Protocol of the Session on July 5, 2000

Ich sage Ihnen zu, dass wir Ihnen ein novelliertes Verfassungsschutzgesetz in Bremen zuleiten werden, das insbesondere die datenschutzrechtlichen Auflagen, die wir zu erfüllen haben, berücksichtigen soll. Das befindet sich zurzeit in der Vorbereitung mit den anderen Häusern und wird Ihnen sicherlich im Herbst noch zugehen. — Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Senator, für die ebenfalls sachliche Debatte! Ich glaube, dass der letzte Punkt natürlich in der Tat sehr genau zu prüfen sein wird. Da gibt es auch noch unterschiedliche Auffassungen im Hause. Das werden wir in den entsprechenden Gremien tun.

Ich wollte nur noch einmal gern auch an die Adresse von Herrn Herderhorst sagen: Wer prüfen will, ob 3,6 Millionen DM im Jahr und 38 Planstellen sinnvoll in diesem Land eingesetzt sind, steht nicht nur auf dem Boden der Verfassung, sondern auch mitten auf dem Boden des Bürgerwillens in dieser Stadt. — Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 15/369, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Selbsthilfe im Gesundheitswesen

Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD vom 18. Mai 2000 (Drucksache 15/317)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 6. Juni 2000

(Drucksache 15/370)

Dazu als Vertreter des Senats Frau Senatorin Adolf, ihr beigeordnet Staatsrat Dr. Knigge.

Frau Senatorin, wünschen Sie die Antwort zu wiederholen? — Das ist nicht der Fall.

Ich gehe davon aus, dass in eine Aussprache eingetreten werden soll. — Das ist der Fall.

Damit ist die Aussprache eröffnet.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Haker.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU hat die Große Anfrage „Selbsthilfe im Gesundheitswesen“ eingebracht, um einmal zu hinterfragen, was in diesem Bereich vorhanden ist und was geleistet und gefördert wird.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die CDU hat sich immer für ein eigenverantwortliches Gesundheitssystem eingesetzt. Dazu gehören verantwortliches Verhalten und Handeln aller Beteiligten. Im Mittelpunkt steht dabei die Prävention von Gesundheit. Hierzu können wir, wie auch in der Antwort des Senats zu lesen ist, in Bremen und Bremerhaven auf ein gut ausgebautes System von Selbsthilfegruppen, Initiativen der Kassen, Ärzte und Krankenhäuser, ergänzt durch das staatliche Gesundheitswesen, zurückgreifen.

Selbsthilfe ist zu einem festen Standbein in der gesundheitlichen und sozialen Versorgung geworden. Sie ist eine wichtige ergänzende Hilfe zur professionellen Hilfe, aber keinesfalls als Ersatz im Gesundheitssystem zu sehen. Freiwilligenarbeit und Ehrenamt im Gesundheitswesen, für die sich vorwiegend Frauen zur Verfügung stellen, können immer nur ergänzend sein. Diese Arbeit ist die Sahne im Kaffee.

Die CDU-Fraktion will hier noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass das Gesundheitssystem ohne diese Selbsthilfe nicht denkbar wäre. Die Hilfesuchenden treffen in den Gruppen auf Menschen, die die gleichen Schwierigkeiten und Probleme haben, mit denen sie Erfahrungen austauschen können. Sie merken sehr schnell, dass sie mit ihren Problemen nicht allein dastehen. Von solchen kritischen Lebenslagen kann jeder von uns betroffen sein oder werden.

Nach Meinung der CDU-Fraktion ist es Aufgabe einer jeden demokratischen Gesellschaft, die innovativen Kräfte der Selbsthilfe zu unterstützen und zu fördern.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen den Menschen, die sich engagieren wollen, auch entsprechende Möglichkeiten dafür eröffnen. Damit das zuverlässig funktioniert, brauchen wir einfache und klare Förderstrukturen, um die knappen öffentlichen Mittel effektiv einsetzen zu können.

Zur Unterstützung bestimmter Projekte können neben den Haushaltsmitteln ergänzend auch Wettmittel eingesetzt werden. Jede geförderte Mark im Bereich der Selbsthilfe erzeugt einen dreifachen Effekt. Einmal hilft sie dem Einzelnen, sie hilft der Gruppe, sie hilft den Krankenkassen und auch der Gesellschaft, die davon profitieren. Die CDU-Fraktion setzt sich dafür ein, den Bereich der Selbsthilfe dauerhaft mit einem eigenen Budget abzusichern.

(Beifall bei der CDU)

Aus der Antwort des Senats geht hervor, dass die genaue Anzahl der Selbsthilfegruppen im Bereich Gesundheit für das Land Bremen nicht bekannt ist. Es wird aber von zirka 600 Gruppen ausgegangen. Zusammengefasst schätzt man, dass sich etwa 40 000 Bremerinnen und Bremer im Selbsthilfebereich engagieren. Nach Meinung der CDU-Fraktion dürfen wir auf das Engagement und auf die Kompetenz dieser Menschen nicht verzichten.

(Beifall bei der CDU)

Für die Hilfesuchenden gilt es, sich fachliche Kompetenz anzueignen, Wege aufzuzeigen, bei welcher Behörde was, wann und wo beantragt werden kann. Bei meinen Gesprächen mit Selbsthilfegruppen wurde mir oft gesagt, dass die Frauen, Männer und Kinder erst in der Gruppe gelernt haben, mit ihrer Krankheit besser umzugehen. Allein schon unter diesem Aspekt ist oft eine deutliche Verbesserung des Allgemeinbefindens zu verzeichnen. Die Betroffenen bekommen dort gezielte Anregungen, was sie in ihrem täglichen Ablauf anders machen können, um mit ihrem Problem besser fertig zu werden. Jede positive wie auch negative Erfahrung, die der Einzelne mit seiner Krankheit gemacht hat, kommt somit anderen zugute.

Gerade der Verlust an Selbstbestimmungs- und Entfaltungsmöglichkeiten kann schon krankheitsfördernd wirken. Ein geselliges Vereinsleben gehört deshalb auch bei vielen Gruppen dazu. Neben verschiedenen Angeboten werden auch Fahrten unternommen, die verbunden sind mit Fachvorträgen von kompetenten Ärzten, so wie zum Beispiel die Asthma-Selbsthilfegruppe dies praktiziert. Für Menschen, die sich zurückgezogen haben, ist dieser Nutzen gar nicht hoch genug einzuschätzen. Bei chronischen Erkrankungen hat sich gezeigt, dass in einer Selbsthilfegruppe durch die aktive Mitwirkung der Erkrankten wirkungsvoll der Krankheit begegnet werden kann.

Die CDU-Fraktion setzt sich für eine stadtteilorientierte Selbsthilfe ein, bei der auch das soziale Umfeld einbezogen werden kann. Die Beiräte vor Ort sollten wir auch einbeziehen.

(Beifall bei der CDU)

Es erscheint uns als sehr wichtig, dass für die Gruppen ein gewisses Maß an professioneller Beratung vorhanden sein muss, damit sie ihrerseits auch ihre Erfahrungen mit diesen bündeln können. In Bremen sind das neben dem Gesundheitsamt das „Netzwerk Selbsthilfe e. V.“. Durch die Einbindung der paritätischen Wohlfahrtsverbände mit ihrem Bereich der Selbsthilfe erfolgt eine weitere Konzentration. Hier sei zum Beispiel aufgeführt das Frauengesundheitszentrum, der Gesundheitstreffpunkt in Tenever und der Gesundheitstreff West für Selbsthilfegruppen.

Qualitätskontrolle muss nach Auffassung der CDU gewährleistet sein. Die unabhängige Patientenberatungsstelle kann für die Selbsthilfegruppen ein weiterer Partner sein. Die kontinuierliche Fortschreibung des Selbsthilfewegweisers ist für die Bevölkerung eine gute Hilfe, die wir sehr begrüßen. Die Ausrichtung eines Selbsthilfetages alle zwei Jahre möchte die CDU-Fraktion besonders hervorheben. Sie finden dort die Darstellung der eigenen Leistungen der einzelnen Gruppen und ihrer Kompetenz auf den verschiedenen Gebieten, die gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Schauen Sie sich dort einmal um, und Sie werden sehen, wie groß das Potential der Selbsthilfe in Bremen ist!

(Beifall bei der CDU)

Im Namen der CDU-Fraktion möchte ich heute die Gelegenheit nutzen, den Frauen und Männern, die sich für die Gesellschaft unentgeltlich, freiwillig und ehrenamtlich auf diesem Gebiet engagieren, unseren Dank auszusprechen.

(Beifall bei der CDU)

Zunehmend weisen sowohl Ärzte als auch Therapeuten auf den Nutzen von Selbsthilfeaktivitäten als Ergänzung zur professionellen Versorgung hin, was wir als CDU sehr begrüßen.

Die Konzentration der Selbsthilfegruppen in Mitte, West und Ost hat mit der Bevölkerungsdichte beziehungsweise mit der guten Erreichbarkeit in diesen Regionen zu tun. Die 67 Gruppen, 49 aus Bremen und 18 in Bremerhaven, die nach Antwort des Senats im Jahre 1999 Fördergelder erhalten haben, weisen ein breites Spektrum auf. Unsere finanzielle Haushaltslage zwingt uns aber dazu, genau zu schauen, um Doppelförderung im Bereich der Selbsthilfe unbedingt zu vermeiden. Dies ist kein Misstrauen, wir sind es allen Gruppen schuldig, die Mittel so gerecht wie möglich zu verteilen. Die zukünftige weitere Unterstützung der Krankenkassen zur Förderung der Selbsthilfe darf aber nicht dazu führen, dass andere Fördergelder reduziert werden.

Die Möglichkeiten der Selbsthilfegruppen sind groß. Sie haben aber auch Grenzen. Es können nicht alle Probleme gelöst werden, das habe ich oftmals

in solchen Gruppen erfahren. Sie geben aber nicht auf, sie machen trotzdem weiter. Die Gesundheitspolitik sollte die Erfahrungen der Selbsthilfe als Ideengeber aufnehmen und die Behörden ihrerseits die Kompetenz der Selbsthilfe in ihre Beratungsangebote und in die Arbeit integrieren. Wir können mit der öffentlichen Förderung Anerkennung und Wertschätzung den Frauen und Männern, die sich in Selbsthilfegruppen engagieren, zum Ausdruck bringen. — Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Arnold-Cramer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zeiten ändern sich. Früher waren sie die Nörgler, die Beratungsresistenten, die Besserwisser. Heute sind die Patientenorganisationen und -initiativen zu einer bedeutenden Säule in unserem Gesundheitswesen gewachsen und allseits akzeptiert.

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Selbsthilfe, Eigeninitiative, das Leben in die eigene Hand nehmen, selbst verantwortlich zu sein für sich, die eigene Krankheit, das Handicap! Der Hauptansatzpunkt der Gruppen besteht darin, Betroffenen wieder Vertrauen in ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten zu geben. Dadurch wird das Selbstwertgefühl der Patientinnen und Patienten deutlich erhöht, sie werden aktiver und selbstbewusster, für Dritte aber auch unbequemer und weniger angepasst.

(Beifall bei der SPD)

Auch unsere Ämter haben hier so ihre Erfahrungen machen müssen. Zustehende Leistungen werden häufiger und vor allem konsequenter eingefordert und notfalls eingeklagt. Über die Arbeit in den Gruppen entstehen Erfahrungen über die psychischen und sozialen Folgen von gesundheitlichen Problemen, die durch gegenseitige Hilfe abgemildert werden können. Viele Menschen lernen über den Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen ihre Krankheit besser zu verstehen und entwickeln mehr Eigenverantwortlichkeit für ihr gesundheitliches Wohlergehen. Dies hatte zur Folge, dass die Strukturen und Methoden unseres Gesundheitswesens in Frage gestellt und Alternativen gefunden wurden. Patientenrechte, die bisher nur auf dem Papier existierten, wurden endlich eingefordert und vielfach, wenigstens in Teilbereichen, umgesetzt.