabe von Brechmitteln einzustellen, zeigt mir eindeutig, welche unrealistischen Traumtänzer die Abgeordneten vom Bündnis 90/Die Grünen sind. Zweitens frage ich mich: Haben die Abgeordneten vom Bündnis 90/Die Grünen wirklich keine anderen Sorgen, als solche Anträge hier einzubringen?

Meine Damen und Herren, wenn einem Verdächtigen zwangsweise Brechmittel verabreicht werden, dann ist diese Zwangsmaßnahme mit Sicherheit mehr als berechtigt. Wenn verdächtige Personen sich der Festnahme entziehen, und wenn der Verdacht besteht, dass diese verdächtigen Personen zu verkaufendes Betäubungsmittel verschluckt haben, dann ist diese Zwangsmaßnahme mehr als erforderlich und selbstverständlich auch begründet. Diese Maß

nahme wird ja nicht ohne Grund lapidar durchgeführt, da besteht schon ein dringender Tatverdacht. Ich sage ganz klar und deutlich, wenn ausländische Drogendealer aus der Türkei, aus Nigeria oder sonst woher hier in Deutschland ihr schmutziges Geschäft mit Drogenhandel auf Kosten der Gesundheit und des Lebens unserer Kinder kriminell ausüben, dann ist diese Zwangsmaßnahme des Brechmittels noch eine äußerst humane Maßnahme, denn in ihren Heimatländern steht nämlich auf Drogenhandel meistens die Todesstrafe.

Ich sage ganz klar und deutlich: Wer auf Kosten unserer Jugend solche kriminellen Machenschaften ausübt und straffällig wird, hat meiner Meinung nach auch kein Recht, sich Zwangsmaßnahmen aussuchen zu dürfen oder sich dieser Maßnahme zu entziehen. Die Subjekte, die daran mitschuldig sind, dass jährlich 2000 Jugendliche elendig und qualvoll an Rauschgift verrecken, müssen mit aller Härte demokratischer Maßnahmen bestraft werden. Darum fordert die Deutsche Volksunion ja schon seit Jahren: „Kriminelle Ausländer raus!“ Das ist zum Schutz der hier anständig lebenden Ausländer!

Meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, ich weiß, wie Sie die zwangsweise Verabreichung von Brechmitteln verhindern können: Werfen Sie die kriminellen ausländischen Drogendealer hinaus, und das sofort, denn die meisten von diesen Drogendealern, bei denen diese Zwangsmaßnahme ja durchgeführt wird, sind doch mehrfach Vorbestrafte und Wiederholungstäter! Setzen Sie die Forderung der Deutschen Volksunion politisch auch effektiv um, dann könnte in sehr großem Ausmaß auf eine zwangsweise Vergabe von Brechmitteln verzichtet werden! Ihre Forderung in Ihrem Antrag, zwangsweise Vergabe von Brechmitteln einzustellen, wäre damit zum größten Teil erfüllt.

Im Übrigen rate ich Ihnen dringend: Bevor Sie sich Sorgen um die Gesundheit von möglichen ausländischen Drogendealern machen, sollten Sie sich lieber vorrangig Sorgen um das Leben und die Gesundheit unserer Jugend machen, die durch solche Subjekte elendig und qualvoll zugrunde gehen, meine Damen und Herren! Bevor Sie sich Sorgen machen um möglicherweise ausländische Drogendealer, sollten Sie sich lieber vorrangig Sorgen um geschändete und vergewaltigte Frauen, Kinder und deren Eltern machen, sollten Sie sich lieber Sorgen um unsere Obdachlosen und Arbeitslosen machen, anstatt solche Anträge hier einzubringen! Diese Opfer, diese Menschen haben es weiß Gott dringender nötig als ausländische Drogendealer.

Sie sehen, meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, wir von der Deutschen Volksunion machen uns in erster Linie und vorrangig Sorgen um die armen Opfer und deren Eltern, während Sie sich zuerst hauptsächlich Sorgen um das Wohl von Straftätern machen. Ich aber sage Ihnen: Wer auf Kosten unserer Kinder sein schmutziges Geschäft

ausübt, muss mit allen Konsequenzen einer rechtsstaatlichen Verfolgung leben, auch mit einer zwangsweisen Vergabe von Brechmitteln. Basta! Diese Subjekte sind für mich Mörder und nichts anderes! Selbstverständlich werde ich Ihren Antrag, der hier zum Wohl vermeintlicher Straftäter gestellt worden ist, namens der Deutschen Volksunion uneingeschränkt ablehnen. – Ich bedanke mich!

Als Nächste hat das Wort Frau Staaträtin Motschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für das Innenressort möchte ich kurz zu dem Antrag Stellung nehmen. Es ist hier ja schon erwähnt worden, dass die Vergabe von Brechreiz auslösenden Mitteln seit zehn Jahren in Bremen besteht und dass es bisher keinen einzigen Fall gegeben hat, der zu gesundheitlichen Komplikationen geführt hat. Es hat aber Hunderte von Drogenportionen gegeben, die man auf diese Weise gefunden und sichergestellt hat, zwischen 200 und 500 pro Jahr. Glücklicherweise, auch das ist hier angeklungen, gehen die Zahlen der Vergaben dieses Brechmittels aufgrund der Tatsache zurück, dass sich die Drogendealer auf diese scharfen Maßnahmen einstellen und entsprechend dann jedenfalls nicht mehr auf diese Weise mit den Drogen dealen.

Selbstverständlich, Herr Dr. Güldner, wird man die Hamburger Ergebnisse und Untersuchungen abwarten und bewerten und die Analysen ernst nehmen und darauf reagieren müssen. Man wird aber nicht erst reagieren und dann prüfen, sondern erst prüfen und dann reagieren, das ist die übliche Methode. Wenn weder in Hamburg noch woanders jetzt sofort eine veränderte Praxis einsetzt, indem man dieses Mittel nicht mehr verabreicht, dann wüsste ich nicht, warum wir dies in Bremen tun sollten. Der Innensenator kann gar nicht auf dieses Mittel verzichten, weil es darum geht, die Drogenkriminalität in dieser Stadt konsequent und hart zu bekämpfen.

(Beifall bei der CDU)

Betroffen gemacht hat mich, Herr Dr. Güldner, dass Sie ganz bestimmte Zitate hier als Argumentation eingebracht haben. Sie haben den Ärztekammerpräsidenten Montgomery aus Hamburg zitiert, der diese Methode als erniedrigend bezeichnet.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Hat er auch Recht!)