Protocol of the Session on February 21, 2001

und das ist der entscheidende Faktor. Unternehmer investieren nicht nur aus Ratio, sondern auch Emotio, und das heißt: Kann man dem Laden, dieser Regierung, Politik, Region und dieser Stadt hinreichend vertrauen? Hinreichend heißt auch immer in der Substanz wie in der Zeit. Da sind wir auf einem guten Weg. Wir werden draußen und drinnen wieder anerkannt.

Wir sind nicht mehr das Symptom für Schwierigkeiten, sondern es wird heute vielfach – vielleicht bin ich etwas öfter draußen als Sie – in vielfältiger Weise gesagt: Donnerwetter, die Bremer! Darin sehe ich eine allgemeine Anerkennung unserer allgemeinen Arbeit, die ich nicht, ich wiederhole mich, monokausaliere, die aber wenigstens auch einmal vorgezeigt werden darf. Machen Sie es doch bitte schön wie die Schwaben! Wenn Sie denn schon nicht loben wollen, sagen Sie: Nicht geschimpft ist genug gelobt, wenigstens gelegentlich! Das wäre ja auch schon etwas.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Ludwig Erhard hat gesagt, Wirtschaft sei zu 50 Prozent Psychologie. Ich sage, er hat Recht! Die Wirtschaftsförderung besteht auch darin, dass man sich daran gelegentlich erinnert. Ich wünsche mir dazu noch mehr Verbündete. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es tut mir ja sehr Leid, aber ich muss mich jetzt doch noch ein bisschen schädigend gegenüber dem Standort Bremen verhalten. Ich habe nämlich einen Auftrag von den Wählerinnen und Wählern dafür, und ich werde das auch erfüllen!

(Lachen und Widerspruch bei der CDU)

Doch, genauso ist es! Wenn es so ist, wie Herr Senator Perschau das sagt, dass allein die Tatsache, dass es eine Opposition in Bremen gibt, die nichts weiter macht als das, was sie von Wählerinnen und Wählern als Auftrag bekommen hat, wenn das allein die Sargnägel für den Standort Bremen sind, dann, will ich Ihnen einmal sagen, ist es wirklich weit gekommen! Er hat hier gesagt, die Opposition betätige sich standortschädigend. Das zeigt, welches Demokratieverständnis hier herrscht.

(Widerspruch bei der CDU)

Dass Sie das auch noch komisch finden! Wir machen hier unsere Arbeit, und wir weisen darauf hin, dass Ihr überschäumendes Lob, Ihre Beschwörungen, die mit wachsender Vehemenz hier vorgetragen werden, zum Teil wie das Pfeifen im Walde, durch die Fakten nicht gedeckt sind. Sie suchen sich die Zahlen so heraus, wie sie Ihnen gefallen, Sie verschweigen aber, dass zum Beispiel die Arbeitsmarktzahlen in den zwei Jahren davor überhaupt nicht so positiv gewesen sind, und Sie nehmen das als großen Jubel und Lob für die Politik der großen Koalition.

Wir weisen darauf hin, dass es positive Effekte in Bremen gibt, über die wir uns freuen. Es gibt aber auch Sachen, wie Frau Dr. Trüpel gesagt hat, zum Beispiel viele Hinweise darauf, dass das Wirtschaftswachstum nichts mit dem Strukturwandel zu tun hat, dass das problematisch ist und man dann eben prüfen muss, wie die Politik darauf reagieren kann. Wenn allein das hier als standortschädigend diffamiert wird, dann gute Nacht, Marie!

Gestern waren wir in der Debatte eigentlich schon ein bisschen weiter, und mich freut auch, dass Herr Senator Hattig hier noch einmal auf die Frage der Risikoabwägung eingegangen ist. Damit wollte ich mich nämlich jetzt hier in der zweiten Runde noch ein bisschen beschäftigen. Er hat gestern und eben auch noch einmal gesagt, Wirtschaftsförderung hat immer ein Risiko.

Natürlich, es geht immer um Risikoabwägung, und man muss sich das anschauen. Übrigens gilt das auch für die gesamte Sanierung Bremens. Auch sie geht mit hohen Risiken einher bei der Frage, was eigentlich die richtige Sanierungspolitik ist. Es geht insgesamt um Politik. Es geht nämlich um Risikoabwägung. Dann geht es um die Fragen, welche Zahlen man hier für was nehmen kann, welche Effekte hier welche politischen Taten gehabt haben.

Es geht also um Risikoabwägung, und diese muss dem Maßstab folgen, je teurer die Projekte sind, desto sorgfältiger muss geprüft werden, ob sie sinnvoll sind, ob wir sie uns leisten können und ob sie das, was wir hier gemeinsam wollen, wirklich leisten können. Je dauerhafter die Veränderungen in der Struktur Bremens durch Investitionsmaßnahmen sind, wie zum Beispiel beim Großmarkt, Space-Park oder beim Ocean-Park, desto sorgfältiger muss geprüft und desto kritischer muss abgewogen werden. Das ist unser Vorwurf an Sie, das tun Sie nicht!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bei Risikoabwägung lässt man nämlich Zweifel zu, auch bei sich selbst, und dröhnt hier nicht herum, da entwickelt man ein Gespür für Trends, man setzt sich mit den Argumenten der Kritikerinnen und Kritiker auseinander und schaut, was an ihnen richtig sein kann. Sie erzählen hier, die bloße Tatsache, dass eine Opposition eine andere Meinung hat, gefähr

de den Standort. Sie werden doch jetzt in der großen Koalition eingeholt. Sie merken doch, dass Ihnen die öffentliche Stimmung ordentlich ins Gesicht bläst.

(Zurufe von der CDU: Nein!)

Sie merken doch, dass viele Leute es nicht mehr richtig finden, wie einseitig hier der Sanierungskurs in Bremen durchgeführt wird. Das ist doch der Grund für die Aktuelle Stunde und für die emotional doch ganz sympathische Beschwörung von Herrn Senator Hattig und Herrn Senator Perschau. Sie merken doch, dass in der Stadt etwas am Kippen ist.

(Bürgermeister P e r s c h a u : Nein!)

Sie werden eingeholt von Ihren eigenen aufgeblasenen Vorhaben, von Ihrem eigenen Hochmut und Ihrer eigenen Schönrederei!

Die große Koalition wollte Symbole. Das ist natürlich der Streit mit den großen und kleinen Projekten. Das steckt doch dahinter, Sie wollten Symbole, Symbole für die ach so tolle Stimmung, für alle Investoren dieser Welt, die jetzt in Bremen reihenweise Schlange stehen sollen, weil die Stimmung ach so toll ist, Symbole für eine gelungene Sanierung. Ich sage Ihnen, egal, wer hier regiert, es bleibt auch in den nächsten 20 Jahren ziemlich schwierig. Da muss man einen harten Weg gehen, dann ist man auch etwas bescheidener im Abfeiern der eigenen angeblichen oder tatsächlichen Leistungen.

Sie wollten also Symbole für gute Stimmung, gelungene Sanierung und die Überlegenheit der Politik der großen Koalition. Diese Symbole haben Sie in Bremen. Sie haben den Space-Park. Er ist total umstritten und wird großen Schaden in der Innenstadt anrichten. Er ist ein Symbol für eine bestimmte Wirtschaftspolitik. Sie haben das Musical. Das haben wir hier ja gestern ausgiebig diskutiert. Das Musical ist ein Symbol für das Scheitern und Kopf-inden-Sand-Stecken vor allen Bedenken der Kritikerinnen und Kritiker. Sie haben die Sache mit dem Ocean-Park als Symbol.

(Abg. T e i s e r [CDU]: Na, da warten Sie einmal ab!)

Es ist ordentlich peinlich, aber hoffentlich wird noch etwas daraus. Sie haben aber mit Ihrem ganzen Großmut und Großkotz doch Jahre verschenkt. Das ist doch das Problem!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Deshalb, Herr Senator Hattig, ist die Sache mit dem Musical viel mehr als einfach nur ein entschuldbarer Missgriff, bei dem man sich einmal ein bisschen in der Risikoabwägung vertan hat. Es ist so,

dass die Sache, die Sie selbst zum Symbol aufgeblasen haben, zum Symbol für das Scheitern der Wirtschaftspolitik der großen Koalition wird. Das merken Sie doch auch in der Öffentlichkeit. Das ist doch auch gerade Ihr Problem. Sie ist ein Symbol für das Scheitern einer Politik, die nicht kleckert, sondern klotzt, die sich selbst als alternativlos feiert und die Fragen, Bedenken und Argumente als Nörgelei abqualifiziert.

Sie unterschlagen mit Ihren Jubelmeldungen im Übrigen, Herr Senator Perschau, ein ziemlich zentrales Problem: Haben Sie eben erzählt, alles ohne weitere Staatsverschuldung? Am Ende des Sanierungszeitraumes, wenn diese Legislaturperiode vorbei ist, werden die Schulden Bremens vier Milliarden DM höher sein als zu Beginn des Sanierungszeitraumes. Das ist doch Ihr Werk!

(Zuruf von Bürgermeister P e r s c h a u)

Ja, natürlich! Wenn Sie das alles hinter Schattenhaushalten verstecken, hoffen Sie immer, dass es keine Leute gibt, die das merken. Aber allein die Tatsache, dass wir das sagen, wird ja wohl noch erlaubt sein. Das werden wir auch beweisen können.

Sie verpflichten massiv zukünftige Haushalte und verringern die Spielräume der Politik, die in den nächsten Jahren gemacht wird, die übrigens auch noch Strukturwandel wird betreiben und zukünftig auf politische Herausforderungen reagieren müssen. Vier Milliarden DM höhere Staatsverschuldung, diese Investitionsentscheidungen, die Sie machen, Stichwort Risikoabwägung, belasten massiv zukünftige Haushalte und verringern die Spielräume von morgen. Sie verteidigen hier vehement einen einseitigen Sanierungskurs, der die Frage der Stärkung der Finanzkraft Bremens unterbewertet, der das Schaffen von neuen Arbeitsplätzen immer noch nicht in ein strenges Verhältnis zu den eingesetzten öffentlichen Mitteln setzt, der die Frage, wie man neue Einwohner und Einwohnerinnen gewinnt oder wenigstens möglichst viele Bremerinnen und Bremer vom Wegziehen abhält, völlig unterbelichtet.

Da können Sie hundert Mal erzählen, Fläche sei wichtig, das ist wirklich die Politik von obervorgestern. Sie verteidigen einen Sanierungskurs, der Umwelt- und Ressourcenschonung zur Restgröße verkommen lässt. Das ist auch ein bisschen traurig in einer solchen Koalition, in der man ja eine Zeit lang wenigstens den Eindruck gewinnen musste, dass bei der SPD die Umweltfrage doch ganz gut aufgehoben ist. Bleiben Sie einmal ein bisschen mehr auf dem Teppich! Der Lack ist jedenfalls ziemlich ab. In der Öffentlichkeit können Sie nicht mehr alle Geschichten erzählen.

Der Senat hängt zurzeit, aus unserer Sicht, und so ist es auch in den Zeitungen nachzuvollziehen, vollständig in der Luft. Noch nie war so wenig erkenn

bar, welche Politik Sie eigentlich wirklich machen wollen. Man hat gedacht, die Aktuelle Stunde ist ja auch ganz schön. SPD und CDU unterhalten sich eigentlich gar nicht mehr so richtig miteinander über das, wie es hier weitergehen soll, dann müssen Sie eine Aktuelle Stunde einbringen. Das ist auch in Ordnung. Wir können dann vielleicht auch einmal ein bisschen mitreden, was wir auch gern tun. Die Bevölkerung kennt also die Sanierungspolitik einfach nicht mehr. Senatsentscheidungen wie zum Beispiel das Plattmachen der Kleingärten zur Ausweitung des Technologieparks, wie es eigentlich mit dem Weserstadion weiter geht oder was jetzt mit dem Musical passieren soll, sind entweder das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, oder sie hängen in der Luft.

Hat der Senat eigentlich und für welche Art von Politik noch eine Mehrheit im Parlament? Erzählen Sie das doch der Bevölkerung einmal! Das kann man doch, wenn man jetzt die letzten drei oder vier Wochen die Zeitung verfolgt, nicht mehr wissen, wo die Richtung jetzt eigentlich lang gehen soll. Die Abstimmung im Rathaus mit den Fraktionen scheint dilettantisch zu sein. Das ist nicht das Problem der Grünen, aber ein bisschen peinlich für die Öffentlichkeit finde ich das schon, das ist klar. Die Politikrichtung ist nicht erkennbar. Die einen sagen, der Sanierungskurs soll so fortgesetzt werden – das ist ja toll, wir finden das nicht –, und die anderen sagen, es soll eine Neujustierung geben. Gut, dann müssten Sie das übergangsweise so machen, dass jeder in der großen Koalition einmal ordentlich für sich selbst feiert und die Zahlen dann der eigenen Politik zuschreibt. Ich sage einmal, so können Sie hier die Stadt nicht noch zwei Jahre lang zum Narren halten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Linnert, ich habe mich gerade gefragt, in welchem Bundesland Sie eigentlich leben und in welchen beiden Städten Sie eigentlich ein- und ausgehen. Das, was Sie hier beschrieben haben, kann ich also auch bei bösartigster Interpretation der sicherlich auch kritischen Gedanken, die geäußert werden, in diesen beiden Städten nicht zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Selbstverständlich, sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen, ist es Ihr Recht und sogar ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ihre Aufgabe als Opposition, Fragen zu Projekten zu stellen,

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Äußerst gütig!)

nachzufragen und kritische Anmerkungen zu machen. Das ist sogar die notwendige Aufgabe einer Opposition, damit wir hier in einen vernünftigen Gedankenaustausch eintreten. Es ist auch die Aufgabe der Opposition, gerade in Zeiten, in denen sie zahlenmäßig relativ schwach besetzt ist. Der Versprecher aber, den Sie sich geleistet haben, ich hoffe, es war ein Versprecher – –.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das hat euer Senator gesagt!)

Nein, Frau Linnert, es geht um den Versprecher, den Sie sich geleistet haben! Es ist nicht Ihre Aufgabe, den Standort schlecht zu machen, sondern es ist die Aufgabe einer Opposition, bessere Alternativen zur Regierungspolitik zu bilden. Dazu sind Sie leider nicht in der Lage.

(Beifall bei der CDU)

Ich würde mir nichts mehr wünschen, als mit Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen, in einen Wettstreit der Ideen einzusteigen, wie wir den Standort Bremen und Bremerhaven noch weiter verbessern können.

(Zuruf der Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/Die Grünen])

Frau Dr. Trüpel, wir haben hier viele Projekte vorgeschlagen, die kann man kritisieren, weil man eine andere Sichtweise hat, Sie kritisieren aber nur und nennen uns gar keine Alternativen.