Protocol of the Session on February 27, 2025

Das ist auch der Unterschied zwischen der AfD und dem Rest hier im Hohen Haus sowie den anderen Parteien und Fraktionen, die unser Land stärken wollen, die dafür unterschiedliche Vorschläge haben, die sich dafür auch um die Frage "Schuldenbremse – ja oder nein?" inhaltlich streiten; denn da gibt es dann unterschiedliche Wege, wie man die Themen jetzt angeht und wie man in unser Land investieren will.

Wir GRÜNE wollen in unser Land investieren. Aber auch dazu haben Sie in Ihrer Aktuellen Stunde kein Wort hinterlassen, kein Wort zu den Investitionsbedarfen in unserem Land, kein Wort zum Investitionsstau, kein Wort zu den vielen Baustellen in unserem Land, für die wir Investitionen dringend bräuchten.

Ich will, nein, ich muss tatsächlich natürlich schon kurz etwas zu den Finanzproblemen sagen, die wir auf Bundesebene haben. Ich kann anerkennen, dass es in der Union jetzt Diskussionen darüber gibt, wie man in der Frage der Schuldenbremse weiter vorgeht. Wir GRÜNE reichen da die Hand. Aber es ist eine bemerkenswerte Kehrtwende, die wir da im Bund im Moment haben. CSU und CDU haben ja öffentlich den Reformbedarf bei der Schuldenbremse lange abgestritten,

(Michael Hofmann (CSU): Wir haben nach wie vor unterschiedliche Auffassungen, Herr Kollege!)

haben dann auch ein bisschen zugeschaut, wie die Ampel sich am Haushalt zerstreitet. Das war jetzt auch nicht so ganz sportlich.

(Michael Hofmann (CSU): Dafür können wir jetzt aber nichts!)

Dann haben Sie ein Wahlprogramm mit einer Finanzlücke von 100 Milliarden Euro vorgelegt. Da haben Sie im Wahlkampf eine ordentliche Luftbuchung gemacht. Deswegen war es für uns GRÜNE durchaus erwartbar, dass die Schuldenbremse eines der ersten Dinge ist, die Sie werden ändern müssen und die wir in unserem Land werden ändern müssen. Es wäre – sagen wir mal – ehrlicher gewesen, wenn Sie vor der Wahl klar kommuniziert hätten, was Sie wollen.

Wir werden aber das Gespräch zu diesem Thema, wenn es mit uns gesucht wird, ganz sicher nicht ausschlagen; denn wir wollen in unser Land investieren. Ich glaube, da sind wir uns über viele Fraktionen hinweg zumindest einig. Wir wollen in die Wehrhaftigkeit unseres Deutschlands, auch unserer Bundeswehr investieren. Da ist jetzt die Union als Wahlsieger gefordert. Ich sage: Schluss mit der Blockade, endlich Ärmel hochkrempeln, Reformvorschläge dazu machen. – Es hilft uns nichts, wenn wir der Schuldenstreber unter den G7-Staaten sind. Wir GRÜNE wollen in unser Land, in die marode Infrastruktur, in Bildung, in Schulen, aber auch in den Klimaschutz und die Wehrhaftigkeit unseres Landes investieren. Das ist uns wichtig.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Für die FREIEN WÄHLER spricht als Nächster der Kollege Bernhard Pohl, der ebenfalls zehn Minuten hat.

Frau Präsidentin, Herr Staatsminister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage mich: Was wollen Sie mit dieser Aktuellen Stunde bewirken, und an wen richtet sich diese Aktuelle Stunde? – Unmittelbar können die Wahlversprechen nur die Mitglieder des Deutschen Bundestages umsetzen. Ich sehe hier keinen, der ein Doppelmandat errungen hat. Mittelbar gibt es auch nur ganz wenige, wenn überhaupt, die das, was Sie hier fordern, tatsächlich umsetzen könnten. Deswegen in der Tat die Frage: Was soll diese Aktuelle Stunde?

Kollege Pargent hat zu Recht darauf hingewiesen, es hätte viele andere gute Themen gegeben, zum Beispiel – da greife ich einen Gedanken des Kollegen Winhart auf – der Radikalisierung der Gesellschaft und der Politik entgegenwirken. Es beunruhigt mich, dass fast 9 % der Menschen die Linke gewählt haben; denn jetzt haben wir mit Linke, BSW und AfD über ein Drittel der Wähler, die radikale Parteien gewählt haben. Das treibt mich um.

Bei mir geht es ja noch; bei mir benehmen Sie sich jetzt noch etwas besser. So, wie Sie sich bei der Rede des Kollegen Hofmann benommen haben, habe ich mir vorgestellt, wie Sie in einem Trupp von Demonstranten, vergleichbar der Antifa, durch die Straßen ziehen. Bei diesem Benehmen wird mir schon angst und bange. Das ist absolut unparlamentarisch. Das gleicht eher einem Klub der Schwererziehbaren als Mitgliedern des Bayerischen Landtags.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der CSU sowie des Abgeordneten Harry Scheuenstuhl (SPD))

Sie haben das Thema Schuldenbremse genannt und unterstellen, dass die Union vor der Konstituierung des neuen Bundestags, was formalrechtlich zulässig ist, die Schuldenbremse noch reformieren will. Das habe ich allerdings weder gehört noch gelesen. Das würde ich eher in die Schublade Fake News einordnen. Ich glaube, dass Sie ein Thema aufmachen, das es gar nicht gibt.

Die Schuldenbremse reformieren – darüber kann man diskutieren; darüber muss man diskutieren. Das ist kein Skandal, sondern das wäre eine zulässige Änderung geltenden Rechts. Wofür sind Parlamentarier da? – Um geltendes Recht zu ändern, weiterzuentwickeln, zu formen.

Ich kann Ihnen sagen: Ich persönlich bin ein Anhänger der Schuldenbremse. Ich könnte mir vorstellen, die Schuldenbremse durch eine Investitionsklausel zu ergänzen, aber nur für wirklich elementare Investitionen, deren Notwendigkeit nicht vorhersehbar war. Ich sage aber auch – da zitiere ich den früheren SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, der das erst diese Woche gesagt hat –: Man muss sehr vorsichtig sein, in den Begriff Investition nicht wieder alles Mögliche zu packen. Investition in Bildung hieße dann mehr Lehrer. Es ist nicht so, dass wir uns nicht mehr Lehrer wünschen. Das ist aber keine Investition. Es ist auch keine Investition, Sozialausgaben zu erhöhen und zu sagen, dies sei eine Investition in eine funktionierende Gesellschaft.

Was will ich damit sagen? – Mit dem Begriff der Investition kann auch Schindluder betrieben werden. Deswegen müsste man hinsichtlich der Formulierung sehr, sehr, sehr vorsichtig sein.

Kollege Hofmann hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass wir vor Herausforderungen stehen, die wir wahrscheinlich mit den uns zur Verfügung stehenden Steuermitteln nicht bewältigen können. Ich nenne die Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit unseres Landes. Ich weiß, dass das die Kollegen der AfD weniger auf dem Schirm haben; denn in ihrem Weltbild sitzt der Freund in Moskau, und wenn der Freund in Moskau ist, dann brauchen wir uns gegen diesen Freund nicht wehrhaft zu verteidigen.

Die Wahrheit ist aber: Wenn wir unsere Freiheit und unsere Werte verteidigen wollen, müssen wir massiv in Sicherheit und Verteidigung investieren; denn das, was Putin mit seinem verbrecherischen Angriffskrieg gegen die Ukraine derzeit exerziert, kann er jederzeit, wenn wir nicht verteidigungsfähig und verteidigungsbereit sind, auch auf deutschem Boden machen. Jeder weiß, dass Putin die alte Sowjetunion und den Warschauer Pakt reanimieren will. Putin ist der gleiche alte Kommunist, der er zu Breschnews Zeiten war. Daran hat sich nichts geändert. Es ist bezeichnend, dass die AfD diesem kommunistischen Diktator Beifall zollt.

(Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Hört, hört! – Zuruf von der AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, selbstverständlich gibt es Reformbedarf, Reformbedarf nach drei Jahren Ampel-Chaos, Reformbedarf aber auch nach einer Zeit der Großen Koalition unter Angela Merkel, die viele Dinge nicht angepackt hat. Die Bundeswehr muss ganz zentral nach vorne gerückt werden.

Ich möchte jetzt auch noch ein Thema anschneiden, das uns in Bayern massiv betrifft – Kollege Hofmann und auch Kollege Pargent haben schon darauf hingewiesen. Wir brauchen eine Reform des Länderfinanzausgleichs oder des Finanzkraftausgleichs, wie es jetzt heißt.

Kollege Winhart, ich habe nicht ganz verstanden, dass Sie uns für den Länderfinanzausgleich verantwortlich machen. – Okay, er hat es wohl inzwischen eingesehen. – Die letzte Reform des Länderfinanzausgleichs fand seinerzeit statt, als wir noch Opposition waren und ich diesen Länderfinanzausgleich von diesem Rednerpult aus massiv kritisiert habe. Seis drum: Wir brauchen jedenfalls einen fairen und vor allen Dingen einen leistungsorientierten Länderfinanzausgleich.

Wir versperren uns natürlich nicht der Solidarität gegenüber wirklich Bedürftigen. Dies gilt für die Länder genauso wie für die Bürger. Ja, wir müssen für wirklich

Bedürftige da sein. Aber ebenso wenig, wie das in vielen Bereichen der Sozialpolitik der Fall ist, ist das bei diesem Länderfinanzausgleich der Fall. Es ist doch ein Treppenwitz, wenn wir mit bayerischem Steuergeld die marode Bundeshauptstadt Berlin finanzieren. Das wäre ganz das Gleiche, wie wenn man, Kollege Scheuenstuhl, aus ärmeren Gegenden Mittelfrankens, Oberfrankens oder der Oberpfalz den Moloch München finanzieren wollte, weil die Münchner nicht wissen, wo sie ihr Geld verschleudern. Das ist Gott sei Dank nicht der Fall, weil wir in Bayern noch vernünftige Verhältnisse haben. Dass wir aber die Bundeshauptstadt Berlin alimentieren müssen, da die Berliner nicht selber in der Lage sind, die Steuereinnahmen zu generieren, die benötigt werden, um ihre Partys zu finanzieren, ist unmöglich. Das geht nicht. Das muss dringend reformiert werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Die neue Bundesregierung und die neuen Mehrheitsfraktionen im Bundestag haben einen schweren Weg und eine schwere Aufgabe vor sich. Sie sind aber mit Mut und Zuversicht gestartet. Ich hoffe, sie werden bis Ostern eine stabile Regierung zusammenbekommen. Ich hoffe, dass sie sich endlich auch daran messen lassen, dieses Land wieder leistungsbereit und zukunftsfest zu machen. Dabei geht es tatsächlich um die richtige Schwerpunktsetzung.

Die richtige Schwerpunktsetzung heißt nicht Gendern und Cannabisfreigabe, sondern die richtige Schwerpunktsetzung heißt: Ärmel aufkrempeln für Deutschland, für Bayern, für unsere Heimat, damit der Weg wieder nach oben führt und wir nicht mehr an vorletzter Stelle unter den Industrienationen stehen, was die Wachstumsprognosen betrifft. Das ist ein Armutszeugnis für Deutschland. Das gab es noch nie.

Ich kann nur sagen: Ich wünsche denjenigen, die jetzt die Verantwortung tragen werden, viel Glück und alles Gute. Ich gratuliere noch einmal zum Wahlsieg. Der AfD gratuliere ich dazu, dass sie uns eine Stunde Lebenszeit gestohlen hat.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Für die SPD-Fraktion spricht als Nächster der Kollege Markus Rinderspacher.

Hochverehrte Frau Präsidentin, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der heutigen Aktuellen Stunde geht es um die Lage der Nation nach der Bundestagswahl. Gestatten Sie mir aus der Perspektive der bayerischen und deutschen Sozialdemokratie einige wenige grundsätzliche Bemerkungen zur Zukunft Deutschlands.

Deutschland steht an einem Wendepunkt. Die Welt verändert sich in rasanter Geschwindigkeit, und damit wachsen die Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft und unser demokratisches System stehen. In einer Zeit multipler Krisen braucht unser Land eine handlungsfähige, stabile und vorausschauende Regierung. Ein Bündnis der solidarischen Mitte aus Union und SPD ist rechnerisch machbar. Es ist politisch für uns denkbar, wenn dieses Bündnis im Ergebnis das Beste aus zwei bundesrepublikanischen politischen Traditionen vereint: pragmatische Vernunft, Wohlstand für alle, nachhaltiges Wachstum und soziale Verantwortung.

Wir leben in einer Zeit, in der Deutschland nicht isoliert agieren kann. Unsere nächste Bundesregierung muss sich mehreren drängenden globalen Herausforderungen stellen. Ich nenne nur vier:

Erstens. Sicherheit und geopolitische Stabilität. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Spannungen in der indopazifischen Region und die Gefahr neuer Konflikte erfordern eine weitsichtige Außen- und Sicherheitspolitik. Deutschland muss sich in Europa und in der NATO stärker engagieren und gleichzeitig Diplomatie und Friedenssicherung forcieren. Wir wollen die Ukraine weiter unterstützen.

Zweitens. Klimawandel und Energiewende. Die Bewältigung der Klimakrise duldet keinen Aufschub. Wir müssen erneuerbare Energien massiv ausbauen, Energiesicherheit gewährleisten und gleichzeitig den industriellen Wandel sozial gerecht gestalten.

Drittens. Wirtschaftliche Transformation und soziale Gerechtigkeit. Die Digitalisierung, der demografische Wandel und der Umbau unserer Wirtschaft zu Klimaneutralität erfordern eine kluge Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Wir müssen Innovationen fördern, den Mittelstand stärken und gleichzeitig die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer absichern.

Viertens. Migration und gesellschaftlicher Zusammenhalt. Eine realistische, humane und zugleich effektive Migrationspolitik ist unerlässlich. Integration muss gefördert, illegale Migration eingedämmt und Fachkräftezuwanderung gezielt gesteuert werden.

(Beifall bei der SPD)

In dieser komplexen Lage braucht es eine Regierung, die handlungsstark ist. Als SPD stehen wir für eine Gesellschaft, die niemanden zurücklässt. Wir sind bereit, diese Tugend in eine künftige Regierung einzubringen, und dabei werden bei etwaigen Koalitionsverhandlungen für uns folgende Punkte eine besondere Rolle spielen:

Erstens. Die SPD will die Menschen entlasten. Wir kämpfen für eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel auf 5 %, um die steigenden Lebenshaltungskosten abzufedern.

(Beifall bei der SPD)

Zudem wollen wir die Einkommensteuer für 95 % der Bevölkerung senken und mehr Steuerverantwortung für Milliardäre und Superreiche einfordern, um die gesellschaftliche Balance zu wahren.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Wir stehen ein für soziale Gerechtigkeit und faire Löhne. Wir kämpfen für eine Erhöhung des Mindestlohns, für sichere Renten und bessere Arbeitsbedingungen. Gute Arbeit muss gut bezahlt werden. Das ist unser Anspruch.

(Beifall bei der SPD)

Drittens. Als SPD fordern wir Investitionen in Bildung und soziale Infrastruktur – auch vom Bund – von der Kita bis zur Universität.

Viertens. Bezahlbarer Wohnraum ist für uns ein zentrales Thema. Wohnen ist ein Grundrecht. Deshalb setzen wir uns für einen stärkeren Mieterschutz und eine massive Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus ein.

Als letzten Punkt möchte ich nennen: Nachhaltiger Fortschritt bedeutet für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten: Deutschland muss Innovationsstandort Nummer eins bleiben. Wir werden den Wandel zur klimaneutralen Industrie

fördern, nachhaltige Technologien vorantreiben und gleichzeitig soziale Härten abfedern.