Protocol of the Session on December 14, 2000

(Beifall bei der CDU)

Mir jetzt vorzuwerfen, dass es nicht leicht wird, dieses Ressort zu führen, das sage ich einmal in aller Deutlichkeit, das halte ich für eine ziemliche Unverfrorenheit! Dazu noch mit Ihrer Nachfolgerin, die mir eine Situation übergeben hat nach der McKinsey-Diskussion, als wir nicht wussten, was hat die KMB für Aufgaben, soll es ein Kulturamt geben, was macht die Kernverwaltung!

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Daran bin ich schuld?)

Nein, ich habe gesagt, Ihre Nachfolgerin!

Wir haben drei neue leitende Mitarbeiter der Kulturabteilung bekommen, die drei unterschiedliche Arbeitsverträge haben, mit unterschiedlichen Klarheiten. Sie müssen es sich so vorstellen: Sie bekommen ein Boot, fahren auf dem großen Ozean, haben eine Mannschaft, die Sie nicht versteht, Sie haben kein Benzin im Tank, Sie haben keinen Orientierungsplan, und das Boot ist dazu noch leck. Das war die Ausgangssituation!

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen] – Abg. Frau L e m k e - S c h u l t e [SPD]: Dann würde ich mir ei- nen Kompass kaufen!)

Ich muss mir jetzt einfach einmal ein bisschen Luft machen!

Die zweite Ausgangsposition ist, ich habe zwölf Millionen DM im Jahr zu wenig gehabt. Was haben wir jetzt erreicht? Wir haben erreicht, meine Damen und Herren, dass wir pro Jahr 9,5 Millionen DM bekommen haben, wir haben Planungssicherheit für die Kulturszene in Bremen für das Jahr 2000/2001 bekommen. Das ist bei der desolaten Ausgangssituation ein großer Erfolg, Planungssicherheit für die Kultureinrichtungen in den Jahren 2000/2001! Sie wissen alle noch, wie schwer das war bei diesen Haushaltsberatungen, diesen finanziellen Plafond hinzubekommen.

Insofern war es gar nicht möglich, liebe Frau Dr. Trüpel, mit dem Kulturplanungsinstrumentarium früher zu beginnen, denn Sie brauchen erst einmal die Rahmenbedingungen.

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das hat doch der Senat be- schlossen!)

Der Senat hat beschlossen, bis Ende des Jahres 2000 die Daten vorzulegen. Ich komme gleich darauf.

Aber Sie können doch Kulturentwicklung nur machen, wenn Sie eine Rahmenstruktur haben! Sie müssen wissen, habe ich nun eine Rahmenstruktur von 50 Millionen DM mehr oder von 20 Millionen DM minus.

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das entscheiden Sie doch!)

Das entscheide ich nicht, das entscheidet die Bürgerschaft mit ihrer Beschlussfassung für das Jahr 2000/2001, ich darf daran erinnern! Nachdem diese Beschlussfassung da war, haben wir uns seit einem halben Jahr ganz engagiert an die Arbeit gemacht. Das will ich jetzt einmal deutlich machen. Wir haben in diesem letzten halben Jahr, ausgehend von dem Sockelrahmen der zur Verfügung stehenden Gelder, nun in rund zehn Spartengesprächen, zu einigen waren auch die Deputierten eingeladen, ein Rohkonzept über das Ziel, wie es weitergeht mit der Kulturplanung bis zum Jahr 2005 und darüber hinaus, intern vorgelegt. Daran sitzen wir jetzt.

Frau Dr. Trüpel, die Zahl 2000 ist doch keine Zahl, die ein Fixstern ist, sondern wir als Senat haben doch deshalb diesen Zeitpunkt so benannt, weil wir gesagt haben, wir brauchen eine klare Vorgabe für den jetzt anstehenden Haushaltsrahmen 2002/2003, und wir brauchen einen ganz klaren Vorgabenrahmen für die Finanzplanung bis zum Jahr 2005. Am 6. März 2001 wird der Senat über den Finanzplan als Vorlage für die Bürgerschaft entscheiden. Wir müssen jetzt mit den Ressorts unsere inhaltlichen und finanziellen Rahmen rechtzeitig sortieren, damit wir dies bis zum 6. März hinbekommen. Ob ich das nun am 15. Dezember 2000 oder am 15. Januar 2001 in der Deputation vorlege, ist doch wirklich nebensächlich!

Natürlich ist es auch das gute Recht der Regierungsfraktionen, dass sie sagen, ich setze einmal das Thema aus für eine Deputationssitzung im Dezember und mache es dann im Januar. Entscheidend und wichtig ist, dass wir mit unseren Zielen, mit unserem finanziellen Rahmen die Beratung des Senats für den 6. März 2001 erreichen, weil wir dort den Finanzplan bis 2005 festlegen müssen.

Nun lassen wir wieder die Förmlichkeit zurück. Wir haben eine Vielzahl von vorbereitenden Maßnahmen eingeleitet inklusive der Beratung der Staatsrätesteuerungsgruppe und zusammen mit anderen Ressorts, um dann der Deputation eben auch einen Vorschlag auf den Tisch zu legen, der abgesichert ist. Sie wissen doch selbst, dass man als zuständiger Senator nicht einfach einen Plan auf den Tisch legen kann, der nicht mit den anderen Ressorts, mit dem Finanzressort und den Staatsräterunden abgestimmt ist. Darum ist es mir viel wichtiger, dass wir solide die Zeit haben, dies jetzt einen Monat länger zu Ende zu führen.

Die inhaltlichen Planungen liegen alle fest, wir sind jetzt dabei, sie in Ruhe mit den anderen Staats

räten und den zuständigen Gremien abzustimmen. Sie können sicher sein, dass wir dann rechtzeitig Mitte Januar 2001 auch die Deputation begrüßen werden. Insofern ist das alles überhaupt kein Problem!

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Alles wunderbar!)

Wenn Sie, liebe Frau Dr. Trüpel, jetzt aus einzelnen Sparten diskutieren, natürlich ist es so, dass wir in einem Eventualfall, wenn wir 30 Prozent weniger Ausgaben für die Kultur haben, den Riemen noch enger schnallen müssen, als wenn wir den jetzigen Sockeletat plafondieren können. Unser gemeinsames Ziel ist es, die jetzige Landschaft der Kultur in Bremen zu stabilisieren, und nach den Planungen, die wir jetzt haben, wird das auch gelingen. Deshalb sollten Sie nicht so aufgeregt sein,

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Doch!)

wenn wir diese Diskussion um einen Monat verschieben. Ich finde es wichtiger, dass es gelingt, ein solides, auch mit den beiden Regierungsfraktionen und dem Finanzsenator abgestimmtes Konzept auf den Tisch zu legen als nun in Hektik vor Weihnachten. Deshalb, ganz gelassen, bin ich ganz sicher, dass wir ein gutes Ergebnis erreichen! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Trüpel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Dr. Schulte, diesen Vorwurf der Unverfrorenheit gebe ich postwendend an Sie zurück! Sich hier hinzustellen und zu sagen, Sie hätten ein Ressort mit nur unmotivierten Mitarbeitern übernommen, wie kann man hier eigentlich solche Pauschalverurteilungen aussprechen?

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das weise ich mit Entschiedenheit zurück! Ich glaube, jeder, der einmal ein Ressort geleitet hat, weiß, dass es sehr leistungsfähige Mitarbeiter gibt, die gibt es und gab es auch im Kulturressort, und es gibt andere, die Probleme haben. Dafür muss man eine Lösung finden. Aber wenn Sie die bis jetzt noch nicht gefunden haben, die große Koalition regiert seit fünf Jahren, fällt das Ihnen auf die Füße und niemand anderem!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Eine zweite Bemerkung: Sie hätten ein unsortiertes Ressort übernommen! Wer hat denn regiert? Sie waren das! Es war die große Koalition, Frau Kahrs war die zuständige Senatorin, Herr Köttgen hat diesen ganzen Prozess gemanagt, und Ihr Ergebnis ist das einer Waterloo-Erklärung, es sei ein unsortiertes Ressort! Wer hat das denn zu verantworten? Doch nicht wir, sondern die große Koalition! (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich habe Ihnen eben schon gesagt, wenn man solche falschen und dummen Entscheidungen trifft, zwei Männer, den einen als Geschäftsführer, den anderen als Abteilungsleiter, installiert und die Strukturen nicht klar sind, was soll denn um Gottes willen passieren? Wer hat das zu verantworten? Sie und niemand anders!

Ich erwarte von Ihnen, dass Sie dieses Problem lösen. Wir haben einen Lösungsvorschlag gemacht. Wir haben gesagt, hören Sie auf mit dem Unsinn dieser Beleihung, fangen Sie endlich an, das Ressort zu modernisieren, und dann kann man auch im öffentlichen Dienst Führungsleute auf Zeit einstellen! Das muss doch nicht nur in staatseigenen privaten Gesellschaften so sein, das kann man auch im öffentlichen Dienst machen. Wir wollen diese Art der Modernisierung des öffentlichen Dienstes. Mit uns geht das, aber Sie kommen doch an dem Punkt nicht in die Puschen!

Seit anderthalb Jahren haben wir diese Struktur, bei der Sie sich gegenseitig blockieren. Welche Energie frisst das denn! Dann stellen Sie sich hier hin und distanzieren sich davon! Sie sind der zuständige Senator, Sie haben diese Politik mit diesem Ergebnis gemacht! Ich bin damit auch nicht glücklich, das habe ich ja eben deutlich gemacht. Im Gegenteil, ich halte das für einen großen Fehler, was hier in den letzten Jahren kulturpolitisch passiert ist. Aber das ist nicht unsere Schuld!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt zu der wunderbaren Aussage von Frau Koestermann: Politik kann man nur machen, wenn man Geld hat. Jetzt wissen wir aber – und Sie doch auch, Sie nennen sich Sanierungskoalition –, dass das mit den Staatsfinanzen in Bremen schwierig ist. Die Kunst des Regierens und der Politik besteht darin, das Beste mit knappen Mitteln zu machen. Aber ehrlich gesagt, es sind doch immer noch, Frau Koestermann, politische Entscheidungen! Wenn das Musical 12,84 Millionen DM Liquiditätshilfe bekommt, was in zwei Monaten entschieden wurde, man für den Kulturetat zehn Monate streiten muss, damit Ihr Fehler korrigiert wird und Sie 9,5 Millionen DM hinterher bekommen, dann sind das politische Entscheidungen, nichts anderes! Das sind Ihre Schwerpunktsetzungen, da kann man sich hier nicht herausre

den und sagen, wir haben kein Geld, wir können nichts machen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist Ihre Politik, die hier exekutiert wird! Es ist eine Prioritätenentscheidung, wenn man den Überseehafen verfüllt und den Großmarkt verlagert. Dieses Geld kann man theoretisch auch für etwas anderes ausgeben. Aber nein! Sie haben sich gemeinsam entschieden, es so auszugeben.

Dann, ehrlich gesagt, dieser Gestus! Frau Emigholz und Herr Dr. Schulte reden hier fast so, als seien sie Oppositionsredner. Ich meine, Frau Emigholz, Sie sitzen immer noch in einer der Regierungsfraktionen und tragen doch die politischen Entscheidungen dieser Regierung mit. Was blättern Sie uns hier auf? Die Existenzkrise und Bedrohung der Kultureinrichtungen! Ehrlich gesagt erwarte ich von Ihnen ein bisschen mehr. Sie haben ja Recht mit diesem Horrorszenario, das Sie hier an die Wand malen. Aber das sind doch Ihre Entscheidungen mit dem Sanierungssicherstellungsgesetz. Wir haben dagegen opponiert, wir wollen das nicht so.

Ich erwarte, dass hier einmal ein bisschen Butter bei die Fische kommt. Ich würde jetzt Herrn Eckhoff verhaften und sagen: Wunderbar, lieber Jens Eckhoff! Sie haben gesagt, der Kulturetat soll auf dem Status quo gehalten werden. Da würde ich doch an Senator Dr. Schultes Stelle gleich hingehen und einen Kulturentwicklungsplan auf dieser Grundlage vorlegen. Ich würde mich mit den 30 Prozent konsumtiver Einsparungen doch gar nicht mehr abgeben, wenn mein Fraktionsvorsitzender so etwas öffentlich sagt. Ich würde sagen, wunderbar, das ist immer schon die Hälfte der Miete. Da schreibe ich einen Kulturentwicklungsplan, der genau dazu passt, alles andere würde ich doch gleich hinauswerfen. Ich mache mich doch nicht kleiner, als ich sein muss, Herr Senator!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht!

Noch einmal zu einer anderen Prioritätensetzung, dem Musical, das Sie ja immer so hoch loben! Standortfaktor Bremen! Das Musical „Ein Käfig voller Narren“ hat eine Auslastung von 98 Prozent im Goethe-Theater, „Jekyll and Hyde“ hatte in den letzten drei Monaten 30 und 31 Prozent. Das noch einmal zu der Frage, wie man Musicals macht, was sich hier lohnt und was dann von Ihnen finanziert wird! Was ist das für ein ewiger Kampf um die Kulturpolitik und einen angemessenen Etat! Für vieles andere haben Sie Geld, warum eigentlich für Kultur so wenig?

Jetzt bin ich ja ganz unverdächtig, eine politische Freundin von Herrn Stoiber zu sein. Wissen Sie, was

der in den letzten Jahren gemacht hat? Die haben auch Staatseigentum verkauft, um in Hightech und Kultur zu investieren. Ich behaupte einmal mit Herrn Stoiber, dass das eine sehr kluge, zukunftsgerichtete strukturpolitische Entscheidung ist, neue Technologien und Kultur zu fördern.

(Zuruf des Abg. B o r t t s c h e l l e r [CDU])

Ganz ruhig, Herr Borttscheller!

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Aber diese Kul- turentscheidung macht ihm auch nicht viel Spaß! Das wissen Sie doch genau!)

Aber anders als bei der großen Koalition in Bremen ist das eine Politik, die wirklich auf die nächsten Jahrzehnte schaut, die nicht Kultur platt macht und abwickelt und sich dann als Regierungsfraktion hinstellt und sagt, es ist alles ganz furchtbar, aber wir müssen die Existenzkrise diskutieren. Nein, man muss sie nicht diskutieren, man muss sie abwenden!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Emigholz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir reden ja hier angeblich alle der Sache verpflichtet, das Beste im Sinne der Betroffenen herauszuholen und eine vielfältige kulturelle Landschaft möglich zu machen. Einmal ein paar Bemerkungen zu dem, was hier eigentlich abgeht! Wenn wir es noch vor Weihnachten schaffen wollen, eine große Verunsicherung in die Kulturszene zu tragen und die Sache eskalieren zu lassen,