Protocol of the Session on July 17, 2024

Nicht ganz so lapidar sind zwei weitere Änderungen. Zum einen betrifft das die Frage, wer in Zukunft bei einer konstituierenden Sitzung als Alterspräsident die Sitzung leiten soll. Bisher war es so, dass es nach dem Lebensalter gegangen ist. Ich will jetzt nicht darüber spekulieren, ob das gegenüber Jüngeren diskriminierend war oder nicht. Insgesamt – so können wir festhalten – ist es durchaus sinnvoll, wenn diejenigen mit der längsten Erfahrung im Parlament die Sitzung leiten. Der Anknüpfungspunkt ist wohl von vielen nachvollziehbar; denn die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen haben in der Hinsicht so viel mitgemacht, dass sie mit Unterstützung des Landtagsamts eine konstituierende Sitzung mit Sicherheit hervorragend leiten können. Deswegen gehen wir weg von dem Gedanken des Alterspräsidenten nach Lebensalter und hin zum Alterspräsidenten nach Dauer der Zugehörigkeit.

Wir müssen noch eine weitere Entwicklung nachvollziehen: die von uns vorgenommenen Änderungen im Abgeordnetengesetz in Zusammenhang mit den Ordnungsmaßnahmen. Dazu gab es hinreichend Diskussionen. Im Grunde erübrigt es sich, hier noch einmal die einzelnen Ordnungsmaßnahmen im Detail aufzuführen; die Diskussion haben wir schon bei der Änderung des Abgeordnetengesetzes geführt. Wir zeichnen das hier schlicht und einfach nach, projizieren das auch auf die Ausschüsse, was ganz wichtig ist, weil die eine oder andere Entscheidung letztlich nicht allein von der Sitzungsleitung zu treffen ist, sondern von einer übergeordneten Instanz. Wir haben in der Hinsicht sichergestellt, dass bestimmte förmliche Verfahren, wenn Ordnungsmaßnahmen verhängt werden, von jeder einzelnen Abgeordneten bzw. jedem einzelnen Abgeordneten ergriffen werden können, um später vielleicht ein Rechtsbehelfsverfahren, ein Rechtsmittelverfahren anzustrengen. Auch deswegen müssen wir das in der Geschäftsordnung regeln.

Ich behalte mir noch etwas Redezeit zurück für den Fall, dass noch Punkte kommen, die einer Erwiderung bedürfen, aber einen kleinen Punkt will ich an der Stelle schon noch bringen: In der Diskussion um die Änderung des Abgeordnetengesetzes gab es die Kritik, man würde hier Meinungsfreiheit beschneiden und die freie Mandatsausübung. Ich muss jetzt sagen: Frau Präsidentin, wir haben hier in den letzten Wochen und Monaten, seitdem das Abgeordnetengesetz geändert worden

ist, eine wohltuende Versachlichung, was Zwischenrufe angeht. Es könnte immer noch besser sein; manche führen sich hier mitunter immer noch auf wie pubertierende Halbstarke, die einen Kasten Bier ausgetrunken haben. Das muss man an der Stelle auch mal sagen. Ob das rügefähig ist bzw. ob das mit einem Ordnungsruf geahndet werden kann, ist eine andere Frage. Wir hoffen, dass wir auch diese Form unparlamentarischen Verhaltens allmählich aus dem Parlament vertreiben können. Ich kann jedenfalls feststellen: Wir haben eine Verbesserung, seitdem das Abgeordnetengesetz geändert worden ist. Ich hoffe, dass wir in diesem parlamentarischen geistigen Sinn weiter miteinander verfahren können. Auch wenn wir jetzt vorsorglich die Geschäftsordnung ändern, hoffe ich für uns alle, dass die Ordnungsmaßnahmen möglichst nicht zum Tragen kommen.

Ich danke den Fraktionen der demokratischen Parteien, dass wir diese Änderung der Geschäftsordnung so durchführen können, und bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der CSU, den FREIEN WÄHLERN, den GRÜNEN und der SPD)

Als nächstem Redner erteile ich dem Kollegen Jürgen Mistol für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich kann gleich da anknüpfen, wo der Kollege Hofmann aufgehört hat. Wir haben vor Kurzem das Abgeordnetengesetz geändert, um die Debattenkultur hier im Landtag zu stärken. Als Landtag vollziehen wir jetzt diese Änderungen des Gesetzes und schaffen in unserer Geschäftsordnung die erforderlichen Hebel, um einen geordneten parlamentarischen Geschäftsgang sicherzustellen.

Wir sind leider – so muss ich sagen – an einem Punkt angelangt, an dem wir mit dem Instrument der Rüge nicht mehr auskommen. Das haben wir schon diskutiert. Jahrzehntelang hat das Instrument der Rüge völlig ausgereicht, um Abgeordnete zu ermahnen, denen sozusagen "der Gaul durchgegangen" ist. Zur Ahndung von Grenzüberschreitungen, wie wir sie beispielsweise während der Corona-Pandemie von einem Abgeordneten der AfD-Fraktion erlebt haben, der bei seiner Rede eine Gasmaske getragen hat, braucht es ein schärferes Schwert.

Mit dem vorliegenden Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung geben wir dem Parlament den notwendigen Instrumentenkasten zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Würde des Landtags an die Hand: Ordnungsruf, Wortentziehung, Ordnungsgeld, Verweisung aus dem Sitzungssaal und in letzter Konsequenz den Ausschluss aus weiteren Sitzungen von Gremien des Landtags. Ich gebe dem Kollegen Hofmann recht, schon die Ankündigung der Änderung hat hier deutliche Auswirkungen gehabt. Ich hoffe, es bleibt dabei.

Wir machen den Landtag damit wehrhaft gegenüber den Feinden der Demokratie; denn leider müssen wir festhalten: Seit dem Einzug der AfD in den Landtag zu Beginn der letzten Legislaturperiode hat wirklich eine Verrohung der politischen Kultur hier im Landtag stattgefunden. Wir haben Grenzüberschreitungen erlebt, die wir nicht hinnehmen können. Auch die Debattenkultur hat wirklich enormen Schaden genommen. Die AfD schimpft, sie beleidigt, sie hetzt, sie macht demokratische Institutionen verächtlich.

All das hat bei der AfD Methode. Sie provoziert gezielt, um Schlagzeilen zu generieren. In all diesen Fällen haben wir nun eine Handhabe, um klare Grenzen zu setzen. Ich bin mir sicher, dass unsere Sitzungsleitungen, unsere Gremien, wie das Präsidium und der Ältestenrat, mit diesem Instrumentarium verantwortungsvoll umgehen werden.

(Unruhe)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Bitte stellen Sie die Zwischengespräche etwas ein. Es ist extrem laut hier drinnen. Danke.

Danke schön, Herr Präsident. – Ich gehe davon aus, dass weiterhin verantwortlich mit diesem Instrumentenkasten umgegangen wird, jeder Einzelfall wirklich sorgfältig geprüft und das Gebot der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird.

Weitere Punkte, die wir mit diesem Antrag aufgreifen, betreffen folgende Änderungen: Für die Aufgabe der Alterspräsidentin und des Alterspräsidenten wird zukünftig die Dauer der Landtagszugehörigkeit entscheidend sein. Entscheidendes Kriterium ist damit die Erfahrung im Landtag und nicht das Lebensalter. Dabei orientieren wir uns an den Regeln für den Deutschen Bundestag.

Der Antrag enthält auch eine Reihe von Änderungen vor allem redaktioneller Art und Änderungen, die bereits seit Langem bewährter parlamentarischer Praxis entsprechen, bislang aber nicht in der Geschäftsordnung verankert waren.

Technisch, das muss man schon sagen, sind wir im Bayerischen Landtag sehr fortschrittlich, indem wir die namentlichen Abstimmungen in der Regel elektronisch von den jeweiligen Sitzungsplätzen aus ermöglichen. Dieses Verfahren verankern wir jetzt in der Geschäftsordnung. An dieser Stelle dürfen wir uns auch einmal loben. Mit diesem Verfahren sind wir durchaus Vorbild für andere Landtage, die diese Möglichkeit noch nicht haben.

Wir GRÜNE wollen natürlich nicht, dass wir uns auf dem Status quo ausruhen. Ich habe es schon einmal gesagt, die Möglichkeit des grundsätzlichen Livestreamings aller Ausschusssitzungen analog zum Plenum steht für uns weiter auf der Tagesordnung; aber wir haben noch Zeit, um auch darüber noch einmal in die Debatte zu gehen.

Ansonsten bedanke ich mich für die Zusammenarbeit, dass wir zu dieser Änderung der Geschäftsordnung gekommen sind. – Danke, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es liegt noch eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Martin Huber für die AfD-Fraktion vor.

Lieber Kollege, Sie haben jetzt wunderbar geredet. Seit die AfD im Landtag ist, habe sich alles zum Schlimmeren entwickelt; aber ich sitze hier und muss mir "Parlamentsverächter" anhören, dass wir Vaterlandsverräter sind, dass wir ein Sicherheitsrisiko und Putinfreunde sind, was ich sicherlich nicht bin. Das sei alles normal, und Sie stellen sich hin und sagen, wir seien die Schlimmen, und ihr seid die Guten.

(Zuruf von den GRÜNEN: Mitgefangen, mitgehangen!)

Ich würde einmal nachdenken. So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch heraus. Das ist für mich ganz schlimm. Das Schlimmste, was ihr mir heute vorgeworfen habt, ist, Vaterlandsverräter zu sein. Da würde ich einmal nachdenken. Sie sind ja ein intelligenter Mensch. So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es normal auch heraus; aber wir halten uns bis jetzt zurück.

(Beifall bei der AfD)

Herr Kollege.

Herr Abgeordneter Huber, wenn Sie das alles problematisch finden, dann würde ich empfehlen, vielleicht darüber nachzudenken, ob Sie in dieser Fraktion richtig sind.

(Beifall bei den GRÜNEN, den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Nächster Redner ist für die SPD-Fraktion der Kollege Volkmar Halbleib. Bitte schön.

Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Änderungen der Geschäftsordnung eines Parlaments sind immer auch ein Stück weit Seismographen für die Veränderungen und Fortentwicklungen der Praxis der parlamentarischen Demokratie. Sie sind ein Seismograph dafür, vor welchen aktuellen politischen und organisatorischen Herausforderungen der Parlamentarismus steht. Sie sind ein Seismograph dafür, welche Resilienz wir in einer Parlamentsordnung gegen die Anfechtungen und Anfeindungen des Parlaments sowohl von außen als auch von innen brauchen, wenn Parlamentsverächter und Verfassungsfeinde in Parlamenten vertreten sind.

Deswegen ist es, glaube ich, immer wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Veränderungen, die wir heute vornehmen, Gründe haben. Bei den Ordnungsmaßnahmen ist schon deutlich geworden: Wir hätten all die Ordnungsmaßnahmen in dieser Form nicht gebraucht, wenn die AfD nicht im Landtag vertreten wäre. Das erklärt sich leider aus dem Verhalten der AfD von selbst.

(Widerspruch bei der AfD)

Es ist die Wahrheit. Sie müssen halt die Wahrheit auch einmal ertragen. Ohne die AfD und ihren Kurs hier im Landtag hätten wir dieses Bündel an Ordnungsmaßnahmen überhaupt nicht gebraucht.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN sowie der CSU)

Ich finde, wir können auch ein Stück weit stolz sein: Die technischen Anforderungen werden angepasst. Wir haben das von den Kollegen schon beschrieben bekommen. Wir hätten uns bei der Frage der Videokonferenzen und der Transparenz dieses Parlaments nach außen – ein ganz wichtiger Gedanke – durchaus mehr Mut vorstellen können.

Dieser Gedanke ist mit der heutigen Beschlussfassung nicht aufgegeben; aber ich glaube, wir nähern uns mit den technischen Möglichkeiten, die wir haben, einem Parlament auf der Höhe der Zeit. Man kann vielleicht in der nächsten Änderung der Geschäftsordnung einen Schritt weitergehen. Viele sinnvolle Verbesserungen, notwendige Anpassungen und Klarstellungen sind in dieser Geschäftsordnungsänderung enthalten.

Abschließend gilt: Wir werden weiter alles tun, um die Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags lebendig und auf der Höhe der Zeit zu halten. Die nächsten Möglichkeiten sind mit Sicherheit bald gegeben. Wir werden uns als SPD wie bisher einbringen. Für heute stimmen wir dieser Änderung der Geschäftsordnung mit Überzeugung zu.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Christoph Maier für die AfD-Fraktion.

Herr Vizepräsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Rund ein Dreivierteljahr nach dem Beginn dieser Wahlperiode wird jetzt die Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags geändert und angepasst. Es entspricht der Üblichkeit hier im Hohen Haus, grundsätzlich alle Fraktionen bei Änderungen der Geschäftsordnung von Beginn an mit einzubeziehen. Sie haben es in diesem Fall nicht getan. Das ehrt und adelt uns sehr. Sie haben uns völlig richtig eingeschätzt: Wir sind nicht bereit, diesen Unsinn mitzutragen.

(Beifall bei der AfD)

Ja, es sind zum Teil lediglich redaktionelle Änderungen und Klarstellungen, die der ständigen Übung hier im Hohen Haus entsprachen und jetzt in die Geschäftsordnung übernommen werden, zum Beispiel die Abstimmmöglichkeiten in Verbindung mit der technischen Verbesserung im Hohen Haus, insbesondere die Festlegung der Redezeit, wie im Ältestenrat jetzt schon praktiziert. Das geschah übrigens auch auf Anregung meiner Fraktion. Wir haben im Ältestenrat intensiv darauf hingewirkt, dass wir diese Redezeiten in der Geschäftsordnung festgeschrieben bekommen.

(Michael Hofmann (CSU): So ein Quatsch!)

Unnütz ist allerdings eine Änderung und zwar die Ersetzung des Wortes "Wahlperiode" durch "Legislaturperiode" unter dem Verweis auf die Legaldefinition. Artikel 16 unserer Bayerischen Verfassung spricht von einer Wahlperiode. Artikel 39 des Grundgesetzes spricht von einer Wahlperiode. Warum jetzt unsere Geschäftsordnung vollständig auf die Legislaturperiode wechselt, bleibt offen. Für mich sieht es danach aus, als hätte jemand seine Gehirnprothese an der Garderobe abgegeben.

(Beifall bei der AfD)

Wer keinen klaren Verstand im Kleinen hat, von dem kann auch kein klarer Verstand im Großen erwartet werden.

Völlig ungeeignet ist auch die Neuregelung beim Alterspräsidenten. Bisher waren die Regelungen nach Lebensjahren bestimmt. Jetzt sollen die Landtagsjahre hier im Hohen Haus zählen. Sie haben es ja bereits angedeutet: Das ist eine weitere indirekte Vorsichtsmaßnahme, um in den nächsten Jahren sicher keinen Alterspräsidenten der AfD hier bei der konstituierenden Sitzung oben sitzen zu haben.

Eines ist klar: Eine nochmalige Verhaftung eines gewählten Abgeordneten, bevor die konstituierende Sitzung stattgefunden hat, würde in der Tat die Zustimmung des CSU-Regimes in der Bevölkerung einbrechen lassen und Ihre Macht stark gefährden.

(Widerspruch bei der CSU – Prof. Dr. Winfried Bausback (CSU): Unverschämtheit!)

Es ist ein weiteres Zeichen der Schwäche des Kartells, dass Sie diese Maßnahmen hier treffen müssen, um ihre aktuelle Macht einzufrieren und zu zementieren. Und es wird unser bayerisches Volk sein, das diesen Machtmissbrauch in Bayern dereinst beenden wird.