Aber im Ernst: Diese Änderung ist ein Fehler. Öffentliche Ehrenämter, das sind die Arbeit als ehrenamtliche Richterin, als Gemeinderatsmitglied, als ehrenamtlicher Bürgermeister, aber zum Beispiel auch als Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ministerinnen und Minister sollten sich auf ihren Job konzentrieren, statt sich auch noch in öffentliche Ehrenämter zu verstricken. Wir brauchen die ganze Energie und die ganze Kreativität des Kabinetts, um das Land wirklich voranzubringen, und keine fragwürdigen Verbandlungen in Verbände oder auch noch die Aufweichung der Gewaltenteilung. Wir brauchen keine dubiosen Nebenrollen für unsere Minister. Wir wollen diese Passage streichen. Machen Sie das mit uns, und kümmern wir uns um die echten Ehrenamtlichen.
Ehrenamt – da denke ich auch immer an die vielen Feste, an die Umzüge, bei denen ich sehr gerne bei mir daheim, aber auch in ganz Bayern dabei bin. Wir alle hier wissen: Markus Söder ist das auch. Aber mit genug Zeit ist er bei den Festen meistens nicht. Ja, das merkt man auch an diesem Gesetzesentwurf. Würde er mit all den ehrenamtlichen Sportler:innen, Musiker:innen und Feuerwehrlern genug
Ehrenamtliche haben doch endlich echte Entlastung verdient. Jugendleiterinnen und Jugendleiter sollten deshalb für eine Weiterbildung Ehrenamtsurlaub bekommen und nicht ihren Erholungsurlaub dafür aufwenden müssen.
Wir sollten jetzt gemeinsam weitere Schritte gehen und nach diesen ersten Schritten, die ich gelobt habe, endlich die Ehrenamtlichen entlasten. Starten wir gemeinsam durch und setzen uns vor allem auch für junge Leute ein, die sich für andere junge Leute engagieren, Gruppenstunden abhalten und Co. Es braucht einen Ehrenamtsurlaub.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir brauchen, ist weniger Symbolpolitik und mehr konsequente Unterstützung, die Bürokratie abbaut. Wir brauchen den richtigen Schritt nach vorn. Vernetzen wir also alle Schulen mit den Vereinen, die sich zum Beispiel dringend und liebend gern in die Ganztagsbetreuung einbringen und etwas für die Schülerinnen und Schüler anbieten wollen. Setzen wir auf mehrjährige Förderungen für die Vereine, die nicht jedes Jahr Lust haben, Dinge zu beantragen und am Ende auch noch zu zittern, ob sie ihr Projekt weiterführen können. Ganz klar ist: Die Vereinspauschale hier im Land muss doch in diesen Zeiten endlich digital beantragt werden können.
Sie sehen, wir können gemeinsam noch richtig viel für die Ehrenamtlichen tun, damit aus Dank und Lob auch echte Unterstützung wird. In diesem Sinne danke ich allen Ehrenamtlichen, die Tag für Tag Großartiges leisten. Machen wir jetzt hier unseren Job und schmieren das Rad, das die Ehrenamtlichen jeden Tag so spitze drehen.
Danke schön, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin ist für die Fraktion der FREIEN WÄHLER die Kollegin Gabi Schmidt. Sie haben das Wort.
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrter Herr Staatsminister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich dachte, wir gehen mit einer Harmonie in diese großartige Gesetzgebung, weil das Vertrauen unserer Ehrenamtler bestätigt werden muss. Natürlich haben sich die Anforderungen im Ehrenamt gewandelt. Junge Menschen sind mobiler, sie sind nicht ewig in derselben Vereinigung, wir gehen absolut fit in den Ruhestand und können im Alter, was eigentlich kein Alter ist, noch gut ein Ehrenamt ausfüllen.
Jetzt muss ich aber gleich auf Sie eingehen, Frau Lettenbauer: Wir haben sehr vieles gemacht. Wo ist denn im Bund die Anpassung des Vereinsrechts? Wo kommt denn da was? Wo sind denn Ihre Leute im Ehrenamt? Ich war neulich auf einem Kinder- und Jugendfeuerwehrtag. Die stellvertretende Landrätin von den GRÜNEN erzählte den Kindern: Es ist ja nett, dass ihr Feuerwehr macht, aber ihr könntet auch etwas Sinnvolles im Umweltschutz machen. – 14 Tage später hat die Dame ihre Karibikkreuzfahrt angetreten; dann muss man sagen: Das passt auch nicht zusammen.
Bei uns funktioniert nämlich gar nichts ohne Ehrenamt. Nein, wir sind so gut, weil wir alle im Ehrenamt sind. Ich freue mich über jeden Minister und jede Ministerin,
der oder die ehrenamtlich tätig ist. Wir waren gestern auf einer Veranstaltung mit Herrn Herrmann. Ich würde mich freuen, wenn er die Reservisten ehrenamtlich vertreten würde. Das sind auch Leute, die in ihrer Freizeit bereitstehen. Er würde es auch können. Was spricht denn dagegen, Frau Lettenbauer? Haben Sie Angst – Minister sind ja weit weg –, dass keiner die Fähigkeiten hat? Bei uns wären sie da. Ich finde es sehr gut, dass man diese Erfahrung mitbringen kann, wenn man in der Politik verhaftet ist.
Natürlich ist es wichtig, dass auch diese Erleichterungen, über die mein Kollege gerade alles gesagt hat, digital abrufbar sind. Es kann doch nicht sein, wenn ich heute Vereinsvorsitzende sein will, dass ich das in der Stadt nicht ohne große Wohnung machen kann, weil ich allein einen Raum voll Aktenordnern habe. Das haben Sie im Schützenbereich, das haben Sie bei der Feuerwehr, das haben Sie überall.
Fangen wir einmal Sonntagfrüh in Bayern an: Meistens geht man in die Kirche, da geht es schon mit dem Ehrenamt los. Sie ist ohne Ehrenamtliche nicht einmal aufgesperrt. Mesner, Ministranten, Kirchenvorstände arbeiten alle ehrenamtlich. Dann geht es an die Feuerwehrübungen nach der Kirche. Das sind Menschen, die nicht nur ihre Zeit schenken, sondern auch ihre Gesundheit und ihre mentale Gesundheit aufs Spiel setzen, weil dieses Ehrenamt eben wirklich anspruchsvoller als früher ist. Früher ist eine Scheune abgebrannt, heute haben wir schlimme Verkehrsunfälle und Hochwasser. Ein Brand in einem landwirtschaftlichen Betrieb sieht ganz anders aus als noch vor hundert Jahren, weil wir Gefahrgüter haben. Da gilt es, Danke zu sagen und zu erleichtern.
Natürlich muss sich auch die kommunale Familie zusammensetzen und schauen, was sie verändern kann. Ich glaube, wir haben allein bei mir in der Region 20 verschiedene Ausschankgebühren für Vereine, weil jede Gemeinde einen anderen Satz hat; auch daran muss man gehen. Es wurde Artikel 121 BV betont; ich kann Ihnen sagen: Es heißt ja, 39,5 % der Deutschen sind im Ehrenamt, aber in Bayern sind es noch viel mehr. Wir sind laut Statistik bei 41 %.
Die meisten in Bayern haben mehr als ein Ehrenamt – allein wenn ich Sie frage, liebe Kolleginnen und Kollegen, wer mehr als ein Ehrenamt hat –, sei es die Pflege der Grünanlage nebenbei im Gartenbauverein, neben dem Elternbeirat und neben diesem und jenem. Ich glaube, wenn wir die Mehrfachehrenämter zählen, sind wir bei weit über 60 %. Es ist mir wichtig, das als Ehrenamtsbeauftragte der Staatsregierung über die nächsten Jahre sichtbar zu machen.
Wir müssen dieses Gesetz jetzt anpacken, weil wir auch viele Menschen haben, die ihre Zeit lieber auf der Couch verbringen und sich dann an ehrenamtlichen Tätigkeiten reiben, dass die Feuerwehrübung zu laut ist, dass das Straßenfest vom Ortsverein zu laut ist, dass dieses und jenes nicht passt. Das sind aber meist die Menschen, die ihre Zeit gern ohne andere Menschen verbringen. Vor denen müssen wir unsere Ehrenamtlichen schützen und diese Menschen vielleicht irgendwann einmal von ihrem Sofa abholen; denn Bayern funktioniert nur mit dem großen Herzen des Ehrenamts.
Ich könnte noch ewig weitermachen. Selbst in der Selbsthilfe, im Gesundheitssystem – überall haben wir Ehrenamtliche: Wir haben Besucherdienste für alte und kranke Menschen in den Krankenhäusern usw. Ich habe den Ehrgeiz, Ihnen das in den nächsten Jahren noch mehr aufzuzeigen. Ich wünsche uns gute Verhandlungen. Wir sind für alles offen, was dieses Gesetz noch verbessert. Ich bedanke mich bei der Regierungskoalition für die gute Zusammenarbeit. Ein "Vergelts Gott" an die Ehrenamtlichen, weil ich weiß: Heute sitzen ganz viele dort oben, stellvertretend für ganz Bayern.
Danke schön, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin ist für die SPD-Fraktion die Kollegin Ruth Waldmann. Frau Kollegin Waldmann, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Die vielen Millionen ehrenamtlich Aktiven sind das Rückgrat unserer Gesellschaft; ohne sie geht in wesentlichen Bereichen nichts.
Ihre Arbeit ist unglaublich wertvoll, im wahrsten Sinne des Wortes unbezahlbar, und sie halten unsere Gesellschaft zusammen und lebendig. Herzlichen Dank für ihr großartiges freiwilliges Engagement.
Das Ehrenamt in Bayern ist bedeutsam. Es braucht Unterstützung, Förderung und an vielen Stellen eine wirksame Entlastung. Nicht nur am Runden Tisch, sondern auch in unseren Bürgerbüros erreichen uns doch regelmäßig Hinweise und Hilferufe, dass viele am Limit sind und Sorgen haben in Bezug auf den Fortbestand ihrer Organisationen oder Projekte. Das hat mit Nachwuchs- und Personalgewinnung zu tun, vor allem aber mit bürokratischen Hürden und fehlender Planungssicherheit bei Finanzen und rechtlichen Fragen.
Es gibt also wirklich viel zu tun, und da legen Sie uns allen Ernstes einen Gesetzentwurf vor, der reine Symbolpolitik ist, keine echten Hilfen bringt und vor allem am Ende Ihnen selbst nützt! Die Mitglieder der Staatsregierung sollen wieder mehr ehrenamtliche Posten übernehmen können. Das halten Sie anscheinend für besonders dringend, aber alle anderen Hinweise, beispielsweise, Herr Staatskanzleiminister, des Landesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement – das ist die dezentrale Organisation, in der das gebündelt wird –, in der Verbändeanhörung, haben Sie in den Wind geschlagen.
Dazu gehört eine Erhöhung der Ehrenamtspauschale, angelehnt an die Übungsleiterpauschale, einheitliche Förderrichtlinien und Buchungstechnik, damit man nicht einen Großteil der Arbeit mit Papierkram verbringen muss, was übrigens viele davon abschreckt, verantwortungsvolle Ämter dauerhaft zu übernehmen.
Es gibt eine ganze Reihe weiterer dringender Hinweise. Normalerweise werden in Bayern 10 % Eigenmittel von Fördergeldempfängern verlangt, aber die meisten erwirtschaften doch gar nichts, sondern stecken vor allem ihre Arbeit hinein. Also sollten sie doch wenigstens ihren Anteil an Eigenmitteln in Arbeitsleistung statt in Geldmitteln erbringen können. Das geht in anderen Bundesländern schon, in Bayern kaum. Der Bund fördert übrigens zunehmend große Projekte ohne Eigenmittelanteil; da geht das auch. Meist kann der Eigenmittelanteil in Bayern auch gar nicht durch Mittel aus Stiftungen oder von örtlichen Kommunen, von denen man Gelder bekommen kann, ersetzt werden, weil die als sogenannte Drittmittel gelten. Es sollte außerdem einheitliche Bagatellgrenzen und Vereinfachungen bei Förderungen geben, bei denen oft Nachweis und Prüfaufwand höher sind als der Förderbetrag. Das sind doch die Probleme.
All diese und noch mehr Hinweise und Forderungen sind mehrfach an die Staatsregierung herangetragen worden. Anstatt sich um diese wichtigen Themen zu kümmern, speisen Sie in Ihrem Gesetzentwurf die Ehrenamtlichen mit Erleichterungen bei wiederkehrenden Feiern ab. Das ist ja schön, aber das reicht eben nicht.
Ganz ehrlich, dass Sie sich für so wenig so sehr selbst loben, ist beschämend. Es ist auch zu befürchten, dass sich viele Engagierte da nicht ganz ernstgenommen fühlen, wenn schon großmächtig ein Gesetzentwurf zur Erleichterung des Ehrenamtes angekündigt wird und dann das dabei herauskommt. Was ist denn mit solchen Themen wie zum Beispiel freie Fahrt im öffentlichen Personennahverkehr, Entlastung bei Haftungsfragen? Dass Behörden angehalten sind, das Ehrenamt zu fördern, ist doch eine Selbstverständlichkeit. Schließlich ist die Förderung des Ehrenamts als Staatsziel in die Bayerische Verfassung aufgenommen worden, übrigens durch die Bürger in einem Entscheid.
Danke schön, Frau Kollegin. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist hiermit geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall, dann ist das so beschlossen.
Begründung und Aussprache werden nicht miteinander verbunden. Zur Begründung erteile ich dem Herrn Staatsminister Dr. Florian Herrmann das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Ersten Modernisierungsgesetz Bayern setzt die Staatsregierung einen klaren Kontrapunkt gegen die Lähmungserscheinungen in Deutschland. Die Bundesrepublik steckt mitten in einer Wirtschaftskrise. Als Standort wird Deutschland immer unattraktiver. Das hat verschiedene Gründe.
Ein Zwischenruf von den GRÜNEN beim Thema Wirtschaftskrise und warum wir in eine Sackgasse fahren ist besonders unangebracht, weil sie die Hauptverursacher dieser Entwicklung sind.
Bei dem Thema will ich aber jetzt nicht polemisch über die Bundesregierung reden, obwohl es viele Gründe dafür gäbe, sondern mir geht es jetzt um die Sache. Vielleicht geht es Ihnen auch einmal um die Sache, irgendwann. Dieses Thema wäre es jedenfalls wert, dass man in Ruhe darüber spricht; denn ein Grund für die Unattraktivität des Standorts, für das sinkende Vertrauen von Bürgerinnen und Bürgern und von Unternehmerinnen und Unternehmern in die Handlungs- und Leistungsfähigkeit sind bürokratische Hemmnisse. Deutschland, die Bürger, aber auch die Unternehmen ächzen unter einer Last von Vorschriften. Wir müssen dagegen angehen – ein immerwährender Prozess und ein immerwährender Auftrag. Alle Generationen von Politikerinnen und Politikern haben Entbürokratisierung betrieben. Gleichzeitig sind immer wieder neue Regeln entstanden. Diesen Teufelskreis müssen wir tatsächlich durchbrechen, weil sonst das Vertrauen der Menschen in
die Leistungsfähigkeit unseres Staates immer weiter sinkt. Wir brauchen einen schlankeren Staat, damit sich unternehmerische und – wie wir es vorhin schon besprochen haben – ehrenamtliche Kräfte wieder stärker entfalten können.
Das Erste Modernisierungsgesetz – der Titel "Erstes Modernisierungsgesetz" zeigt, es werden ein zweites, ein drittes Gesetz, weitere Gesetze folgen – ist Teil eines Bayern-Updates, für das Ministerpräsident Dr. Söder am 13.06. mit seiner Regierungserklärung den Startschuss gegeben hat. Wir haben dann zwölf Tage später im Kabinett eine Reihe von Modernisierungsgesetzen auf den Weg gebracht. Wir haben diesen Gesetzentwurf dem Landtag noch vor dem Sommer zugeleitet, sodass wir heute in der Ersten Lesung darüber sprechen können. Alsbald folgen dann das zweite und das dritte Gesetz. Ich freue mich auf die Beratungen.
Es ist begrüßenswert, dass es die Enquete-Kommission des Landtags gibt, die sich mit diesem Thema sehr intensiv beschäftigt; denn alle guten Vorschläge sind willkommen. Alles ist gewünscht und gut, was dazu beiträgt, Bürokratie zu reduzieren.
In diesem Gesetz geht es im Schwerpunkt zum einen um das Baurecht und zum anderen um das allgemeine Dienstrecht. Das wird sicherlich im Detail diskutiert werden. Wichtig ist mir, gewissermaßen am Anfang dieser Auseinandersetzung im Landtag, in der Enquete-Kommission, in den Ausschüssen und im Plenum mit dem Thema Entbürokratisierung das Mindset deutlich zu machen oder den Spirit, der hinter allen Entbürokratisierungsüberlegungen stehen muss. Dabei muss sich vor allem unser eigenes Mindset und das unserer Gesellschaft ändern.