Protocol of the Session on September 25, 2001

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Wir haben doch hier keinen gemeinsamen Antrag!)

Nachher in der Stadtbürgerschaft, ja! Ich denke, Sie kombinieren die beiden Themen ja zusammen!

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: So flexibel bin ich nicht!)

Das ist schade! Ich denke, die Messung und Einhaltung von Richtwerten sind nur ein Anfang. Eine allergische Reaktion richtet sich nicht nach Richtwerten, das Auslösen dieser Reaktionen ist individuell verschieden. Darum muss das Ziel sein die Vermeidung von Schadstoffen, denn das ist konsequent und präventiv.

Auch wenn in einigen Fällen die Wirkungsbeziehungen einzelner Stoffe noch nicht vollständig wissenschaftlich belegt sind, müssen wir bestmögliche Bedingungen für unsere Kinder und Jugendlichen schaffen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das gilt insbesondere für die kommunale Politik, die sich für eine gesunde und kinderfreundliche Stadt engagieren muss, und das nicht nur verbal, sondern auch mit Taten und Beschlüssen.

Lassen Sie mich noch auf die Über- und Fehlernährung kommen! Auch hier sind die Ergebnisse besorgniserregend, weil Fettleibigkeit inzwischen zu den chronischen Erkrankungen im Kindesalter gehört und es einen ansteigenden Trend gibt. Bereits

im Vorschulalter tritt vermehrt Fettleibigkeit auf. In Bremen sind 8,2 Prozent der Schulanfänger behandlungsbedürftig übergewichtig, in Bremerhaven sogar zwölf Prozent.

Diese betroffenen Kinder leiden dann häufig auch als Erwachsene an Übergewicht und haben damit so ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Diabetes, Herz-, Kreislauf-, Gelenkerkrankungen sowie auch für psychosomatische Störungen. Auch in diesem Feld sind dringend Interventionsmaßnahmen notwendig, um eine Chronifizierung zu verhindern. Genauso wie bei den Essstörungen ist hier eine zunehmende Tendenz zu verzeichnen. Hier haben sich in Bremen inzwischen gute Hilfsangebote etabliert, die weiterhin gefördert werden müssen.

Zum Schluss möchte ich noch kurz auf die Bewegungsdefizite eingehen! Wie schon gesagt, veränderte Lebensstile und ein verändertes Freizeitverhalten führen bei Kindern und Jugendlichen zu mangelnder Bewegung und auch zu Haltungsschäden. Hochwichtig ist für junge Menschen das Trainieren der Koordination und des Gleichgewichts. 13,3 Prozent der Kinder im Land Bremen wird Fördersport empfohlen. Sportunterricht darf aber nicht nur auf Leistung ausgerichtet werden, sondern hat auch eine präventive Funktion, jedoch möchte ich auf den Schulsport hier auch nicht näher eingehen. Die grüne Fraktion hat zu diesem Thema eine Große Anfrage und auch einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, wonach die Situation des Schulsports verbessert werden soll.

Meine Damen und Herren, alle gesundheitlichen Probleme von Kindern und Jugendlichen, die ich hier angesprochen habe, sind auch auf Bundesebene erkennbar. Auch da liegen keine repräsentativen Studien zur Situation der Kindergesundheit in Deutschland vor, aber die Bundesregierung hat jetzt an das Robert-Koch-Institut einen Auftrag erteilt, zu diesem Thema eine Studie zu erstellen. Ich denke aber, mit der Antwort auf die Große Anfrage können wir hier in Bremen die ersten Schritte einleiten und sind damit auf dem richtigen Weg. Ich möchte Sie bitten, diesen Weg auch mit uns zu gehen und deshalb auch später in der Stadtbürgerschaft diesen Anträgen zuzustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste erhält das Wort die Abgeordnete Frau Hammerström.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Hoch, alles in Ehren, aber das ist genau der Unterschied zwischen der Gesundheitspolitik, wie sie sich die Grünen vorstellen, und dem, was die große Koalition hier in den letzten Jahren gemacht hat. Sie sehen immer nur das, was wir nicht haben! Sie tragen das ganze Elend

dieser Welt auf Ihren Schultern und stellen eine Große Anfrage, in der wirklich aber auch alles innerhalb der Gesundheitspolitik hineingebracht wurde. Es ist eine große Seifenblase, und wenn man dann hineinpiekt, dann kommen so ein paar Splitter. So stelle ich mir Gesundheitspolitik in dieser Stadt nicht vor!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Sie müssen schon sagen, was Sie auch als grüne Gesundheitspolitikerin hier für Lösungen anbieten, und nicht nur immer sagen, alles ist schlecht, und dieses ganze Elend dieser Welt tragen wir – –. Sagen Sie, was wir besser machen können, und dann können wir uns doch daran einmal abarbeiten!

Neue Lebensstile, verändertes Freizeitverhalten, chronische Erkrankungen, Unfälle, Verhaltensauffälligkeiten, Allergien, Gesundheitsgefährdungen, Kinderkrankheiten, Atemwegserkrankungen, alles wird in einen Topf geworfen. Dann fordern Sie, ich zitiere: „Dies alles erfordert von der Politik, den gesetzgeberischen Maßstab für die Bewertung von Gesundheit und Umweltbelastung am kindlichen“ Orgas – –.

(Heiterkeit)

„Organismus zu orientieren“!

Das war falsch! Sie dürfen sich ja gleich noch einmal melden! Aber, Frau Hoch, das ist zu kurz gegriffen! Zur Gesundheitspolitik gehört auch ein Stück Verantwortung dazu, Verantwortung des Einzelnen, Verantwortung von Eltern. Man kann nicht immer nur nach Vater Staat rufen und hier sagen, nun werde einmal tätig!

(Beifall bei der CDU)

Sie haben aber positiv auch erwähnt, dass die Antwort umfassend und erschöpfend ist. Sie war sogar so erschöpfend, Frau Senatorin, ich hatte gehört, einige Senatskollegen haben sich darüber mokiert, dass sie so erschöpfend war, nach dem Motto, Sie haben wohl sonst nichts zu tun. Aber das nur nebenbei! Wenn wir es richtig hätten wissenschaftlich machen wollen, dann hätten wir einen Jugendgesundheitsbericht fordern können, dann hätten wir die validen Daten, aber das war nicht Auftrag dieser Großen Anfrage.

Es sind viele positive Sachen zusammengeschrieben. Was meines Erachtens fehlt – aber da sind wir auch gefordert, wir als Gesundheitspolitiker alle gemeinsam –, dies jetzt einmal zusammenzuschreiben, einmal zu überlegen, wo wir Unter-, Fehl- oder Überversorgung haben. In dieser Stadt geschieht gerade im Selbsthilfebereich sehr viel, die Krankenkassen, die Kammern, Psychologen, Ärzte, Krankenhäuser, alle machen etwas. Wir sollten dann vielleicht ein

mal organisieren, das zusammenzutragen und dann zu benennen, wo es Unterversorgung, Fehlversorgung und auch Überversorgung gibt.

Die Sozialdemokraten werden sich dieser Aufgabe in den nächsten Monaten stellen. Wir wollen das aber nicht mit diesem Rundumschlag, dass wir alles zusammenpacken, sondern wir wollen es explizit an zwei Sachen einmal versuchen, nämlich am Thema Bewegung – Sie haben es auch angesprochen, mangelnde Bewegung, zum Schulsport haben wir ja nachher noch Ihre Große Anfrage – und am Thema Ernährung. Deshalb haben wir auch ganz gern Ihren Antrag in Teilen mitgemacht.

(Vizepräsident D r. K u h n übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte aber einmal auf einen Aspekt eingehen, nämlich eben nicht immer Forderungen an das staatliche Gesundheitswesen zu stellen! Vom ersten Lebensjahr an sterben mehr Kinder an den Folgen von Unfällen als an Krebs und Infektionskrankheiten insgesamt. Das lassen Sie sich einmal auf der Zunge zergehen! Da sind wir gefordert. Sie können mit dem Kopf schütteln, es ist so! Es sterben mehr Kinder an Unfällen, im Haushalt, im Verkehr, als überhaupt an Infektionskrankheiten und an Krebs gemeinsam.

Hier sollten wir anfangen, präventiv zu wirken. Wenn Sie das Wort Prävention hier ansprechen: beim Säugling Stürze vom Wickeltisch, aus der Tragetasche, im Auto – wenn ich manchmal sehe, wie manche Eltern ihre Kinder im Auto in Kindersitzen angeschnallt haben –,

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Stürze aus dem Fenster, Balkonstürze! Das zu verhindern ist Prävention, an die wir auch einmal herangehen müssen. Es gibt ein schönes Informationsblatt unter www.kindersicherheit.de, das ich jedem Elternteil oder Großelternteil wärmstens empfehlen kann! Hier müssen wir mehr Öffentlichkeitsarbeit machen.

Loben möchte ich die Aktionen der Polizei und vom ADAC, die sie machen, wenn die Schule beginnt. Das sind öffentlichkeitswirksame Maßnahmen, bei denen man sagen kann, Autofahrer aufgepasst, Kinder sind da! Das ist Prävention, die uns hilft, Unfälle und Krankheiten zu vermeiden.

Über Essstörungen hatten wir hier schon einmal gesprochen, Sie haben das auch eben angesprochen, Über- und Fehlernährung. Aber auch da kann man nicht sagen, wir brauchen jetzt in Krankenhäusern mehr Therapieangebote für adipöse Kinder, auch hier sind das Elternhaus und die Schule gefordert.

(Beifall bei der CDU)

Vernünftiges gesundes Essen – das steht ja auch in unserem gemeinsamen Antrag, insofern haben wir es gern auch mitgemacht –, da müssen wir ansetzen! Wir können nicht sagen, erst wenn der Sechzehnjährige dick und fett ist, dann machen wir etwas. Ich kann ein schönes Beispiel aus Bremen-Nord nennen, die Kinderklinik in Bremen-Nord beschäftigt sich sehr intensiv mit diesem Thema, sie hat ein über mehrere Jahre laufendes Therapie- und Schulungsangebot für adipöse Kinder gemeinsam mit den Eltern. Ich möchte hier auch noch einmal lobend die AOK und den Lüssumer Turnverein erwähnen, die gemeinsam mit der Kinderklinik dieses Programm machen.

Dazu gehört aber auch, dass Kinder lernen zu kochen, Essen muss Spaß machen, sie müssen Freude daran haben, Essen kann lustvoll sein, und insofern kann ich jetzt auch fast zum Schluss meiner Rede kommen. Ich glaube, Sie warten alle auf das lustvolle Ereignis gleich beim Mittagessen. Notfalls melde ich mich noch einmal. – Schönen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Kollegin Frau Hammerström hat es ja auch schon angesprochen: Die Fülle der Fragen durch die gesamte Palette und die langen Antworten machen es mir leider nicht möglich, das Thema Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der ihnen zustehenden Breite und Tiefe zu diskutieren. Ich werde mich daher auf einige wenige Punkte beschränken, und zwar auf die positiven Punkte, Frau Hoch, weil ich mir schon irgendwie gedacht habe, dass Sie das Elend der Welt wieder durch dieses Haus tragen und das, was sich bei der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen wirklich positiv entwickelt hat, einfach ausblenden. Deshalb werde ich mich auf das Positive beschränken. Ich glaube, das wird den Eltern gut tun und auch ein Stück der Ängste nehmen, die von Ihnen hier ja relativ blind geschürt worden sind.

Also machen wir es heute einmal positiv! Positiv möchte ich als Erstes hervorheben, dass die Teilnahme an den Früherkennungsmaßnahmen bei Kindern kontinuierlich steigt und in einigen Bereichen Spitzenwerte von über 90 Prozent erreicht. Die Vorsorgeuntersuchungen haben eine sehr hohe Qualität, und das ist eben die denkbar beste Voraussetzung, dass sie von den Eltern für ihre Kinder auch gern und umfangreich genutzt werden.

Wenn wir jetzt in Bremen und Bremerhaven auch endlich das flächendeckende Neugeborenen-Screening einführen und die Kassen die Kostenzusagen erteilen würden, wäre in diesem Bereich auch die letzte ganz wichtige Hürde genommen, die für die

Gesundheit der Kinder und Jugendlichen eigentlich noch dringend geschaffen werden musste. Sie vom Bündnis 90/Die Grünen haben leider nicht danach gefragt, obwohl das an dieser Stelle nach Meinung der CDU besonders wichtig gewesen wäre.

Ebenfalls positiv ist die Aussage des Senats über die sehr gute regional bezogene Versorgung bei chronischen Erkrankungen. In Bremerhaven ist es das Krankenhaus am Bürgerpark, in Bremen sind es die Kliniken Links der Weser, Bremen-Nord und Sankt-Jürgen-Straße. Eine derart gute Versorgung der kurzen Wege sucht in anderen Bundesländern seinesgleichen. Darauf können wir stolz sein.

(Beifall bei der CDU)

Das Land Bremen hat hier eine Spitzenposition. Ich hoffe, wir können sie auch halten, wenn erst einmal die Fallpauschalen der rotgrünen Bundesregierung, kurz DRG‘s, die Kostenstruktur ganz deutlich verändern werden. Das diskutieren wir dann im Jahr 2004. Heute können wir noch keine Aussagen dazu machen. Es gibt nur die beunruhigenden Hinweise mehrerer Studien, dass 100 000 Klinikbetten in Deutschland ersatzlos entfallen werden. Wir, die CDU-Fraktion, werden sehr darauf achten, dass dies nicht zum Nachteil der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen geschieht, das ist schon einmal klar.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nun zu den Fragen der Fehlernährung und Überernährung bei Kindern! Dort gibt es auch erst einmal eine positive Nachricht, die Sie von den Grünen anscheinend gar nicht bemerkt haben, und zwar meinen wir die Aktionswochen „Fünf Mal am Tag“ der Bremer Krebsgesellschaft. Dort werden 12 000 Kinder in den kommenden Wochen mit gesunder und abwechslungsreicher Ernährung in den Kindertagesheimen bekannt gemacht. Außerdem werden Kochkurse für Eltern angeboten. Es nützt herzlich wenig, wenn die Kinder über die gesunde Ernährung recht umfangreich und gut informiert sind und die Eltern weiterhin das Essen zu viel, zu fett und zu süß auf den Tisch des Hauses bringen.

Für die CDU-Fraktion danke ich der Bremer Krebsgesellschaft an dieser Stelle ganz besonders, die sich diesem wichtigen Thema widmet und in einer breit angelegten Kampagne Eltern und Kinder aufklärt und vor allen Dingen mit viel Freude und Spaß auf ein abwechslungsreiches und gesundes Essen hinweist, denn ohne Spaß wird es nicht gehen.

(Beifall bei der CDU)

Die Aussage, dass Kinder immer häufiger falsch ernährt werden, Übergewicht und ein eklatanter Bewegungsmangel registriert werden, was dann wie