Protocol of the Session on March 11, 2025

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 44. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich eine Reihe von Glückwünschen aussprechen: Am 28. Februar konnte Kollege Julian Preidl einen runden Geburtstag begehen. Heute haben gleich drei Kollegen Geburtstag: unser Vizepräsident Alexander Hold, unser Kollege Thomas Holz und der Kollege Johannes Meier. Allen Geburtstagskindern heute und nachträglich alles Gute zum Geburtstag!

(Allgemeiner Beifall)

Ich freue mich ganz besonders, unsere Freunde aus unserem Partnerparlament, der Nationalversammlung in Québec, unter der Leitung von Frau Präsidentin Nathalie Roy und in Begleitung der Generaldelegierten von Québec in München, Frau Geneviève Rolland, auf der Ehrentribüne hier in München herzlich willkommen zu heißen.

(Allgemeiner Beifall)

Ich will dazu noch ein paar Takte sagen: Der Austausch mit Québec hat wirklich eine lange Tradition. Die Partnerschaft zwischen unseren beiden Parlamenten besteht nun schon seit 26 Jahren. Es ist das 15. Mal, dass sich die Gemischte Parlamentarische Kommission trifft und tagt. Sie ist von unserer Seite aus mit den Mitgliedern des Präsidiums besetzt. Gemeinsam werden wir in den nächsten Tagen ein sehr hochkarätiges Arbeitsprogramm absolvieren, nämlich mit Diskussionen zu den Wahlen hier bei uns, aber auch zu den Wahlen in Kanada, zum Umgang mit der neuen US-Administration oder dem russischen Krieg in der Ukraine. Wir führen Fachdiskussionen zur Medienkompetenz von Jugendlichen und zum Katastrophenschutz. Wir schauen uns Großprojekte der TUM an. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium feiern wir den Tag der Frankophonie.

Wir durchleben zurzeit sehr schwierige internationale Beziehungen. Da sind neue Unsicherheiten durchaus auch gewollt – einerseits als Verhandlungsstrategie und andererseits als Teil der Kriegsführung. Umso wichtiger ist es, sich auf Freunde verlassen zu können. Wir glauben nicht, dass es guttut, wenn jeder nur den Nutzen für sich selbst maximiert. Wir sind der festen Überzeugung, dass Freiheit und Freundschaft Werte an sich sind und dass beide Seiten in einer Freundschaft auf Augenhöhe profitieren können. Mir ist diese Freundschaft über die Jahre wirklich sehr ans Herz gewachsen. Die Wertschätzung und Zuwendung zwischen Québec und Bayern, zwischen der Nationalversammlung und dem Landtag, sind wirklich außergewöhnlich. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich heiße Sie noch einmal ganz herzlich hier im Bayerischen Landtag willkommen. Es ist mir eine große Ehre.

(Allgemeiner Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie bitten, sich zu einem Gedenken von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 5. März ist im Alter von 76 Jahren Manfred Jena verstorben. Er gehörte dem Bayerischen Landtag zwischen 1982 und 1986 an und vertrat die SPD im Wahlkreis Oberbayern. Er war Mitglied im Ausschuss für Eingaben und Beschwerden sowie Mitglied im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes. Als DiplomRechtspfleger arbeitete Manfred Jena im Justizdienst und war bis zu seinem vorläufigen Ausscheiden aus dem aktiven Staatsdienst Personalratsvorsitzender beim Amtsgericht München. Über Jahrzehnte war er in verschiedensten Funktionen in

der Gewerkschaft "Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr" tätig. Nach seinem Ausscheiden aus dem Bayerischen Landtag kehrte er in den Justizdienst zurück. Manfred Jena brachte in seinem Leben Gesetzgebung und Rechtspflege sehr professionell zusammen. Der Bayerische Landtag trauert mit seinen Angehörigen und wird Manfred Jena ein ehrendes Gedenken bewahren. –

Vielen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Bevor wir jetzt fortfahren, muss ich auf eine Aussage des Abgeordneten Oskar Lipp aus der letzten Plenarsitzung zurückkommen. Dieser hat im Rahmen des Tagesordnungspunktes 15, Dringlichkeitsantrag der AfD-Fraktion "Frieden in der Ukraine: Abschaffung der Gasspeicherumlage und Wiederaufnahme günstiger Gasimporte – jetzt!" Folgendes geäußert: "Meine Damen und Herren, Sie wollen weiterhin den Endsieg."

Wie Sie sicherlich noch wissen, hat Vizepräsident Markus Rinderspacher in diesem Zusammenhang einen Ordnungsruf ausgesprochen und sich ausdrücklich die nachträgliche Verhängung eines Ordnungsgeldes durch das Präsidium vorbehalten. Das Präsidium ist zwischenzeitlich zu einer Sitzung zusammengekommen und dabei nach eingehender Beratung zu dem Schluss gekommen, dass die Äußerungen des Abgeordneten Lipp eine erhebliche Verletzung der Ordnung und Würde des Landtags darstellen, für deren Ahndung auch nach Abwägung mit der verfassungsrechtlich verbrieften Redefreiheit der Abgeordneten und dem freien Mandat ein Ordnungsruf nicht mehr ausreicht. Im Einvernehmen mit dem damals sitzungsleitenden Herrn Vizepräsidenten Markus Rinderspacher hat das Präsidium daher übereinstimmend entschieden, den gegenüber dem Abgeordneten Oskar Lipp ausgesprochenen Ordnungsruf durch ein nachträgliches Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro zu ersetzen.

Der Begriff "Endsieg" wurde im Zweiten Weltkrieg, insbesondere in der letzten Phase des Krieges, als eine Beschwörungsformel der NS-Propaganda verwendet. Er implizierte dabei nicht nur den militärischen Sieg Deutschlands, sondern war darüber hinaus stark mit der rassistischen Ideologie des Nationalsozialismus verbunden, insbesondere mit der Idee der rassischen Überlegenheit der deutschen bzw. der arischen Herrenrasse.

Dass ein solcher Begriff heute wieder in einem deutschen Parlament Verwendung findet, stellt aus Sicht des Präsidiums eine nicht hinnehmbare verbale Entgleisung dar. Ein solches Gebaren verstößt fundamental gegen die grundlegenden Prinzipien der deutschen Erinnerungskultur als Teil der bayerischen Staatsräson; denn die Arbeit des Landtags basiert auf Respekt, demokratischer Ordnung und der historischen Verantwortung für die NS-Verbrechen.

Dass der Begriff "Endsieg" gerade im Kontext des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verwendet wurde, kommt vor dem Hintergrund der historischen Bedeutung zudem einer Täter-Opfer-Umkehr gleich. Die Täterrolle von Russland als Aggressor wird verschleiert, während die Ukraine als eigentliches Opfer, das um seine territoriale Integrität und seine nationale Existenz kämpft, in die Rolle des Aggressors gerückt wird. Die Behauptung, andere im Landtag vertretene Fraktionen und Abgeordnete wollten durch die Unterstützung der Ukraine weiterhin den "Endsieg" herbeiführen, beinhaltet damit nicht nur eine bewusste Provokation, sondern auch eine grobe Herabwürdigung der angesprochenen Personen.

Bei der Festlegung der Höhe des Ordnungsgeldes hat das Präsidium dem Abgeordneten zugutegehalten, dass gegen ihn in der Vergangenheit noch keine Ordnungsmaßnahme verhängt werden musste. Erschwerend berücksichtigt wurde dagegen, dass die Äußerung des Abgeordneten nicht wie eine impulsive Spontanäußerung wirkte. Zwischenzeitlich hat der Abgeordnete in einem Schreiben sogar

eingeräumt, den Begriff "Endsieg" bewusst gewählt zu haben, wobei ihm – so schreibt er selbst – selbstverständlich bewusst war, dass dieser Begriff emotional hoch aufgeladen ist. Hierdurch wiegt seine Formulierung aus Sicht des Präsidiums umso schwerer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich appelliere an Sie alle, auch in bewegten und sehr schwierigen Zeiten Ihre Redebeiträge so zu gestalten, dass sie dem Ansehen und der Würde unseres Hohen Hauses entsprechen. In diesem Sinne hoffe ich auf eine konstruktive und sachliche Debatte in der Zukunft.

(Beifall bei der CSU, den FREIEN WÄHLERN, den GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in den TOP 1 einsteigen, wird gemäß § 14 Absatz 4 unserer Geschäftsordnung noch bekannt gegeben, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als stellvertretendes Mitglied im Ältestenrat die Kollegin Stephanie Schuhknecht anstelle der Kollegin Gülseren Demirel benannt hat.

Außerdem weise ich darauf hin, dass unter den Tagesordnungspunkten 3 und 4 wieder zwei Wahlen mit der Namenskarte stattfinden. Sie kennen das Prozedere. Ich bitte Sie, Ihre Stimmkartentaschen abzuholen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde gem. § 65 BayLTGeschO auf Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "Was unser Land braucht: Schuldenbremse für strukturelle Reformen öffnen statt Selbstbedienungsladen."

Sie kennen das Prozedere mit fünf respektive zehn Minuten. Als Erste hat die Antragstellerin für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Frau Kollegin Katharina Schulze, für zehn Minuten das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon oft habe ich hier im Landtag über die Herausforderungen in unserem Land gesprochen: Die Wirtschaft schwächelt. Unsere Infrastruktur, die Brücken, die Straßen, die Schulen bis hin zur Deutschen Bahn, ist marode. Woran liegt das? – An 16 Jahren unionsgeführter Bundesregierung und auch an Ihrer Arbeit hier in Bayern. Die Klimakrise ist schon längst da.

Aber als wäre das nicht schon genug an Aufgaben, die wir zu stemmen haben, kommt noch die sicherheitspolitische Lage dazu, und diese ist ernst. Europa soll geschwächt werden. Das will China, das will Russland, und das wollen mittlerweile auch die USA. Es ist also entscheidend, dass wir hier in Europa selbstständiger werden, mehr in unsere Verteidigung investieren und die Ukraine stärker unterstützen; denn sie verteidigt auch unsere Freiheit.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen: Diese vielen Herausforderungen sind ja nicht nach der Bundestagswahl wie aus dem Nichts emporgekommen; sie sind schon lange bekannt. Deswegen haben wir GRÜNE schon sehr lange und immer wieder dafür plädiert, mehr Geld für Investitionen bereitzustellen und die Schuldenbremse zu reformieren, und zwar noch vor der Bundestagswahl.

Ich habe die Antworten von Markus Söder und Friedrich Merz noch im Ohr. Aus jedem Bierzelt und in jedem Fernsehinterview schallte es uns entgegen: Nein, nein, wir haben kein Einnahmenproblem, wir haben nur ein Ausgabenproblem.

Wir alle schnallen den Gürtel ein bisschen enger und kürzen ein bisschen beim Bürgergeld. Die Schuldenbremse müssen wir nicht anpacken.

Aber auch die SPD – das gehört zur Wahrheit dazu – ist regelmäßig den großen Mehrbedarf bei der Verteidigung nicht angegangen und hat in unseren Augen bei den Ukrainehilfen immer wieder gezögert. Ich sage sehr deutlich: Das war falsch. Mit diesem Verhalten haben Sie unserem Land geschadet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Bundestagswahl ist jetzt vorbei. Die Union hat die Bundestagswahl gewonnen. Auf einmal stellen Sie fest: Huch, es ist doch nicht genug Geld da. Die Aufgaben sind ja massiv. Dann machen wir mal schnell 900 Milliarden Euro Schulden, und zwar noch mit dem alten Bundestag. – Da muss ich schon fragen: Wie dilettantisch bereiten Sie sich eigentlich auf eine Regierung vor, Kolleginnen und Kollegen der CSU?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt wollen Sie als Union in zwei Wochen mehr Schulden machen, als die Ampel in dreieinhalb Jahren überhaupt von Schulden zu träumen gewagt hat. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht nur ein Wortbruch; Sie haben Ihre Wählerinnen und Wähler auch glatt belogen. Ich finde, auch das ist ein stümperhaftes Verhalten; denn erneut schießen Sie sich als Konservative damit selbst ins Knie. Welche Auswirkungen hat denn diese Kehrtwende? Die Demokratiefeinde der AfD feixen und freuen sich. Bürgerinnen und Bürger wenden sich ab von dieser Art, Politik zu machen. Das, Kolleginnen und Kollegen, ist schändlich für ein gemeinsames Miteinander in unserer Demokratie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn ich jetzt probieren soll, irgendetwas Positives an dieser ganzen Sache zu finden, könnte ich sagen: Endlich legt Markus Söder noch Lernfähigkeit an den Tag und nimmt die Vorschläge von Robert Habeck zur Reform der Schuldenbremse an.

(Lachen bei der CSU)

Da lachen Sie. Ich aber finde die Lage ziemlich ernst; denn eigentlich ist das an Tragik gar nicht zu überbieten.

Markus Söder verteufelt die Vorschläge von uns GRÜNEN immer und immer wieder, schüttet Häme ohne Ende über Robert Habeck aus und macht jetzt genau das, was wir GRÜNE immer vorgeschlagen haben. Nur, Sie setzen es auch noch schlecht um.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe Ihr Sondierungspapier und Ihre Vorschläge zu den Sondervermögen mit großem Interesse gelesen. Soll ich Ihnen etwas sagen? Diese Papiere atmen den Geist des Stillstands. Darin ist kein Reformeifer zu sehen. Darin ist keine Lust auf Gestaltung zu sehen. Darin ist keine Lust auf Zukunft zu sehen. Vielmehr wird hier Spielgeld für Ihre Einzelinteressen verteilt. Das halte ich für falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte daran erinnern: Als verantwortungsvolle Politikerinnen und Politiker haben wir eine Verantwortung auch den nachfolgenden Generationen gegenüber; denn die werden diese vielen Schulden abbezahlen müssen. Deswegen muss man sich immer fragen: Wofür nehmen wir Kredite eigentlich auf? Verschulden wir uns,

um tatsächlich in die Infrastruktur zu investieren, also in die Sanierung von Brücken und Straßen, in die Stromnetze, in die Leitungen, in die Wärmenetze, in die Digitalisierung, in die Kitas, in die Schulen und für konsequenten Klimaschutz, damit wir alle etwas davon haben? Bei solchen Sachen sind wir GRÜNE dabei. Oder geht es darum, so wie von Union und SPD jetzt vorgeschlagen, dass Sie selbst sich Ihre finanziellen Spielräume im Haushalt schaffen, um Ihre Einzelinteressen nach vorne zu stellen und Probleme mit Geld zuzuschütten, anstatt diese Probleme zu lösen? Dazu kann ich Ihnen ganz klar sagen: Dafür sind wir GRÜNE nicht zu haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diese Haltung haben wir GRÜNE nicht alleine. Auch Sie haben wahrscheinlich die Aussagen der verschiedensten Ökonominnen und Ökonomen gehört. Fuest, Schnitzer, Hüther, Grimm – sie alle haben Sie vor der Bundestagswahl bekniet: Nehmen Sie Geld für Investitionen in die Hand! Das braucht dieses Land jetzt. – Die gleichen Ökonominnen und Ökonomen melden sich jetzt zu Wort, nachdem sie Ihr Papier gelesen haben, und sagen: Um Gottes willen, doch nicht so!

Wir haben einen Ministerpräsidenten, der sich dafür feiert, dass er jetzt die Erhöhung der Pendlerpauschale, die Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie und die Mütterrente durchgesetzt hat. Ich kann dazu einfach nur festhalten: Die CSU ist keine Wirtschaftspartei mehr, sonst hätten Sie andere Dinge dort reinverhandelt.

(Beifall bei den GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU)