Protocol of the Session on June 6, 2000

Bei den von Ihnen angesprochenen Hafenrevieren ist es ja auch so — wir werden das ja morgen haben —, dass dort spannende Ansätze gefunden sind, wie man eine qualitativ höhere Dienstleistung, höhere Wirtschaftlichkeit auf der einen Seite mit vielleicht heute auch noch gar nicht gekannten Wohnformen auf der anderen Seite verbinden kann. Also, an dieser Stelle, denke ich, sind wir engagiert in der Arbeit, und im Übrigen glaube ich auch, im Einvernehmen, was die Koalition angeht.

Vielleicht noch einmal zurück zum Verkehr, Herr Mützelburg! Selbstverständlich bin ich mit Ihnen der Meinung, dass man natürlich sehr sorgfältig sehen muss, auch in Investitionsprojekten im Straßenbau,

dass man dort das Geld nicht zum Fenster hinauswirft. Aber es ist immer so eine Sache, wenn Sie sagen, auf Radwege, einmal schmaler, und auf Bäume vielleicht verzichten. Meistens liegt uns auch daran, dass gerade diese Infrastrukturmaßnahmen wie Radwege, wie Bäume auch einen Charakter, eine besondere Prägung geben, und es nicht nur zur reinen Autofahrstraße verkommen lassen.

Alles in allem fällt mir eben noch ein, Herr Pflugradt, Sie sagten, bei der Osterholzer Feldmark seien wir nicht im Zeitplan. Nach meinem Wissen sind wir voll im Zeitplan, die Büros haben jetzt abgeliefert.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Das weiß er auch!)

Ich hoffe, dass wir Sie demnächst auch mit den Planungen beglücken können. Ich gehe aber davon aus, lieber Herr Pflugradt, dass Ihnen genauso viel wie uns daran liegt, dass dieses Gelände nun nicht ein Nullachtfünfzehn-Gelände wird,

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

sondern dass man hier wirklich hochattraktives Wohnen gestaltet und auch einen Reiz auslöst für alle diejenigen, die wir gewinnen wollen, nach Bremen zu kommen oder in Bremen zu bleiben.

Vielleicht lohnt da die Mühe, etwas sorgfältiger zu schauen, auch was die Wohnform angeht, auch was die Hausgestaltung angeht, denn ich glaube, auch da sind wir uns einig, nicht alles, was gebaut worden ist, ist von der Form her so attraktiv, dass man sagt, Donnerschlag, das ist aber jetzt ein tolles Quartier geworden. Sich da Mühe zu geben, finde ich, lohnt sich, und da sind wir, glaube ich, auch überhaupt nicht auseinander. Alles in allem denke ich, dass sowohl im Bereich Bau als auch im Bereich Umwelt sehr viele Dinge angeschoben worden sind.

Die Frage der Agenda 21 ist in der Tat ein kompliziertes Thema. Ich bin mit Ihnen der Meinung, dass wir dort solche Projekte wie die Kita der kurzen Wege fördern müssen. Es ist jetzt auch gefördert worden, wir brauchen dort eine ressortübergreifende gemeinschaftliche Linie. Sie wissen, dass ich sehr darum kämpfe, und ich hoffe, dass wir es doch noch zu einem guten Ende bringen. Dies hängt nicht vom Umweltressort ab, sondern hat etwas damit zu tun, dass sich alle Ressorts gemeinschaftlich auf einen Weg verständigen können. Wir arbeiten daran, und ich hoffe, dass wir das doch noch alles hinbekommen. — Schönen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zum Schwerpunktbereich Bau und Umwelt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Bevor wir zu den letzten beiden Schwerpunkten kommen, Wirtschaft und Häfen, Finanzen und dann die Schlussrunde, will ich Ihnen noch die Restzeiten bekannt geben: Für die SPD stehen noch 17 Minuten zur Verfügung, für die CDU acht Minuten, für Bündnis 90/Die Grünen 30 Minuten, für den Senat 24 Minuten, für die DVU elf Minuten.

Meine Damen und Herren, ich rufe dann den Schwerpunkt Wirtschaft und Häfen auf.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Trüpel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zuerst die Hauptpunkte unserer Wirtschaftspolitik nennen! Die Hauptaufgabe, auch aus unserer Sicht, ist es, den Strukturwandel in Bremen zu befördern. Zweitens wollen wir ganz gezielt in ökologische Investitionen hineingehen, und wir wollen uns nicht nur ausschließlich auf Großprojekte konzentrieren, sondern wir müssen die kleinen und mittleren Unternehmen noch viel gezielter fördern, als es vor allem in den letzten Jahren der Fall gewesen ist.

Aber, und das ist der nächste entscheidende Punkt, wir dürfen die Wirtschaftsförderpolitik und die Wirtschaftsstrukturpolitik nicht unabhängig von der Frage der Haushaltskonsolidierung denken. Wir müssen uns, und das ist auch heute Morgen schon thematisiert worden, der Herausforderung dieses Zielkonfliktes, nämlich eine effektive Wirtschaftspolitik zu machen und sie mit der Frage zumindest des Einstiegs in die Haushaltskonsolidierung zu verbinden, stellen. Das heißt für uns, dass man sich mit Mut um eine Prioritätensetzung bemühen muss, und in den letzten Wochen ist es hier ja auch zu einigen Korrekturen, zumindest Duftmarken gekommen.

Aus unserer Sicht heißt das, dass man Investitionen in der Tat genauer prüfen muss und dass man Prioritätensetzungen vornimmt. Herr Finanzsenator Perschau wird nicht müde zu betonen, dass Bremen angeblich auf einem extrem guten Weg sei, und er schildert das immer in rosaroten Farben. Was in dem Zusammenhang aber immer verschwiegen wird, ist zum Beispiel, welche Schattenschulden Bremen über den Weg der stadteigenen Gesellschaften aufnimmt. Nach dem McKinsey-Untersuchungsprozess sollte es darum gehen, die politische Steuerung im Ressort zu haben und einen wirklich effektiven Apparat in Form einer neuen Gesellschaft für die operative Ebene.

Was Sie aber de facto mit der Bremer Investitionsgesellschaft haben, ist eine Einrichtung, die selbst in der Lage ist, am offiziellen Haushalt vorbei Kredite aufzunehmen und Schattenschulden zu machen, und das in beträchtlicher Größenordnung. Die Kreditverbindlichkeiten sind bei weit über 600 Millionen DM, und diese Schulden muss man doch in die ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Gesamtbilanz des Bremer Senats einbeziehen. Das fällt auch bei den Anmeldungen gegenüber dem Finanzplanungsrat immer hinten herunter. Das ist keine solide Art und Weise, mit dem Bremer Haushalt umzugehen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der zweite Punkt, den wir immer wieder kritisieren, ist der, dass eine zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik den kommenden Generationen genügend Handlungsspielräume lassen muss. Die große Koalition ist zurzeit dabei, nach dem eigenen Regelwerk bis zu 50 Prozent der Haushalte der kommenden Jahre durch Vorfinanzierung, durch Kapitaldienstfinanzierung und Zwischenfinanzierung zu binden. Das heisst, es wird jetzt schon das Geld verbraucht, das man in den nächsten Jahren bräuchte, um dann auf neue Herausforderungen angemessen reagieren zu können.

Herr Perschau hat heute beklagt, dass Bremen in den siebziger und achtziger Jahren eine zu geringe Investitionsquote hatte. Wenn man aber jetzt hingeht und schon Gelder für die nächsten Jahre über viele Jahre bindet, wie die große Koalition es tut, läuft man doch strukturell in genau das gleiche Problem hinein, das heute Morgen kritisiert worden ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Auch dann wird man nicht mehr in der Lage sein, in den nächsten Jahren so schnell auf neue Herausforderungen zu reagieren, wie man das müsste. Wir können doch nicht davon ausgehen, dass die Veränderungsnotwendigkeiten bei dem technologischen Wandel und der technologischen Revolution, die wir im Moment haben, in den nächsten Jahren geringer werden, als sie im Moment sind. Wir müssen eher davon ausgehen, dass man noch schneller auf neue Herausforderungen reagieren muss. Das vereiteln Sie zu einem gewissen Prozentsatz durch die Finanzpolitik, die Sie im Moment machen, und das kritisieren wir zutiefst.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Beim nächsten Punkt kommen wir noch einmal zum Thema Wirtschaftspolitik, nachdem wir viele Ressorthaushalte und auch die Haushalte der konsumtiven Ressorts beraten haben. Ich habe ja nun selbst in meiner parlamentarischen Tätigkeit und auch im Ressort Einblick in verschiedene Ressortbereiche genommen. Ich habe die Wissenschaftspolitik kennen gelernt und die Jugend- und Kulturpolitik und mache nun seit einigen Jahren auch Wirtschaftspolitik. In keinem Ressort ist eine solche Haltung verbreitet wie bei Wirtschaft! Nirgendwo schiebt man so leichthin große Millionensummen über den Tisch wie bei Wirtschaft!

Nun möchte ich nicht kritisieren, dass man sich auf gewisse Investitionen konzentriert, aber die Haltung, die hier zum Tragen kommt, steht in keinem angemessenen Verhältnis zu den anderen Ressorts. Die Maßstäbe haben sich da verschoben,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

und das ist etwas, das wir nicht gutheißen können. Darum komme ich unter anderem jetzt zu unseren Streichanträgen, die ja nur versuchen, eine andere Gewichtung zwischen Sparen, konsumtive Ausgaben zu leisten und Haushaltskonsolidierung vorzunehmen.

Schauen wir uns einmal die Auseinandersetzung um die Rennbahn an! Es ist doch bezeichnend, wenn hier politisch Druck gemacht wird, was die Sozialdemokraten gemacht haben, dass es natürlich möglich ist, zusätzliche private Investoren zu gewinnen und damit staatliche Gelder für eine solche Maßnahme nicht verausgaben zu müssen. Das heißt, in solchen Maßnahmen ist Luft! Das wird normalerweise aber in den Vorlagen, wie sie uns zuerst erreichen, immer anders dargestellt, und das ist der Punkt, den wir kritisieren. In anderen Ressorts wird wesentlich mehr Druck gemacht, sehr sparsam und verantwortlich mit den Geldern umzugehen, und das ist nicht im gleichen Maße im Wirtschaftsressort der Fall.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt zu der Frage des Rhodariums! Auch hier haben wir in den vergangenen Wochen wiederholt darauf hingewiesen, dass uns die vorliegenden Berechnungen nicht überzeugt haben. Mittlerweile ist deutlich geworden, dass die Wirtschaftlichkeit, wie sie erst behauptet worden ist, so nicht gegeben ist. Die Besucherzahlen sind unrealistisch, und wenn man sich noch einmal die Studie des BAW anschaut, stellt man fest, dass auch nicht einfach 169 Arbeitsplätze damit geschaffen werden, sondern dass es erst einmal 41 sind. Über einen Zeitrahmen von 29 Jahren sollen dann 169 Arbeitsplätze dazukommen.

Auch diese Zahlen stehen in keinem angemessenen Verhältnis zu der Maßnahme. Deswegen sind wir der Meinung, dass man dieses Rhodarium, wie die Sozialdemokraten dies nun für sich auch entschieden haben, zumindest die Fraktion, nicht bauen soll, sondern dass eine Aufwertung des Rhododendronparks das richtige Ziel ist, um auch hier zu einer neuen Gewichtung der Ausgaben der Gelder zu kommen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen — Abg. E c k h o f f [CDU]: Aus welchen Gel- dern wollen Sie das denn bezahlen?)

Die Gelder, die dafür eingeplant sind, stehen zur Verfügung.

(Widerspruch bei der CDU)

Natürlich stehen die aus dem ISP zur Verfügung!

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Aus welchem Topf? Das sind ISP-Mittel, die sind gebun- den!)

Jetzt kommen wir zur Frage des Ocean-Parks. Auch hier stehen Sie vor einer Pleite! Seit Jahren ist von Herrn Köllmann dieses Großprojekt Ocean-Park geplant worden. Wir haben im Moment nichts im Netz! Ungeheure Kräfte sind für diese Planung gebunden worden, ohne dass man für Bremerhaven wirklich einen Schritt weiter gekommen wäre.

(Abg. T ö p f e r [SPD]: Das können Sie doch gar nicht beurteilen!)

Doch, das kann ich beurteilen!

Deswegen haben wir gesagt, wir wollen primär den Zoo am Meer ausbauen. Wir wollen, dass es endlich zu diesem Auswanderermuseum kommt, um diese Stärke Bremerhavens zu betonen und damit Politik zu machen. Wir werden uns auch nicht einem weiteren touristischen Ausbau verweigern. Aber auch da möchten wir, dass es zu dieser Stadt passt und dass die Maßstäbe gewahrt bleiben. Mit dieser gigantomanischen Planung des Ocean-Parks waren die Maßstäbe offensichtlich nicht gewahrt. Das geben ja mittlerweile auch CDU-Politiker aus Bremerhaven zu, dass sie sich mit dem Setzen auf ein solches Milliardenprojekt in der Tat in den letzten Jahren verrannt haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie wissen, dass wir dem Space-Park in der Planung, wie sie sich entwickelt hat in den letzten Jahren, immer sehr kritisch gegenüberstanden, sowohl aus stadtentwicklungspolitischen Gründen, was die Frage der Konkurrenz zum Einzelhandel angeht, als auch wegen der Frage der Haushaltsfinanzierung, denn auch dieses Projekt trägt dazu bei, die Verschuldung ansteigen zu lassen.

Mittlerweile existiert sogar das Problem, dass die Notifizierung für den Vergnügungsteil des SpaceParks, die von der Kommission in Brüssel geleistet werden muss, noch nicht vorliegt. Wir halten es für verantwortungslos, mit dem Bau des Space-Parks zu beginnen, solange eine solche Notifizierung nicht vorliegt. Auch deswegen wollen wir dieses Projekt nicht!

Das heißt, wir glauben, wenn man bereit ist, sich von solchen Projekten, die sich als nicht machbar

oder als Projekte erwiesen haben, die den Haushalt sprengen und deswegen nicht zu verantworten sind, zu verabschieden, haben wir trotzdem genügend andere Potentiale, mit denen man eine moderne, Bremen angemessene Wirtschaftsförder- und Wirtschaftsstrukturpolitik machen kann.

Ich möchte es noch einmal betonen, wir sind für eine gezielte Politik im Bereich von Medien- und Informationstechnologien. Wir wollen in moderne Dienstleistungen und Bürodienstleistungen investieren. Wir wollen die Existenzgründungen weiterhin fördern, ebenfalls den Wissenschaftstransfer, und wir betonen besonders den Bereich der Gesundheitstechnologien und Gesundheitsdienstleistungen. Hier liegt noch ein großes Potential, das wir unbedingt angehen sollten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bremen hat in den letzten Jahren oft das Problem gehabt, dass man zu sehr und zu lange an großen Firmen gehangen hat, und wenn die in die Krise kamen, gleich ganz Bremen bedroht war. Daraus muss man die Konsequenz ziehen, dass man gerade den Mittelstand und die kleinen und mittleren Unternehmen gezielt fördert, sie einlädt, sich hier in Bremen zu entwickeln, neue Arbeitsplätze zu schaffen.