Die Tatsache, dass auch die SPD-Genossen von Frau Adolf diese Anfrage unterschrieben haben, ist für mich ein Beweis, dass Sie es mit der Anfrage nicht ganz ernst meinen. Frau Senatorin, Ihr so genanntes Aktionsbündnis ist durch meinen Hinauswurf zu einer nicht mehr ernst zu nehmenden Klüngelrunde verkommen,
die sich in einem kleinen auserwählten Kreis hinter verschlossenen Türen selbst beweihräuchert und dabei alles zerredet, zu viel diskutiert anstatt aktiv zu handeln. Das ist erst einmal Fakt.
So wichtig, meine Damen und Herren, nehmen Sie die Sorgen und Nöte unserer Jugendlichen und unserer Kinder, dass Sie sich die Frechheit herausnehmen, andere Menschen, die aktiv mitarbeiten wollen, einfach auszugrenzen. Hier, meine Damen und Herren, dachte ich, die Zeit, dass Andersdenkende ausgegrenzt werden, wäre seit 50 Jahren vorbei. Da muss ich mich wohl leider getäuscht haben.
Frau Senatorin Adolf, es reicht eben nicht, dass Sie hier immer herumlaufen, als wären Sie die leibhaftige Mutter Theresa persönlich,
ich fordere Sie an dieser Stelle auf, denn im Aktionsbündnis kann ich das ja nicht mehr, werden Sie endlich Ihrer politischen Verantwortung zum Schutz
unserer Kinder gerecht, und vergeuden Sie Ihre kostbare Zeit nicht damit, nicht ernst zu nehmende Klüngelrunden für Auserwählte ins Leben zu rufen! Erst dann kann man Sie als Senatorin endlich einmal wieder ernst nehmen. – Ich bedanke mich!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Tittmann, nach Ihren Ausführungen ist mir ganz deutlich geworden, dass es Ihnen eigentlich gar nicht um die Sache geht, sondern es ging einfach nur um Ihre Selbstdarstellung.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU – Abg. T i t t - m a n n [DVU]: Es geht mir nur um die Sache!)
Seit einigen Wochen ist in vielen Zeitungen zu lesen, dass die Zahl von Kindern und Jugendlichen, die Alkohol und Nikotin zu sich nehmen, nicht sinkt, sondern teilweise dramatisch steigt. Gleichzeitig werden Stimmen laut, wir haben auch eben hier eine Stimme gehört, die sagen, man müsse etwas tun, oder es haben eigentlich alle gesagt, man müsse etwas tun. Bloß was? Gesetze und Verbote verschärfen, hier war eine Stimme, die sagte, man müsse Gesetze und Verbote verschärfen.
Verbote, Herr Tittmann, besonders im Jugendalter, sind so ziemlich für die Katz. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich kann für mich feststellen, dass ich als Jugendliche das Jugendschutzgesetz eher so verstanden habe, aha, ich bin also noch zu jung, aber in einem Jahr darf ich in der Öffentlichkeit rauchen, beziehungsweise es war mir und meinen Freunden doch ziemlich egal, was darin gestanden hat. Frau Striezel hat ganz richtig gesagt, es ist ein Gesetz, das sich nicht an Jugendliche richtet, sondern es richtet sich eigentlich mehr an Erwachsene.
Nach einigen Jahren Berufstätigkeit in der offenen Jugendarbeit oder in der Arbeit mit Jugendlichen, wie es eigentlich richtiger heißt, bin ich heute ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
der Überzeugung, dass es besser und sinnvoller ist, ein Jugendschutz vermittelt etwas ganz anderes, nämlich die Botschaft sollte an die Jugendlichen direkt gehen: Tue es nicht, es schadet dir und deinem Körper, es schadet deiner Persönlichkeit, es schadet deiner Gesundheit! Ich glaube, das ist eigentlich der richtige Weg. Man muss ein Bewusstsein erreichen, dass Alkohol oder Drogen die Gesundheit und die Persönlichkeit beschädigen.
Der Bremer Jugendring und das Servicebüro für internationale Jugendkontakte haben bereits 1997 das staubige Gesetz, und es ist wirklich staubig, zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit in zwölf Sprachen herausgegeben und das so, dass die Texte auch für die Jugendlichen verständlich waren. Das Ganze wurde dann auch medial aufbereitet. Ich finde, das ist eine sehr sinnvolle Sache. Derzeit wird ja auch das Jugendschutzgesetz auf Bundesebene in enger Zusammenarbeit mit den Ländern modernisiert. Heute Morgen haben wir auch schon bei der Debatte um den Jugendmedienschutz gespürt, dass es hier ganz unterschiedliche Einschätzungen gibt, wie ein Jugendmedienschutz oder wie ein Jugendschutz aussehen sollte.
Wir wissen, Probier- und Experimentierkonsum ist unter Jugendlichen ausgeprägt. Hier spielen Neugier und Gruppenverhalten eine wichtige Rolle. Meine Damen und Herren, vielleicht wissen Sie, dass in der Nacht vom 30. April zum 1. Mai am Weserufer immer ein großes Trinkgelage stattfindet, wo sich vornehmlich Jugendliche tummeln und das von Jahr zu Jahr größer – –.
Nein, nicht beim SPD-Maizelt, sondern außerhalb des SPD-Maizeltes! Es ist ja auch völlig egal. Es ist eine sehr große Gruppe von Jugendlichen aus Bremen und auch aus dem Umland. Das Ganze hat solche Ausmaße angenommen, dass sich die Anwohner und auch die Anlieger des Bürgerhauses Weserterrassen überfordert fühlen, diese ganze Sache in den Griff zu bekommen. Das zeigt noch einmal ganz deutlich, dass hier auch ein immenser Handlungsbedarf besteht. Ich finde, es ist eine ziemlich schlappe Leistung der Bremer Gastronomen, dass immer noch nicht überall wenigstens ein alkoholfreies Getränk günstiger ist als Bier und Schnaps.
Wenn Dreizehnjährige harten Alkohol in einer Gaststätte kaufen können, ist das nicht okay. Ich finde
auch die Bußgelder, die in der Vorlage stehen, eher lächerlich. Ich glaube, die bewegen sich so bis 500 DM.
Wir wollen einen präventiven Kinder- und Jugendschutz, um Kinder und Jugendliche stark zu machen gegenüber Gefährdungen und Beeinträchtigungen aller Art. Dazu gehört ein differenziertes Angebot in der Kinder- und Jugendförderung, welches den unterschiedlichen Bedürfnissen bei Mädchen und Jungen, das ist nämlich sehr unterschiedlich, wie die beiden Geschlechter mit Drogen umgehen, gerecht wird.
Die Gefahren, abhängigkeitskrank zu werden, nehmen nach Ansicht von Experten zu, und dabei sind die Ursachen von Sucht und Drogenabhängigkeit vielfältig und differenziert. Zum Beispiel, meine Damen und Herren, brauchen wir wesentlich mehr Angebote für Zwölfjährige, denn in dieser Lebensphase zeigen sich bereits deutlich riskante Konsummuster. Viele Angebote, die bisher durchgeführt worden sind, richten sich erst an Sechzehnjährige. Auch da weisen Experten schon darauf hin, dass wir wesentlich früher an die Kinder und an die Jugendlichen herantreten müssen. Bereits dann ist es sinnvoll, Jugendlichen Lust auf ein Leben mit Alkohol in Maßen zu vermitteln. Alkohol ist eine Droge, und deshalb sollte sehr sorgfältig damit umgegangen werden.
Eine aktuelle Studie sagt: Für viele Jugendliche ist Alkoholkonsum normal und alltäglich, und die Gründe für den zerstörerischen Alkoholkonsum junger Menschen sind vielfältig. So trägt zunehmender Leistungsdruck maßgeblich zur Suchtproblematik bei. Das Land Nordrhein-Westfalen hat, wie ich finde, vorbildlich reagiert, und zwar hat man für Kinder aus suchtbelasteten Lebensgemeinschaften, also in Familien, wo zum Beispiel Vater oder Mutter alkoholkrank sind, ein spezielles Programm aufgelegt, um diesen Kindern zu helfen und dort einen Schwerpunkt in der Prävention zu legen.
Ich finde, das ist nachahmenswert für Bremen. Ich bin der Meinung, wer Angebote für Kinder und Jugendliche schaffen will, die vor Tabakkonsum und Alkohol schützen, der muss sich in allererster Linie mit den Fragen beschäftigen, warum eigentlich so etwas wie Sucht entsteht. Sucht ist Krankheit, und wer darunter leidet, hat häufig psychische und soziale Konflikte. Sucht hat immer eine Geschichte. Sucht fängt nicht erst mit der Einnahme von Drogen an und endet auch nicht, wenn man aufhört und diese Drogen absetzt.
Ist es die Suche nach Geborgenheit, Beachtung, nach innerer Sicherheit, Orientierung und Zuneigung, wenn lebensfüllende Ziele und Werte fehlen? Sucht wird oft mit Suche oder Flucht umschrieben. Was jemand sucht oder wovor jemand flieht, hat meist sehr unterschiedliche Gründe. Nicht selten sind äußere Umstände, der Krach zu Hause, Beziehun
gen, die kaputtgehen, Cliquen, zu denen man gehören möchte, Ansprüche, die man nicht erfüllen kann, mit ausschlaggebend.
Ein Sprichwort lautet, und ich finde, das trifft hier überhaupt nicht zu: Guter Rat ist teuer. Ich finde, ein gutes Beratungsangebot in Jugendeinrichtungen kann sich zumindest in diesen Fällen für die Jugendlichen und auch für die Gesellschaft rechnen.
Wir brauchen ein Netz von professionellen und niedrigschwelligen Beratungsangeboten für Kinder und Jugendliche. Die Wissenschaftlerin Anja Lepin fordert zur Gesundheitsförderung an Schulen, dass Themen der Gesundheitserziehung nicht nur spezielle Risiken wie HIV-Infektion, Konsum illegaler Drogen beziehungsweise von Tabak und Alkohol sowie ungesunde Ernährung sein sollen, es fehlen vielmehr Themen in den Schulen wie: Wie fühle ich mich wohl, wer bin ich, was gibt es für psychologische Probleme, und was ist Lebenszufriedenheit überhaupt? Es geht also auch nicht darum, dass sich die Jugendlichen in der Schule einfach in einer Stunde mit den Gefahren und Risiken von Nikotin und Alkohol auseinandersetzen, sondern es muss ein viel ganzheitlicheres Herangehen an diese ganze Thematik sein.
Wo die Möglichkeiten von Schulen heute oftmals enden, beginnt die außerschulische Kinder- und Jugendförderung mit ihren Angeboten, die den Kindern und Jugendlichen mit ihren Angeboten Entfaltungsräume anbieten. Vieles, was unter die so genannten Freiwilligenleistungen einer Kommune fällt, sind oftmals sehr wichtige Präventionsangebote und wichtig für die Präventionsarbeit. Was immer noch vernachlässigt wird, ich habe es schon genannt, sind die unterschiedlichen Bewältigungsmuster von Mädchen und Jungen.
Mich hat an der Anfrage gestört, dass die vorliegende Anfrage der großen Koalition gewaltig an der Lebenswelt und den Lebenslagen von Jugendlichen vorbei schrammt. Warum gibt es keine Frage zu Extasy, wo doch bekannt ist, dass immer mehr und immer wesentlich jüngere Jugendliche gerade Partydrogen konsumieren? Was heißt das eigentlich für die Gesellschaft, und welche Aufträge müssen wir als Politiker oder auch Eltern daraus ziehen?
Sinnvolle Projekte, die die Jugendlichen dort ansprechen, wo sie sind, das fiel vorhin auch schon einmal als Stichwort, wie das Partyprojekt der Drogenberatung, muddeln seit Jahren nur mit ABM-Stellen vor sich hin. Wichtige Erfahrungen, die da gesammelt worden sind, hören immer auf, wenn die ABM-Stellen auslaufen. Ich finde, die umfassen
de Aufklärung und Beratung über die Wirkungsweise und die Risiken bei der Einnahme von Extasy und konkrete Hilfsmaßnahmen sind notwendig.
Genauso, meine Damen und Herren, es gibt mehr Süchte als Nikotin und Alkohol. Es gibt Esssüchte, Kaufsucht, Spielsucht und vielleicht auch die Sucht nach Hass. Wer einen besseren Jugendschutz will, der sollte weniger auf Verbote setzen, sondern Kindern Zukunftskompetenzen ermöglichen. Das heißt für mich, dass man den Kindern Entfaltungsspielräume gibt, sie Erfahrungen sammeln lässt, dass Kinder auch einmal etwas machen dürfen, was nicht richtig ist, dass nicht alles verregelt wird, dass man sie als Partner ernst nimmt und sie so annimmt, wie sie sind, als eigenständige Persönlichkeiten. Ich glaube, das macht Kinder und Jugendliche stark, das macht dann auch den Verzicht auf Drogen leichter.
Der Jugendschutz wird überarbeitet. Ich freue mich hier schon auf anregende Diskussionen, weil wir ja heute Morgen gemerkt haben, dass wir da noch eine ganze Menge miteinander zu bereden haben. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich gehe kurz auf die Vorrednerinnen und Vorredner ein. Im Gegensatz zur DVU will ich deutlich machen, dass ich unsere Senatorin ernst nehme, auch wenn sie nicht meiner Partei angehört. Für mich ist sie eine mutige, sachkundige Senatorin in dem Bereich, und es macht Spaß, sich mit ihr auseinander zu setzen. Das will ich deutlich sagen.
Ansonsten hat der DVU-Vertreter für mich nichts Neues gesagt und auch nichts, was mir in irgendeiner Form weiterhilft.
Zu Frau Stahmann: Die Gesetzesänderung und ihre Idee mit den Ich-Botschaften finde ich gut. Ich denke, wir sollten das eine tun und das andere nicht lassen. Es gibt ja trotzdem so etwas wie eine gesellschaftliche Verantwortung und auch eine Verantwortung der Erziehungsberechtigten und Erwachsenen. Damit hört dann aber auch unsere Gemeinsamkeit jedenfalls zum Schluss der Debatte schon auf.