Protocol of the Session on July 17, 2024

Das macht unter anderem auch CSU-Landräte wütend. So sprach Stefan Frey, Landrat des Landkreises Starnberg, in der "Süddeutschen Zeitung" vom 29. Februar 2024 davon, dass er im Jahr 2022 für die Erledigung staatlicher Aufgaben 12 Millionen Euro erhalten habe. Die tatsächlichen Ausgaben des Landkreises hätten aber 21 Millionen Euro betragen. Der Landkreis Starnberg bleibt also auf Kosten von 9 Millionen Euro sitzen. Da müssten eigentlich auch die Staatsregierung und die Regierungsparteien einsehen, dass das ein Hohn und eine himmelschreiende Ungerechtigkeit gegenüber dem Landkreis ist. Damals sagte der erzürnte CSU-Landrat gegenüber der Zeitung, dass es womöglich der bessere Weg sei, wenn der Landkreis gegen den Freistaat klage. Das wäre ein einmaliger Vorgang, der dokumentiert, dass das Fass nicht überzulaufen droht, sondern bereits übergelaufen ist.

Eine Erhebung des Bayerischen Landkreistages zeigt ebenfalls, dass es in den Landkreisgebälken gewaltig knirscht. Dieser katastrophale Missstand hat natürlich Folgen für die Kreiskommunen, weil sie eine daraus resultierende höhere Kreisumlage bezahlen müssen. Weil ich selbst seit 2020 Mitglied im Aschaffenburger Kreistag bin, kann ich Ihnen versichern, dass auch unser Landrat, Dr. Alexander Legler von der CSU, diese eindeutige staatliche Unterfinanzierung ebenfalls heftig kritisiert. Da hilft es nichts, wenn die Kollegen aus den Regierungsparteien in den Ausschüssen herunterbeten, dass die Stellen aufgestockt und Zahlungen erhöht werden würden. Der Kollege Heisl sagte im Innenausschuss am 15. Mai 2024 wörtlich: "Würde dem Antrag zugestimmt, würde dies pro Landkreis noch einmal 5 Millionen Euro an Ausgaben bedeuten." – Die Frage ist aber nicht, wie hoch die Mehrausgaben sind, sondern, ob die Forderungen der Landtage zu Recht bestehen. Das tun sie eindeutig.

Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang die enormen Kosten, die durch die Massenmigration anfallen. Wir haben das gerade schon gehört. Im letzten Jahr wurden in Deutschland insgesamt 351.915 Asylanträge gestellt. Davon waren 329.120 Erstanträge und 22.795 Folgeanträge. Die Zahl der Erstanträge er

höhte sich im Vergleich zu 2022 um 51,1 %. Im Jahr 2023 entfielen mit 50.389 Asylerstanträgen 15,3 % der Erstanträge auf Bayern. Laut Innenministerium befinden sich aktuell zusätzlich rund 160.000 Ukrainer in Bayern. Knapp ein Drittel davon sind Minderjährige. Das sind gigantische Zahlen, die die Landkreise, Städte und Gemeinden zusätzlich ins Wanken bringen. Der Wohnungsmarkt kollabiert, die Schulen quellen über, und die ärztliche Versorgung gerät an ihre Grenzen.

(Beifall bei der AfD)

Der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Thomas Karmasin von der CSU, sagte zu dem Thema am 6. März 2024 bei BR24, dass die Begrenzung und die Steuerung der Zuwanderung nach wie vor wenig vorankomme. Eine Besserung ist also nicht in Sicht. Darum lautet unsere Forderung, dass, wenn das staatliche Personal zur Erfüllung der staatlichen Aufgaben an den Landratsämtern nicht ausreicht, die Folgekosten dafür auf Euro und Cent durch den Freistaat beglichen werden müssen.

Wir stimmen daher diesem Antrag zu und erteilen den GRÜNEN damit eine Lehrstunde in Sachen Demokratie. Objektiv richtigen Anträgen stimmen wir zu, egal, von welcher Partei sie kommen, ganz im Gegensatz zu den antidemokratischen Brandmauer-Parteien.

(Beifall bei der AfD)

Nächster Redner ist der Kollege Roland Weigert für die Fraktion der FREIEN WÄHLER.

Sehr geehrtes Präsidium, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Andi Birzele, als Hauptredner dieses Tagesordnungspunkts erlaube mir zu Beginn eine Feststellung: Im ersten Absatz eures Antrags fordert ihr, dass ein Lösungskonzept erstellt wird, und dann wird im letzten Absatz der Antragsbegründung der Lösungsansatz schon festgeschrieben, nämlich ein Kostenausgleich. Mir erschließt sich nicht, warum man ein Konzept und damit die Erstellung eines Plans fordert, wenn die Grundlage, nämlich eine ergebnisoffene Analyse, nicht beabsichtigt ist.

(Widerspruch des Abgeordneten Jürgen Mistol (GRÜNE))

Deswegen ziehe ich schon mal das erste Fazit innerhalb dieser sechs Minuten Redezeit, die mir zustehen: keine Ergebnisoffenheit, sondern Vorfestlegung, leider Gottes. Im Kern ist das widersprüchlich, und deswegen ist der Antrag abzulehnen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das ist eine Frage der Konsistenz.

(Zuruf)

Wir können keinen widersprüchlichen Anträgen zustimmen.

(Tim Pargent (GRÜNE): Sehr konstruiert!)

Aber was mich und mein Herz noch viel mehr bewegt hat –

(Unruhe)

ja, doch, ich habe ein Herz, glaubt es mir –, das war diese Vorfestlegung. Sie bewegt mich wirklich, weil wir in diesem Haus den Dialog brauchen, auch mit den

GRÜNEN. Ich genieße ihn wirklich sehr; ich sage das wertschätzend. Dafür brauchen wir aber Ergebnisoffenheit; die habt ihr vermissen lassen.

Irgendwie erinnert mich das an das AKW-Aus. Da war es auch so, dass die Fachleute im Habeck-Ministerium nicht gehört und ihre Einschätzungen ignoriert wurden. Im Ergebnis gab es auch hier keine Ergebnisoffenheit. Sie ist aber so wichtig, weil Transparenz entscheidend ist. Transparenz und Demokratie bedingen sich gegenseitig. Wenn es Transparenz und Ergebnisoffenheit in der Politik nicht gibt, dann ist eine Kernschmelze des Vertrauens unwidersprochen die Folge, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abgeordneten Tim Pargent (GRÜNE))

Vertrauen ist die Währung der Politik. Deswegen brauchen wir diese Ergebnisoffenheit, die zumindest diesem Antrag fehlt. So darf man keine Politik machen und schon gar keine Finanzpolitik, Herr Staatssekretär im Finanzministerium. – Ich hoffe, Sie stimmen mir da zu. Die Finanzpolitik braucht Fundierung, Langfristigkeit und Verlässlichkeit, weil das Vertrauen der Märkte davon abhängt und die Sicherstellung der staatlichen Handlungsfähigkeit unsere Grundüberzeugung sein muss, meine Damen und Herren.

Ja, die finanzielle Lage der Kommunen ist schwierig. Das Kostenproblem ist bekannt. Immerhin war ich selbst Landrat und kenne das. Die Finanzverhandlungen zwischen dem Finanzministerium und dem Landkreistag waren immer konsensual; das muss man an dieser Stelle sagen, Herr Staatssekretär.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Deswegen bedarf es einer strukturellen Lösung anstatt eines eindimensionalen Ansatzes, meine Damen und Herren. – Lieber Kollege Arnold, ich höre Ihren Reden wirklich gut zu, weil Sie einer der besten Redner in diesem Haus sind; das sage ich mit voller Überzeugung. Sie haben vorhin bei Ihrer Rede Folgendes gesagt: Wenn etwas passiert, dann neigen wir Politiker dazu, reflexartig zu handeln, und liefern Antworten ohne Fantasie. – Dieser Antrag hat auch keine Fantasie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Deswegen muss ich Ihre Worte bemühen; ich hoffe, Sie stimmen dann entsprechend mit mir.

Meine Damen und Herren, es bleiben noch zwei Minuten Redezeit. Wir haben die Finanzlage der Kommunen betrachtet; betrachten wir auch ganz kurz die Finanzlage von Bund und Ländern. Sie ist nicht rosiger; das muss man auch sagen. Trotzdem hat Bayern beim Finanzausgleich und den Schlüsselzuweisungen wieder ein Rekordniveau erreicht; Kollege Grossmann hat es gesagt. – Dank an den Finanzminister Füracker und auch an den Staatssekretär Schöffel; denn das sagt uns, dass wir bei all den Herausforderungen und dem, was wir noch verbessern müssen, fest an der Seite der Kommunen stehen.

Die Finanzpolitik kann man nicht ohne Weiteres denken und einfach überweisen, meine Damen und Herren. Die rosigen Zeiten sind vorbei. Das wird auch der Komplexität der Aufgabe nicht gerecht. Wir als Regierungsfraktionen wollen Wohlfahrtsverluste vermeiden und Wohlfahrtsgewinne sicherstellen. Deswegen gibt es keine finanzpolitischen Schnellschüsse. Wir bezahlen nur im Nachgang einen bitteren Preis, wenn wir Fehler machen.

Bei der Hilfe der Landratsämter geht es neben dem Thema Geld, das man durchaus thematisieren kann, auch um weitere Fragen; Kollege Grossmann hat es ganz leicht angedeutet. Ich will das noch einmal ein Stück weit tiefer ausführen. Es geht um die Aufgaben und die Fragen, ob wir als Gesetzgeber von Bund und Ländern in Quantität und Qualität weiter so fahren müssen oder ob es da Änderungsbedarf gibt. Änderungen brauchen Mut, meine Damen und Herren.

Das Modernisierungs- und Beschleunigungsprogramm des Ministerpräsidenten hat genau den Mut, den wir brauchen. Dieses Modernisierungs- und Beschleunigungsprogramm ist nämlich genau die Kehrseite der Hightech Agenda und eine Programmatik für Wachstum. Das wird der finale Lösungsansatz sein, auch für unsere Kommunen.

Weil der Digitalminister gerade da ist, möchte ich auch Folgendes ansprechen; Kollege Grossmann hat es richtig gesagt: Teil der Lösung wird auch das Thema der Digitalisierung sein. Hier geht es um die Frage der Programmatik. Man möge bitte zur Kenntnis nehmen, dass die Staatsregierung auch hier tätig ist; denn der Staatsminister Mehring hat die sogenannten BayernPackages auf den Weg gebracht. Das ist ein Lösungsansatz mit den Kommunen für mehr Digitalität.

Bedenken Sie das Ende Ihrer Redezeit, Herr Kollege.

Ich bin über der Redezeit; dann habe ich das untergebracht. – Wir sind also auch hier auf einem guten Weg. Die Staatsregierung handelt –

Danke schön.

–, und wir werden weiter handeln.

Es gibt eine Meldung zur Zwischenbemerkung von Frau Claudia Köhler von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Lieber Herr Kollege Weigert, wir haben einen Antrag mit der Forderung nach einem Konzept bewusst offen gestellt, damit jeder zeigen kann, ob er Interesse hat, den Landkreisen und Kommunen zu helfen oder nicht. Sie haben trotzdem formelle Gründe für Ihre Ablehnung gefunden, ohne einen eigenen Nachzieher oder Änderungsantrag vorzulegen, dem man vielleicht hätte zustimmen können. Deswegen wollen wir Ihre Anregung und Ihren Lösungsansatz aufgreifen. Wir bieten an, den strittigen Satz zu streichen, und bitten Sie, dann zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist eine spannende Wendung. Gleichwohl fehlt dem Antrag die Substanz. Deswegen müssen wir ihn ablehnen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Verehrte Frau Kollegin, wir sind aber an dem Thema im Innenausschuss dran. Ich lade Sie gerne ein, zur Sitzung des nächsten Innenausschusses zu kommen. Dann werden wir auch mit Beitrag der GRÜNEN, die ohnehin mit drei Abgeordneten vertreten sind – und das ist auch gut so –, dort einen guten Lösungsansatz entwickeln.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Kollege Weigert. – Nächster Redner ist Herr Kollege Harry Scheuenstuhl für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, anwesende Minister! Wir diskutieren heute einen Antrag. Das ist eigentlich eine alte Kamelle. Ich stamme auch aus dem staatlichen Bereich und war im Landratsamt tätig. Seit vielen Jahren und Jahrzehnten sind die Landratsämter im staatlichen Bereich unterbesetzt; das wird auch nicht bestritten. Das muss man an dieser Stelle einfach sagen. Es gibt 71 Landratsämter. Wir haben erst eine Enquete-Kommission eingesetzt, die uns eigentlich viele Dinge erleichtern und viele Vorgänge vereinfachen soll. Das hilft uns aber nichts, wenn das Personal nicht da ist.

Es gehen schon Landkreise dazu über, selbst Personal anzustellen; dazu habe ich einige Beispiele. Es handelt sich hier nicht bloß um 10.000 Euro, sondern es geht in den Millionenbereich. Da kommt der Freistaat Bayern seinen Aufgaben einfach nicht nach. Wer bezahlt das dann? – Im Endeffekt die Bürgerin und der Bürger. Sie zahlen immer, ob staatlich oder kommunal über die Kreisumlage. Das ist sehr unangenehm; das muss man sagen. Es ist aber die Wahrheit. Zahlen muss immer die Bürgerin und der Bürger. Wenn das dann aber mit Serviceverlust verbunden ist, wenn die Leute also dann auf ihren Antrag warten müssen, weil irgendein Personal nicht anwesend ist, dann wird es langsam kritisch.

Ich darf einige Kommunen nennen: Der Landkreis München verzeichnet beispielsweise einen Verlust von derzeit circa – ich kann es fast nicht glauben – 15 Millionen Euro. Ich habe auch die entsprechende Quelle, falls es jemand nachlesen will. Der Landkreis Fürstenfeldbruck rechnet mit einem Defizit von 12 Millionen Euro; Anfang 2024 wurde dort bekannt gegeben, dass es infolge des enormen staatlichen Personaldefizits in den nächsten Monaten und Jahren zu längeren Warte- und Bearbeitungszeiten für Bürgerinnen und Bürger kommt. Ich muss es wiederholen; die GRÜNEN haben da ein Fass aufgemacht.

Der Landkreis Starnberg jammert und kündigt an, dass er gegen den Freistaat Bayern klagen will, weil Personal fehlt. Im Landkreis Kitzingen in Unterfranken beschwert sich die Landrätin über die erdrückende Last staatlicher Aufgaben. Man muss dazu stehen. Es ist ein Punkt erreicht, an dem wir reagieren und ausreichend Personal zur Verfügung stellen müssen. Dann müssen wir den Leuten auch mal die Wahrheit sagen: Wenn nicht genug Personal zur Verfügung steht, haben die CSU und die FREIEN WÄHLER das zu verantworten, weil die Regierungskoalition mit ihrer Mehrheit beschließt, wieviel Personal vorhanden ist. Wir werden auf diese Verantwortlichkeit außerhalb dieses Hohen Hauses immer wieder hinweisen. Es hilft nichts, wenn wir den Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern, den Landrätinnen und Landräten immer wieder etwas vorjammern. Wir müssen handeln. Wenn Sie dazu nicht bereit sind, dann müssen wir das zur Kenntnis nehmen. Das ist so. Ihr seid schuld, wenn eine Bürgerin oder ein Bürger auf seinen bzw. ihren Antrag länger wartet, als es notwendig wäre.

(Tanja Schorer-Dremel (CSU): Ja, ja! – Macht lieber eure Arbeit in Berlin! – Michael Hofmann (CSU): So ein Schmarrn!)