Protocol of the Session on September 26, 2001

Ich habe eingangs meiner Ausführungen auf die Missstände bei den Tiertransporten hingewiesen, die wir leider immer noch zur Kenntnis nehmen müssen. Ich weiß, meine Damen und Herren, dass wir von hier aus die Welt nicht verändern können, aber ich bin doch der Meinung, dass, solange immer wieder diese Missstände noch festgestellt werden, wir uns auch hier in der Bremischen Bürgerschaft mit diesen Missständen beschäftigen müssen, denn wir haben alle eine Verantwortung gegenüber den Tieren, und dass wir diese wahrnehmen, meine Damen und Herren, das haben wir vorhin bei der Legehennenverordnung dokumentiert. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Emigholz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Selbstverständlich hat dieser Antrag von drei Fraktionen, der hier vorliegt, im ganz Wesentlichen deklaratorischen Charakter, weil ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

wir die Bedeutung und den Stellenwert Bremens in dieser Verhandlungsposition und, ich sage auch, als bekanntermaßen nicht gerade agrarstrukturiertes Land, sehr gut einschätzen können. Trotzdem finde ich es wichtig, dass sich die Bürgerschaft mit diesem Thema befasst und nicht nur immer das alltägliche Geschäft im Einzelnen regelt, sondern auch eine Haltung ausdrückt. Eine Haltung ist wichtig!

Wir als Bremerinnen und Bremer sind ja an dieser Stelle auch sehr einmütig hier im Parlament in einem interfraktionellen Antrag mit gutem Beispiel vorangegangen. Wir haben überflüssige Tiertransporte, wenn wir sie verhindern konnten, tatsächlich konsequent abgeschafft, indem wir Höfen, wenn Sie sich daran erinnern, mit hygienetechnischen Vorrichtungen ermöglicht haben, Haus- und Vor-OrtSchlachtungen vorzunehmen, so dass unnötiges Tierleid verhindert werden konnte, was letztendlich, wie wir schon in der vorangegangenen Debatte erörtert haben, nicht nur eine Frage des Tierschutzes, sondern auch unmittelbar des Verbraucherschutzes ist.

Meine Damen und Herren, ich frage mich auch bei dem Konsumverhalten, das wir sonst so an den Tag legen, jeder hat kaum Scheu, sich auch bei Lebensmitteln, die er aus der Tiefkühltruhe konsumiert, zu bedienen, warum wir eigentlich bei Rindern und bei anderen Tieren die Gewähr haben müssen, dass sie vor Ort geschlachtet werden, dann gefrostet und dann verarbeitet werden, warum man diesen ganzen Wahnsinn überhaupt betreibt! Erklären muss mir das einer einmal!

Ich glaube, dass wir nicht umhin kommen, die ganze Debatte des Tierschutzes wirklich intensiv mit einer Neustrukturierung der Agrarförderungsgepflogenheiten zu diskutieren, denn wenn wir diese beiden Themen nicht verkoppeln, wird der Tierschutz immer einsam im Kampf um diese Bedingungen diesen Bereichen hinterherlaufen. Wir müssen diese grundsätzlichen Bedingungen überlegen, dass wir nicht eine falsche Fördermentalität auch auf europäischer Ebene an den Tag legen, dass wir konkret das Verhalten belohnen, das auf eine Qualitätsauswahl setzt und verantwortungsvoll sowohl mit Mitgeschöpfen als auch mit den Konsumenten dieser letztendlich umgeht, als auch, ich sage einmal, unnötiges Tierleid total vermeidet. Wir haben dort eine intensive Arbeit vor uns.

Ich bin auch der Meinung, dass es keine falsch angelegte Subvention ist, agrarwirtschaftliche Betriebe, die sich diese Grundsätze zu eigen machen, umgekehrt zu belohnen, damit auch beim Konsumenten ein anderes Denken einsetzt. Vor diesem Hintergrund begrüße ich außerordentlich unsere gemeinsame Entschließung in diesen Punkten, weil ich denke, dass wir auch ganz viel für die Bürgerinnen und Bürger nach draußen signalisieren können, wenn sich alle Parlamentarier der in der Bürgerschaft vertretenen Parteien in diesen Fragen zu einem Grundkonsens entschließen. Wenn wir die Bürge

rinnen und Bürger dann auch noch überzeugen könnten, dass sie sich bei der Produktauswahl kaufbewusster verhalten und möglicherweise vielleicht einmal in der Woche weniger Fleisch essen und dann etwas mehr dafür bezahlen, so dass man das auch wirtschaftlich möglich macht, glaube ich, wäre auch den Landwirtschaftsbetrieben, die dann nach anderen Gesichtspunkten produzieren, sehr geholfen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dieses Denken müssen wir letztendlich durchsetzen, und um dieses Denken auf den Weg zu bringen, ist auch jeder deklaratorische Antrag notwendig. Wie gesagt, wir sollten uns vielleicht noch einmal gemeinsam auf den Weg machen zu überlegen, wie wir hier praktische Regelungen vor Ort, außerhalb der schon getroffenen Richtlinien erlassen, um das zu erreichen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir Grünen können uns voll und ganz den Vorrednerinnen hier inhaltlich anschließen. Dass dem so ist, zeigt ja auch schon der gemeinsame interfraktionelle Antrag. Auch wenn er nur, wie das hier schon mehrfach gesagt wurde, im Wesentlichen deklaratorischen Charakter hat, ist er dennoch wichtig. Ich finde auch sowieso, dass sich die Landesparlamente generell stärker da einmischen sollen, wo in der EU letztendlich Entscheidungen gefällt werden. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, wenn wir überhaupt noch Bürgernähe erreichen wollen.

Natürlich, und das ist ein anderer Punkt, entspricht dieser Antrag auch der Politik des grünen Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, und ich möchte hier, das fasst das meines Erachtens ganz treffend zusammen, aus einer Presseerklärung aus diesem Ministerium bereits vom März dieses Jahres zitieren. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten, es heißt dort:

„Die Berichte über unwürdige Bedingungen und vorsätzliche Verletzung der geltenden Vorschriften bei Lebendtiertransporten reißen nicht ab. Ziel ist es, die Exporterstattungen für Schlachttiere zu reduzieren und schließlich ganz abzuschaffen. Die Kontrollen zur Durchsetzung der Tiertransportrichtlinie sollten EU-weit verbessert werden. In Deutschland sollten insbesondere die Stichprobenkontrollen auf den Autobahnen ausgeweitet werden. Die Situation der Tiere könnte deutlich verbessert werden, wenn die Tiertransportrichtlinie möglichst bald Anwendung in den Beitrittsländern finden würde.

Deutschland wird die Kommission bei dem Vorhaben unterstützen, die Transportzeiten deutlich zu reduzieren.“

Das sind letztendlich alles noch einmal zusammengefasst die Notwendigkeiten. Wir haben hier wieder eine sehr breite Koalition in diesem Hause. Unterstützt wird der Antrag sowohl durch die CDU, die SPD und von uns Grünen, aber das ist eben auch auf Bundesebene Regierungspolitik.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich komme zu einem weiteren Punkt, den Frau Emigholz auch angesprochen hat, der auch ein Stück weit darauf zielt, was wir eigentlich darüber hinaus machen können. Verbesserungen des Tierschutzes, Einschränkung von Transportzeiten und verstärkte Kontrollen allein werden nicht ausreichen. Wir haben ja gerade mit dem Problem der Maul- und Klauenseuche deutlich erlebt, dass aus diesem Transportwahnsinn letztendlich auch etwas passiert, wo man etwas platt ausgedrückt sagen kann: Die Natur schlägt zurück. Mit dieser Art des Wirtschaftens produzieren wir letztendlich etwas, das wir überhaupt nicht mehr in den Griff bekommen können, das ein Leid für die Tiere bedeutet, das Ressourcenverschwendung ist und das auch gegen jeglichen Verbraucherschutz geht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich glaube, jetzt kommt der Dissens zwischen der großen Koalition und uns Grünen, hier muss Bremen auch mehr von der Landesebene aus machen. Ein wesentlicher Punkt – er wurde zwar von Frau Emigholz angesprochen – ist die Frage der Neuausrichtung der Agrarförderung. Da sind auch die Länder gefragt. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist der Aufbau regionaler Vermarktungsstrukturen. Ich möchte hier auf ein Beispiel eingehen. Ich habe es in der Bürgerschaft schon mehrfach dargelegt, es ist aber so, dass von Seiten des Senats, insbesondere vom Wirtschaftssenator nichts unternommen wird, um Potentiale, die in der Region bestehen, die dazu beitragen würden, sowohl Tierschutz mit Ökologie zu verbinden als auch ökonomisch sinnvoll wären, weiter zu fördern.

Ein Beispiel ist die Wümme-Fleisch-Gbr. Das ist ein Zusammenschluss von Landwirten, die naturnah wirtschaften, die dazu beitragen, dass wir unsere Naturschutzgebiete erhalten, die aber auch durch die jahrzehntelange Agrarpolitik in der Existenz gefährdet sind. Sie würden gern ihr naturnah erzeugtes Qualitätsfleisch in Bremen anbieten und vermarkten, und dazu bräuchten sie ein wenig Unterstützung. Sie schaffen es nicht aus eigener Kraft. Hier wäre doch der Senat gefragt, und da fordere ich Sie auch noch einmal auf, diese Landwirte zu unterstützen, beispielsweise durch ein Markteinführungspro

gramm. Ich glaube und bin fest davon überzeugt, danach läuft es von selbst.

(Abg. I m h o f f [CDU]: Der Verbraucher muss es aber erst fordern! Der Verbraucher muss es auch wollen!)

Der Verbraucher muss es auch wissen! Wenn der Verbraucher nicht weiß, dass man zum Beispiel in Bremer Schlachtereien Fleisch kaufen kann, das in Bremer und in rund um Bremen liegenden Naturschutzgebieten erzeugt wurde und zudem dazu beiträgt, dass hier die Landwirte aktiv Naturschutz betreiben, wenn man dies dem Verbraucher gar nicht vermittelt, wie soll er das Fleisch dann kaufen? Er weiß es doch gar nicht! Eine Kleinigkeit! Das sind wirklich im Vergleich zu Ihren Großprojekten Peanuts.

Eine Kleinigkeit wäre es, hier ein richtig massives Markteinführungsprogramm einzurichten und eine Kooperation mit den Landwirten in Niedersachsen, um natürlich auch den Erzeugerpool zu vergrößern. Trotz mehrfacher Hinweise, trotz Bemühungen auch von vielen anderen Gruppen aus dem Agenda-21Prozess passiert hier nichts. Ein Beispiel dafür: Das Land ist aufgefordert, wir haben hier eine Deklaration an die EU, die ist wichtig, aber auch vom Land erwarten wir Grünen mehr. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Adolf, selbstverständlich weiß die Deutsche Volksunion, dass es auch menschliche Mitgeschöpfe gibt. Das brauchen Sie uns nicht zu erklären! Deshalb haben die Mitglieder der Deutschen Volksunion ja auch immer und zu jeder Zeit, egal welcher Nationalität, jeden Menschen tolerant, menschlich und würdevoll geachtet und gleich behandelt,

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Des- halb werden Sie ja auch so geliebt!)

nicht wie ein SPD-Minister, der durch einen gekauften Killer versucht hat, ein menschliches Mitgeschöpf, also seine Ehefrau, schäbig zu ermorden! Darum bin ich ja auch so stolz, Mitglied der Deutschen Volksunion sein zu dürfen!

(Lachen bei der SPD)

Das aber nur nebenbei!

Meine Damen und Herren, wir beschäftigen uns in der Großen Anfrage mit der Drucksachen-Nummer 15/696, Tiertransporte, und dem Dringlichkeitsantrag mit der Situation bei der Durchführung von Tiertransporten. Hier, das sage ich ganz klar und deutlich, kommt Ihre Große Anfrage zu diesem wichtigen Thema, ebenso der Dringlichkeitsantrag mit der Drucksachen-Nummer 15/833, um Jahre zu spät. Wie Sie ja wissen, hat der Tierschutz insgesamt in der Deutschen Volksunion einen sehr hohen Stellenwert. Wie Sie aus den Protokollen entnehmen können, habe ich in Bezug auf Tierschutz schon einige Anträge in die Bürgerschaft eingebracht, die aber alle von Ihnen zum Schaden des Tierschutzes abgelehnt worden sind.

Ich glaube darum auch nicht, dass Sie es heute mit dieser Anfrage und diesem Dringlichkeitsantrag ernst meinen. Ein Schauantrag, eine Schauanfrage, mehr kann ich dazu nicht sagen, denn Sie wissen doch schon seit Jahren, dass weit über 250 Millionen Schlachttiere jährlich quer durch ganz Europa und sogar noch weiter unter bestialischen Umständen, eng eingepfercht in mehrstöckigen Lkw, von Deutschland nach Italien und von dort per Schiff in den Nahen Osten transportiert werden. Die Fahrt dauert oft über 70 Stunden. Aber auch innerhalb Deutschlands dauern diese schrecklichen Transporte oft mehrere Tage.

Meine Damen und Herren, die Gründe für diese tierquälerischen Tiertransporte sind einfach: eine zunehmende Spezialisierung der Betriebe und die Zentralisierung der Schlachthöfe. Ebenso werden aus großem finanziellen Anreiz die Schlachttiere zu dem Schlachthof transportiert, der den größten finanziellen Gewinn verspricht. Dafür werden diese armen geschundenen Kreaturen, koste es, was es wolle, quer durch Deutschland und über die Grenzen hinaus tierquälerisch, bestialisch transportiert!

Es sind dann überladene Tiertransporte, Transporte mit schwer verletzten und kranken Tieren, Grausamkeiten im Umgang mit den Tieren und mangelhafte Versorgung der Tiere über viele Tage an der Tagesordnung. Die Schlachttiere werden zum Beispiel im Transporter zusammengepfercht, geschlagen und schwer misshandelt. Einige Tiere brechen vor Erschöpfung zusammen und werden mehr tot als lebendig zum Schlachthof transportiert. Das sind wahrlich keine Einzelfälle!

(Abg. I m h o f f [CDU]: Das ist gar nicht mehr erlaubt!)

Darum fordert die Deutsche Volksunion schon seit Jahren den sofortigen Stopp von tierquälerischen Transporten. Leider besteht von politischer Seite der Altparteien wenig Interesse, diese grausamen Tiertransporte zu unterbinden. Hierfür sollten Sie sich schämen, denn Sie, die Altparteien, haben doch die politische Macht, diese Schande zu beenden! Es sind

doch nur Sie! Wer denn sonst? Das hätten Sie schon vor Jahren machen müssen.

Meine Damen und Herren, die größte Schweinerei bei der ganzen Sache ist die Tatsache, dass solche Grausamkeiten auch noch von der EU subventioniert werden, denn für den Export lebender Tiere wird umgerechnet sogar mehr bezahlt als für den Export von Fleisch.

(Abg. Frau T u c z e k [CDU]: Das war einmal!)

Damit muss endgültig Schluss gemacht werden! Die EU-Subventionen für den Export von lebenden Tieren müssen sofort gestrichen werden, und die lebenden Tiere dürfen nicht weiter als bis zum nächstgelegenen geeigneten Schlachthof transportiert werden.

Aber, meine Damen und Herren, auch persönlich kann jeder von uns seinen Beitrag gegen solche Grausamkeiten leisten. Ich zum Beispiel, das habe ich vorhin schon erklärt, habe meinen Fleischkonsum drastisch eingeschränkt und kaufe auch demzufolge kein Billigfleisch. Darüber hinaus erkundige ich mich, wo ich Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren erhalten und Tiere aus artgerechter Haltung aus unserer Region kaufen kann. Es versteht sich von selbst, dass ich gern bereit bin, dafür etwas mehr zu bezahlen.

Meine Damen und Herren, schon 1991 hat Manfred Karremann mit der Kamera diese unzumutbaren Zustände bei Tiertransporten dokumentarisch festgehalten. Es erfolgte ein Aufschrei, eine Entrüstung aller Altparteien, aber es hat sich bis heute zehn Jahre lang nichts geändert. Es sind immer noch die gleichen Seelenverkäufer wie vor zehn Jahren am Werk, die die Tiere immer noch wie Abfall behandeln, die schwer verletzte lebende Tiere mit Lastkränen anheben und in die Ladeluken werfen. Meine Damen und Herren, es sind deutsche Tiere,

(Unruhe)

und damit hat die Bundesregierung auch eine Mitverantwortung zu zeigen.

(Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/ Die Grünen)

Hier sage ich Ihnen deutlich: Tiertransporte müssen einfach viel mehr kontrolliert werden, damit nicht nur ein Bruchteil dieser Grausamkeiten aufgedeckt wird! Frau Hövelmann, ich habe eben Ihren Zwischenruf nicht verstanden, aber aus Ihrem Gesichtsausdruck kann ich doch entnehmen, dass er ziemlich blöd und dusselig war.