Protocol of the Session on November 28, 2024

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Sehr geehrter Herr Kollege, ich finde die Fragestellung sehr interessant. Sie sind in der Staatsregierung, und Sie versuchen immer, mit solchen Fragen die Verantwortung wegzuschieben.

(Lachen bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Sie sprechen bei dieser Regierungserklärung heute immer von den Themen, die Sie alle beackern möchten. Sie kritisieren immer die Ampel in Berlin. Das ist alles schön und gut. Sie haben hier diverse Anträge von uns abgelehnt, zu vielen Punkten. Darauf gehen Sie auch mit keiner Silbe ein, wenn man Sie danach fragt.

(Beifall bei der AfD – Widerspruch bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Nächster Redner ist für die Fraktion der FREIEN WÄHLER der Kollege Markus Saller. – Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident, sehr geehrter Herr stellvertretender Ministerpräsident, sehr geehrte Damen und Herren! Bibelzitate: Warum bekomme ich bei Ihnen immer das Bild von den vier apokalyptischen Reitern in den Kopf? – Ich weiß es auch nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, was macht denn einen starken Wirtschaftsstandort aus? – Es sind verschiedene Faktoren: Lebensqualität zum Beispiel. Lebensqualität haben wir in Bayern. Rechtssicherheit und Stabilität haben wir dank einer bürgerlichen Regierung, die wir bilden, auch. Technologische Entwicklung: Wir haben einen umtriebigen Digitalminister; wir haben einen Forschungsminister; wir sind Hightech-Standort; wir haben eine Hightech Agenda. Da sind wir auch nicht schlecht aufgestellt. Bildung und Fachkräfte sind ein weiteres Standortthema für einen starken Wirtschaftsfaktor.

Unsere Bildungsministerin sagte, ich glaube, ich habe es vorher gehört: Wir tun sehr, sehr viel für die Bildung. Wir tun auch sehr, sehr viel für die Ausbildung, auch im Handwerk. Dann gibt es noch andere Punkte wie die Steuer- und Wirtschaftspolitik, die wir nur im Ansatz beeinflussen können, weil es eben Bundesthemen sind, und es gibt die Infrastruktur, die ebenfalls ein Bundesthema ist.

Meine Damen und Herren, der Freistaat Bayern ist nach wie vor ein starker Wirtschaftsstandort. Lassen wir uns das nicht schlechtreden. Mit einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts von 1998 bis 2023 um 54 % – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen – liegt der Freistaat Bayern ganz klar auf Platz eins im Ranking mit allen anderen Bundesländern. Selbst in den zuletzt schwachen Jahren seit 2018 ist das bayerische Bruttoinlandsprodukt um 4 % stärker gewachsen als das bundesdeutsche.

Wir müssen uns hier nicht hinstellen und so tun, als ob wir das Armenhaus in Deutschland wären. Dennoch stehen in ganz Deutschland die Zeichen im Moment auf Abschwung und Rezession, und preisbereinigt schrumpfte die bayerische Wirtschaft im ersten Halbjahr 2024 um 0,6 %, die Wirtschaft in Baden-Württemberg sogar um 1,3 %. Jetzt kommt doch die entscheidende Frage: Haben wir es hier mit einer konjunkturellen Delle zu tun, wie sie immer mal wieder vorkommt, die man auch wieder ausgleichen könnte? – So habe ich ein bisschen die Ausführungen von Herrn Grießhammer verstanden: Ja, das sieht jetzt mal nicht so gut aus. Jetzt reformieren wir ein bisschen die Schuldenbremse, dann geht das schon wieder, und dann haben wir frisches Geld; aber ja nicht am Sozialen rumstreichen.

Oder ist es eben keine konjunkturelle Delle, sondern eine echte strukturelle Krise, in die wir uns hineinbewegen? – Letzteres ist der Fall. Der Glaube an eine Delle ist nämlich schon deswegen nicht richtig, weil die Weltwirtschaft insgesamt wächst und andere europäische Staaten bessere Zahlen schreiben als wir. Wir haben offensichtlich ein spezifisches Problem in der Bundesrepublik Deutschland.

Jetzt überlegen wir einmal, wo das letztendlich herkommt: Natürlich hängt es mit der Energiewende und der Energiepolitik zusammen. Wir haben zu hohe Energiepreise, und das drückt im Moment die bayerische Industrie ganz, ganz gewaltig. Diese Preise waren auch schon vor dem Krieg in der Ukraine zu hoch. Die Versorgungssicherheit, die Bezahlbarkeit, die Klimaneutralität, dass das alles unter einen Hut kommt, das ist völlig aus den Fugen geraten. Im Moment fehlen jede Struktur und jedes Maß und Ziel, wie man kurz-, mittel- und langfristig diese Energiewende weiterbetreiben will.

Ich höre dazu auch nichts. Man hat sich dort festgeklemmt, es geht nicht mehr weiter. Spricht man heute mit Industrievertretern und Verbänden, ist vor allem die überbordende Bürokratie aus Berlin und Brüssel eines der stärksten Argumente gegen den Standort Deutschland. Das geht letztendlich sogar so weit, dass sich Unternehmen das nicht mehr antun und sich deshalb auch nicht hier ansiedeln wollen. Deutschland hat es sogar geschafft, viele Vorschriften übererfüllt umzusetzen – Stichwort Gold Plating. Meine Damen und Herren, diese deutsche Gründlichkeit fällt uns im Moment ganz gewaltig auf die Füße.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Außerdem haben wir sehr hohe Steuern auf Unternehmensgewinne und Löhne. Wir haben sehr hohe Lohnnebenkosten sowie hohe Sozialversicherungskosten. Das ist sowohl ein Problem für die Unternehmen als auch für Fachkräfte, die wir suchen und die zu uns zuwandern wollen. Für viele ist es nicht interessant, in Deutschland zu arbeiten und zu leben, weil einem die Hälfte des Geldes, das man verdient, wieder abgenommen wird. Meine Damen und Herren, so lockt man keine Fachkräfte an.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Wir haben die fetten Jahre nicht dazu genutzt, den Staat für die vielen hochgesteckten Ziele, die wir auch im Bereich der Transformation und des Klimaschutzes haben, umzubauen und fit für die Zukunft zu machen. Stattdessen haben wir sehr viel Geld im Sozialstaat umverteilt. Das muss man in der Deutlichkeit sagen. Wir haben sehr viel Interventionspolitik betrieben. Das gilt insbesondere für den Energiebereich. Wir haben den Staat immer stärker gemacht. Zwar war das in Zeiten der Corona-Politik erforderlich, aber jetzt müssen die Folgen wieder zurückgeschraubt werden. Das heißt: Wir haben die Staatsquote seit Corona um fast 6 % erhöht. Wir liegen jetzt bei fast 50 %. Das müssen wir wieder zurückschrauben. Das kostet uns wahnsinnig viel Geld.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Seien wir doch einmal ehrlich: Wo kommt diese strukturelle Krise her? – Meine Damen und Herren, Sie haben es im Bund nicht geschafft, einen vernünftigen Haushalt aufzustellen. Dort klafft ein Loch in Höhe von 65 Milliarden Euro. Im Prinzip fällt uns allen dieses Loch auf die Füße. Es hemmt uns, Dinge voranzutreiben, die wir dringend benötigen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Meine Damen und Herren, der Freistaat Bayern tut viel. Hubert Aiwanger hat vorhin sehr viele Beispiele genannt, die zeigen, was wir in der Automobilindustrie tun. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass sich die E-Mobilität am Markt noch nicht durchgesetzt hat. Sie ist nämlich dirigistisch von Staatsseite vorgegeben worden. Wir wollen Technologieoffenheit. Wir wollen, dass das Verbrenner-Aus zurückgenommen wird, und wollen alternative Antriebe entwickeln und untersuchen lassen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Wir wollen auch in der Elektro- und Digitalindustrie weiter vorankommen. Wir tun unheimlich viel für die Neuansiedlung von Start-up-Unternehmen. Unser Digitalminister Fabian Mehring macht einen fantastischen Job und bringt Bayern ganz weit nach vorne und letztendlich auch in die Welt. Neulich haben wir ein neues Emoticon von Bayern bis nach San Francisco geschickt. Vielleicht können wir in Zukunft auch Emojis mit dem Bayern-Symbol verschicken.

(Johannes Becher (GRÜNE): Dann geht’s aufwärts!)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Bürokratieabbau. Mit dem Ersten und dem Zweiten Modernisierungsgesetz sind wir auf dem Weg. Wir tun etwas in Bayern. Wir haben ein Ladenschlussgesetz auf den Weg gebracht. Mit der EnqueteKommission sind wir dabei, richtig viele Vorschläge zu erarbeiten, wie wir Bayern moderner, schneller, schlanker und einfacher machen können. Deswegen bleibt es dabei, dass nicht der Freistaat Bayern, sondern in erster Linie der Bund einen Richtungswechsel in der Wirtschaftspolitik voranbringen muss. Das haben letztendlich die Protagonisten der Ampel erkannt. Deswegen haben sie ihr Regierungsbündnis aufgekündigt. Am Ende ist die Ampel an den Stellschrauben der Finanz- und Wirtschaftspolitik gescheitert. Das muss man ganz deutlich so sagen. Für den Kurswechsel ist es jetzt entscheidend, unternehmensfreundlich zu denken und Wirtschaftsentwicklung, Innovationskraft und Transformation nicht gegeneinander auszuspielen. Stattdessen müssen wir sie in Einklang miteinander bringen. Das brauchen wir, um den Wohlstand im Land zu erhalten.

Wir müssen gesellschaftlich akzeptierte Lösungen finden. Diese ergeben sich gerade nicht durch staatlichen Dirigismus und staatliche Vorgaben. Wir müssen den Marktkräften wieder mehr vertrauen und ihnen mehr Verantwortung übergeben, um die Technologien weiterzuentwickeln, mit denen wir in Zukunft leben werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Meine Damen und Herren, die Politik muss auch die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen. Leistung und Fleiß müssen wieder mehr ins Zentrum gerückt werden. Das sind die Tugenden, die unser Land groß und wirtschaftlich erfolgreich gemacht haben. Leistung muss sich wieder lohnen. Wer sich anstrengt, muss deutlich mehr in der Tasche haben als derjenige, der staatliche Transferleistungen bezieht. Die Beschwerden der Unternehmen müssen von der Politik ernst genommen werden. Wir müssen den Bürokratieabbau weiter massiv vorantreiben. Wir müssen darauf setzen, dass der Staat in der Sozial- und Ordnungspolitik wieder mehr tätig ist; er sollte sich nicht in jeden Wirtschaftsbereich einmischen und in jedes Unternehmen bis ins Detail hineinregieren. Das kann nicht Sinn und Zweck einer Wirtschaftspolitik sein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Wir brauchen mehr Flexibilität bei den Beschäftigungsverhältnissen. Wir müssen das Arbeitszeitgesetz anpassen, es passt nicht mehr in diese Welt. Auch an dieser Stelle haben wir Gold Plating betrieben. Lasst es uns wenigstens so weit zurückschrauben, dass es in die EU-Verordnung passt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Wir müssen uns künftig auch über einen Politikstil einigen. Hickhack und Streit, wie ihn die Ampel-Regierung seit mehr als drei Jahren begleitet hat, schürt nur Unverständnis und Unmut bei den Wählerinnen und Wählern und stärkt die Parteien an den Rändern. Demokratische Parteien müssen in der Lage sein, miteinander kultiviert umzugehen und um die besten Ideen zu ringen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Das Land braucht jetzt Einigkeit. Umso mehr verwundert es mich, dass sich die Hauptprotagonisten des Ampel-Streits, nämlich Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Habeck und Ex-Finanzminister Lindner, jetzt im Wahlkampf erneut um Spitzenämter bewerben. Das scheint mir nicht der richtige Weg zu sein, da dieses Land doch im Moment nach Veränderung ruft.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Meine Damen und Herren, machen wir uns auf, bringen wir das Land wieder auf Kurs – anpacken für Bayern, anpacken für Deutschland!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Herzlichen Dank. – Die nächste Rednerin ist für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Kollegin Stephanie Schuhknecht. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es immer wieder beeindruckend, wie die Staatsregierung jedes Mal den Spagat schafft, die bayerische Wirtschaft einerseits über den grünen Klee zu loben und andererseits den Eindruck zu erwecken, dass wir vor einem völlig kaputten Land stehen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Deutschland ist kaputt, Bayern nicht!)

Das haben Sie nicht gesagt.

Meine Kollegin Katharina Schulze hat schon klargemacht, dass nicht alles schrecklich ist und wir die Situation nicht schlechterreden dürfen, als sie ist. Die mangelnde Bereitschaft, die richtigen Schritte in Bayern zu gehen, ist jedoch ein massives Problem. An dieser Stelle unterstütze ich meine Vorrednerin. Unser Problem in Bayern lautet: Wankelmütigkeit sowie wechselnde und unklare Zielvorgaben. Bayern will die Klimaneutralität bereits fünf Jahre vor dem Bund erreichen, hat jedoch keine klaren Ziele und Maßnahmenpakete ins Klimagesetz geschrieben. Ich frage Sie: Wie soll das funktionieren?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Gleiche gilt für die Atomenergie. Als Sie selbst in der Regierung waren, wollten Sie die Atomkraftwerke abschalten. Sie haben sogar mit dem Rücktritt gedroht, falls dies nicht passiert. Schließlich gab es ein ewiges Hin und Her. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wurde ausgebremst. Der Netzausbau wurde ebenfalls ausgebremst, blockiert und torpediert. Obwohl wirklich alle sagen, der Wiedereinstieg in die Atomkraft wäre schon aus wirtschaftlicher Perspektive Unsinn, wird dieses Ding wieder aus der Mottenkiste gezogen. Es ist wirklich unglaublich.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Als drittes Beispiel nenne ich das Gebäudeenergiegesetz; das wurde heute schon mehrfach genannt. Dieses ist im Jahr 2019 in Regierungsverantwortung von der Union mitbeschlossen worden. Die Fortschreibung hat man aus der Opposition heraus als "Heizungshammer" diffamiert. Man hat das ganze Land kirre gemacht. Trotz des Dauerbeschusses haben wir es mit gemeinsamer Anstrengung geschafft, auf eine neue und wirklich gute Förderkulisse zu kommen. Eine Förderung von über 70 % ist möglich. Es ist wirklich ein Lob wert, dass wir das hinbekommen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir waren mit dem Wirtschaftsausschuss auf Informationsreise in Berlin. Dort haben wir uns die aktuellen Zahlen geben lassen. Es liegen jetzt schon über 20.000 Anträge aus Bayern für den Heizungstausch und die Umstellung auf klimafreundliche Heizungsformen mit über 300 Millionen Euro Fördervolumen bei der KfW. Ich bin mir absolut sicher, dass noch viel mehr Anträge kommen werden.

Bei meinem Besuch letzte Woche bei der Innung Spengler, Sanitär- und Heizungstechnik München wurde mir ganz klar ein Wunsch mitgegeben – wir haben vorhin schon über das Handwerk gesprochen –, mir wurde ganz klar gesagt: Bitte keine Änderungen mehr an diesem Gesetz. Es muss jetzt Ruhe in den Markt. Unsere Handwerkerinnen und Handwerker kommen jetzt gut mit den neuen Regelungen zurecht. Was ist Ihre Antwort darauf? – Sie wollen das Gesetz ersatzlos streichen. Das verursacht wirklich Verunsicherung und ist Gift für unser Bayern an dieser Stelle.