Protocol of the Session on February 27, 2025

Aber, Kolleginnen und Kollegen, alle anderen Bundesländer haben hierfür schon lange andere Lösungen gefunden.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der GRÜNEN)

Sehr verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Staatsregierung, warum soll es nicht auch in Bayern möglich sein, andere Töpfe für diese wichtigen Investitionen zu finden?

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der GRÜNEN)

Nun noch kurz zum Antrag der AfD: Kolleginnen und Kollegen hier auf der rechten Seite, Ihr Antrag ist somit nicht nur überflüssig, sondern er ist auch – ganz ehrlich –scheinheilig. Ich sage Ihnen auch warum: Ihnen geht es nicht wirklich darum, Barrieren abzubauen. Ihnen geht es auch nicht darum, eine inklusive Gesellschaft zu fördern.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der GRÜNEN)

Führende Politiker der AfD äußern sich öffentlich mit der Formulierung, Inklusion sei ein Irrweg. Zahlreiche weitere Äußerungen dieser Art sind nachzuweisen. Das alleine reicht, um Ihren scheinheiligen Antrag abzulehnen. – Danke.

(Beifall bei der SPD – Anna Rasehorn (SPD): Eine sehr gute Rede! – Zurufe von der AfD: Oje!)

Bleiben Sie bitte noch am Rednerpult, Frau Kollegin Rauscher. – Es liegt eine Meldung zu einer Zwischenbemerkung der Frau Kollegin Roon vor.

Liebe Frau Rauscher, Sie lehnen den Antrag ganz einfach nur deshalb ab, weil er von der AfD ist. Aber Sie wissen doch ganz genau: Ich habe im Sozialausschuss schon den gleichen Antrag gestellt. Sie haben ihn als selbsternannte Demokraten einstimmig abgelehnt.

Ihnen geht es nicht um die Inklusion, uns geht es um die Inklusion. Ich habe in meiner Rede deutlich gesagt: Ich habe täglich Begegnungen mit Menschen mit Behinderung. Mein Sohn hat selber Förderbedarf. Ich weiß, wovon ich rede, aber Sie nicht. – Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Frau Kollegin.

(Andreas Winhart (AfD): Wieder zu viel gehetzt?)

Sehr verehrte Frau Kollegin, "Ideologieprojekt", "Tagesschau in einfacher Sprache sind Nachrichten für Idioten", Inklusion wäre erzwungen und sollte sofort beendet werden, Inklusion sei ein "Schwarzes Loch", "eine Utopie", die zu großen Katastrophen führe.

(Unruhe bei der AfD)

Da stelle ich mir die Frage, wer hier wirklich für Inklusion steht und wer nicht.

(Elena Roon (AfD): Das ist eine Verleumdung!)

Sie sind doch der Wolf im Schafspelz, auch beim Thema Inklusion. Bitte hören Sie doch auf.

(Beifall bei der SPD, der CSU, den FREIEN WÄHLERN und der CSU – Zurufe von der AfD)

Vielen Dank. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend und Familie empfiehlt die Ablehnung des Antrags.

Wer entgegen diesem Ausschussvotum dem Antrag der AfD-Fraktion zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die AfD-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist das übrige Haus. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Dann machen wir jetzt eine Mittagspause bis 13 Uhr, würde ich vorschlagen. Dann beginnen wir mit der Behandlung der Dringlichkeitsanträge.

(Unterbrechung von 12:18 bis 13:01 Uhr)

Es ist 13 Uhr. Wir nehmen die Sitzung wieder auf und kommen zu Tagesordnungspunkt 15:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Johannes Becher, Sanne Kurz u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Geraubt, verschwiegen, verzögert - CSU-FW-Staatsregierung muss ihrer Verantwortung für NS-Raubkunst in den staatlichen Sammlungen endlich gerecht werden! (Drs. 19/5199)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Holger Grießhammer, Katja Weitzel, Dr. Simone Strohmayr u. a. und Fraktion (SPD) Transparenz und Verantwortung bei der Restitution: Aufklärung über den Umgang der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen mit NSRaubkunstwerken (Drs. 19/5200)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Klaus Holetschek, Michael Hofmann, Prof. Dr. Winfried Bausback u. a. und Fraktion (CSU), Florian Streibl, Felix Locke, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Provenienz und Restitution (Drs. 19/5439)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und erteile Frau Kollegin Sanne Kurz das Wort.

"Die Nazis haben meinen Großonkel Alfred Flechtheim entrechtet, enteignet und vertrieben, sie haben sein Leben zerstört. Und ein deutsches Bundesland hat uns jahrelang belogen und versucht, das historische Unrecht zu vertuschen, um seine Kunstwerke behalten zu können.‘"

Dieses Zitat stammt von Dr. Michael Hulton, Erbe des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim. Als Freund der Moderne wurde Flechtheim von den Nazis besonders scharf attackiert. Seine Frau beging im NS-Berlin Selbstmord. Er starb 1937 im Exil in London, verarmt und mittellos. 2008, vor 16 Jahren, kontaktierte sein Erbe erstmals den Freistaat. Wie viele andere Hinterbliebene wartet er

bis heute darauf, sein Eigentum zurückzubekommen oder auch nur darüber zu verhandeln. Picasso, Beckmann, Klee – große Namen sind fest in unseren bayerischen Museen weggesperrt.

Während die Hinterbliebenen jüdischer Opfer also darauf hoffen, dass ihr Anliegen zur Chefsache gemacht wird, gibt es immer nur die gleiche Hinhaltetaktik: Das geht nicht, wir müssen noch prüfen, es gibt keinen rechtlichen Rahmen. – Vor zehn Jahren wurden alle Vorwürfe auch von der Commission for Looted Art in Europe an das Ministerium herangetragen. Erst gestern wurde ein lange anberaumtes Treffen mit einem Opferanwalt vom Ministerium abgesagt. Vielleicht hätte er wieder nur gehört: Sorry, aber wir können nichts tun. – Bayern spielt auf Zeit, obwohl die Washingtoner Prinzipien drei Punkte klar regeln:

Erstens. Beweislastumkehr. Wer Raubkunst verwahrt, muss beweisen, dass sie rechtmäßig erworben wurde.

Zweitens. Provenienzforschung dient nicht dem Selbstzweck. Sie muss zur Erbensuche und zu Rückgaben führen.

Drittens. Faire und gerechte Lösungen mit Opferfamilien und Hinterbliebenen müssen verhandelt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

200 Werke mit gesicherter NS-Raubkunst-Herkunft hängen in bayerischen Museen. 800 weitere stehen unter dringendem Verdacht. Der Minister verleugnet die Existenz der Daten, die inzwischen einigen Leuten vorliegen, und postet auf Instagram betroffen 45 Likes. Er lobt dort die Staatsgemäldesammlungen für – ich zitiere – ihre exzellente Arbeit und fordert gleichzeitig eine externe Taskforce, um diese – Zitat – exzellente Arbeit zu überprüfen. Seit Jahren ist bekannt, dass NS-Raubkunst in den Staatsgemäldesammlungen hängt. Seit Jahren verzögert dieses Ministerium die Rückgabe und vertröstet jüdische Erbinnen und Erben auf zukünftige Lösungen. Jetzt, wo der Skandal nicht mehr totzuschweigen ist und alle mit dem Rücken zur Wand stehen, tun Sie gerade so, als ob Sie, Herr Blume, das Problem soeben erst entdeckt hätten. Das ist nicht Aufklärung, das ist Verantwortungsflucht nach vorne wie ein Schulbub, der erwischt wurde und nun mit hängendem Kopf seine Hausaufgaben doch noch abliefern will.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Hier geht es aber nicht um vergessene Hausaufgaben, sondern um NS-Raubgut. Es geht um das Eigentum jüdischer Bürgerinnen und Bürger, die von den Nazis entrechtet, vertrieben und ermordet wurden. Es geht darum, dass Bayern sie 80 Jahre nach Kriegsende noch immer nicht entschädigt. Wir haben also kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.

Die Abgeordneten der CSU und der FREIEN WÄHLER haben unserem Antrag zur Kehrtwende bei NS-Raubkunst gestern zugestimmt und auch selbst geliefert, vielen Dank! Vor einer Stunde kamen noch einmal wichtige und gute Ideen im nachgezogenen Dringlichkeitsantrag. Das ist ein erster Schritt. Ob der eigene Minister auch endlich handelt? – Er ist zuständig. Es ist seine Verantwortung. Er könnte heute zum Telefon greifen und den Hinterbliebenen und Opferfamilien des Holocaust endlich Gerechtigkeit verschaffen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Deshalb fordere ich Sie auf: Leiten Sie jetzt die Suche nach Erbinnen und Erben der tausend identifizierten Werke ein. Kein weiteres Taktieren, kein Verzögern,

endlich Gerechtigkeit. Verhandeln Sie jetzt faire und gerechte Lösungen, wie es die Washingtoner Prinzipien vorschreiben. Schluss mit bürokratischen Hürden! Wir brauchen echte Unterstützung von allerhöchster Stelle für die Opferfamilien. Werden Sie jetzt Ihrer Verantwortung gerecht. Machen Sie Wiedergutmachung jetzt zur Chefsache. Geben Sie den Menschen, die von den Nazis beraubt wurden, jetzt ihr Eigentum wieder zurück. Leiten Sie jetzt alles in die Wege, damit diese Menschen die Rückgabe noch zu Lebzeiten erfahren dürfen. Stimmen Sie jetzt der Anrufung der Beratenden Kommission in allen bereits laufenden Fällen zu, und verweisen Sie nicht weiter auf das Schiedsgericht, das in ferner Zukunft irgendwann seine Arbeit aufnehmen und für Gott weiß was zuständig sein wird. Auch für Händlerkunst und Fluchtgut? – Wir wissen es nicht. Perpetuieren Sie dieses Unrecht jetzt nicht weiter. Machen Sie die Opfer der NS-Diktatur nicht erneut zu Opfern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dr. Michael Hulton, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist schwer krank. Er hat keine Kinder. Seine Schwester starb im vergangenen Jahr. Sorgen Sie bitte dafür, dass er wie alle Hinterbliebenen noch Wiedergutmachung erleben darf. Bayern hat eine historische Verantwortung. Diese Regierung hat sie bisher leider mit Füßen getreten. Ändern Sie das!

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)