Genau. Na ja, man muss einfach mal in die Gesetzesgrundlage schauen. Es wird für die verschiedenen Schularten völlig unterschiedlich gehandhabt. Entweder traut man den Lehrkräften in unterschiedlichen Schularten nicht zu, unterschiedliche Entscheidungen zu treffen, oder ich frage mich einfach, warum es so ist.
(Michael Hofmann (CSU): Sie wollen es doch verbieten! – Tanja Schorer-Dremel (CSU): Sie wollen es doch verbieten! – Volkmar Halbleib (SPD): Ihr wollt den Dialog verbieten! Das ist doch die Wahrheit!)
Frau Kollegin Bäumler, es liegt noch eine Meldung zu einer zweiten Zwischenbemerkung vor, und zwar von Herrn Kollegen Felix Locke, FREIE WÄHLER.
Sehr geehrte Frau Kollegin Bäumler, schade, Sie hätten jetzt Ihre Redezeit dazu verwenden können, uns zu überzeugen, warum
Exen vielleicht auch abgeschafft werden können. Aber Sie haben tatsächlich über zwei Drittel Ihrer Redezeit darauf verwendet, einen Keil zwischen die Regierungsfraktionen zu treiben.
Ich habe zwei konkrete Fragen: Erstens. Haben Sie als Pädagogin also nie das Mittel der Abfrage genutzt, um den Lernstand der Kinder zu kontrollieren? Zweitens. Die Petition und auch die Diskussion, die Sie führen, klingen ja so, als ob wir durch Exen und auch durch Abfragen eine Gesellschaft erziehen, die nur noch Burnout und sonst nichts bekommt.
Ich glaube, es ist im Gegenteil eher so, dass es uns allen, die wir hier sitzen, nicht geschadet hat, durch unser Schulsystem auch mit Exen und Abfragen zu gehen.
Ich möchte drei Dinge erwähnen, zum einen: Schön, dass Sie mal wieder Berlin ansprechen, auch wenn Bildungspolitik natürlich ein grundständig bayerisches Thema ist. Hauptsache, man kann mal wieder nach Berlin zeigen; vielen Dank dafür.
Zum anderen kann ich sagen: Ja, ich habe Abfragen verwendet, und zwar solange ich musste, nämlich im Referendariat, als mir meine Seminarlehrer beigebracht haben, wie Abfragen funktionieren. Ab dem Zeitpunkt, als ich mein Referendariat beendet hatte, habe ich auf Abfragen verzichtet.
Ich frage mich schon, was Sie damit bezwecken, eine Frage zu stellen, eine Antwort zu erhalten und dann zu sagen, Sie glauben das eh nicht. Das ist tatsächlich lächerlich.
(Beifall bei der SPD – Felix Locke (FREIE WÄHLER): Sie beschränken die Möglichkeiten der Pädagogen; das ist der Punkt!)
Vielen Dank, Frau Kollegin Bäumler. – Das Wort hat Frau Kollegin Gabriele Triebel für BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.
So, hallo zusammen, jetzt beruhigen wir uns mal. Alle Hefte und Bücher und natürlich auch Handys unter die Bank. Wir schreiben eine Ex.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Vizepräsident, die meisten von uns können sich an das Gefühl bei dieser Ankündigung im Klassenzimmer noch ganz genau erinnern.
Zum einen hat es sehr viel Verunsicherung ausgelöst: Hab ich zu viel gelernt? Habe ich das Verkehrte gelernt? Habe ich genug gelernt? Das war eigentlich das Geringste, meistens war das Gefühl Verunsicherung, Angst und manchmal auch Panik.
Es gibt wissenschaftliche Studien, das hat die Kollegin gerade gesagt, die genau diese Situation in der Schule in den Blick genommen haben und zum Schluss kommen, dass unangekündigte Leistungsnachweise, die benotet werden, außer Angst nichts bringen.
Jetzt gibt es die Petition einer 16-jährigen Schülerin, die genau diese Situationen in der Schule abschaffen möchte. Mit diesem Anliegen steht die Schülerin nicht allein. Sie wird von Elternverbänden, auch von der LEV der Gymnasien und dem BLLV unterstützt. Ministerpräsident Söder, unser neuer Kultusminister, haut gleich die Ansage heraus, dass diese antiquierte Art von Prüfung bleiben muss. Keine Widerrede, setzen, sechs!
aber wir erwarten von einem künftigen Mitarbeiter zum Beispiel eines mittelständischen Betriebs doch nicht, dass er sich zur Lösung einer Aufgabe für 60 Minuten nur mit Papier und Stift ins Büro setzt, ohne Rücksprache mit Kolleg:innen zu halten, ohne im Internet zu recherchieren oder einen Computer zu nutzen, aber das genau verlangt Minister Söder von unseren Schülerinnen und Schülern. Das geht doch völlig an der Realität vorbei.
Dem Ministerpräsidenten macht es dabei auch nichts aus, seine Ministerin Anna Stolz wie ein kleines Schulmädchen abzukanzeln, wo sie doch schon auf dem richtigen Weg ist; denn sie spricht bereits wie gestern bei der Vbw von einer anderen, zukunftsorientierten Prüfungskultur, die mehr Freiraum zum Lernen durch intrinsische Motivation gibt und damit Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit fördert, die der Flut der schriftlichen Noten Einhalt gebietet. Zu Corona-Zeiten haben wir es doch schon ausprobiert; damals haben wir den Schulen einen Korridor gegeben, wie viele Leistungsnachweise sie schreiben können, und siehe da: Die bayerische Bildungspolitik, das bayerische Schulwesen, ist nicht dem Untergang geweiht gewesen.
Eine neue Prüfungskultur schaffen wir aber nicht durch das Festhalten an allen Prüfungsformaten aus dem letzten Jahrhundert, sondern mit einem modernen Leistungsbegriff und Testwesen. Ich verdeutliche an einem Beispiel, wie das aussehen könnte: In Deutsch steht das Schreiben einer Argumentation an. Dafür können die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel in die Schulbibliothek gehen, dort alle Hilfsmittel wie Bücher, Internetrecherche und natürlich die eigenen Aufzeichnungen verwenden. Danach können sie sich mit den Mitschüler:innen austauschen und führen eine Diskussion über ihre Argumente, welche denn am besten sind. Anschließend schreiben Sie allein die Arbeit. So sehen zukunftsfähige Prüfungen aus. Damit werden nebenbei auch noch das kritische Denken, das Sozialverhalten und die Teamfähigkeit der Schülerinnen und Schüler gefördert.
Wir müssen natürlich die Chancen der Digitalisierung viel mehr in den Blick nehmen. Gerade mit digitalen Hilfsmitteln können Schülerinnen und Schüler ein unmittelbares Feedback zu ihrem Leistungsstand erhalten, was Lehrkräfte erstens so gar nicht leisten können und sie zweitens entlasten wird. So kann und soll eine neue Leistungsmessung in der Schule aussehen, die den Schülerinnen und Schüler keinen Angstschweiß mehr auf die Stirn treiben muss.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sind in unserer Schule, in unserer Schulpolitik doch schon viel weiter als mit der reinen reproduktiven Wissensabfrage, die benotet wird. Mit einem modernen Leistungsbegriff stellen wir den Transfer von Wissen, eigene Ideen, Teamfähigkeit, Sozialverhalten, Kreativität und Entwicklung der Persönlichkeit in den Vordergrund. Das ist genau, was unsere Kinder und Jugendlichen im künftigen KI-Zeitalter brauchen. Was sie auf jeden Fall nicht brauchen, sind Basta-Ansagen vom Ministerpräsidenten, der meint, die eigene anekdotische Evidenz aus dem letzten Jahrhundert reicht aus, um gute Bildungspolitik zu machen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Triebel. – Es liegen zwei Meldungen zu Zwischenbemerkungen vor. Die erste kommt von Frau Kollegin Tanja Schorer-Dremel, CSU-Fraktion.
Werte Kollegin, ich komme auf die Lehrerinnen und Lehrer zurück, die an unseren Schulen unterrichten. Da ich selbst Lehrerin bin, ist es mir schon wichtig, die hohe Fachlichkeit und auch das Verantwortungsbewusstsein unserer Kolleginnen und Kollegen in den Mittelpunkt zu stellen.