Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei allem Respekt, Herr Kollege Jäger, aber die nassforsche Art und Weise, in der Sie hier vorgetragen haben, verwundert mich denn doch schon! Der erste Punkt: Bafög! Über 16 Jahre hat die Kohl-Regierung das Bafög in den Keller gewirtschaftet, das war nur ein Restbestand von Bafög, was am Ende übrig geblieben ist.
Jetzt hat nach einer ersten kleinen Korrektur die rotgrüne Bundesregierung einen riesengroßen Schritt gemacht, mit dem das Bafög mindestens um ein Viertel wieder erhöht werden soll, Auslandsaufenthalte werden möglich, die Höhe der zurückzuzahlenden Gelder nach dem Studium ist begrenzt worden und
so weiter, ein Riesenschritt. Sie haben das 16 Jahre lang nicht nur nicht zustande gebracht, sondern das Gegenteil getan. Dann stellen Sie sich heute hier hin und sagen, das hätte zu lange gedauert. Das ist ein bisschen dick aufgetragen,
Der zweite Punkt: Sie reden davon, Frau Bulmahn solle jetzt einmal Dampf machen, einen „gezielten raschen Eingriff“. Haben Sie vielleicht mitbekommen, dass wir hier nicht in Frankreich sind oder in Dänemark, wo wir einen zentralistisch aufgebauten Staat haben, sondern in einem föderalen Gebilde, in dem die Länder gerade in dieser Frage mitzureden haben, mitzureden haben darüber, was passiert, dass der Bund gerade in der Abstimmung mit den Ländern ist, dass die strittigen Punkte jetzt in der Feindiskussion sind, um zu einem Ergebnis zu kommen, und dass zum Beispiel die unionsregierten Länder Dinge nicht mitmachen wollen, die längst überfällig sind? Das ist doch hier gegenwärtig das Problem!
Wie kommen Sie denn zu der Unverschämtheit, hier zu sagen, Frau Bulmahn solle einen schnellen Schnitt machen?
Das kann sie nicht. Das kann sie auch Gott sei Dank nicht, weil sie natürlich auf das Einverständnis der Länder angewiesen ist. Das bleibt ja auch richtig.
Sie haben jetzt gesagt, Sie wollen unseren Antrag nicht mitmachen, weder den alten, der jetzt zurückgekommen ist aus der Deputation, noch den neuen Antrag, den wir zu dieser Sitzung vorgelegt haben. Da sage ich noch drei Sätze voraus!
Wir haben jetzt eine Reihe von Punkten gehabt, ob das die Greencard-Debatte war, ob das letztes Mal die älteren Arbeitnehmer waren, jetzt diese Sache, immer wieder kommen Anträge, werden überwiesen in die Deputation, das ist auch in Ordnung, dann kommen Berichte, und darin bleibt nichts anderes übrig als die Empfehlung der Ablehnung. In all diesen Fällen legt diese Koalition keine eigene Auffassung vor. Sie machen überhaupt keine eigenen Anträge mehr zu politisch umstrittenen Fragen.
Ich meine, ein Meinungsaustausch ist ja gut, er gehört auch in das Parlament, aber am Ende muss doch eine Beschlussfassung stehen. Wir wollen doch wissen, was hier die Mehrheit des Hauses will oder
nicht will, da gehen wir aber die ganze Zeit leer aus. Das passiert überhaupt nicht mehr, und das kann doch wirklich nicht sein!
Sie können nicht in Sonntagsreden fordern, dass wir dieses Parlament nicht missachten, sondern hochhalten sollen. Aber in Wirklichkeit nehmen Sie diese fundamentale Funktion, nämlich Beschlüsse zu fassen, um dem Senat zu sagen, was er machen soll, nicht mehr wahr, oder, Herr Jäger, ist, wie wir das in der letzten Debatte, die wir eben hatten, erlebt haben, auch die Gemeinsamkeit zwischen SPD und CDU auch in der Hochschulpolitik verbraucht? Es ist ja nun eher mein Gefühl und mein Eindruck, dass das der Fall ist! Dann haben Sie in der Tat ein Problem, Sie sind dann hier nicht mehr gemeinsam handlungsfähig. Dann bleibt es beim Meinungsaustausch, das bleibt aber auf Dauer ein bisschen zu wenig.
Den ersten Spiegelstrich, die erste Nummer des Antrags, das haben Sie ja in gewisser Weise gesagt, können Sie mitmachen. Das ist ja wohl auch unbestritten: die Juniorprofessur, eine einheitliche Ausgangsbesoldung an Fachhochschulen und an den Universitäten, Gott sei Dank hat man sich jetzt darauf geeinigt, und die Zahlung von leistungsbezogenen Zulagen möglichst auf Zeit. Das ist ja ein Kompromiss. Ich sage auch auf Zeit, aber ich muss ja anerkennen, solange im gegenwärtigen System geblieben wird, dass man sagt, es kann vielleicht einmal eine Ausnahme geben, also „möglichst auf Zeit“. Den Punkt können Sie, glaube ich, komplett mitmachen. Wir werden einmal sehen, ob Sie es nachher tun in der Abstimmung.
Dabei ist mir wichtig, und, ich glaube, da sind wir uns auch einig, dass nicht durch neue starre Regelungen, etwa bei der Juniorprofessur, der Grundsatz der Frauenförderung missachtet wird, denn gerade Menschen, die eine etwas bewegtere und nicht so ganz geradlinige Biographie haben, können durch starre Fristen in Schwierigkeiten kommen. Das sind nun einmal gegenwärtig häufiger Frauen als Männer.
Jetzt kommen wir zu den kontroversen Punkten, vor allen Dingen mit Ihnen kontrovers, Herr Jäger, nämlich der Status der Hochschullehrer und die Bedeutung der Habilitation! In beiden Fragen, verehrter Herr Kollege Jäger, demonstriert die CDU genau in der gleichen Art und Weise, wie wir das eben erlebt haben, wie sehr sie doch immer noch die Partei wirklich von gestern oder sogar vorgestern ist. Das ist wirklich der Slogan: keine Experimente! Ihr Festhalten am Beamtenstatus der Hochschullehrer ist rein ideologisch bestimmt, es sei denn, Sie machen schlecht verstandenen Lobbyismus für gewisse ältere Herren, die da zum Teil noch das Wort führen.
Ich möchte Ihnen einmal eine der vielen Stellungnahmen der letzten Zeit zu dieser Frage vortragen. Ich darf mit Genehmigung des Präsidenten zitieren: „Wettbewerb“ – und das haben Sie ja eben ganz groß geschrieben – „und Beamtenstatus des Hochschullehrers passen nicht zueinander. Anstelle der Verbeamtung muss den Hochschulen das Recht zugestanden werden, selbst mit den Professoren und dem wissenschaftlichen Personal Arbeitsverträge abzuschließen. Zugleich muss ihnen im Hinblick auf Profilbildung, Exzellenz und internationale Attraktivität das Recht zugestanden werden, die Berufung von Hochschullehrern selbst vorzunehmen.“
Sie dürfen raten, Herr Jäger, wer der Verfasser dieses Papiers, dieses Forderungskatalogs ist, 17. Januar 2001: die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Sie, Herr Jäger und auch Herr Eckhoff, das kann ich Ihnen nur sagen, haben wirklich in dieser Debatte schlicht den Anschluss verloren. Der Arbeitgeberverband argumentiert dabei, wie alle anderen auch, mit der Notwendigkeit, die internationale Mobilität zu verbessern. Aber auch bei der Mobilität zwischen Hochschule, Wirtschaft, Gesellschaft und anderen Forschungsinstitutionen ist der Beamtenstatus ein Hemmnis.
Wenn man diese Wechselwirkung will, und auch wir wollen sie, dann muss man einen Status finden, der sie befördert. Am besten erreicht das ein normales Arbeitsverhältnis außerhalb des Beamtenrechts und nach unserer Auffassung auch außerhalb des BAT, wobei wir sagen, Wissenschaftstarif wäre das Beste, aber da muss man sich vielleicht auch nach der Decke strecken und sagen, wenn das jetzt nicht machbar ist, dann muss man es eben innerhalb des BAT machen, um von da aus dann den nächsten Schritt machen zu können. Es ist schade, dass, was die Frage des Berufsbeamtentums und des Status der Professoren anbelangt, auch die SPD vielleicht etwas zu früh aufgegeben hat, das weiter zu verfolgen. Ich finde das nicht so aussichtslos, wenn man da wirklich gemeinsam etwas machen wollte.
Es geht auch bei dem zweiten Streitfall um die Anpassung an internationale Standards, Herr Jäger, bei der Habilitation. Wenn Sie die als Regelfall beibehalten wollen, dann können Sie den Juniorprofessor gleich vergessen. Dann wird nämlich nicht ein neuer Weg gestaltet, sondern dann wird eines noch zu dem anderen dazugehäuft. Da wird durch Anhäufung von Anforderungen gleich wieder das zugeschüttet, was man an neuen Wegen erschließen will.
Im Übrigen schafft die Habilitation wirklich, das ist unser Hauptargument, über Jahre hinweg eine unselbständige Stellung, ja eine persönliche Abhängigkeit. Gerade kürzlich hat uns doch eine Dekanin der Bremer Universität erzählt, dass sie jüngst noch den Spruch gehört hätte: „Wenn Sie das und das nicht machen, dann habilitiere ich Sie nicht.“ Das
Diese Abhängigkeit wollen wir nicht. Die Eignung für die Aufgabe der Professorin oder des Professors soll mit der klassischen Berufung festgestellt werden. Im Übrigen, ich sage es noch einmal, haben wir eine weichere Formulierung als die Bundesministerin vorgeschlagen, und ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie diese Formulierung, dass man als Voraussetzung auf die Habilitation verzichtet, hier nicht mitmachen können.
Ich hatte den Eindruck, dass wir uns über die Bedeutung dieser Reform angesichts der gegenwärtigen Pensionierungswelle auch in vielen Details wohl einig werden können. Ich erwarte noch einmal, und deswegen werden wir auch Punkt für Punkt unseren Antrag getrennt abstimmen lassen, dass die Koalition hier endlich einmal sagt, was Sie gemeinsam wollen und auf welcher Grundlinie der Senat weiter verhandeln soll.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe schon vermutet, dass mir bei diesem Tagesordnungspunkt der Koalitionspartner abhanden kommt und dass es einen neuen Bündnispartner gibt, aber, Herr Jäger, ich muss sagen, Sie haben mich wirklich überrascht. Ihre Dreistigkeit, aber auch, dass Sie trotz Ihrer Jugend schon so vergesslich sind,
das hat mich wirklich umgehauen! Nun haben Sie ja schon durch Zwischenrufe und auch von Herrn Kuhn gehört, dass Ihre Dreistigkeit wirklich nicht mehr zu überbieten ist. Sie haben 16 Jahre eine Bundesregierung mit Herrn Kohl und der FDP gehabt, in denen Sie wirklich gerade im Wissenschaftsbereich im hohen Maße fahrlässig gehandelt haben. Ich habe das schon einmal gesagt, da haben Sie mir ja „Bildzeitung“-Sprache vorgeworfen. Die Zeitung gehört nicht zu meiner Lektüre, bei Ihnen auf den Tischen sehe ich sie häufiger, das muss ich hier doch einmal sagen.
Nachdem Sie das 16 Jahre versäumt haben, stellen Sie sich hier hin und beklagen und prangern an, dass die Ministerin Bulmahn eine längere Zeit gebraucht hat, um ein bestimmtes Reformpaket auf den Weg zu bringen. Herr Kuhn hat das schon deutlich gemacht, und wir sind da in voller Übereinstimmung.
Ich glaube, Sie haben auch damals die Worte gewählt, dass man in manchen Bereichen dicke Bretter bohren muss. Das wissen wir! Sie, Herr Jäger, haben sich aber in Ihrer Bundesregierung vor all diesen Problemen gedrückt.
Sie fordern jetzt Schnelligkeit ein und haben 16 Jahre wirklich nichts in diesem Bereich zustande bekommen. Das ist dreist!
Das trage ich Ihnen auch persönlich nach, weil Sie das eigentlich alles ein bisschen besser wissen müssten.
Wir haben noch keinen Wahlkampf. Aber zur Bafög-Reform, weil es gerade angeklungen ist: Wer hat denn jetzt endlich etwas bewegt? Wer hat bewegt, dass 80 000 Studierende mehr in diesen Genuss kommen? Natürlich ist das für Sozialdemokraten ein Stück Herzblut, was wir auch immer gefordert haben, weil natürlich diejenigen, die gut situiert sind, dieses Geld nicht brauchen. Es gibt aber viele hochgradig qualifizierte junge Leute, denen wir wirklich wünschen, dass sie ein Studium anfangen und auch zu Ende führen können. Auf diesen Weg bringen wir sie, und das macht die rotgrüne Bundesregierung. Sie haben das über Jahre versäumt.
Es stimmt, Herr Kuhn, Sie haben das angemerkt, dass wir nicht in der Lage waren, einen eigenen Antrag einzubringen. Natürlich gibt es Dinge, wo so ein kleines Bundesland wie Bremen nicht unbedingt die Speerspitze der Bewegung sein kann. Das, was Sie hier vorliegen haben, zumindest in dem Bericht der Deputation, ist der kleinste gemeinsame Nenner.
Wir haben uns wirklich bemüht, Veränderungen auf der einen und anderen Seite vorzunehmen. Wir haben es nicht hinbekommen, aber das, was das Ressort vorgelegt hat, und dieser Bericht ist von uns als Koalition ja mitgetragen worden, zeigt die Linie auf, wie zurzeit verhandelt wird.
Dass das uns als Sozialdemokraten in vielen Bereichen nicht weit genug geht, das kann ich Ihnen versichern. Da lese ich Ihnen auch gleich einmal den Antrag vor, den wir der CDU damals zugeleitet haben. Da es aber nun einmal die Regel ist, dass beide Partner einen Antrag unterschreiben müssen, hat das nicht geklappt. Umgekehrt ist das der CDU bei uns
Natürlich muss man aus Sicht des Ressorts sagen, unser Senator war ein Jahr lang Präsident der KMK, und natürlich sind viele dieser Dinge, die jetzt auch schon auf den Weg gebracht worden sind, unter seiner Präsidentschaft erarbeitet worden. Dass er in einigen Dingen – entschuldigen Sie, Herr Senator, dass ich das so sage – etwas zu zurückhaltend ist, mag aus seiner Sicht verständlich sein. Wir als Sozialdemokraten haben eine etwas andere Linie, und wir werden auch die Dinge, die zurzeit nicht umsetzungsfähig sind, natürlich versuchen, später auf den Weg zu bringen.
Sie wissen alle, dass vor allen Dingen das Hochschulrahmengesetz und auch das Dienstrecht zustimmungspflichtige Gesetze sind. Dafür braucht man Mehrheiten. Ich finde es auch gut, dass die Ministerin den Weg geht, indem sie nämlich das Verfassungsorgan Länderkammer einbezieht und nicht so, wie die CDU damals kurz vor der Wahl, ein Gesetz trotz Protest auch von Bayern und Baden-Württemberg an diesem Organ vorbei durch Unterschrift des damaligen Bundespräsidenten Herzog auf den Weg gebracht hat. Das haben Sie ein paar Tage vor der Wahl gemacht, es hat Ihnen nicht geholfen. Sie sind trotzdem abgewählt worden.