Protocol of the Session on November 28, 2001

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind jetzt einige Punkte angesprochen worden, auch wenn ich die eigentlich nicht abgefragt habe in der Großen Anfrage. Mir ging es wirklich darum zu schauen, wie wirtschaftet das Arbeitsressort! Das Arbeitsressort gründet zwei neue Gesellschaften, und wie stattet dann das Arbeitsressort diese Gesellschaften aus, damit die Gesellschaften, die von uns ja auch mit politischen Zielsetzungen beauftragt werden, diese Aufgaben ordentlich ausführen können, ohne von vornherein zu scheitern? Deswegen ist es auch wichtig, die Frage zu thematisieren, werden diese 6,3 Millionen DM künftig fehlen im Bereich des sogenannten zweiten Arbeitsmarktes, werden sie nicht fehlen und mit welchen Konsequenzen! Das haben die Redner hier unterschiedlich bewertet. Frau Senatorin Adolf hat ja schon gesagt, dass sie mir da in gewisser Weise Recht gibt, dass man das kritisieren kann, dass Arbeitslosen von morgen sozusagen Mittel weggenommen werden.

(Senatorin A d o l f : Ich habe die Argu- mentation nachvollziehen können! Das ha- be ich gesagt!)

Das haben Sie nachvollziehen können. Genau, Sie teilen sie wahrscheinlich nicht, aber Sie haben sie nachvollziehen können! Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten eine Stellungnahme meiner Kollegin Frau Dreyer zum Haushalt des Bereiches Arbeitsmarkt, da sind wir alle als arbeitsmarktpolitische Sprecherinnen immer aufgefordert, unsere Stellungnahmen abzugeben. Es ist nicht uninteressant, welche Stellungnahme Frau Dreyer als Mitglied der großen Koalition dem Haushalts- und Finanzausschuss zur Kenntnis gibt, und zwar sagt die Abgeordnete: „Hier fehlt die deutliche Schwerpunktsetzung der Qualifizierung für den Strukturwandel und die Ausrichtung auf den ersten Arbeitsmarkt. Außerdem ist der Aufbau eines funktionierenden Controllingsystems als Ziel nicht explizit genannt, obwohl die Bremische Bürgerschaft dies bereits für den Haushalt 2000/2001 beschlossen hat. Aufgebaut ist das Controlling noch nicht. Es bestehen leider erhebliche Haushaltsrisiken, EUund Landesmittel, deren Höhen nicht spezifiziert ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

worden sind. Hier ist deutlich nachzuarbeiten, weil der Haushalt so nicht auf den Weg gebracht werden kann. Außerdem wird angeregt, dass die einzelnen Budgets festgeschrieben werden und durch Beschluss sichergestellt wird, dass zwischen den Budgets keine Verschiebungen mehr vorgenommen werden.“ Soweit die Aussagen von Frau Dreyer zum Haushalt des Arbeitsressorts!

Frau Ziegert hat eine andere Stellungnahme abgegeben, sie war zufrieden mit dem Controlling, und auch ich habe meine Bedenken hinsichtlich der Haushaltsaufstellung geäußert. Ich finde, man muss hier auch zur Kenntnis nehmen, dass wir als Abgeordnete in der Deputation nicht zufrieden sind mit unseren Möglichkeiten, dort Einblick zu nehmen, oder dass wir uns auch teilweise mit der Darstellung der Zahlen nicht anfreunden können.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist doch jedes Mal anders!)

Jetzt komme ich noch einmal zur Legendenbildung! Frau Ziegert hat angesprochen, man hat in der Deputation das ganze Schlamassel um die Beschäftigungsförderung aufgedeckt. Da muss ich widersprechen, Frau Ziegert! Ich habe einen offenen Brief geschrieben am 17. April, den Herr Wolschner von mir zur Kenntnis genommen hat. Er hat dann ein bisschen recherchiert, einen großen Zeitungsartikel gemacht, und dann wurde ich vom Staatsrat angerufen. Ich hatte darum gebeten, dass das Thema auf die Tagesordnung der Deputation kommt, es kam auf die Tagesordnung der Deputation, und undank der CDU wurde es wieder abgesetzt, was ich ziemlich unmöglich fand, weil die Beschäftigungsträger, ich sage einmal auch Arbeitslose, die auf ihre Maßnahme gewartet haben, nämlich da auf dem Schlauch standen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich habe ja jetzt schon ein bisschen auf Herrn Dr. Knigge herumgehackt. Ich muss ihn auch einmal loben.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Der Innenrevisor hat uns auch gesagt, dass Herr Dr. Knigge damit offensiv umgegangen ist, ihn auch angesprochen hat und auch konkrete Arbeitsaufträge erteilt hat. Das nehmen wir auch so zur Kenntnis. Wir finden aber auch, dass das zu seinen Aufgaben als Vorgesetztem unbedingt gehört, gerade vor dem Hintergrund von 1992. Gestatten Sie mir eine kleine Reise in die Vergangenheit! 1992 ist Herr Dr. Knigge ja Staatrat geworden, gerade weil genau in diesem Bereich der Beschäftigungsförderung der Überblick verloren gegangen ist, und dann musste ein Staatsrat gehen.

Vor diesem Hintergrund, mit dieser Geschichte – ich kann mich erinnern, dass ich als Mitarbeiterin eines Jugendverbandes mit meinem Bewilligungsantrag in einen großen Raum hineinmarschieren musste, dann wurde alles ausgebreitet und gefragt, mündliche Zusage, schriftliche Zusage, das wurde alles eingeteilt – muss man gerade als Staatsrat sehr sensibel sein, was die Mitarbeiter machen, wie das Controlling aussieht, ob überhaupt da ein klarer Überblick ist, zumindest mit Strichlisten. Wenn ich das lese, ich sage, es gibt keine Statistik von 1997 bis zum Jahr 2000, das ist mittelalterlich, gerade bei diesen Millionenbeträgen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben dann in der Deputation häufiger darüber geredet. Die Innenrevisoren haben versucht, den Vorgang zu verstehen, und schlussendlich haben sie versucht, verschiedene Erklärungsansätze zu finden. Wir haben das auch unsererseits versucht zu tun. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass wahrscheinlich statt 8,85 Millionen DM nur 5,2 Millionen DM in diesem Bereich eingestellt worden sind, dass letztendlich Geld gefehlt hat, so dass es dann zu einer Überbuchung gekommen ist. Diese Fehler hätten nicht passieren können, wenn Kontrolle da gewesen wäre. Wenn man sich nicht selbst kontrollieren muss, dann fallen einem die Fehler auch nicht mehr auf.

Sie sagen, das ist alles gar nicht so schlimm, 185 Millionen DM sind eine Riesensumme, Frau Stahmann, warum regen Sie sich über 6,3 Millionen DM auf? Ich muss sagen, ich stelle mir schon die Frage, wenn ich von dem Vorsitzenden des Verbandes der Bremer Beschäftigungsträger einen Brief bekomme, in dem formuliert steht, dass dieser Interessensverband durch die Einsparungen, die an ihn weitergegeben werden, akut 500 Plätze in Bremen und Bremerhaven gefährdet sieht. Da sage ich, daran ist etwas, wieso sagt jemand so etwas, wenn das eigentlich nicht so schlimm sein kann?

Dann haben Sie noch einmal angesprochen, ich würde nur so auf den zweiten Arbeitsmarkt setzen. Das ist nicht so, ich sehe auch die Wichtigkeit des ersten Arbeitsmarktes. Frau Ziegert, ich finde es auch gut, wenn Leute über den zweiten Arbeitsmarkt in den ersten Arbeitsmarkt hineinkommen. Da gibt es in Bremen ja auch viele prominente Beispiele. Jeder kennt jemanden, der einmal über ABM auch auf einem ganz guten Job dann gelandet ist und dadurch auch den Karriereeinstieg geschafft hat. Aber ich muss auch sagen, es gibt einen Anspruch nach dem BSHG auf gerade diese Beschäftigung im zweiten Arbeitsmarkt zur Stabilisierung für diejenigen, die gehandicapt sind, also Menschen, die aus dem Gefängnis entlassen werden, ehemalige Straffällige, Leute mit Suchtproblemen, für alle die ist dieser Arbeitsmarkt wichtig und richtig.

Ich finde, das Ressort kann sich hier nicht so leicht davonstehlen und sagen, peinlich, dass uns das passiert ist, aber es hat letztendlich doch keine Konsequenzen. Ich glaube, es hat Konsequenzen, und da würde ich mir noch einmal eine Reaktion des Staatsrates oder der Senatorin wünschen, wie sie das hinsichtlich der Perspektive in diesem doch nicht so unwichtigen Bereich für Bremen bewerten. Frau Ziegert hat richtig angemerkt, die Studie des Netzwerkes zum Verbleib von ehemals Arbeitslosen, die über Maßnahmen im zweiten Arbeitsmarkt sozusagen starten, hat ein ganz positives Bild gezeichnet von der Arbeit der kleinen Träger. Diese sind ja sehr zielgenau und nah an den Menschen, um diese Leute wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Ich denke, das muss man auch in der Arbeitsdeputation noch einmal zur Kenntnis nehmen, aber, das scharfe Wort kann ich mir nicht verwehren, Ihre Aufsichtspflichten im Ressort haben Sie nicht wahrgenommen. Es gibt ein Haushaltsminus, und wir werden das sehr genau beobachten in der Folgezeit, weil wir hier sonst wieder vorn stehen und das thematisieren werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dreyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich dachte eigentlich, wir hätten einen positiven Abschluss gefunden, Frau Stahmann, aber wenn Sie nun die heutige Situation mit 1992 vergleichen – ich war noch nicht im Parlament, Sie auch nicht –, aber wenn man so in den alten Protokollen nachliest, das sind zwei wirklich völlig unterschiedliche Vorgänge, und das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Hier sind Mittel im Vorgriff zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit älterer Menschen oder älterer Arbeitnehmer eingesetzt worden. Ich kann darin wahrlich keinen Skandal entdecken!

(Beifall bei der SPD)

Dann haben Sie mich ja zitiert mit der Schwerpunktsetzung auf den ersten Arbeitsmarkt. Ich weiß überhaupt nicht, was daran neu ist. Das steht im Koalitionsvertrag: Strukturwandel, Qualifizierung für den Strukturwandel!

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das meinte ich gar nicht!)

Genau das wollen wir, dazu stehen wir, das finden wir prima, das ist unsere Politik für Menschen, Frau Stahmann! Besser kann es gar nicht gehen!

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ich meinte das Controlling!)

Natürlich ist es so, wenn das Controlling nicht funktioniert, dass es funktionsfähig gemacht werden muss, dabei ist das Ressort. Dieses Controllingsystem wird eingerichtet, darauf drängen wir als CDU sehr, und da lassen wir das Ressort auch überhaupt nicht aus der Verpflichtung heraus.

Meine Damen und Herren, noch eine Sache, auch wenn zwischen den Fonds Verschiebungen vorgenommen werden müssen – –.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Gerade bei Schwerbehinderten!)

Selbstverständlich! Frau Linnert, melden Sie sich, quaken Sie doch nicht immer dazwischen!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich quake nicht! Das hat Frau Bernbacher mir schon einmal gesagt!)

Das ist ja ganz furchtbar mit Ihnen! Ich finde Sie immer etwas sehr quakig, aber das macht ja nichts!

(Beifall bei der CDU)

Selbst wenn zwischen den einzelnen Fonds Verschiebungen vorgenommen werden müssen, und das ist das Neue in unseren Verabredungen, meine Damen und Herren, dann hat das Ressort die Deputation zu fragen. Das Ressort wird das nicht mehr allein tun, auch dies haben wir beschlossen. Frau Stahmann, wenn Sie zugehört hätten in der letzten Deputationssitzung, dann wäre Ihnen das selbstverständlich auch geläufig, weil das unsere gemeinsame Beschlusslage ist.

Ein letzter Punkt! Frau Stahmann, wenn Sie nun noch die Hilfen nach dem BSHG dazwischenmischen, diese haben damit wirklich nichts zu tun. Hilfe zur Arbeit nach dem BSHG ist eine kommunale Aufgabe mit kommunalen Mitteln. Gern diskutieren wir darüber, weil wir dafür 60 Millionen DM zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt haben, allerdings natürlich in der Stadtbürgerschaft, und da wir uns heute im Landtag befinden, diskutieren wir heute gerade nicht darüber. Ich finde, wir sollten es schon auseinander halten.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Stahmann?

Ja, bitte!

Bitte, Frau Stahmann!

Danke, Frau Dreyer! Mir ging es nicht darum, Ihre

Position zum ersten Arbeitsmarkt zu thematisieren. Die ist mir weitgehend bekannt, und die akzeptiere ich auch so. Mir ging es darum, noch einmal Ihre Position hinsichtlich des Controllings und der Aussagefähigkeit und der nicht beschriebenen Risiken im Haushalt zu zitieren.

Gern, Frau Stahmann! Das haben wir hier auch besprochen, und das haben wir auch von allen Seiten gehört, dass es da Probleme gegeben hat. Aber die Probleme gibt es doch nicht, weil sie das nicht hinbekommen, sie bestehen doch, weil wir die Arbeitsmarktpolitik umstrukturieren. Da bleibt wirklich kein Stein auf dem anderen, und da strukturieren wir nicht um, um es schlechter zu machen, wie Frau Linnert immer konsequent behauptet, gegen den Willen der beiden Geschäftsführerinnen, der BAG und der BRAG, gegen den Willen der Träger, aber mit unendlicher Penetranz, sondern da strukturieren wir um, um den Menschen bessere Hilfen zu gewährleisten, darum geht es. Es wäre unendlich wichtig, wenn wir dafür auch gemeinsam eintreten.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort Frau Senatorin Adolf.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Stahmann, ich wollte noch kurz darauf eingehen, dass Sie dem Staatsrat vorwerfen, er wäre seiner Aufsichtspflicht nicht nachgekommen. Er hat die Aufgabe, Strukturen zu schaffen, die ein Controlling ermöglichen. Die hat er geschaffen, und die haben viele Jahre gut und erfolgreich funktioniert. Wenn Sie jetzt von Strichlisten reden, mag das aus Ihrer Sicht antiquiert sein, aber es hat funktioniert. Dieses Controlling hat über viele Jahre viele Millionen DM erfolgreich verwaltet.

Er hat dann Kenntnis davon bekommen, dass es da Überbuchungen gegeben hat, und diese Überbuchungen haben ja nicht über Jahre hinweg stattgefunden, sondern bis Ende 2000 hat alles auch verwaltungsmäßig funktioniert. Als er das festgestellt hat, dass es über einige wenige Monate in der verwaltungsmäßigen Abarbeitung offensichtlich Fehler gegeben hat, hat er, das haben Sie eben selbst gesagt, offensiv reagiert, sofort die richtigen Fragen gestellt, sofort die Innenrevision eingeschaltet und ist seiner Aufsichtspflicht damit in vollem Umfang mehr als ausreichend nachgekommen.

Sie haben den Bericht der Innenrevision gelesen, Sie haben gelesen, woran es gelegen hat. Wir haben es natürlich auch genau gelesen und werden Abhilfe schaffen und haben sie schon geschaffen. Da können Sie sicher sein!

Ich weise es für den Staatsrat zurück, dass er hier Aufsichtspflichten nicht wahrgenommen hätte. Ich

möchte das auch für das Protokoll klarstellen, denn diesen Vorwurf macht man nicht leichtfertig!

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats mit der Drucksachen-Nummer 15/910 auf

die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kenntnis.