Protocol of the Session on September 27, 2001

Für die SPD-Fraktion war es ein erklärtes Ziel, auf ein Landesgesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen auch durch diesen Antrag hinzuarbeiten, auf dessen Grundlage der hier vorliegende Bericht entstanden ist. Nicht nur auf der Grundlage des Berichts ist die Frage eines Landesgleichstellungsgesetzes weiterzudiskutieren, vielmehr liegt nunmehr auch ein Referentenentwurf für ein Bundesgleichstellungsgesetz vor, ein Entwurf, der maßgeblich von Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion formuliert wurde. Karl Hermann Haack hat hier einen ganz großen Anteil daran, dass es diesen Entwurf gibt und dass die Debatten in Berlin so stark forciert worden sind. Ich will aber auch nicht verschweigen, dass Behindertenverbände und auch die Grünen einen ganz großen Anteil daran haben, dass es einen solchen Gesetzentwurf in Berlin gibt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dieser Referentenentwurf wirkt natürlich in hohem Maße auf die Diskussion hier in Bremen um ein Landesgleichstellungsgesetz hinein. Daraus er

geben sich dann allerdings mehrere Punkte. Meine Einschätzung und die meiner Fraktion ist, in dem Zusammenhang wird auch die Sozialsenatorin gleich noch ihre Position deutlich machen: Die SPD will dafür sorgen, dass es in Bremen ein Landesgleichstellungsgesetz geben wird. Allerdings sei einschränkend gesagt, dass es aus unserer Sicht sinnvoll erscheint, sich mit einer Gesetzgebung auf Landesebene erst dann zu befassen, wenn Klarheit über die bundesrechtlichen Voraussetzungen geschaffen ist.

Die Tatsache, dass hier ein sehr engagierter Referentenentwurf vorliegt, schafft diese Klarheit noch nicht. Dieser Bundesgesetzentwurf muss nicht nur den Bundestag noch passieren, vielmehr ist der Gesetzentwurf im Bundesrat zustimmungspflichtig. Ich halte deswegen eine Reihe von substantiellen Änderungen im Entwurf für möglich oder gar für wahrscheinlich. In Paragraph 5 werden beispielsweise Zielvereinbarungen zwischen Unternehmensverbänden und Verbänden behinderter Menschen womöglich mit Vertragsstrafenabreden festgeschrieben. Meiner Einschätzung nach wird das zumindest noch zu politischen Konflikten führen, und daraus ergibt sich die Möglichkeit, dass es eben hier noch Änderungen gibt.

In diesem Referentenentwurf gibt es weitgehende Setzungen hinsichtlich der Barrierefreiheit ab Paragraph 8 und folgende. Um diese könnte es ebenfalls, meiner Meinung nach, zu Konflikten kommen, zumal, das muss man ja auch sagen, die Bundesratskonstellation sich aus Sicht der SPD seit der Bürgerschaftswahl in Hamburg nicht gerade verbessert hat. Dieses Gesetz ist aber eine Riesenchance, die Gleichstellung behinderter Menschen in Deutschland voranzubringen, nachdem das SGB IX ja auch schon eine Menge Schwung in die Debatten gebracht hat. Ich erinnere an die Anerkennung der Gebärdensprache.

Natürlich müssen und wollen wir Sozialdemokraten diesen Weg weitergehen, um hier auf Landesebene auch zu entsprechenden Regelungen zu kommen. In Berlin hat unter diesem Gesichtspunkt auf Landesebene auch eine große Koalition einiges zuwege gebracht. Wir können ihn aber erst gehen, wenn es so weit ist, und ich weise den Vorwurf an dieser Stelle prophylaktisch zurück, dass wir uns dieser Aufgabe nicht stellen wollten. Nein, wir werden uns an die Arbeit machen, wenn es soweit ist!

Nun aber noch ein paar Worte zum Bericht: Wir können mit der Lebenssituation für behinderte Menschen in unserem Land nicht zufrieden sein. Eine ganze Reihe an Defiziten beschreibt dieser Bericht, und ich will darauf eingehen. Nehmen Sie aber auch zur Kenntnis, dass die Qualität und die Versorgungsdichte mit einzelnen Angeboten hier in Bremen schon ein außerordentlich hohes Niveau erreicht hat!

Bremen war in diesen Fragen in der Vergangenheit oft im Städte- und Ländervergleich mit ganz vorn.

(Beifall bei der SPD)

Daran haben viele mitgewirkt. Ich gehöre nicht dazu, so lange bin ich noch nicht im politischen Geschäft. Es ist aber unser Ziel, diese Leistungsbereiche in ihrer Qualität zu erhalten und für zunehmende Bedarfe auch weiterhin ein solches Leistungsprofil für Behinderte aufrechterhalten zu können. Das ist unter Sanierungsbedingungen alles andere als ein leichtes Unterfangen. Hier wird in der Sozialdeputation, aber nicht nur dort, jedenfalls heftig gerungen.

Trotzdem muss man aber einfach auch sehen, dass wir bestimmte Dinge erreicht haben. Ich finde hier eine Passage, über die ich mich sehr gefreut habe, und die möchte ich Ihnen mit Erlaubnis des Präsidenten vorlesen. Hier steht auf Seite 15: „Es gibt nur wenige Kommunen in Deutschland, die eine solche konsequente Umsetzung des Normalitätsprinzips vorweisen können.“ Das betrifft die Kindertagesbetreuung. „Die integrative Förderung von behinderten und nicht behinderten Kindern im Vorschulalter und auch zu großen Teilen im Schulalter in einer Einrichtung ist in Bremen zur Normalität geworden.“

(Beifall bei der SPD)

Ich bin der Meinung, das ist ein sehr deutliches Beispiel dafür ist, dass wir eine ganze Menge hier erreicht haben!

Wenn wir uns die Versorgungssituation im öffentlichen Personennahverkehr ansehen, kann man feststellen, dass hier wirklich sehr viel getan worden ist, um eine behindertengerechte Versorgung zu schaffen. Niederflurstraßenbahnen, Hublifte und so weiter. In dem Zusammenhang kann man sehr viel erkennen. Im Hinblick auf den Regionalverkehr muss man aber auch offen sagen, dass wir bis jetzt nicht zufrieden sind. Auch hier gibt es aber mittlerweile eine Arbeitsgruppe, an der der VBN mitwirkt, mit dem Ziel, die Barrierefreiheit im Regionalverkehr auszubauen.

Die verschiedenen Wohnmodelle hier in Bremen sind überaus positiv zu bewerten, und über unsere Landesgrenzen hinaus werden sie auch mit Respekt wahrgenommen. Wo ich allerdings echten Handlungsbedarf sehe, ist die Frage des barrierefreien Bauens. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass sich viele Mängel, die sich bei neuen Gebäuden immer wieder herausstellen, daraus ergeben, dass planerisch die Barrierefreiheit nicht offensiv angegangen wird.

Barrierefreiheit ist aber keine Bedrohung für die Bauunternehmen, der sie sozusagen unbedingt nachkommen können, wenn sie sich nicht entziehen kön

nen. Wenn wir uns ansehen, dass beispielsweise niedrigere Lichtschalter, zehn Zentimeter breitere Türen und ebenerdige Duschen im Wohnungsbau, wenn sie eine übliche Bauweise wären, überhaupt nicht kostenintensiver sein müssten, dann, finde ich, muss man darüber nachdenken.

(Beifall bei der SPD)

Aber zu den Forderungen vom barrierefreien Bauen muss man auch deutlich sagen: Dem muss sicher über die Musterbauordnungen auf Bundesebene und die Landesbauordnungen durch entsprechende Standards auch nachgekommen werden. Man kann der Barrierefreiheit aber darüber hinaus zum Durchbruch verhelfen, indem man Sensibilität und Alltagstauglichkeit für alle Menschen, und nicht nur für Behinderte, deutlich macht.

Derzeit bleiben die bremischen Regelungen der Landesbauordnung hinter den Entwürfen der Musterbauordnung zurück. Die Baudeputation hat daher beschlossen, Eckpunkte der Entwürfe der Musterbauordnung, die es auf Bundesebene gibt, in die Landesbauordnung zu übernehmen, nämlich die Verschärfung der Aufzugspflicht, die Verbesserung der Regelung zur Barrierefreiheit bei Gaststätten und die Übernahme der Regelungen der Musterbauordnung für den allgemeinen Wohnungsbau.

Ich möchte an dieser Stelle nur noch einmal sagen: Der Prozess der Förderung von Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in Bremen ist unumkehrbar. Das Bundesgesetz, wenn es denn beschlossen ist, ist auch für Bremen ein sehr wichtiger Meilenstein. An verschiedenen Stellen wird weiter gearbeitet, einiges ist erreicht. Das Landesgleichstellungsgesetz wäre für Bremen ein weiterer Etappensieg. Wir wollen uns dann auch auf den Weg machen, sobald die Voraussetzungen dafür klar sind. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Karl Uwe Oppermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Es ist ja interessant, wenn man so einen Bericht liest, dass man durchaus verschiedene Nuancen daraus lesen kann. Die Qualität dieses Berichtes hat der Kollege Pietrzok, wie ich finde, eben gelobt, und das ist auch richtig so. Dieser Bericht hat wirklich eine außerordentlich gute Qualität und ist eine gute Arbeitsgrundlage, auch kleinere Defizite in der nächsten Zeit gemeinsam abzuarbeiten.

Diesen Berichtsantrag hatten die Fraktionen der Bremischen Bürgerschaft gemeinsam hier im Haus beschlossen, eine dreißigseitige Antwort, die auf fast alle Situationen des täglichen Lebens behinderter

Mitmenschen eingeht, haben wir erhalten. Auf vielfältige Fragenkomplexe begehren wir Antwort vom Senat darauf, wie sich die Situation behinderter Mitbürger in Bremen und Bremerhaven darstellt. Was ist geschehen, um ihnen eine möglichst vergleichbare Gestaltung des Tagesablaufs zu ermöglichen? Welche Angebote werden vorgehalten? Durch die Fragen schimmert auch immer die andere Frage durch: Reicht das, oder gibt es noch Handlungsbedarf?

Die umfangreiche dreißigseitige Antwort gibt Antworten, wirft aber auch Fragen auf. Zu eins antwortet der Senat auf die Frage nach der verfassungsmäßigen Situation in Deutschland und der in der Freien Hansestadt Bremen, also den Städten Bremen und Bremerhaven. Daraus folgt für den Senat, und ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten, und weil ja nicht alle diese Vorlage lesen konnten, ist es vielleicht auch für die Öffentlichkeit ganz gut, dass man hier einmal einige Sätze zitiert, um deutlich zu machen, worum es geht: „Der Senat geht davon aus, dass der Verfassungsauftrag zur Förderung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen sowohl auf der Ebene der Gesetze und anderer Normierungen als auch durch ein Klima des gesellschaftlichen Zusammenlebens umzusetzen ist, das Chancengleichheit, aber Rücksichtnahme fördert.“ Ich glaube, hinter diesem Zitat können sich auch alle versammeln, die in dieser Sparte der Politik arbeiten.

Meine Damen und Herren, unser Ziel muss es also sein, wegzukommen von der Fürsorge und der Versorgung behinderter Menschen, hin zu ihrer selbstbestimmten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und der Beseitigung der Hindernisse, die der Verwirklichung ihrer Chancengleichheit entgegenstehen.

Meine Damen und Herren, das ist eine Zielmaximierung! Es ist noch ein weiter Weg bis dahin. Ich glaube, das erkennen alle, die diesen Bericht gelesen haben und die Situation in unseren Städten kennen. Das schließt auch bei allen Anstrengungen nicht aus, dass behinderte Menschen dennoch wegen ihrer Beeinträchtigung auch bei optimaler Gestaltung der Lebensbereiche auf Hilfe angewiesen sein können. Dann ist die Solidarität der Mitmenschen gefragter denn je.

Der Senat verweist uns im Weiteren auf bundesgesetzliche Neuerungen. Hier ist an erster Stelle das SGB IX zu nennen, das so genannte Reha-Gesetzbuch. Diesem Gesetzbuch hat die CDU/CSU-Fraktion in Berlin trotz ernster Bedenken zugestimmt. Es ist ja nicht so, dass erst in dieser Legislaturperiode daran gearbeitet wurde, sondern auch auf den Verwaltungsebenen dauert es ja Jahre, bis zusammengetragen ist, wo Veränderungen gemacht werden müssen. Ich will versuchen, klar zu machen, welcher Art die Bedenken waren, weil sie auch auf die Situation behinderter Menschen Einfluss haben.

Die Verabschiedung des SGB IX kann als wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur vollständigen Integration der Menschen mit Behinderungen gesehen werden. Eine Vereinheitlichung und Vereinfachung des komplexen Systems der Behindertenhilfe war, das sage ich auch als Christdemokrat, dringend erforderlich. Die Union hat dem Gesetz zugestimmt, da es Ansätze enthält, die Menschen mit Behinderungen mehr Selbständigkeit und Autonomie verleihen. Hierzu zählen vor allen Dingen das verbesserte Wunsch- und Wahlrecht, die stärkere Nutzung des Prinzips ambulant vor stationär sowie die modellhafte Erprobung des persönlichen Budgets.

In dieser Antwort des Senats wird das SGB IX sehr gelobt. Fachleute wissen auch, dass es in einigen Punkten hinter den Erwartungen zurückbleibt. Die Eingliederungshilfe als wichtige Hilfe für Menschen mit Behinderungen bleibt weiterhin im Bundessozialhilfegesetz. Damit sind die Probleme, die sich aus dieser systemfremden Verordnung der Eingliederungshilfe im BSHG ergeben, letztlich ungelöst. So müssen für schwerst- und mehrfach behinderte Menschen, die nicht in einer Werkstatt für Behinderte arbeiten können, ihre Eltern bei vorhandenem Einkommen und Vermögen auch weiterhin für ihre Kosten aufkommen.

Rund 350 000 Personen in Deutschland erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe als Sozialhilfe. Bei der Quote Bremens von 0,9 Prozent sind das etwa 3000 Personen in Bremen und Bremerhaven. Das bedeutet, dass sich behinderte Menschen und oft auch ihre Eltern einer regelmäßigen Überprüfung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch den Sozialhilfeträger unterziehen müssen. Dank relativ großzügiger Einkommensschwellen erhalten im Ergebnis viele Menschen ungeschmälerte Leistungen, dennoch müssen manche Eltern bis ins hohe Alter für den Unterhalt ihrer inzwischen erwachsenen Kinder zahlen. Dieses Problem der Eingliederungshilfe hat das SGB IX nicht gelöst. Da muss man in der Zukunft wahrscheinlich noch nachlegen.

Meine Damen und Herren, gleichfalls ist in Berlin ein, ich zitiere einmal, „Entwurf eines Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen und zur Änderung anderer Gesetze“ vorgelegt worden. Es gibt einen Referentenentwurf, mein Exemplar trägt das Datum 31. August 2001, und auf den ersten zehn Seiten dieses Gesetzes sind die eigentlich wichtigen Aussagen enthalten. 65 weitere Seiten, und das ist bei Gesetzessystematiken wohl so, zählen auf, welche Gesetze davon betroffen sind und geändert werden müssen. Das macht eigentlich deutlich, welch gigantische Aufgabe solch ein Gleichstellungsgesetz ist. 65 weitere Gesetze müssen im Gesetzgebungsverfahren geändert werden, sind betroffen durch ein einziges Gesetz!

Meine Damen und Herren, aus diesem Gesetz und dem SGB IX macht sich der Senat die Definition für

Behinderungen zu Eigen. Diese Definition, diese Beschreibung ist unter Fachleuten sicherlich unstrittig, und auch das möchte ich zitieren mit Genehmigung des Präsidenten: „Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.“ Das ist ein sehr umfassender Behindertenbegriff und macht auch deutlich, dass niemand von uns gefeit ist, irgendwann einmal auch dieses Schicksal teilen zu müssen. Die Definition beschreibt, glaube ich, den Zustand umfassend.

Die CDU-Fraktion glaubt nicht, dass dieses Gesetz in dieser Form den Bundesrat passieren wird. Herr Pietrzok hat dies mit der Barrierefreiheit schon gesagt, nicht wegen dieser Definition, ganz bestimmt nicht wegen der Definition von Behinderung, sondern weil es sich der Bund wieder einmal sehr einfach macht. Er beschließt ein Gesetz und lässt die Kommunen und Länder allein damit. Er legt kein Geld dabei. Er macht Vorschriften über Barrierefreiheit, die man durchaus begrüßen kann, aber das alles muss auch bezahlt werden können, muss auch mit Fristen versehen werden.

(Beifall bei der CDU)

Die Forderungen nach Barrierefreiheit und der Zielvereinbarung dahin werden die Bundesländer, gleich, ob sie A- oder B-Länder sind, an eine Verabschiedung dieses Gesetzes vermutlich vorerst einmal verhindern.

Warten wir ab, und wenden wir uns wieder der Drucksache 15/798 zu, um die es heute geht! In dieser Drucksache, und das ist mir aufgefallen, umgeht der Senat geschickt die Frage, wie er Diskriminierung von behinderten Menschen definiert. Was ist Diskriminieren? Das haben wir auch gefragt, darauf finde ich in diesem Bericht keine Antwort. Sicher wartet er auf die Aussage im Gleichstellungsgesetz, diese Definition ist aber für alle folgenden Fragen, wie man gegen Diskriminierung vorgehen will, wichtig, weil man zunächst erst einmal wissen muss, was unter Diskriminierung verstanden wird.

Die Auffassung des Senats, dass die Belange Behinderter naturgemäß – und das ist ein Wort, naturgemäß wird ja bei einigen Anträgen hier gebraucht, womit genuin umschrieben wird, ich habe im Wörterbuch erst einmal nachsehen müssen, was genuin heißt, weil ich das auch nicht täglich gebrauche – Teil der jeweiligen Fachaufgabe sind und nicht in einer Behörde zentralisiert werden sollen, erscheint uns als CDU-Fraktion nachvollziehbar. Wir glauben auch nicht, dass so etwas wie ein Behindertensenator zeitgemäß ist. Das ist eine Aufgabe, die jedes Ressort angehen muss. Wir wissen natürlich als Sozialpolitiker, dass die Mehrzahl der Arbeit bei Ih

nen lastet, Frau Senatorin, aber alle anderen Ressorts haben dort auch ihre Arbeit zu machen.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Bauressort!)

Darauf komme ich gleich! Alle anderen Ressorts haben dort auch ihre Arbeit zu machen, ich glaube, das ist auch ganz gut, und die Zusammenarbeit zwischen den Behindertenverbänden und den Behörden klappt auch ganz gut. Vielleicht ist das auch ein Vorteil unserer feinen Kleinheit in Bremen, und wo es hakt, liegt das manchmal auch an den handelnden Personen, nicht an dem System. Andere Länder machen es anders, es werden andere Beispiele aufgeführt, aber ich glaube, dass wir mit dieser Art, wie das in Bremen gehandhabt wird, durchaus praktikabel arbeiten können.

Meine Damen und Herren, sehen wir uns den öffentlichen Raum in Bremen einmal an! Gestern in der Mittagspause habe ich gesehen, dass ganz viele Rollstuhlfahrer, die von auswärts kamen, unterwegs waren. Bremen ist bei Rollstuhlfahrern ein sehr beliebtes Ausflugsziel, weil es als rollstuhlgerechte Stadt gilt. Das liegt nicht nur daran, dass Bremen eben flach ist, von unseren paar Dünen einmal abgesehen, sondern dass es auch hier für Rollstuhlfahrer durchaus Möglichkeiten gibt, sich in unserer schönen Innenstadt zu bewegen. Ich weiß, dass vom Deutschen Roten Kreuz viele Ausflüge nach Bremen organisiert werden, die auch immer gern angenommen werden.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Taktilstreifen in den Bürgersteigen sind Standard. Allerdings, und das verwundert mich, habe ich in der neu gepflasterten Obernstraße noch keine gesehen, habe mir aber heute Morgen auf dem gemeinsamen Herweg sagen lassen, das wäre mit den Blindenverbänden so abgesprochen. Da bekomme ich das blanke Entsetzen! Da gibt es ja diese metallische Regenrinne, die da eingebaut worden ist. Wenn sich die Blinden mit den Taktilstöcken daran entlangtasten sollen, dann wissen sie nicht, wie dicht sie an die Straßenbahn kommen.

(Abg. Frau R e i c h e r t [SPD]: Darauf kommt noch etwas, das ist noch nicht fer- tig!)

Ja, aber es ist trotzdem zu dicht an der Straßenbahn. Aber wenn die damit einverstanden waren, ich weiß nicht! Bordsteine an den Übergängen sind bei uns weitestgehend abgesenkt. Die Aufstellplätze für Rollstuhlfahrer an den Verkehrsinseln sind weitestgehend mit Schutzgittern versehen. Einige Zeitgenossen haben diese Dinger zunächst benutzt, um ihre Fahrräder anzuschließen. Sie sehen an den

Straßenbahnhaltestellen, die hohe Verkehrsinseln haben, Ein-Meter-Schutzgitter. Diese sind nicht für Fahrräder, sondern dafür, dass die Rollstuhlfahrer, wenn sie sich platzieren, um die Straßenbahn benutzen zu können, nicht rückwärts auf die Fahrbahn geraten können.