Protocol of the Session on February 21, 2001

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Hattig.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Oppermann, lieber Herr Schramm, als vielfach geschröpfter Steuerzahler bin ich immer sehr nachdenklich, wenn ich so hehre Begründungen für eine Steuerreform und für eine steuerliche Belastung angedient bekomme. Erlauben Sie mir einmal, dass ich es etwas leichter angehe!

Es gibt in Deutschland die Sektsteuer. Die Sektsteuer wurde eingeführt an der Jahrhundertwende vom neunzehnten ins zwanzigste Jahrhundert, der Admiral hieß Tirpitz, und er hat in beredten Worten dargelegt, dass das kaiserliche Deutschland, um in der globalisierten Welt mithalten zu können, eine Marine benötigt. Also hat man aufgerüstet, also hat man die Sektsteuer eingeführt, um selbige Marine zu finanzieren. Die Marine ist, wenn ich das richtig erinnere, 1916 im Skagerak und bei Scapa Flow 1918 auf den Grund des Meeres gegangen, aber die Sektsteuer existiert immer noch. Der gierige Fiskus kümmert sich doch einen Käsekram darum, ob die Inhalte noch stimmen, er hat eine offene Hand und lässt sich Geld hineinlegen, egal, mit welcher Begründung!

(Beifall bei der CDU)

Mit dem Vorlauf werden Sie verstehen, dass ich, der ich auch schon einige Steuern in einem längeren beruflichen Leben gezahlt habe, sehr nachdenklich bin, wenn die hehren Worte der Vernunft ausgerechnet mit einer Steuer zusammengebracht werden.

Nun, lieber Herr Kastendiek, komme ich zu Ihnen, ich kann Ihnen ja nur uneingeschränkt zustimmen!

(Abg. B e c k m e y e r [SPD]: Etwas an- deres dürfen Sie auch nicht!)

Ich versuche, Sie hier kurz vor dem abendlichen Sitzungsende noch ein bisschen zu erheitern!

Wenn man sich ordnungspolitisch die Ökosteuer ansieht und sich fragt, was sagt das Etikett denn eigentlich, dann will ich ja nicht gleich mit dem Wort

spiel Etikettenschwindel anfangen, aber ich darf zumindest fragen, was denn der Flascheninhalt hält. Diese Ökosteuer ist doch überhaupt nicht ökologisch, sie ist fiskalisch! Zur einen Hälfte, das haben wir eben gehört, finanziert sie die Rentenreform, und zur anderen Hälfte ist der Fiskus da, wie ich eben versucht habe zu erklären: offene Hände, was kümmern ihn Begründungen! Wenn man schon die Rentenreform und die hohen Nebenkosten finanzieren will – wenn Sie mir jetzt einen ordnungspolitischen Satz erlauben –, dann könnte man ja darüber nachdenken, ob man solche Probleme nicht in sich, im System der Sozialversicherung lösen muss und nicht mit einer zusätzlichen Steuer.

Zweitens macht man ja so viele Ausnahmen, dass man ja damit, mit den Ausnahmen, sagt, eigentlich wollen wir ja keine Stromsenkung, wir wollen keine Energieverbrauchsminderung, denn sonst würde die Steuer ja nicht funktionieren. Lassen Sie mich die Logik an der Stelle beenden, und lassen Sie mich feststellen, und das tut ja in Bremen auch immer ganz gut: Die Diskussion ist akademisch, wir haben nicht die Macht, es hier zu ändern, also beende ich den Part, gehe nunmehr auf die eigentliche Problemstellung, die Herr Kastendiek in der Sache richtig beurteilt und auch bewertet hat und dessen Beurteilung und Sachfeststellung ich mich anschließe, ein.

Wir haben eine enorme Ölpreiserhöhung, die ist zwar europäisch gleich, aber das, was die Staaten zur Hilfe jeweils tun, das ist sehr unterschiedlich, und da sind wir in Deutschland am unteren Ende. Die europäischen Probleme werden vertieft durch die Osterweiterung. Gewerbeaufsicht wird nicht überall so streng gehandhabt wie in Deutschland, womit ich nichts gegen eine strenge Gewerbeaufsicht sage, aber doch alles, um Wettbewerbsverhältnisse einigermaßen organisch und harmonisch zu betrachten. Wenn man sich einmal die unterschiedlichen Abgabenbelastungen ansieht, die etwa ein belgischer, ein holländischer oder ein deutscher Speditionsunternehmer hat, dann sieht man doch, dass Handlungsbedarf besteht. Der Belgier hat etwa 30 500 DM zu zahlen, der Holländer 28 700 DM und der Deutsche 43 400 DM.

Auch hier wieder die Feststellung: Hier ist nicht der Ort – wie soll ich sagen –, die Machtfrage zu stellen. So schön Bremen ist, wir können es nicht entscheiden, also haben wir darauf hinzuwirken, dass eine Harmonisierung in Brüssel und in Berlin stattfindet, und da mag dann endlich der Wirtschaftssenator seinen letzten Satz sagen, darum bemühen wir uns, mit welcher Aussicht auf Erfolg auch immer. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist damit geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 15/603, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Keine Gewoba-Anteile veräußern

Antrag des Abgeordneten Tittmann (DVU) vom 2. Januar 2001 (Drucksache 15/582)

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Dr. Dannemann.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich habe langsam das Gefühl, dass beim Bremer Senat mit den Mehrheitsfraktionen von SPD und CDU der Winterschlussverkauf bereits begonnen hat. In der Regel halte ich die Beschlüsse der SPD-Parteibasis meistens für nicht gut und für unsozial. Meistens! Aber in diesem Fall, beim Beschluss der Parteibasis, keine Gewoba-Anteile mehr zu veräußern, haben Sie mir aus der Seele gesprochen.

Meine Damen und Herren, die Privatisierungsorgie der großen Koalition hat ein Ausmaß angenommen, das für die Bremer Bevölkerung von großem Nachteil ist. Gerade im Bereich der Wohnungsbaupolitik sind die Wohnungsbaugesellschaften ein elementarer Bestandteil einer sozialen Wohnungsbaupolitik. Der hochverehrte Bürgermeister Kaisen würde sich wie ein Kreisel im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, wie seine sozialistischen Enkel mit seinen Vorstellungen von sozialer Wohnungsbaupolitik hier und heute umgehen. Mit Ihrer Politik leiten Sie einen unkontrollierbaren Mietwucher und unverantwortlichen Sanierungsstau ein und damit eine wesentliche Verschlechterung der Situation der Mieter, und die Mieter bei der Gewoba sind eben auch die kleinen Leute.

Meine Damen und Herren, nachdem ich die Einigungsvorschläge der Koalitionsrunde gelesen habe, weiß ich, dass die sozialistischen Verantwortungsträger sich keinen Deut um die Meinung der Parteibasis scheren. Sie haben die Bremer Stadtwerke verscherbelt, und ein hoch angesehener Geschäftsführer, nämlich Herr Jochum, ist sozusagen freiwillig gegangen worden, und ob jetzt hier ein Freund Bremens kommt, wage ich doch zu bezweifeln. Genau das Gleiche wird bei der Gewoba geschehen.

Bevor Sie mir jetzt wieder unqualifiziert dazwischenrufen und mich quasi als Lügner bezeichnen wie so oft, kann ich Ihnen nur dringend raten, fahren Sie schnellstens nach Osterholz-Tenever und schauen sich die Krause-Wohnungen an! Dann wis

sen Sie ganz genau, dass ich Recht habe. Genau das wird mittelfristig passieren, wenn der staatlich ordnende Einfluss auf die Wohnungsbaupolitik entfällt, meine Damen und Herren. Sie geben hier ein Instrument aus der Hand, von dem selbst der Verbandsdirektor der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen und Bremen e. V., Herr Bernd Meyer, nach meinem Kenntnisstand überzeugt ist, sowie davon, dass eine öffentliche Wohnungsgesellschaft in Händen der Stadtgemeinde Bremen bleiben sollte.

(Unruhe – Glocke)

Herr Tittmann, eine Sekunde bitte! Meine Damen und Herren, der heutige Parlamentstag geht langsam dem Ende zu, aber ich bitte doch noch um ein wenig Aufmerksamkeit!

(Abg. F o c k e [CDU]: Das Niveau sinkt auch!)

Meine Damen und Herren, Bernd Meyer ist ja nicht irgendeiner, sondern er ist ja ein ehemaliger Bauund Innensenator und Ihnen als der SPD-Skandalsenator im Gladbecker Geiseldrama bestens bekannt. Sie sehen also, meine Damen und Herren, das Land Bremen ist so vielfältig und so reichhaltig an skandalträchtigen und unfähigen SPD-Senatoren, dass man, wenn man sich auch einmal namentlich verspricht, dann in Bezug auf Unfähigkeit von SPDSenatoren immer noch richtig liegt. Meine Damen und Herren, das Skandalöse ist daran: SPD-Senatoren können so unfähig sein und noch unfähiger sein und in noch so viele Skandale verwickelt sein, sie fallen immer und immer wieder in ein noch besseres, finanziell und personell abgesicherteres Nest. Ich sage es noch einmal, damit Sie es endlich begreifen, gerade im Bereich der Wohnungsbaupolitik sind die Wohnungsbaugesellschaften ein elementarer und wichtiger Bestandteil sozialer Wohnungsbaupolitik. Darum stimmen Sie aus einer sozialen Verantwortung heraus dem DVU-Antrag, keine Gewoba-Anteile zu veräußern, uneingeschränkt zu! – Ich bedanke mich!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Sieling.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bremische Bürgerschaft hat im Mai 1997 auf Mitteilung des Senats beschlossen, 24,2 Prozent der Anteile der Gewoba bei der damaligen Hibeg, das ist die jetzige BIG, zu parken, an sie zu übergeben, und hat damals – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Beschluss – beschlossen, „dass die Bürgerschaft verbindlich die ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Hanseatische Industriebeteiligungsgesellschaft ermächtigt, zu geeigneter Zeit in den Jahren 1999 bis 2001 die Aktien an der Börse zu platzieren oder, falls nachgewiesenermaßen eine Veräußerung an der Börse zu vertretbaren Emissionsbedingungen nicht möglich sein sollte, die Aktien an Erwerber zu veräußern. Den Mietern sind die Aktien vorab anzudienen“.

Der Senat ist damit durchaus durch den Beschluss dieser Bürgerschaft beauftragt und ermächtigt, eine Veräußerung dieses Teils der Gewoba-Anteile, dieser 24,2 Prozent, vorzubereiten, selbstverständlich unter Beachtung der im Bürgerschaftsbeschluss ausgewiesenen Kriterien, unter anderem der Beteiligung von Mietern.

Ich darf an der Stelle sagen, dass auch der von meinem Vorredner angesprochene Beschluss des SPD-Landesparteitags sich nicht gegen diesen Vorgang ausspricht. Die Realisierung und Umsetzung dieses Bürgerschaftsbeschlusses würde dazu führen, dass nach wie vor 50,1 Prozent weiter bei den beiden Stadtgemeinden und dem Land gehalten werden und damit die Mehrheitsposition der öffentlichen Hand bei dieser ja anerkanntermaßen stadtentwicklungspolitisch und wohnungspolitisch bedeutenden und auch erfolgreichen Gesellschaft gewahrt bleibt. Der vorliegende Antrag widerspricht also dem Beschluss dieses Hauses vom Mai 1997, und ich bitte daher das Haus, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie können hier reden, was Sie wollen, durch Ihre unsozialen politischen Entscheidungen und Beschlüsse zeigt sich doch immer wieder deutlich, dass Ihnen der kleine Arbeiter, der kleine Mann auf der Straße, der Rentner, der junge Familienvater, unsere Jugendlichen, der Sozialhilfeempfänger vollkommen egal sind. Es zeigt sich gerade durch die gestellten DVU-Anträge wie auch durch diesen hier mit der Drucksachen-Nummer 15/582, keine Gewoba-Anteile zu veräußern, deutlich, dass die eben genannten von Ihnen benachteiligten Gruppierungen ihre Interessenvertreter eben nur bei der Deutschen Volksunion finden.

Ich sage im Namen der Deutschen Volksunion klar und deutlich, wenn Sie die Beschlüsse der Koalitions

runde tatsächlich verwirklichen und umsetzen, beweisen Sie insbesondere als Sozialdemokraten, dass Sie besser heute als morgen die Bezeichnung sozial aus Ihrem Parteinamen streichen sollten. Die Linie der CDU ist klar, privatisieren um jeden Preis, aber das hat die CDU ja schon immer deutlich gesagt. Deswegen überrascht es auch keinen mehr. Aber Sozialdemokraten, die den Mietern die Wohnungen unter dem Hintern wegverkaufen, das hat allerdings eine neue soziale Kälte und eine neue Qualität Ihrer Politik.

Insofern empfehle ich Ihnen dringend, sich als neuen SPD-Parteinamen den Namen „Unsoziale Partei Deutschlands“ zu geben. Ihre unsoziale Politik auf Kosten der Bürger und Bürgerinnen ist unverantwortlich. Diese traurige Tatsache Ihrer verfehlten Politik zeigt, dass Sie dabei noch nicht einmal ein schlechtes Gewissen haben, zeigt mir wahrscheinlich ganz deutlich, dass Sie überhaupt kein Gewissen haben, nicht einmal ein schlechtes. – Ich bedanke mich!

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann, DVU, Drucksachen-Nummer 15/582, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU und Bündnis 90/ Die Grünen)

Stimmenthaltungen?