Protocol of the Session on December 12, 2001

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Entwurf des Doppelhaushalts, den der Senat der Bürgerschaft Ende August übermittelt hat, sah ein Gesamtvolumen von zirka acht Milliarden Euro für 2002 und 2003 vor. Diesen Ausgabenrahmen werden wir einhalten. Wir müssen allerdings auf der Einnahmenseite Korrekturen vornehmen, weil die jüngste Steuerschätzung uns voraussichtlich Ausfälle von rund 135 Millionen Euro in diesem und im kommenden Jahr bescheren wird. Dies ist auch durch eisernes Sparen nicht mehr auszugleichen. Vielmehr hat Bürgermeister Perschau bereits angekündigt, stattdessen auf die Erhöhung der Nettokreditaufnahme zurückzugreifen mit der Aussicht auf die Hilfe durch den Bund aufgrund des

so genannten Kanzlerbriefes von Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Nach den Vorlagen des Senats blieben zur Verteilung durch die Fraktionen noch 33 Millionen Euro übrig. Dem standen schon bei der Übermittlung des Etatentwurfs unerfüllt gebliebene konsumtive Mehrforderungen der Ressorts von ursprünglich rund 60 Millionen Euro gegenüber. Bedingt durch die schrecklichen Ereignisse des 11. September sind sogar noch weitere Anforderungen hinzugekommen.

Meine Damen und Herren, wir haben alle Wünsche kritisch durchleuchtet, es ist fast selbstverständlich, aber ich sage es noch einmal, nicht alle konnten wir erfüllen. Insgesamt werden wir nun rund 53 Millionen Euro innerhalb des Etats umschichten und damit politische Akzente setzen, und das muss auch möglich sein angesichts der auch vom Kollegen Mützelburg angesprochenen engen Haushaltsrahmen.

Meine Damen und Herren, wir nutzen dafür zirka 20 Millionen Euro aus der so genannten Planungsreserve, also den Mitteln der Ressorts, die bislang sozusagen noch nicht endgültig verplant sind. Den einzelnen Ressorts bleibt auch nach dieser Umwidmung in den Jahren 2002 und 2003 noch ein Bewegungsspielraum von rund vier Prozent ihrer jeweiligen Budgets.

Meine Damen und Herren, seit der vergangenen Woche beherrscht ein innenpolitisches Thema die Schlagzeilen: Pisa und das schlechte Abschneiden der deutschen Jugendlichen bei dieser von der OECD durchgeführten weltweiten Vergleichsuntersuchung. Wir werden ja morgen in der Aktuellen Stunde ausführlich über Pisa debattieren. Ich warne aber schon an dieser Stelle vor kurzatmigen Schuldzuweisungen und ultraschnellen Lösungsvorschlägen.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, das Thema ist nun wahrlich zu ernst, als dass man es einmal eben so nebenbei abhandelt. Mir jedenfalls gibt es zu denken, dass wir beispielsweise seit Jahren hohe Summen für die Integration in der Schule ausgeben, Deutschland aber gerade in diesem so wichtigen Bereich dennoch extrem schlecht abschneidet. Also, am Geld allein kann es nicht liegen, dass unsere Kinder in den Schulen nicht das Rüstzeug mitbekommen, das sie für eine globalisierte Gesellschaft benötigen. Das, was wir als Haushaltsnotlageland in finanzieller Hinsicht tun können, haben wir getan und tun wir mit diesem Haushalt.

Auch in diesen Etatberatungen haben wir Sozialdemokraten den Bildungsbereich zum Schwerpunktthema gemacht und durchgesetzt, dass mehr als 18 Millionen Euro für die nächsten zwei Jahre zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, unter anderem für das Modellprojekt Ganztagsangebote an den SekI-Schulen, für den Englischunterricht in der Grund

schule, für mehr Referendariatsplätze und für die Einstellung von Lehrern. Wohlgemerkt, meine Damen und Herren, diese Schwerpunktsetzung in den internen Sitzungen der beiden Koalitionsfraktionen erfolgte, bevor die Pisa-Ergebnisse bekannt wurden!

(Beifall bei der SPD)

Bereits im vergangenen Jahr haben wir für die finanzielle Absicherung der verlässlichen Grundschule gesorgt. Ich denke, mit der begonnenen Ausweitung der Schulzeit bewegen wir uns schon ein bisschen in Richtung der weltweiten Standards. Wir haben also, wenn man so will, unsere finanzpolitischen Hausaufgaben weitgehend gemacht. Doch bevor jetzt die nächsten Schritte erfolgen, sollten wir erst einmal innehalten und die inhaltlichen Lehren aus Pisa ziehen, so schmerzlich es auch sein mag, wir Sozialdemokraten sind dazu bereit.

Erlauben Sie mir noch eine Anmerkung! Dass immer noch die soziale Herkunft über die Verteilung von Bildungs- und Lebenschancen entscheidet, muss uns umtreiben, und damit dürfen wir uns niemals abfinden, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, die Beratungen des Doppelhaushalts haben auch unter dem Eindruck der Ereignisse des 11. September gestanden. Diese konnten nicht ohne Auswirkungen bleiben. Deshalb haben wir als erste wichtige Konsequenz durch die Herausnahme von Polizei und Strafverfolgung sowie des Verfassungsschutzes aus der sogenannten PEP-Quote personelle Planungssicherheit für die Ressorts Inneres und Justiz geschaffen. Darüber hinaus haben die beiden Fraktionen den Sonderfonds Terrorismusbekämpfung mit insgesamt fünf Millionen Euro ausgestattet. Auf ihn können die verschiedenen Ressorts zugreifen, die konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus umsetzen müssen.

Mit einer erheblichen Kraftanstrengung ist es der Polizei und der Hochschule für öffentliche Verwaltung gelungen, noch im laufenden Jahr 30 weitere junge Frauen und Männer in die Ausbildung zur Polizeibeamtin und zum Polizeibeamten einzustellen. Im nächsten und übernächsten Jahr sollen weitere zusätzliche Anstrengungen erfolgen, was nicht nur der Nachwuchssicherung der Polizei dient, sondern auch zusätzliche Perspektiven für junge Menschen auf dem Ausbildungsmarkt schafft, woran der SPD naturgemäß besonders gelegen ist.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, unsere Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht darauf, dass wir un

sere Städte so sicher wie möglich machen. Das Bedürfnis nach mehr Sicherheit ist nach dem 11. September 2001 so groß wie noch nie.

Unsere Bürgerinnen und Bürger haben auch ein Anrecht auf eine saubere Stadt. Meine Fraktion hat dafür in der vergangenen Woche ein Konzept vorgelegt, wie wir Bremen sauberer machen und gleichzeitig die Quartiersdienste absichern und ausbauen können. Mit dem Koalitionspartner haben wir uns auf die Finanzierung über den Verkauf weiterer Anteile an der ENO geeinigt. Innere Sicherheit und saubere Straßen gehören auch zur Lebensqualität in unserem Land.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen unsere beiden Städte so attraktiv machen, dass sich unsere Bürgerinnen und Bürger hier wohl fühlen, ihnen nicht, wie in den vergangenen Jahren leider geschehen, den Rücken zukehren. Wir müssen den Abwanderungstrend stoppen und uns gleichzeitig um neue Mitbürgerinnen und Mitbürger bemühen. All das gehört für mich zur Neujustierung unserer Sanierungspolitik, die sich die SPDFraktion vorgenommen hat. Wir zeigen mit diesem Haushalt, dass wir es ernst damit meinen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, um Bremer in Bremen zu halten, haben wir deshalb unter anderem die Städtebauförderungsmittel erhöht, um damit Aufwertungsmaßnahmen in den Stadtteilen zu finanzieren und die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Mit einem Wohnungsbauförderungsprogramm werden wir weitere Anreize für Wohnen in Bremen schaffen.

Meine Damen und Herren, wir sorgen dafür, dass aus der unendlichen Geschichte um die Zukunft der Frei- und Hallenbäder in Bremen nun eine Erfolgsstory wird.

(Beifall bei der SPD)

Indem wir die Finanzierung auf den Weg bringen, haben wir aus einer Liste der Sanierungsmaßnahmen ein Bäderkonzept gemacht, das seinen Namen nun endlich auch verdient. Kein Bad muss geschlossen werden, denn die beiden Koalitionsfraktionen werden die nötigen Mittel für die dringend erforderlichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen bereitstellen. Ich denke, das ist eine gute Nachricht.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben auch im Sportbereich nachgebessert. Weil wir 1,2 Millionen Euro zusätzlich ausgeben werden, muss die Übungsleiterpauschale nicht gekürzt werden, denn ehrenamtliches Engagement hat für

uns ein großes Gewicht und muss von der Politik entsprechend gewürdigt und auch unterstützt werden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das gilt auch für die politische Arbeit vor Ort. Nachdem wir die Rechte der Beiräte per Gesetz in diesem Jahr deutlich ausgebaut haben, haben wir nun während der Haushaltsberatungen bei den Etats für die einzelnen Beiräte noch einmal daraufgesattelt, denn Beiratsarbeit ist identitätsstiftend und dient den Menschen in den Stadtteilen ganz unmittelbar. Auch diese Arbeit wollen wir würdigen und unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Zum Wohle aller Menschen in Bremen und Bremerhaven gehört natürlich in erster Linie eine Wirtschaftspolitik, deren vorrangiges Ziel die Schaffung von Arbeitsplätzen sein muss. Wir haben in den letzten Jahren ermutigende Zahlen über das Wirtschaftswachstum und auch über die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt erhalten. Bremen scheint sich, zumindest tendenziell, positiv vom Bundestrend abzukoppeln. Das ist erfreulich bei aller Vorsicht, mit der solche Zahlen zu genießen sind. Um diesen Trend zu stabilisieren, müssen wir insbesondere bei den Zukunftstechnologien unsere Anstrengungen verstärken. Auch dieser Wille der Koalitionsfraktionen findet sich im vorgelegten Etat wieder.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Hört, hört!)

Doch über die neuen Hochtechnologiebranchen dürfen wir unsere traditionellen wirtschaftlichen Stärken nicht vernachlässigen. Hier nenne ich an erster Stelle die Häfen und damit natürlich auch die Werften. In Bremerhaven stehen mittelfristig Investitionen an, damit unsere Häfen zukunftsfähig bleiben. Wir haben jetzt mit der Bereitstellung von Planungsmitteln so etwas wie den Startschuss hierfür gegeben. Meine Damen und Herren, so wichtig die Investitionen in die Häfen sind, für Bremerhaven muss mehr getan werden, damit auch unsere Schwesterstadt den Strukturwandel schafft.

(Beifall bei der SPD)

Hier sind wir auch ein gutes Stück vorangekommen. Wir werden ja in der anstehenden Debatte noch einmal einen Schwerpunkt auf die Entwicklung in Bremerhaven legen. Lassen Sie mich aber schon an dieser Stelle ein paar Stichworte nennen, die das Engagement der Koalition für die Seestadt belegen! Die Bremerhavener Innenstadt gewinnt durch die aufwendige Neugestaltung an Attraktivität. Das Land Bremen beteiligt sich mit 70 Prozent an den Kosten.

Die Entwicklung Alter/Neuer Hafen schreitet voran. Für das Biotechnologiezentrum und das Datenschutzkompetenzzentrum haben die Vorbereitungen begonnen. Um den Strukturwandel zu beschleunigen, sind die WAP- und ISP-Mittel früher freigegeben als an sich vorgesehen. So können Projekte im Gesamtvolumen von 100 Millionen DM eher als geplant in Angriff genommen werden. Das ist ein Schub für Bremerhaven!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Dazu gehört auch der Aufbau einer Forschungsund Entwicklungszone rund um das Alfred-Wegener-Institut. All das sind wichtige Schritte auf unserem Weg, Bremerhaven zukunftsfähig zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, um die Stärken unserer beiden Städte noch besser herauszustellen, wollen wir 20 Millionen DM zusätzlich für Marketingmaßnahmen ausgeben. Um das hier auch gleich klarzustellen: Hier geht es eben nicht um eine verdeckte Finanzspritze für das Musical „Hair“, sondern um dringend notwendiges Standortmarketing für Bremen und Bremerhaven.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/Die Grünen])

Frau Kollegin Dr. Trüpel, apropos „Hair“! Ich freue mich, dass die Betreiber nun bereits von einer Aufführungszeit bis Ende März 2002 sprechen,

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ja, ich mich auch!)

und zwar ohne Subventionierung durch Bremer Steuermittel, die der Wirtschaftssenator noch Ende Oktober 2001 für unbedingt erforderlich hielt, um den Spielbetrieb aufrechterhalten zu können.

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Gut so!)

Wenn Sie sagen, das sei gut so, füge ich hinzu, dass sich hier das klare Nein der SPD-Bürgerschaftsfraktion in Mark und Pfennig ausgezahlt hat.

(Beifall bei der SPD – Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Vorlaufzeit war ja auch lang genug!)