Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen von Frau Senatorin Wischer muss ich doch noch einmal ein paar Sätze sagen. Frau Wischer, ich habe das Gefühl, dass Sie überhaupt nicht verstanden haben, was ich gemeint habe.
Ich will erst einmal sagen, dass nicht nur wir uns sehr kritisch über diese Mitteilung des Senats geäußert haben, sondern die Redner der Koalitionsfraktionen auch. Wenn ich jetzt einmal auf die Waagschale lege, was hier von der CDU gesagt worden ist, dass man vielleicht dem Senat dann doch etwas mehr Zeit hätte geben sollen, um diesen Bericht zu verfassen, dann heißt das einfach, dass die Arbeitsleistung mangelhaft und die CDU schlicht unzufrieden mit dem ist, was hier vorliegt.
Ehrlich gesagt, so viel anders war das, was Herr Sieling gesagt hat, auch nicht, wenn natürlich auch sehr staatstragend und freundlich formuliert. Hier gibt es deutliche Kritik und offensichtlich auch in den Koalitionsfraktionen andere Erwartungen, was diese Neubürgeragentur denn wirklich leisten soll.
Jetzt noch einmal zu Ihnen, Frau Wischer! Auch mir geht es als Zugereiste so, dass ich sehr gern in Bremen lebe. Das geht vielen Menschen – eigentlich allen, die ich kenne – so, dass sie sagen, Bremen ist zum Leben einfach toll, diese Stadt ist grün, sie hat kurze Wege, sie hat eine lebendige Szene, sie hat eine relativ gute Infrastruktur, so dass es bei aller Kritik, die man an einzelnen Punkten hat, erst einmal ein Bekenntnis zu dieser lebenswerten Stadt gibt. Da unterscheiden wir uns, glaube ich, alle nicht, und es ist richtig, dass wir das selbstbewusst nach außen tragen sollen. Ehrlich gesagt, ich kenne auch viele von uns, die das so tun. Wir würden hier nicht leben, wenn wir nicht wüssten, dass diese Stadt Lebensqualität und Charme hat und dass wir gern hier sind und einfach gern unseren Lebensmittelpunkt hier haben.
Wenn man verantwortliche Politik macht, muss man aber trotzdem zur Kenntnis nehmen, dass wir in den letzten Jahren unter dem Strich immer noch einen Abwanderungssaldo hatten. Das ist unser politisches Problem, zumindest wenn es das Ziel ist, Neubürger zu gewinnen auch aus finanzpolitischen Gründen. Jeder, der sich hier neu ansiedelt oder hier bleibt, bringt Geld in unsere Kassen, das wir nötig brauchen, um hier eine gestaltende Politik in unserem Bundesland zu machen.
Jetzt noch einmal zu der Frage der Neubürgeragentur! Herr Sieling hat eben so schön gesagt, das Erste ist, dass das Produkt stimmen muss. Genau! Das war das, was ich sagen wollte! Da sind die verschiedenen Fachpolitiken gefragt, weil die zu verantworten haben, dass das Produkt stimmt.
Das ist in der Bildungspolitik, in der Wirtschaftspolitik, bei den Existenzgründungen, bei der Infrastruktur und bei der Kulturpolitik so. All dies muss stimmen, damit man selbstbewusst sagen kann, das Produkt stimmt!
Der nächste Schritt ist dann das entsprechende Marketing. Darum habe ich nicht gesagt, die Neubürgeragentur soll ein Forum für junge Unternehmer sein. Das ist Quatsch, das glaube ich auch nicht! Wichtig ist, ob die verschiedenen Ressorts, die zusammenarbeiten müssen, wenn denn das Produkt stimmen soll, die notwendige Sensibilität für die Punkte haben, in denen Bremen noch nicht gut genug ist, und das gerade noch einmal mit Blick auf die Probleme in Bremerhaven. Das ist die Voraussetzung.
Wir haben doch das gemeinsame Problem, dass offensichtlich das, was wir bisher gemacht haben – so sehr sich auch jede und jeder bemüht hat –, sich nicht genügend von anderen großen Städten unterscheidet. Damit müssen wir doch neue Bürger lokken, dass wir genauso selbstbewusst, wie wir sagen können, dass wir gern hier leben, mit besonderen Sachen werben können. Da sage ich, eine Neubürgeragentur als solche, dass es das einzige Alleinstellungsmerkmal ist, nun eine neue Agentur zu haben, kann es nicht sein. Man muss sich schon substantiell in manchen Politikfeldern unterscheiden, um damit dann wirklich Menschen werben zu können.
Das war das Stichwort „junges Bremen“, wir müssen uns besonders um die Kinder und die jungen Leute, die wirklich etwas vorhaben, kümmern und damit werben.
Noch einmal: Bei dieser Neubürgeragentur, und das habe ich gemeint, geht es schon sehr um den Geist. Eine neue Behördenstruktur oder ein Amt wird es also allein nicht bringen. Wenn ich mir jetzt nur einmal anschaue – ich habe eben so einen netten Hinweis bekommen –, dass für 80 Quadratmeter eine Jahresmiete von 200 000 DM gezahlt werden soll, ist das, ehrlich gesagt, ganz schön viel, wenn man das einmal auf den Quadratmeterpreis umrechnet. Auch das ist ein leichter Hinweis darauf, dass man hier vielleicht viel Geld in so eine Maßnahme steckt, aber zu wenig das Augenmerk darauf richtet, was man denn wirklich tun sollte, und ob man das nötige Gespür hat, um den Menschen anzusprechen.
Frau Wischer, und da vereinnahme ich jetzt einmal die Koalitionsredner, wenn es hier noch einen Nachbesserungsbedarf gibt, wie Sie das selbst schon angekündigt haben, und wenn Sie die Punkte verwirklichen, die hier heute genannt worden sind, dass es eben keine bürokratische Veranstaltung sein darf und die Ressortpolitiken stimmen müssen, dann kann vielleicht etwas daraus werden. Wenn man das aber nicht berücksichtigt, dann, denke ich, wird es wirklich ein tot geborenes Kind und entwickelt nicht den Charme, den eine Neubürgeragentur haben muss, wenn man wirklich Werbung für Bremen machen will.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Trüpel, ich will hier mit dem anfangen, was Sie gesagt ––––––– *) Von dem Redner nicht überprüft.
haben: heiße Luft. Ich beginne mit dem, was ich gestern hier schon gesagt habe, mit der Äußerung der Staatssekretärin Zypries aus dem Bundesinnenministerium bei dem Kongress, auf dem es um E-Government ging, die gesagt hat: Es gibt keine Kommune und kein Land in Deutschland, das, was Reformvorhaben im kommunalen, im Verwaltungsbereich betrifft, so weit ist wie Bremen. Dazu gehört auch das hier vorliegende Konzept für eine Neubürgeragentur. Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland noch keine Neubürgeragentur.
Das Konzept, das hier mehrere übrigens auch mit vielen Privaten besetzte Arbeitsgruppen zusammengetragen haben – dabei waren die Handelskammer und Wohnungsbaugesellschaften –, führt dazu, wenn man es anwendet, man kann es sicherlich verbessern, man kann es auch weiterführen, das ist ja auch geplant, Neubürger und Investoren zu gewinnen. Sie können dort vor Ort Auskunft bekommen, wie sie denn ihre Mitarbeiter hier in Bremen unterbringen können und welche Schulbedingungen, Wohnbedingungen, kulturellen Bedingungen, infrastrukturellen Bedingungen, Sportbedingungen hier sind, und man kann ihnen Hilfestellung geben, in dieser Stadt gut unterzukommen und zu leben. Das ist heute ganz wichtig, um Neubürger zu gewinnen. Das ist mit Sinn und Zweck dieser Agentur.
Die Neubürgeragentur soll kein zusätzliches Amt sein. Sie soll deshalb auch in der Pelzerstraße untergebracht werden, um viele Synergieeffekte zu haben. Das war gestern hier in der Stadtbürgerschaft ja auch Gegenstand, nämlich wie man ein Bürgerservicezentrum aufbaut, Synergieeffekte in der Lebenslage Umzug oder Umzugswunsch, das ist der amtliche Bereich. Darüber hinaus gibt es aber in dieser Neubürgeragentur eine Fülle von Angeboten, die eben auch von Privaten, von der Handelskammer und von anderen gemacht werden müssen. Es ist keine zusätzliche Behörde.
Hier gibt es natürlich Kosten, die Sie angesprochen haben, die hoch sind, weil es da unten in der Pelzerstraße, das soll ja im unteren Bereich untergebracht werden, Ladenpreise sind. Ein Privatunternehmen, das Marketing machen will, kann ja nicht diesen Marketingbereich irgendwo in der zwölften Etage ganz hinten unterbringen. Wir wollen dies attraktiv gestalten auch für die Privaten, die hier noch viel stärker als bisher einbezogen werden sollen. Ich bin da in Kontakt mit der Handelskammer und habe gesagt, es geht nicht, dass die Privaten sich einfach herausziehen. Wir wollen das im Sinne einer Public private partnership gemeinsam machen, und die Privaten müssen noch mehr eingebunden werden. Herr Nullmeyer hat mir dies zugesagt. Wir wollen Gesprächsrunden machen, um dies hinzubekommen.
Das ist ein Konzept, das beim gegenwärtigen Stand, glaube ich, deutlich macht, dass es Neuland ist, das viele Möglichkeiten der Attraktivität des Angebotes darstellt. Das ist weiterzuführen und noch
reifer zu machen. Ich bitte aber auch nicht zu vergessen, in dem Sinne, wie Frau Kollegin Wischer das gesagt hat, dass das ein Angebot Bremens an andere ist, hierher zu kommen.
Noch ein Wort, weil Sie den Verlustsaldo der Bevölkerungszahl genannt haben! Ich habe auch die Meldung über die Studenten gesehen. Ich verstehe es im Moment noch nicht so ganz, weil ich noch vor wenigen Monaten verkündet habe, dass sich hier mehr Studenten angemeldet haben als zuvor. Warum das jetzt auf einmal weniger sind, weiß ich noch nicht. Eines ist aber ganz sicher, das hat Herr Perschau auch in einer Presseerklärung gesagt, wir haben einen Stopp des Abwanderungstrends aus Bremen. Wir haben in diesem Jahr 2000 Einwohner mehr. Das soll uns alle ermutigen, hier weiter an diesem Thema zu arbeiten. Dabei ist die Neubürgeragentur meiner Ansicht nach ein sehr wichtiger und notwendiger Bereich. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der letzten Debatte über das Thema Landesvergabegesetz wurde der schöne Antrag unserer Fraktion abgelehnt. Ich erinnere Sie daran, dass sich beim letzten Mal SPD und CDU in, wie ich finde, grandioser Weise über einen eigenen Antrag geeinigt haben, den sie dann unterschiedlich interpre––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
tiert haben, die CDU auf der einen Seite kontra Landesvergabegesetz und eher verhalten und die SPD so wie wir als Fraktion der Grünen pro Landesvergabegesetz und abwartend, was sich auf Bundesebene tut.
Hartnäckig und entschlossen, wie wir sind, haben wir heute wieder einen Antrag zu diesem Thema eingebracht, der eine klaffende Rechtslücke schließen soll. Wir fordern bei öffentlichen Vergaben von Unternehmen und Betrieben, die vom Land oder der Stadt beherrscht werden, die Vergabe einer parlamentarischen Kontrolle zugänglich zu machen. Diese parlamentarischen Vergabeausschüsse sollen transparente Entscheidungen treffen. Im Bauressort gibt es bereits einen derartigen Vergabeausschuss, der Senator für Wirtschaft und Häfen wird aufgefordert, einen einzurichten.
Das ist nur ein Weg, um Kungelei und – Herr Focke mag das Wort ja nicht so gern – Korruption konsequent zu verhindern. Die Neuordnung des bremischen Liegenschaftswesens steht ja vor der Tür. Sie beschäftigen sich auch in den Fraktionen mit dieser Neuordnung. Diese Neuordnung zeigt noch einmal den dringenden Handlungsbedarf, denn in Kürze entzieht sich durch diese Neuordnung des Liegenschaftswesens der gesamte Hochbaubereich eines transparenten Vergabeverfahrens und einer wirksamen parlamentarischen Kontrolle.
Wenn wir einmal den Blick nach Hamburg richten, was wir ja hier ab und zu in der Bremischen Bürgerschaft tun, dann kann man jetzt gerade die Schlagzeilen verfolgen, die sich um einen Skandal drehen, und zwar um Bestechung, Korruption und Mauschelei im Hochbauamt, übertitelt mit „Highnoon im Hochbauamt“. Auch da ist man auf dieses Thema aufmerksam geworden, nimmt sich ihm dort an und sagt, da muss die parlamentarische Kontrolle verstärkt werden, und der zentrale Vergabeausschuss muss diesen Bereich stärker ins Visier nehmen.
In Bremen werden künftig die Liegenschaften von der GBI verwaltet, und der Senat hat diesen Bereich bislang leider, finden wir, noch nicht durch ein Landesvergabegesetz oder durch Vergabeausschussregelungen abgesichert. Auch deshalb haben wir gerade diesen Antrag formuliert, weil wir zumindest wissen, dass die SPD den Handlungsbedarf erkennt. Ich weiß nicht genau, wie es bei der CDU ist, ich glaube, auch da ist schon die Einsicht, dass man da ein bisschen genauer hinschauen soll.
Der Senat hat im August den Auftrag von uns bekommen, in der Bürgerschaft erneut im Oktober 2001 über die Fortschritte auf Bundesebene und über ein Bundesvergabegesetz zu berichten. Der Senat legt heute seine Position dazu dar. Er formuliert das so: „Ein Landesvergabegesetz ist nicht notwendig.
Der Senat will es sich mit dieser Position, finde ich, ein bisschen zu bequem machen, weil auch das Bundesvergabegesetz oder der Referentenentwurf eine Öffnungsklausel für die Länder vorsieht und auch den Ländern schon heute einräumt, dass es länderspezifische Regelungen geben muss. Deshalb gibt es auch heute den Antrag der Grünen, weil wir wissen, bei 240 Gesellschaften, die es hier ja gibt, ist Handlungsbedarf angezeigt!
Wir bleiben also dabei: Das Handeln des Bundes ist gut und richtig. Ich lobe ausdrücklich die rotgrüne Bundesregierung, aber in den Ländern müssen weitergehende Regelungen getroffen werden. Wir benötigen in Bremen ganz schnell weitergehende Regelungen für die Gesellschaften, die vom Land oder von der Stadt beherrscht werden. Wir benötigen eine wirksame Kontrolle, um Vergaben transparent zu machen, auch im Ressort Wirtschaft und Häfen, ich nenne einmal das Beispiel BremenPorts. Was also in Bayern gut, richtig und wichtig ist, das kann für Bremen nicht falsch sein.
Das ist nicht immer so! Aber in diesem Fall muss man das ja einmal so klipp und klar sagen, die Bayern machen ja auch manche Dinge, die ganz gut sind.