Protocol of the Session on October 12, 2000

Wenn Sie sagen, das sind hier Projekte, die erst nächste Generationen entscheiden sollen – so habe ich Sie verstanden –, was ist das für eine Verschiebebahnhof-Taktik? Wir wollen uns heute über die Zukunft Bremerhavens Gedanken machen, und deswegen wollen wir heute die in diesem Antrag genannten Maßnahmen und Projekte beschließen.

Dann haben Sie den „Zoo am Meer“ erwähnt. Das läuft doch schon alles! Zum Stichwort Stadtbad! Das soll eine Fläche sein für die Hochschulerweiterung, ich habe es doch deutlich gesagt: 3000 bis 4000 Quadratmeter Nutzungsfläche sind noch erforderlich für die Bremerhavener Hochschule.

Von neuen Autobahnen ist überhaupt nicht die Rede in unserem Antrag, ich weiß nicht, was Sie gelesen haben! Sie wissen aber selbst, wie es zum Beispiel am Zubringer Überseehafen aussieht. Sehen Sie sich das doch einmal an, wie kilometerlang da teilweise schon die Lkw-Schlangen sind, trotz der Maßnahmen, die wir machen als Eisenbahnhäfen, um die wachsenden Verkehre verstärkt über die Eisenbahn abzufahren! Das hat allerhöchste Priorität in Bremerhaven, und das bemängeln Sie und bekritteln Sie hier, das kann ich wirklich nicht nachvollziehen.

Dann haben Sie zum Thema Ocean-Park gesagt, wir befinden uns auf dem Rückzug. Nein, wir befinden uns nicht auf dem Rückzug! Wir wollen weiterhin eine touristische Großattraktion in der Innenstadt Bremerhavens anbieten. Das verbirgt sich immer noch hinter diesem Projekt Ocean-Park. Da verbirgt

sich auch eine neue Schleuse mit Marina, mit Wohnen am Wasser. Sie wissen das doch genau, und die Summen, die im Antrag dazu genannt worden sind, sind Teil von Abfinanzierungen zu den beschlossenen Projekten selbst.

Stichwort Landesbreitbandnetz! Wer ist es denn? Das ist doch in erster Linie die SPD-Fraktion, was ich an öffentlichen Äußerungen höre, die bekundet und sagt, wir müssen diese Infrastruktur aufrechterhalten und gerade für die mittleren, kleineren und Multimediafirmen in Bremerhaven, die bitter darauf angewiesen sind, eine solche Struktur zu haben, um im Wettbewerb zu bestehen.

Man könnte auch noch eine Reihe von anderen Fakten aufführen, die Bremerhaven stückweise nach vorn bringen. Wir haben uns auf die wichtigsten Dinge konzentriert, und ich mache keinen Hehl daraus, dass ich dies mit initiiert habe, aber Sie merken aus meinen Äußerungen, dass man bei einem bestimmen Thema auch über den Dingen stehen muss. Hier kommt es darauf an, das, was in Bremerhaven in der Stadt selbst wichtig, notwendig ist, endlich auf die Reise zu bringen, es mit Mitteln zu hinterlegen.

Das ist auch das Signal an die Verwaltung. Natürlich muss jeder Einzelantrag noch extra in die Wirtschaftsförderungsausschüsse von der Stadt Bremerhaven gebracht werden, aber es ist auch ein Signal an die Verwaltung, dass die Bremische Bürgerschaft – zumindest die große Koalition, 89 Abgeordnete – hinter diesem Entwurf steht, der jetzt für Bremerhaven heute beschlossen werden soll.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Redebeitrag von Herrn Schramm ist meiner Auffassung nach schon mehr als bemerkenswert, zum einen kritisiert er an dem Antrag, dass ihm die Beschlussfassung nicht verbindlich genug sei, und auf der anderen Seite hält er den Antrag dann allerdings auch nicht für finanzierbar.

(Abg. S c h r a m m [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ich habe ihn ja nicht geschrieben!)

Herr Schramm, eben gerade, weil es so ist, wie es ist, weil gerade auf Landesebene dieses neue Investitionssonderprogramm, die Fortschreibung des bisherigen ISP, vorbereitet wird, wollen wir uns als Bremerhavener frühzeitig an der Ausfüllung dieses Programmes beteiligen. Es kann doch nicht falsch sein, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

wenn man weiß, dass ein Programm kommt mit einem Mittelvolumen von einer Milliarde DM, schon heute anzufangen, darüber nachzudenken, wie man das Geld ausgeben will, und nicht erst dann, wenn es in den Haushalt eingestellt ist. Das ist das Anliegen dieses Antrages.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Ihr Redebeitrag ist auch deswegen bemerkenswert, weil Sie sagen, ich bin für das Biotechnologiezentrum, ich bin für den IuK-Technologiepark, ich war schon immer für die Fischereihafenschleuse – so verstehe ich das, was Sie gesagt haben –, zu den Verkehrsprojekten haben Sie sich nicht so sehr geäußert, haben aber gesagt, selbstverständlich bin ich für den Programminhalt Stadtpark Mitte, und ich bin für die Erlebniswelt Auswanderer, Sie sind für alles, was in dem Antrag steht, Sie sind nur nicht für den Antrag!

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Schramm, diesen Widerspruch haben Sie dem Parlament einfach nicht erklären können. Ich kann nur vermuten, dass Ihre Fraktion Sie in Ihrem Bestreben, diese für Bremerhaven sinnvollen Projekte zu unterstützen, gebremst hat

(Beifall bei der CDU und bei der SPD – Wi- derspruch beim Bündnis 90/Die Grünen)

und Sie nach einer geeigneten Ausrede gesucht haben, um diesen Antrag oppositionsgerecht, der Kollege Teiser würde sagen, naturgemäß, abzulehnen.

Ich möchte deshalb noch einmal an Sie appellieren! Das ist ein Antrag, der Bremerhaven in der Wirtschaftsstrukturpolitik ein ganzes Stück voranbringen kann. Selbstverständlich weiß auch ich, dass wir zurzeit über gegriffene Zahlen reden und über keine konkreten Projektinhalte. Selbstverständlich ist Bremerhaven jetzt gefordert, über die BIS für jedes einzelne von uns benannte und im Grundsatz begrüßte Projekt auch entsprechende förderfähige Anträge vorzulegen. Dann werden wir uns jeden einzelnen Antrag anschauen und nachschauen, ob er unseren Anforderungen an einen Strukturwandel durch das Investitionssonderprogramm gerecht wird. Aber die Absichtserklärung des Parlaments ist doch für Bremerhaven hilfreich und förderlich.

Wenn Sie jetzt sagen, wir wollten bei dem Stadtbad Mitte ein neues Verwaltungszentrum bauen, so habe ich der „Nordsee-Zeitung“ entnehmen können, dass eine Investorengruppe eine Überlegung angestellt hat, das Stadtbad Mitte einer gemischten Nutzung zuzuführen. Ich habe allerdings auch der Zeitung entnommen, dass der Oberbürgermeister der Stadt Bremerhaven, Schulz, als Verwaltungschef,

der – ich sage das jetzt einmal scherzhaft so – ja auch für seine Vorliebe für schöne und reizvolle Büros bekannt ist, diese Planung nun begeistert aufgenommen hat. Aber, Herr Schramm, bei sorgfältiger Lektüre und Verfolgen der Debatte heute hätten Sie, glaube ich, feststellen können, dass zumindest die Parteien der großen Koalition nicht gewillt sind, den Wunsch Bremerhavens nach einem neuen Verwaltungszentrum aus InvestitionssonderprogrammWirtschaftsstrukturmitteln des Landes zu finanzieren.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Das kann ich Ihnen verbindlich zusichern, eine solche Finanzierung ist nicht Projektinhalt des Projektes Stadtbad Mitte. Es geht um die Schaffung notwendiger und dringend erforderlicher erweiterter Nutzflächen für die Hochschule Bremerhaven, aber es geht auch darum, an diesem exponierten Standort eine gemischte Nutzung vorzusehen, die neben der Hochschule andere Nutzer vorsieht.

Wenn Sie jetzt sagen, wir hätten so überkommene Projekte wie den Ocean-Park in den Antrag aufgenommen oder die Fischereihafenschleuse, Herr Schramm, das sind solche Investitionsprojekte, die wir zurzeit noch abfinanzieren, und deswegen gehören sie zu diesem Antrag der Vollständigkeit halber dazu. Hinter dem Ocean-Park verbirgt sich das, was wir in den Wirtschaftsförderungsausschüssen unter dem Stichwort „Projektneutrale Infrastruktur“ beschlossen haben, das, was wir zurzeit unabhängig von der Köllmann AG und den aktuellen Planungen dort gerade für die Vorbereitung der touristischen Nutzung dieses Geländes schaffen.

Da ist auch wieder ein Widerspruch! Sie sagen, wir wollen „Wohnen am Wasser“. Mit der „Projektneutralen Infrastruktur“ schaffen wir gerade die Voraussetzungen, um das Gelände für diese Vorhaben herrichten zu können!

Ich fasse Ihren Debattenbeitrag einfach einmal so zusammen, dass Sie sagen, wir wollen einen Aussichtsturm der BLG für 16 Millionen DM, wir wollen ein Auswanderermuseum bauen, und wir wollen Wohnungsbau aus Landesinvestitionsmitteln und Wirtschaftsstrukturmitteln finanzieren. Herr Schramm, das bringt Bremerhaven bei dem Vorgehen, die Wirtschaftsstruktur nachhaltig zu verbessern, neue Arbeitsplätze zu schaffen, bestehende Arbeitsplätze zu halten, nicht einen vernünftigen Schritt weiter. Es kann doch nicht angehen, dass wir Wohnungsbauförderung aus Investitionssondermitteln des Landes tätigen. Diesen Redebeitrag können Sie mit Ihrer Fraktion kaum abgestimmt haben.

Ich habe mit großem Interesse die in den letzten Tagen geäußerte Kritik an der BIS Bremerhaven wahrgenommen. Ihren Vorschlag, Herr Kollege Schramm, die BIS nun in eine hundertprozentige Landesgesellschaft zu überführen, nehmen Sie hoffentlich

selbst nicht ernst. Sie haben hoffentlich zur Kenntnis genommen, dass das Land zumindest an der BIS mit 25 Prozent beteiligt ist. Das war ausdrücklicher Wunsch auch Bremerhavens, dass das Land sich daran beteiligt, aber wir alle haben doch noch in Erinnerung, wie die Wirtschaftsförderung in Bremerhaven lief, als wir die BIS noch nicht hatten, sondern eine Außenstelle der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landes Bremen. Was haben wir da auch in diesem Landtag, in der Stadtverordnetenversammlung, unter den Fraktionen und öffentlich darüber gestritten, welche Reibungsverluste es um diese Schwerpunktsetzung des Landes gegeben hat!

Wir brauchen in Bremerhaven eine standortgebundene, eigenständige Wirtschaftsförderung, wenn wir für den Standort Bremerhaven etwas erreichen wollen. Das geht nur, wenn wir die kommunale Verantwortung bündeln mit der Kompetenz des Landes. Das haben wir mit der BIS getan, und ich halte das für eine gelungene Struktur, meine Damen und Herren.

Der heutigen „Nordsee-Zeitung“ konnte ich dann entnehmen, dass die BIS offensichtlich Schwierigkeiten bei der Projektbearbeitung hat, und ich habe auch die Kritik von Herrn Schulz an dem wesentlichen Finanzier der Projektmittel, nämlich dem Senat, gelesen. Ich habe, das muss ich an dieser Stelle sagen, für diese öffentliche Äußerung von Herrn Schulz überhaupt kein Verständnis, auch deswegen nicht, weil er dafür bekannt ist, in Bremerhaven alles zu seiner eigenen Chefsache zu erklären. Die Wirtschaftsstrukturpolitik ist seine Chefsache, die Innenstadtumgestaltung ist seine Chefsache, der Ocean-Park ist seine Chefsache. Nur, wenn an irgendeiner Stelle einmal nichts klappt, dann hat er für seine Chefsache keine Verantwortung, und verantwortlich sind dann immer die anderen!

Meine Damen und Herren, wenn eine kommunale Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit 65 Mitarbeitern nicht in der Lage ist, einen Engpass in der Antragsbearbeitung so zu bearbeiten, dass man kurzfristig die vorliegenden vernünftigen Anträge bescheiden kann, ist es nicht Aufgabe eines Senators, einen Briefwechsel zu führen und eine Stelle zur Verfügung zu stellen, dann ist es Aufgabe des Aufsichtsrates und der Geschäftsführung dieser Gesellschaft, betriebsintern sicherzustellen, dass die Anträge zügig und verbindlich bearbeitet werden können. Ich habe also den Eindruck, Herr Schulz versucht hier wieder, von seiner eigenen Verantwortung abzulenken und andere für das Versagen in einer von ihm mitbestimmten Gesellschaft verantwortlich zu machen. So geht es nicht!

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir uns dazu bekennen, eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft zu haben, die eigenständig und marktorientiert arbeiten soll, dann muss sie es

auch gefälligst in ihrer eigenen Umsetzung so handhaben. Wenn in der Antragsbearbeitung nur zwei Leute sitzen und einer Urlaub hat – ich habe ja sogar gehört, wenn dieser Mitarbeiter, der da nun heute in der Zeitung steht und zuständig ist, gar nicht da ist, also krank ist oder Urlaub hat –, dann wird nichts bearbeitet. So kann es in einer privat strukturierten Wirtschaftsförderungsgesellschaft auf keinen Fall zugehen, meine Damen und Herren! Das haben wir zumindest mit der Übertragung dieser Dienstleistungen nicht verlangt. Meine Damen und Herren, wir haben mit dem vorliegenden Antrag die Projekte zusammengefasst, die Bremerhaven für den Finanzierungszeitraum 2005 bis 2010 mit Vorfinanzierungsoptionen eine Zukunft geben sollen. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass die Opposition mit dem Bündnis 90/Die Grünen trotz Zustimmung zu den einzelnen Projekten sich diesem Antrag versagen will. Ich habe dafür kein Verständnis, gleichwohl bin ich davon überzeugt, dass die große Koalition diesen Projekten zum Erfolg verhelfen wird. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Röwekamp, das waren viele Worte, von denen ich die vorletzten unterzeichnen kann, die Sie zur BIS gesagt haben. Mit großem Vergnügen habe ich das aus Ihrem Munde gehört, der Sie eine doch angeblich so erfolgreiche Gesellschaft plötzlich kritisieren. Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, es ist eine Bremerhavener Angelegenheit und keine des Landtags, wie im Wesentlichen, trotz der Anteilseignerschaft, die wir an der BIS haben, mit der BIS umgegangen wird, und ich darf Sie ganz höflich daran erinnern, dass die Christlich Demokratische Union eine Zusammenarbeit mit der SPD im Magistrat und in der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven hat. Nehmen Sie dort Ihre Kontrollrechte wahr!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Im Übrigen zu dem Antrag, den Sie hier vorgelegt haben und zu dem Sie die ganze Zeit hier herumlavieren: Sie haben eben hier wörtlich vom Rednerpult aus gesagt, das sind Projekte, die sind finanziell gegriffen, die Finanzierung ist gegriffen, und die sind inhaltlich noch nicht ausreichend unterlegt.

(Zuruf des Abg. R ö w e k a m p [CDU])

Beides haben Sie gesagt, genau das haben Sie gesagt! Das, sagen wir einmal, solche Projekte – neh––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

men wir das einmal ernst –, ist nichts weiteres, als kurz vor Weihnachten, so lange ist das ja nicht mehr hin, ein Wunschzettel an den Senat, den Sie hier aussprechen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie müssen diesen Wunschzettel offensichtlich dem Senat überreichen, weil Sie Angst haben, dass der Senat sonst Bremerhaven vergisst!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist der Kernpunkt. Wir kritisieren nicht, dass Sie einen Wunschzettel aussprechen. Wir hätten den ein bisschen anders gestaltet, darauf haben wir ja hingewiesen, das ist auch der richtige Streit. Wir möchten auch, dass dieser Streit in Bremerhaven weitergeht und dass, wenn es um die konkrete Finanzierung geht, wir hier ja oder nein zu den einzelnen Projekten sagen. Darum geht es, das ist die Sache der Bürgerschaft, soweit das Land mitfinanziert, das ist doch völlig klar. Dann diskutieren wir hier über Projekte, die finanziert sind und die inhaltlich ausgelegt sind. Wie man über inhaltlich nicht ausgelegte Projekte diskutiert, haben wir fünf Jahre lang am Ocean-Park erlebt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bis heute sagen Sie nicht genau, was da in dem Paket steht, Herr Kollege Röwekamp.

(Zuruf des Abg. R ö w e k a m p [CDU])