Protocol of the Session on July 6, 2000

Illegale Beschäftigung wirkungsvoll bekämpfen — Vergabe öffentlicher Aufträge effektiv organisieren

Mitteilung des Senats vom 30. Mai 2000 (Drucksache 15/327)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Adolf.

Nachträglich möchte ich Ihnen mitteilen, dass der Senat der Freien Hansestadt Bremen und die Niedersächsische Landesregierung am 27. Juni 2000 beschlossen haben, dem Bundesrat den verteilten Antrag für eine Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung mit der Bitte zuzuleiten, diese Entschließung den zuständigen Ausschüssen des Bundesrates zuzuweisen. Meine Damen und Herren, die Beratung ist eröffnet. Als Erste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem die CDU-Fraktion das Thema „Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung“ in dieser Legislaturperiode erneut aufgerufen hat — —.

(Abg. Z a c h a u [Bündnis 90/Die Grü- nen]: In der letzten auch!)

In der letzten auch! Wir sind immer sehr konsequent, Herr Zachau, das unterscheidet uns von den Grünen. Sie machen immer eine Blase, und dann hören Sie auf. Wir verfolgen immer ganz konsequent das, was uns wichtig ist, wie zum Beispiel das Thema Schwarzarbeit. Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nachdem die CDU dieses Thema so konsequent verfolgt, geht es nun tatsächlich voran, und es geht relativ flott voran. Dafür bedanke ich mich im Namen meiner Fraktion beim Senat und bei den Kolleginnen und Kollegen der beteiligten Ressorts. Was ist veranlasst, meine Damen und Herren, was wird zukünftig zu diesem Thema geschehen? Erstens: Die Ermittlungsgruppe, die mit fünf Personen beim Senator für Inneres besetzt sein wird, nimmt ihre Tätigkeit zum 1. September dieses Jahres auf, und das Ressort stellt die erforderlichen Personalkosten zur Verfügung. Ich bin mir sehr sicher, dass die Personalkosten über die Einnahmen aus Bußgeldern zu erwirtschaften sind und auch erwirtschaftet werden. Das haben andere Ermittlungsgruppen in der Bundesrepublik Deutschland längst vorgemacht. Ich denke, das wird auch in Bremen möglich und umsetzbar sein. Allerdings nur dann, wenn die Kolleginnen und Kollegen, die in den Ermittlungsgruppen tätig sein werden, auch zu Zeiten tätig sind, die über die normale Dienstzeit des öffentlichen Dienstes hinausgehen.

Ja, Frau Linnert, hören Sie nur zu, ich erkläre es Ihnen dann gleich noch einmal! In Gütersloh ist das alles längst passiert.

Das heißt, wenn die Kolleginnen und Kollegen auch außerhalb der normalen Dienstzeit des öffentlichen Dienstes arbeiten, müssen allerdings auch Anreizsysteme geschaffen werden, dass dies dann auch entsprechend vergütet und begleitet wird. Darum bitten wir den Senator für Inneres, und darum bitten wir ganz besonders die beteiligten Personalräte, die diesem Verfahren dann auch zustimmen müssen. Wie gesagt, andere Ermittlungsgruppen haben längst den Nachweis geführt, dass illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit nicht nur in der Zeit von acht bis 16 Uhr stattfinden und bekämpft werden müssen, sondern eben auch gerade am Wochenende.

Auch muss sichergestellt werden, meine Damen und Herren, dass den Beschäftigten der Ermittlungsgruppe Autos, Handys, Laptops und andere technische Hilfsmittel zur Verfügung stehen werden. Ich denke aber, dies ist selbstverständlich, denn mit Fahrrad, Kugelschreiber und Karteikarte kann in der heutigen Zeit wohl kaum noch konsequent gearbeitet werden.

(Beifall bei der CDU — Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist natürlich besonders witzig, über Schwarzarbeit zu lächeln, meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie viele Kinder, Hausfrauen und Hilfsarbeiter in Ihren Haushalten schwarz beschäftigt sind,

(Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/ Die Grünen)

aber hier geht es schon um ein sehr wichtiges Thema. Ich würde Sie doch bitten, hier auch konsequent zuzuhören!

(Beifall bei der CDU)

Zweitens: Der Senat teilt uns weiter mit — —.

(Unruhe — Glocke)

Ich kann gern lauter, Herr Präsident!

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, den Beitrag aufmerksam zu verfolgen! Frau Kollegin Dreyer, Sie haben das Wort!

Herzlichen Dank, Herr Präsident!

Zweitens: Der Senat teilt uns weiter mit, dass es leider keine verlässlichen Daten zu Verstößen gegen geltendes Recht auf öffentlichen Baustellen gibt.

Darum ist es nach Auffassung des Senats erforderlich, dass schon im Vorfeld der Vergabe von Aufträgen die Zuverlässigkeit von Bietern geprüft werden kann. Dafür ist es allerdings unerlässlich, einen Datenaustausch und den Aufbau einer entsprechenden Datenbank zu organisieren und natürlich mit den Bestimmungen des geltenden Datenschutzrechtes in Einklang zu bringen.

Hier hat der Senat gemeinsam mit Niedersachsen eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht. Wir alle drücken jetzt die Daumen, dass die Bundesregierung hier auch bald handeln kann und handeln wird, damit ein geordneter Datenabgleich demnächst vorgenommen werden kann. Dieser Datenabgleich soll auch für die Zusammenarbeit der Verfolgungsbehörden genutzt werden können, und zwar zwischen Bund und Ländern sowie sonstigen Stellen, die mit dieser Thematik zu befassen sind. Auch hier ist eine Bundesratsinitiative gemeinsam mit Niedersachsen auf den Weg gebracht.

Drittens: Zur Aufrechterhaltung der bremischen Bietererklärung zur Tariftreue ist ab 1. Juli 2000 oberhalb des von der EU festgelegten Schwellenwertes ein Landesgesetz erforderlich. Das macht allerdings dann am meisten Sinn, meine Damen und Herren, wenn die Bundesregierung eine Initiative ergreift und umsetzt, so dass sich die Länder auch an diesen Bundesgesetzen orientieren können.

(Beifall bei der CDU)

Bislang hat die Bundesregierung hier leider noch keine Vorschläge eingebracht, so dass der Senat wohl gezwungen sein wird, Ende dieses Jahres eine eigene Richtlinie zu erlassen, die zukünftig dann auch sicherstellt, dass der ortsübliche Lohn Verbindlichkeit behält und dann eben auch ausgezahlt wird. Hilfreich wäre es aber, wenn die Bundesregierung handelt, denn landesgesetzliche Regelungen sind manchmal nicht ganz sattelfest. Ich erinnere hier an die Regelungen in Berlin, hier wurde vom Bundesgerichtshof die Verfassungsmäßigkeit angezweifelt. Ich denke, Rechtssicherheit durch ein vorhandenes Bundesgesetz wäre uns in den Ländern ausgesprochen hilfreich, und darum bitten wir die Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Sie sehen, meine Damen und Herren, nun ist Bewegung in die Sache gekommen, alles ist im Fluss und, ich denke, auch auf gutem Weg. Trotzdem werden wir als CDU-Fraktion natürlich sehr genau darauf achten, dass es auch konsequent vorangeht und werden das, sofern das nicht der Fall ist, in den Deputationen sowie hier im Hause erneut aufrufen.

Ich denke aber, jetzt können illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit erst einmal konzentriert und auf Grundlage eines wirklich guten und abgestimmten

Konzeptes bekämpft werden. — Dafür bedanke ich mich für die CDU-Fraktion bei allen Beteiligten und Ihnen, meine Damen und Herren, für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Ziegert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist ja in der Tat schon das zweite Mal innerhalb relativ kurzer Zeit, dass wir über dieses wichtige Thema diskutieren. Ich glaube, ich kann mir deswegen auch sparen, noch einmal auf den sozialen Sprengstoff einzugehen, der in der immer stärker zunehmenden Verbreitung solcher illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit und damit der Aushöhlung unserer sozialen Sicherungssysteme und vor allen Dingen tarifvertraglich vereinbarter Löhne liegt.

Ich bin deswegen auch sehr dankbar, dass die Bürgerschaft auf Antrag der SPD und der CDU — weil die Kollegin Dreyer ja alle Themen doch immer wieder in die Niederungen der parteipolitischen Auseinandersetzungen zieht, kann ich mir dann auch nicht verkneifen zu sagen, dass die Initiative dazu von der Fraktion der SPD ausging —

(Beifall bei der SPD)

einen Beschluss zu einer wirkungsvollen Bekämpfung dieser Erscheinungsform gefasst und den Senat mit diversen Initiativen beauftragt hat.

Ich will noch einmal ganz kurz wiederholen, worum es ging. Der erste Punkt ist die unverzügliche Einsetzung der Ermittlungsgruppe zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung, ein Beschluss der Bürgerschaft bereits von 1998. Die Punkte zwei bis vier bezogen sich auf die Kontrolle und die Vermeidung illegaler Beschäftigung auf öffentlichen Baustellen, und der letzte Punkt war ein verbesserter Datenschutz. Nun liegt uns heute der Bericht des Senats vor. Ich bin über den Stand der Umsetzung von Punkt eins nicht ganz so erfreut wie Frau Dreyer, das muss ich ehrlich sagen.

(Abg. K l e e n [SPD]: Zu Recht!)

Wir haben in der Fragestunde der Stadtbürgerschaft ausführlich nachgefragt und vom Innenressort die Antwort bekommen. Ich weiß nicht, wie ich das jetzt für mich werten soll, ob unverzügliche Umsetzung, auch die Antwort des Senats spricht ja von unverzüglicher Umsetzung, möglicherweise nur heißt, dass man jetzt unverzüglich darüber nachzudenken beginnt, wie umgesetzt wird. Ich will also

hoffen, dass diese unverzügliche Einsetzung der Ermittlungsgruppe keine unendliche Geschichte wird.

(Beifall bei der SPD)

Ich kann mir auch die Bemerkung nicht verkneifen, dass jetzt statt von einer Ermittlungsgruppe mit fünf Personen nur noch von einer mit drei Personen die Rede ist. Ich habe dann allerdings auch wieder mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, dass wir nach der Sommerpause jetzt wirklich damit rechnen können, dass diese Gruppe einsatzbereit ist. Wir werden uns natürlich die Freiheit nehmen, das dann auch wieder nachzuprüfen. Die wichtigeren Punkte sind für mich aber die Punkte zwei bis vier des Antrages. Hier geht es um die Frage, wie wir verhindern können, dass auf öffentlichen Baustellen bei Aufträgen, die mit Steuermitteln finanziert werden, gegen Recht und Gesetz und gegen Tarifverträge verstoßen wird. Da reichen Kontrollen allein nicht aus, sondern da müssen wir sicherstellen, dass bereits bei der Vergabe solcher Aufträge dafür gesorgt wird, dass, so weit dies im Vorfeld überhaupt möglich ist, sichergestellt wird, dass nur solche Unternehmen den Auftrag bekommen können, die entsprechend zuverlässig sind und die sich auch verpflichten, die Gesetze und eben auch die entsprechenden Tarifverträge einzuhalten. Insofern teile ich die Auffassung, die auch in der Senatsantwort wiedergegeben ist, dass es hier notwendig ist, bereits präventiv tätig zu werden. Nun hat ja der Senat bereits 1994 in Erkenntnis dieser Tatsache eine Richtlinie erlassen, nach der nur an solche Bieter Aufträge vergeben werden können, die sich zur Tariftreue bekennen. Durch das Vergaberechtsänderungsgesetz der alten Bundesregierung von 1998 ist diese Möglichkeit allerdings bis zum 30. Juni beschränkt gewesen, so dass wir in der Tat ab dem 1. Juli dieses Jahres in der Situation sind, dass eine gesetzliche Grundlage notwendig ist, wenn solche besonderen Anforderungen weiter gestellt werden. Da ich im Augenblick nicht sehe, dass ein Bundesgesetz in Sicht ist, ich sage auch deutlich, ich bedauere dies, dass wir hier als Land gefordert sind. Wir haben die Möglichkeit, als Landesgesetzgeber ein solches Landesvergabegesetz auf den Weg zu bringen. Frau Dreyer hat ja schon darauf hingewiesen, dass es ein Landesvergabegesetz bisher nur in Berlin gibt, das seinerzeit auch mit sehr breiter Zustimmung in die Wege geleitet worden ist, nicht nur von der großen Koalition, sondern auch von Arbeitgebern und Gewerkschaften unterstützt. Es gibt jetzt mittlerweile eine Initiative des Bundeslandes Bayern. Ich muss da durchaus der CSU-geführten bayerischen Landesregierung ausnahmsweise einmal ein Lob aussprechen.

(Abg. Frau S t r i e z e l [CDU]: Das kann man des Öfteren machen!)

Wenn es sachlich geboten ist, dann loben wir auch sehr gern einmal diejenigen, mit denen uns sonst politische Gegnerschaft verbindet!

(Beifall bei der SPD)

Ich will auch hinzufügen, dass diese Initiative in Bayern auch deshalb zustande gekommen ist, weil es dort ein funktionierendes Bündnis für Arbeit gibt, welches auch durch die Sozialpartner und die Regierung gemeinsam initiiert worden ist. Dieser Gesetzentwurf des Landes Bayern vermeidet genau die Probleme, die das Berliner Gesetz hatte, das ja bekanntlich dem Bundesgerichtshof wegen Bedenken der Verfassungswidrigkeit zur Prüfung vorgelegt worden ist.

Deswegen plädiere ich dafür, und wir werden uns auch dafür einsetzen, dass auch wir als Land von unserer Möglichkeit Gebrauch machen, ein Landesvergabegesetz zu erlassen, um die Regelungen, die hier in Bremen bisher bestanden haben, nämlich sicherzustellen, dass öffentliche Aufträge nur an solche Unternehmen vergeben werden können, die eine Tariftreueerklärung abgeben, auch weiterhin zu gewährleisten.

(Beifall bei der SPD — Abg. D r. S i e - l i n g [SPD]: So steht es im Koalitionsver- trag!)

Ich möchte übrigens noch hinzufügen, dass der Koalitionsvertrag dies ja ausdrücklich vorsieht. Wenn ich kurz zitieren darf, da heißt es: „Es wird geprüft, wie die bestehende Tariftreueerklärung bei Vergabe öffentlicher Aufträge durch ein Landesvergabegesetz abgesichert werden kann.“ Da wird nicht gesagt, es wird geprüft, wie wir die Bundesregierung dazu bewegen können, ein Bundesvergabegesetz zu erlassen. Ich meine, hier sind wir in der Verantwortung. Bayern hat uns vorgemacht, dass es geht. Wir werden uns als SPD-Fraktion für ein solches Landesvergabegesetz einsetzen.