Protocol of the Session on March 23, 2000

Mit der Frage sieben beantwortet das Ressort die weitere Absicherung von Initiativen, Begegnungsstätten und Seniorenbüros. Durch die Sparmaßnahmen des Landes Bremen müssen die Zuwendungen um drei Prozent linear gekürzt werden. Dies ist zwar mit den Trägern abgesprochen, doch es geht zum Teil an die Leistungs- und Belastbarkeitsgrenzen dieser Einrichtungen.

Zur Frage acht erklärt der Senat, dass die Angebote für die Aktion „Senioren ans Netz“ an vier Standorten erfolgreich angelaufen sind. Die Senioren werden sich auch dafür einsetzen, dass Internetcafés für die Senioren auch bald in weiteren Stadtteilen eingerichtet werden können.

Meine Damen und Herren, soweit meine Aussagen zur Antwort des Senats! Nun mache ich noch drei kurze Abschlussanmerkungen. Ich bedanke mich zunächst bei unserem Koalitionspartner dafür, dass Sie meinem Anliegen als Vorsitzender der Senioren-Union Rechnung getragen haben und die Sozialdeputation in Deputation für Soziales, Jugend und Senioren umbenannt wurde.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Dieser Schritt ist eine Würdigung der Lebensleistung und des gesellschaftspolitischen Stellenwerts der älteren Menschen. Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang erwarte ich, dass die Seniorenvertretung künftig das Recht erhält, mindestens zweimal jährlich mündlich oder schriftlich über ihre Arbeit in der Deputation zu berichten.

Die CDU-Fraktion sagt heute allen ehrenamtlich Tätigen Dank, Respekt und Anerkennung für ihr großes Engagement. Das Anliegen meiner Fraktion ist es, den gesellschaftlichen Stellenwert und die Lebensqualität der älteren Generation kontinuierlich zu verbessern. Deshalb bitte ich alle Fraktionen und den Senat, sich dafür einzusetzen, den von uns genannten Zielsetzungen und Erkenntnissen Rechnung zu tragen. Meine Damen und Herren, das wünsche ich mir von ganzem Herzen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich danke unserem ältesten Kollegen hier im Haus für seine kämpferische erste Rede im Plenum.

(Beifall)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Pietrzok.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eines vorweg, wenn in diesem Hause irgendjemand glaubt, dass die Seniorenpolitik in der SPD auf dem absteigenden Ast ist, dem sage ich: Quatsch! Wenn hier irgendjemand darauf verweist, dass kein über Sechzigjähriger in unserer Fraktion ist und dies ein sicheres Zeichen gegen Senioren sei, dem sage ich mit Herbert Wehners Worten: noch quätscher! Erstens, schauen Sie sich einmal das Alter des Präsidenten des Senats an! Er zählt nicht zu den Junioren, manche würden ihn als Jungsenior bezeichnen, auf jeden Fall aber gilt, dass wir auf seine Erfahrungen angewiesen sind. Zweitens, eine Verjüngung unserer Fraktion hat keineswegs eine Schwächung der Interessenvertretung für Senioren zur Folge.

(Beifall bei der SPD)

Gute Seniorenpolitik erkennt man nicht am Alter derer, die sie vertreten, sondern an den Erfolgen, die man zustande bringt.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir dann noch von gesellschaftlicher Mitwirkung älterer Menschen reden, dann ist das für mich als Sozialdemokrat ein echtes Heimspiel. Das hat zwei Gründe: Ich kann mit Stolz auf die deutsche Sozialdemokratie mit ihren gesamten Organisationsfamilien verweisen, Falken, Arbeiter-SamariterBund, Arbeiterwohlfahrt, die SPD selbst, Gewerkschaften, AG 60 plus.

Das sind Organisationen, mit denen wir viel enger politisch zusammenarbeiten als Sie, Herr Zachau! Das müsste Ihnen mittlerweile klar geworden sein.

(Heiterkeit)

Ein Organisationsgefüge, das mit der Metapher „von der Wiege bis zur Bahre“ umschrieben wurde und damit neudeutsch ein „altersübergreifendes, integrierteres Gesamtangebot“ eben auch für Senioren darstellt, das ist unsere Tradition, und das ist unsere Identität, und die wird es bleiben, Herr Eckhoff.

(Beifall bei der SPD — Abg. Frau D r e y - e r [CDU] meldet sich zu einer Zwischen- frage — Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Im Moment nicht, Frau Dreyer!

Die Angebotsstruktur, das ist der zweite Punkt, von der politischen Interessenvertretung zu Freizeitgestaltung und ehrenamtlichen Arbeitsmöglichkeiten hat in Bremen eine Dichte und Qualität, von der andere Städte nur träumen, etabliert in Zeiten sozialdemokratischer Alleinregierung. Aber das ist kein Luxus, denn wir wissen, jede Mark, die hier an der richtigen Stelle ausgegeben wird, ermöglicht, dass die Älteren so lange für sich selbst sorgen, wie sie können. Ich verweise hier auf die Seniorenvertretung. Gewählte Delegierte mischen sich hier ehrenamtlich ein und engagieren sich politisch für ihre Interessen und für ihresgleichen. Sie haben dabei richtig etwas bewegt, meine Damen und Herren, das muss man deutlich sagen.

Die Einrichtung eines Beschwerdetelefons, um Probleme in der Pflege und Heimunterbringung loszuwerden, wurde erst auf Initiative der Seniorenvertretung durchgesetzt. Mittlerweile gibt es einmal in der Woche eine spezielle Radiosendung mit Themen für die älteren Menschen. Durchgesetzt haben sie eine enge Kooperation mit den Kontaktbereichsbeamten, mit den ehrenamtlichen Sicherheitsberatern. Seniorenspezifische Probleme sind so viel deutlicher in das öffentliche Bewusstsein geraten, übrigens auch in mein persönliches Bewusstsein. Die federführende Einmischung der Bremer Senioren im Zusammenhang mit der Pflegeversicherung hat ein weiteres Mal sehr deutlich gezeigt, die Bremer Senioren gehören zu den engagiertesten bundesweit.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte an dieser Stelle auch auf die Seniorenbegegnungsstätten verweisen. Ein hohes Maß freiwilliger Arbeit ermöglicht erst die vielfältige Angebotsstruktur für Senioren in Gesprächskreisen, Aus

flügen, sogar speziellen Sportangeboten und so weiter. Hier ein kleiner Hinweis an die Statistiker: Zählt hier nicht nur die Ältestenräte zu den Freiwilligen, sondern dort engagieren sich viel mehr Menschen, als in Ihren Zahlen wiedergegeben!

Selbsthilfeinitiativen, Seniorenbüro, all diese Aktivitäten der Senioren können und sollen nicht ohne das Engagement Älterer funktionieren. Wenn wir mit entsprechenden Beträgen diese Strukturen finanziell fördern, so ist dies nur das Knochengerüst. Das gesamte Gebilde trägt erst durch die freiwillige Arbeit der Senioren selbst.

(Beifall bei der SPD)

Unsere Botschaft heißt bei allen diesen Angeboten in Anlehnung an den Slogan der Freiwilligenagentur „ohne Geld, aber nicht umsonst“.

(Beifall bei der SPD)

An dieser Stelle sind drei Aspekte wichtig: Erstens: Die Angebote für die Senioren tragen sich zu großen Teilen erst durch den Einsatz der Senioren selbst. Zweitens: Die Verbindlichkeiten durch Verantwortlichkeiten, das Eingebundensein in eine Tagesstruktur bedeutet für die Senioren, dass sie mehr Respekt erfahren, dass sie eigenes Selbstwertgefühl entwickeln können oder es stärken. Es verhindert auch, dass sie zu viel Zeit haben oder gar, ich will es etwas drastisch formulieren, verlottern. Man muss sich eben selbst auch immer bei der Stange halten. Drittens: Die gesellschaftliche Teilhabe der Älteren ist auch für die jüngeren Menschen wichtig. Sie zwingt uns zur Aufmerksamkeit, zur Sensibilität für die Bedürfnisse von Älteren. Es ermöglicht uns auch, an den Erfahrungen der Älteren teilzuhaben.

Für meine Fraktion, ich hoffe, das ist deutlich geworden, ist die Partizipation von Älteren von elementarer Bedeutung. Aber angesichts der Haushaltslage müssen wir in diesem Haus Klartext reden, und auch bei der Förderung von Strukturen, die ehrenamtliches Engagement der Senioren fördern, muss gekürzt werden. Die Haushaltslage zwingt uns dazu trotz aller Wertschätzung der Seniorenangebote in dieser Stadt. In diesen Zeiten ist eine Wertschätzung ja manchmal schon allein daran zu erkennen, dass das Ausmaß an Kürzungen für bestimmte Angebote möglichst gering gehalten wird.

Vielleicht liegt es an der Lebenserfahrung der Senioren, dass sie am ehesten nachvollziehen können, dass den fetten Jahren nunmehr möglicherweise magere folgen müssen. Es wird also zu Leistungseinschränkungen kommen, aber das bedeutet auch, die Ehrenamtlichen werden noch mehr gefordert als jetzt schon. Um wenigstens Planbarkeit in diesen schweren Zeiten sicherzustellen, werden wir langfristige Zuwendungsverträge ermöglichen, damit die An

gebotsstruktur soweit irgend möglich erhalten werden kann, weil sie erhalten werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe vorhin über die sozialdemokratische Identität und Tradition gesprochen, aber Tradition heißt für uns nicht, die Asche aufzunehmen, sondern die Flamme weiterzureichen.

(Beifall bei der SPD)

Was heißt das konkret? Wir müssen bestehende Angebote, wo sich Senioren tatsächlich engagieren, weiterhin fördern und nach Wegen der Verbesserung suchen, um möglicherweise mit weniger Mitteln auszukommen. Aber wir müssen außerdem heraus aus dem Image der für die Familie immer nur selbstlos Kuchen backenden Omi. Die Senioren nur auf die Familie zu weisen nach dem Motto, dreimal K für Kirche, Kinder und Küche, damit geben sich die Älteren nicht mehr zufrieden.

(Beifall bei der SPD)

Gute Angebote für Ältere wollen wir, nicht altmodische Angebote. Die Veränderungen der Freiwilligenarbeit stellen Politik und Verwaltung auch bei den Älteren unter Modernisierungsdruck. Die Entwicklung für die Freiwilligenarbeit gilt auch für die Senioren. Auch Senioren wollen zeitlich befristet entsprechend ihrer eigenen Vorstellungen eigene Ziele entwickeln und diese Ziele mit möglichst viel Eigenverantwortung verfolgen. Sie tun das nicht aus Selbstlosigkeit, sondern in der Erkenntnis, dass ihre freiwillige Arbeit auch ihnen selbst nützt. Modernisierung ist gefordert, neue Formen der Hilfestellung sind notwendig. Neue Informations- und Kommunikationswege erhalten dabei zunehmend Bedeutung. Denken Sie dabei an „Senioren ans Netz“! Neue Einflussbereiche für Senioren sind gefordert. Unser sozialdemokratisches Ziel heißt dabei, wir wollen eine kunterbunte Trägerlandschaft für die Freiwilligen einerseits, eine knallharte Interessenvertretung, hier die Seniorenvertretung beispielsweise genannt, andererseits. Über einige Punkte werden wir hier noch zu reden haben.

Die Senioren fordern völlig zu Recht mehr Einfluss auf die Planung von Neubauten. Gleiches gilt für Verkehrsprojekte. Engagement der Freiwilligen muss erleichtert werden. Weiterbildung zu diesem Zwecke muss Berücksichtigung finden, und das sind Ziele, die wir zu verfolgen haben. Unsere Botschaft an die Senioren lautet: mitmachen!

(Beifall bei der SPD)

Noch eines an die Abgeordneten hier im Haus: Nehmen Sie dieses Thema nicht allzu sehr auf die

leichte Schulter! Belächeln Sie dieses Politikfeld nicht als Randthema!

(Zurufe von der CDU: Wer macht das denn?)

Die älteren Menschen sind eine der größten Bevölkerungsgruppen in der Stadt, und Sie selbst gehören irgendwann auch dazu. Während ich hier gesprochen habe, sind Sie alle auf das Seniorenalter ein kleines Schrittchen zugegangen, Frau Dreyer.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Pietrzok, Sie können sich darauf verlassen, dass ich jetzt Klartext reden werde.

Meine Damen und Herren, aus der Mitteilung des Senats, Drucksache 15/215, zur Großen Anfrage von CDU und SPD mit der Drucksachen-Nummer 15/138 geht für mich eindeutig hervor, dass eine gesellschaftliche Mitwirkung von Seniorinnen und Senioren kaum oder fast gar nicht stattfindet. Diese traurige Tatsache ist bezeichnend für Ihre Politik im Bereich der Senioren- und Rentenpolitik, die man in allen Bereichen als gescheitert ansehen kann und muss.

Meine Damen und Herren von CDU und SPD, Sie bringen hier eine scheinheilige Große Anfrage ein und verhindern mit Ihrer Politik ein Mitwirken von Senioren in unserer Gesellschaft. Ich sage Ihnen, schaffen Sie erst einmal die Grundvoraussetzungen dafür, dass Seniorinnen und Senioren in unserer Gesellschaft mitwirken können!