Protocol of the Session on October 12, 2000

(Abg. T e i s e r [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Nein, Herr Teiser, im Augenblick bitte nicht! Sie werden es in Ruhe ertragen, dass ich nach dieser Debatte einfach für mich nüchtern feststelle, welche unterschiedlichen Positionen wir haben! Auch unser Dialog würde uns wahrscheinlich nicht zusammenbringen. Ich will auch festhalten, ganz im Gegensatz zu dem, was Sie gesagt haben, dass erstmalig durch diese Bundesregierung Energiesteuererhöhungen eben nicht schlicht für allgemeine Haushaltszwecke benutzt werden, sondern in der Tat zielgerichtet für die Senkung von Arbeitskosten und damit für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen. Das ist hier das Ziel.

(Beifall bei der SPD)

Ich will auch noch einmal ansprechen, was auch schon Vorredner angesprochen haben, aber ich finde, das gehört dann auch wiederholt, dass die CDU in der Vergangenheit, und Frau Merkel ist angesprochen worden, aber es war nicht nur Frau Merkel, sich für die Einführung einer Energiesteuer stark gemacht hat, dies propagiert hat, sie als richtig empfunden hat. Ich möchte aber auch noch daran erinnern, dass eben in der Zeit von 1987 bis 1998, also in Ihrer Ägide Bundesregierung, nicht nur die Mineralölsteuer um 51 Pfennig angehoben wurde, sondern zugleich auch noch der Rentenversicherungsbeitrag von 18,7 Prozent auf 20,3 Prozent gestiegen ist.

(Abg. F o c k e [CDU]: Was ist denn mit der Wiedervereinigung? Da ist doch ein biss- chen passiert, oder nicht?)

Das ist nur eine nüchterne Feststellung! Vor diesem Hintergrund, denke ich, ist das, was die jetzige Bundesregierung gemacht hat, doch ein moderates Vorgehen, nämlich die Treibstoffkosten moderat anzuheben und die Rentenversicherungsbeiträge von 20,3 auf 19,3 Prozent zu senken.

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

Ich will überhaupt nicht darum herumreden, dass in den letzten Monaten aufgrund der insgesamt gestiegenen Energiepreise für Mieter ebenso wie für die andere von Ihnen angesprochene Klientel zusätzliche Belastungen gekommen sind. Aber auch hier gilt es, noch einmal nüchtern zu wiederholen, dass dies eben nur zu einem geringen Teil auf die Ökosteuer zurückzuführen ist. Sie versuchen ja, die Dinge umzudrehen. Es ist eben nur ein geringer Teil, der auf die Ökosteuer zurückzuführen ist. Ich will hier die Stichworte nur noch einmal kurz nennen. Sie sind aber auch schon angesprochen worden: Kursanstieg des Dollars um 30 Prozent, Verknappungspolitik der OPEC und daraus folgender Rohölpreis, der um etwa 25 Prozent seit Jahresbeginn gestiegen ist, nicht zuletzt auch der Wunsch nach steigenden Gewinnmargen der Unternehmen. Auch dies sollte man so deutlich sagen. Zum Thema Ökosteuer auf Strom muss man in diesem Zusammenhang auch vielleicht von der Gegenseite her noch einmal darauf hinweisen, dass wir im Zusammenhang mit der Liberalisierung eine Strompreissenkung hatten, wie es sie bis dahin noch nicht gegeben hat. Das heißt, all diese Faktoren, die ich zunächst genannt habe, nun der Ökosteuer in die Schuhe zu schieben, ist schon eine verquere Angelegenheit.

(Beifall bei der SPD)

Ich denke, dass wir Ihnen eine sehr solide und nüchterne Antwort bezogen auf die Belastungen der Mieter gegeben haben und die zu erwartenden Mehrkosten auch sehr korrekt benannt haben, und daraus folgt eine monatliche Mehrbelastung von rund 20 DM für einen Durchschnittsmieterhaushalt in 2003 gegenüber 1998. Also, wir haben ja nicht darum herumgeredet, aber es ist richtig, wenn Sie jetzt sagen, die Mieter seien sozusagen das kleinste Glied bei den Möglichkeiten, hier dagegenzuwirken. Aber dass sie überhaupt keine Möglichkeiten haben, Energie zu sparen, das sehe ich nun überhaupt nicht. Allein in dem Bereich energiesparender Geräte gibt es, auch im Zusammenhang mit Verhaltensweisen, ein ungeheures Energieeinsparpotential, das auch Mieter nutzen können.

(Beifall bei der SPD)

In der anderen Frage, was die Hausbesitzer tun können, gibt es nun in der Tat jede Menge Möglich

keiten, hier zu Energieeinsparungen zu kommen. Es ist schon angesprochen worden, was zum Beispiel Wärmedämmung angeht oder andere Bereiche, in denen man tatsächlich den Energieverbrauch für den Haushalt senken kann. Vielleicht gibt mir das Gelegenheit, Herr Pflugradt, ich meine das jetzt ganz freundlich, Ihnen zu gratulieren, dass Sie nun im Vorstand des Haus- und Grundbesitzervereins sind.

(Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Das bin ich schon länger!)

Ich habe es als Meldung genommen, aber wenn Sie es länger sind, ist es umso besser. Dann können wir ja vielleicht untergehakt dafür Sorge tragen, dass die Hausbesitzer in Bremen einen großen Impuls dahin geben, dass wir die Häuser so sanieren, dass nach Möglichkeit ein Maximum an Energieeinsparung dabei herauskommt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, es besteht deshalb für mich nach wie vor kein Anlass, dass die Bundesregierung von dem beschlossenen Kurs abweicht. Sie haben über die letzten Pressemitteilungen und über die Frage, ob es nach 2003 anders wird, diskutiert. Es gibt nichts, was nicht noch besser gestaltet werden kann. Ich könnte mir auch vorstellen, dass man ab 2003 sehr viel zielgerichteter die Ökologiesteuer dann auch für Energiemaßnahmen einsetzt. Das sind Überlegungen, die wir dann anstellen sollten. Jetzt von dem Weg abzugehen, würde ich für nicht richtig halten. Ich glaube, der Weg war gut. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich mache noch einmal den Versuch, die Herren in den ersten beiden Bänken der CDU-Fraktion etwas zu erheitern.

(Abg. F o c k e [CDU]: Aber wir können das auch wieder!)

Die Biersteuer, die Alkoholsteuer, die Gewerbesteuer, die Hundesteuer, die Tabaksteuer, all diese Steuern fließen nicht in das Besteuerte. Die Biersteuer fließt nicht in den Aufbau von Schankbetrieben, und ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

die Tabaksteuer ist auch nicht die Subventionierung der Tabakindustrie,

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Das hat aber auch keiner so verkauft!)

sondern diese Abgaben haben Lenkungseffekte, und das sollten sie auch haben.

(Beifall bei der SPD)

Diese Abgaben haben Lenkungseffekte, so wie die Ökosteuer Lenkungseffekte hat, und alle Menschen in Deutschland waren sich einig, wir besteuern den Ressourcenverbrauch und senken die Lohnnebenkosten. Das genau passiert. Dass Sie jetzt nichts mehr davon wissen wollen, hat mit etwas durchsichtiger und auch arg populistischer Oppositionspolitik zu tun. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Wählerinnen und Wähler Ihnen das danken werden. Für Deutschland wäre es auch besser, man würde das anders machen.

Jetzt sage ich noch drei Sachen zu Herrn Focke! Ich habe nicht gesagt, dass die christlich-liberalen Bundesregierungen in den letzten 16 Jahren nur Murks gemacht haben, aber beim Thema Klimaschutz haben sie allerdings total versagt, das ist sicher.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. E c k h o f f [CDU]: Was?)

Auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das die rotgrüne Bundesregierung hier aufgelegt hat, ist meine Fraktion stolz. Das ist nämlich eine richtige Weichenstellung, und Sie werden sehen, das wird auch wirtschaftskraftstärkend für Deutschland sein. Hier wird im Energiebereich in nächster Zeit eine ganze Menge passieren, auch was die dezentrale Energieversorgung betrifft, und das werden Sie auch im Stadtbild von Bremen sehen, da wird sich eine Menge verändern. Unter anderem wird sich eine ganze Reihe von Privatleuten dafür entscheiden, Solarzellen auf ihren Dächern anzubringen, und wir werden auch schauen, ob wir in öffentlichen Gebäuden, dem Antrag haben Sie übrigens auch zugestimmt, noch weiter kommen.

(Glocke)

Sind Sie bereit, eine Zwischenfrage anzunehmen?

Ja, bitte!

Bitte, Herr Abgeordneter!

Eine ganz kurze Frage, Frau Linnert! Halten Sie den Ersatz von Kernenergie durch das Verheizen fossiler Energie für einen konstruktiven Beitrag zum Klimaschutz?

Nein! Wenn man die Ökobilanz von Kernenergie anschaut, ist sie zwar nicht CO2-ausstoßend, jedenfalls was die direkte Energie betrifft, aber wenn man sich die ganzen Vorkehrungen mit dieser steinzeitlichen, gefährlichen und von der Bevölkerung auch nicht getragenen Art der Energieerzeugung anschaut, dann ist die Ökobilanz äußerst schlecht, und deshalb wollen wir das nicht. Wir wollen beide Energieformen nicht!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Herr Focke, wir wollen auch nicht das Ökosystem umbauen, das haben Sie gesagt. Herr Focke, das ist ein totales Missverständnis! Das wollen Technokraten, das wollen Leute, die einem Machbarkeitswahn unterliegen. Die Grünen wollen das Ökosystem nicht umbauen, sondern möglichst zufrieden lassen. Wir wollen ihm sozusagen außerhalb des permanenten Eingriffs von Menschen eine Chance lassen, wir begreifen uns als Teil des Ökosystems.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Mit ein bisschen Bescheidenheit gegenüber diesem Ökosystem kommt man, glaube ich, weiter. Zu den Spediteuren! Wir haben eine interessante Diskussion mit Herrn Völkel gehabt, dem Vorstand des Vereins der Bremer Spediteure. Ich habe dabei eine ganze Menge gelernt, und ich glaube, wir machen noch häufiger solche Veranstaltungen. Wenn Sie da gewesen wären, Herr Focke, dann würden Sie wissen, dass Herr Völkel ganz klar und deutlich sagt, es gibt eine ganze Reihe von Problemen der deutschen Spediteure. Ich habe jetzt keine Lust, mich darüber auszulassen, welche Weichenstellungen da zurzeit der christlich-liberalen Bundesregierung getroffen worden sind, es ist übrigens die Mehrzahl der Weichenstellungen. Natürlich haben sie auch Probleme mit der Ökosteuer, weil es einen ganzen Strauß von Problemen gibt, die sie sowieso haben, die ihre Wettbewerbsnachteile im europäischen Vergleich verschärfen. Das ist wirklich ein Problem. Dann könnten wir einmal schauen, wie sich hier die einzelnen Fraktionen im Haus zur Europapolitik verhalten. Ich sage einmal für meine Fraktion: Wir haben Interesse daran, dass diese Wettbewerbsnachteile der deutschen Spediteure aufgehoben und gemildert werden. Das setzt aber EU-Harmonisierung voraus,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. E c k h o f f [CDU]: Aber das Gleiche gilt auch für die Mieter!)

das setzt das Abgeben von Rechten voraus, und das setzt voraus – –.

(Unruhe – Glocke)

Meine Damen und Herren, das Wort hat die Abgeordnete Frau Linnert!

Sie sind ja ganz lebendig geworden, das freut mich richtig! Also, man muss im europäischen Vergleich schauen, welche Wettbewerbsnachteile die deutschen Spediteure haben. Das hängt auch sehr viel damit zusammen, dass es in anderen Ländern vielleicht keine ausreichenden Kontrollen, was die Lenkzeiten und Schwarzarbeit betrifft, gibt, und da kann man noch eine Menge machen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich kann es mir doch nicht verkneifen, hier ein Zitat zu bringen. Ich möchte es gern zuerst vorlesen und Ihnen dann sagen, wer es gesagt hat, es ist von einem wichtigen Mitglied dieses Hauses. Das Zitat ist anlässlich des vierten Schülerforums in der Bremischen Bürgerschaft am 30. Januar 1997 gefallen, und ich lese es vor mit Genehmigung des Präsidenten: „Die Bundesregierung hat gerade beschlossen,“ das war im Januar 1997, „dass die strengste Form der Abgasbegrenzung, nämlich die Euro-III-Stufe, kurzfristig eingeführt werden soll. Insofern glauben wir, dass diese Maßnahmen zunächst einmal ausreichen, aber es ist ja auch nach wie vor im Gespräch eine weitere Erhöhung der Mineralölsteuer, zwar nun nicht auf 20 Jahre, denn ich glaube nicht, dass irgendein Politiker schon jetzt die Entwicklung der nächsten 20 Jahre voraussagen kann, aber dass in den nächsten Jahren die Mineralölsteuer wahrscheinlich weiter erhöht wird. Es sind dort acht bis zehn Pfennig im Gespräch, um gerade auch den Anreiz weiter voranzutreiben, energiesparende Autos zu fahren, aber natürlich auch, daraus mache ich gar keinen Hehl, weil die Finanzlage in Bonn es gar nicht anders zulässt, als auch über solche Sachen nachzudenken.“ Jetzt möchte ich gern Applaus aus diesem Haus haben, das war nämlich der geschätzte Kollege Eckhoff, der das anlässlich des Schülerforums gesagt hat.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. E c k h o f f [CDU]: Was war daran jetzt falsch?)

Es war nichts falsch, es war alles richtig! Ich finde es richtig, dass es dafür Applaus gibt, die Position ist richtig, sie deckt sich mit den Forderungen der Grünen.

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Das war 1997! – Heiterkeit)

Das ist sozusagen eine ganz glaubwürdige Ökosteuerkampagne der CDU: Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von 1997? Machen Sie einmal weiter!