Protocol of the Session on October 10, 2019

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Herrmann. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, besonders im Hinblick auf den Inhalt dieses Tagesordnungspunktes, nämlich die Einheit Deutschlands, möchte ich die amerikanische Generalkonsulin in München, Frau Meghan Gregonis, begrüßen. Ich möchte Ihnen ausdrücklich Dank sagen. Das bayerische Volk, das deutsche Volk ist dankbar, dass Ihr damaliger Präsident George Bush senior zusammen mit Michail Gorbatschow am 2. und 3. Dezember 1989 auf Malta das grüne Licht für die Wiedervereinigung gegeben hat. Herzlichen Dank. Es ist mir ein Anliegen.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, dieser Tagesordnungspunkt ist noch nicht beendet. Wir haben den Antrag auf eine persönliche Erklärung zur Aussprache nach § 112 der Geschäftsordnung von Herrn Ralf Stadler erhalten. Herr Stadler, bitte schön, geben Sie Ihre Erklärung ab. Ich möchte nur vorweg den genannten Paragrafen kurz vorlesen, weil ich in Erinnerung rufen will, was eine persönliche Erklärung zur Aussprache enthalten darf.

§ 112 Persönliche Erklärung zur Aussprache.

Zu einer Erklärung zur Aussprache von höchstens fünf Minuten wird das Wort erst nach Schluss der Beratung erteilt. Die Rednerin oder der Redner darf nur Angriffe zurückweisen, die in der Aussprache gegen sie oder ihn geführt wurden oder eigene Ausführungen berichtigen. Sie oder er darf nicht zur Sache selbst sprechen und keine Anträge mit dieser Erklärung verbinden. Zur Gegenrede kann einem Mitglied des Landtags das Wort bis zu fünf Minuten erteilt werden. Bei mehreren gleichzeitigen Wortmeldungen entscheidet die Präsidentin oder der Präsident, wer das Wort zur Gegenrede erhält. Die Vollversammlung kann hierzu auch mehrere Rednerinnen und Redner zulassen.

Die etwas komplizierte Regelung ist hiermit dem ganzen Parlament bekannt. Sie haben jetzt das Wort, Herr Stadler, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Aufgrund der diffamierenden Angriffe gegen meine Person muss ich jetzt doch etwas sagen. Aufgrund der Falschaussagen gibt es da einiges richtig zu stellen. Herr Schuberl sagte vorher, ich zitiere: "Dafür hat er zu Recht einen Strafbefehl wegen Volksverhetzung erhalten" – Herr Kollege Schuberl, ich habe noch keinen Strafbefehl wegen irgendetwas erhalten. Es ist auch keiner beantragt oder ergangen. Das Verfahren liegt noch bei der Staatsanwaltschaft. Es liegt noch nicht einmal beim Gericht. Ob da überhaupt etwas ergeht oder jemand verurteilt wird, ist sowieso fraglich. Es gilt immer noch die Unschuldsvermutung. Das müssten Sie als Jurist doch wissen. Das ist ein essenzielles Recht im Strafverfahren, gilt aber anscheinend nicht für AfD-Politiker.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

Sie sind der wahre Hetzer hier in diesem Hause!

(Beifall bei der AfD)

Um mit Falschbehauptungen meine Person zu schädigen, ist jedes Mittel recht. Da Sie im Plenum für diese Falschbehauptungen nicht belangt werden können, verlange ich zumindest eine sofortige Entschuldigung.

Und Herr Mehring: Sie haben meine Entschuldigung angenommen und ziehen das Thema noch mal auf. Das ist schäbig, aber leider opportun.

(Beifall bei der AfD – Dr. Fabian Mehring (FREIE WÄHLER): Weil Sie die neue Speerspitze der Meinungsfreiheit und Demokratie abgeben! Das nehmen wir Ihnen nicht ab!)

Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten "Forschung und Innovation"

Der Ministerpräsident Herr Dr. Markus Söder hat das Wort.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Sehr geehrte Frau Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute ist ein spannender, ein bedeutender Tag. Wir starten in Bayern unsere Technologieoffensive unter dem Titel "Hightech Agenda Bayern".

Diese umfasst ein Investitionsvolumen von zwei Milliarden Euro. Ich sage Ihnen eines: Dieses Programm wird in Deutschland und weit darüber hinaus Wellen schlagen; denn kein einziges Bundesland unternimmt derartige Anstrengungen wie Bayern, um die Zukunft zu gestalten.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Wir werden damit einen Forschungsturbo starten und zünden, damit Bayern auch noch in zehn Jahren in der Champions League mitspielen kann.

Warum eigentlich so viel Geld für Forschung? – Früher gab es ein militärisches Wettrüsten. Doch heute findet ein Wettbewerb um die klügsten Köpfe und um technologische Dominanz statt. Noch – ich sage ausdrücklich "noch" – sind wir in Deutschland und Bayern mit an der Spitze in der Welt. Aber wird das auch für morgen gelten, in den nächsten zehn Jahren? Der Wettbewerb um künstliche Intelligenz hat längst begonnen, und er wird unsere Zukunft intensiv prägen. Meine Damen und Herren, wenn Wettbewerb stattfindet, dürfen wir uns dem nicht verweigern. Ich möchte nicht, dass wir am Ende die Verlierer eines technologischen Wettbewerbs sind.

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Wie im Fußball entscheidet sich der Wettbewerb auch in der Forschung über Investitionen. Allein China steckt bis 2030 rund 150 Milliarden Euro in KI. Deutschland will dagegen bis 2025 nur 3 Milliarden Euro investieren. Doch es ist nicht nur China: USA, Großbritannien, Dänemark, Frankreich, Israel – alle haben die Zeichen der Zeit erkannt und investieren massiv. Ich befürchte ganz im Ernst, dass Deutschland gerade eine Entwicklung verschläft. Auf was wartet unser Land eigentlich, meine Damen und Herren?

Für Bayern will ich nur sagen: Wir wollen nicht tatenlos zusehen. Wir wollen auch nicht warten. Wir gehen unseren eigenen Weg. Deswegen starten und präsentieren wir Ihnen heute die "Hightech Agenda Bayern".

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Worum geht es? – Es ist ein Gesamtprogramm, das aus mehreren Teilen besteht, aus Investitionen, aber auch aus Strukturreformen. Es ist auf die gesamte Legislaturperiode angelegt und besteht aus vier Säulen, die ineinander greifen und aufeinander abgestimmt sind.

Erstens. Das Programm für künstliche Intelligenz und SuperTech mit 600 Millionen Euro.

Zweitens. Das Sanierungs- und Beschleunigungsprogramm mit 600 Millionen Euro.

Drittens. Eine längst überfällige Hochschulreform mit 400 Millionen Euro.

Viertens. Eine nachhaltige Mittelstandsoffensive für die mittelständische Wirtschaft mit 400 Millionen Euro.

Wir kleckern nicht, wir klotzen. Wir beginnen nicht irgendwann, sondern sofort. Wir nehmen damit bis zum Ende dieser Legislaturperiode zwei Milliarden Euro in die Hand, um den Freistaat in die Zukunft zu beamen.

Die Eckdaten: Es geht um 1.000 Professoren, 10.000 neue Studienplätze, davon allein 5.000 im Bereich der Informatik, mehr als 20 Spitzenforschungszentren für das ganze Land sowie – ganz wichtig – das Vorziehen und Beschleunigen von regionalen Hochschulinitiativen. Viele Ideen – das werden Sie sehen – sind neu; aber es sind auch etliche Projekte dabei, die lange angekündigt, aber bei Weitem nicht richtig ausfinanziert waren. Daher starten wir heute bewusst nicht nur Neues, sondern wir setzen vor allem auch Versprochenes seriös um und beseitigen gleichzeitig den Investitions- und Sanierungsstau an unseren Hochschulen. Das gesamte Programm, meine Damen und Herren, ist tatsächlich geballte Zukunft, und zwar eben nicht nur für die Ballungsräume, sondern auch der ländliche Raum soll davon profitieren, weil mir eines wichtig ist: Forschung ist nicht nur in München. Forschung ist in ganz Bayern, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Zu den Programmen. Erstens: KI und SuperTech. Für künstliche Intelligenz und SuperTech investieren wir in den nächsten vier Jahren 600 Millionen Euro. Der Schwerpunkt ist KI – künstliche Intelligenz. Wir spannen über Bayern ein Netz der Künstlichen-Intelligenz-Forschung, ein KI-Netz. Der ganze Freistaat wird damit im internationalen Wettbewerb zu einem führenden KI-District in der Welt und ein District, der in Deutschland Nummer eins werden soll. Wir investieren von den insgesamt 600 Millionen Euro dafür 360 Millionen Euro und richten am Ende im ganzen Land, in ganz Bayern, 100 KI-Lehrstühle ein. Ist das jetzt viel oder wenig?

Zum Vergleich: Unser wirklich stärkster und bester Mitbewerber, Baden-Württemberg, will nach unseren Informationen statt 100 KI-Lehrstühlen 20 einsetzen. Schleswig-Holstein, das vor wenigen Wochen eine KI-Initiative vorgestellt hat und sagte, man wolle bundesweit die führende Rolle spielen, investiert insgesamt 4,5 Millionen Euro. Das sind etwa 1,5 % der bayerischen Investitionen. Der Bund hat mir gestern Abend in einem Telefonat mitgeteilt, dass der Bund, also Deutschland, um die 100 Forschungsprofessuren für KI in Deutschland fördern will.

Wenn Sie das nun vergleichen: Was macht Baden-Württemberg – ein wirklich starkes Land, gute Leute –, was fördert Deutschland insgesamt mit 100 Professoren? Dann sehen Sie: Bayern setzt mit seinen am Ende 100 KI-Professoren wirklich ein internationales Statement, ein Ausrufezeichen. Das kann wirklich niemand, meine sehr verehrten Damen und Herren, sondern nur der Freistaat Bayern.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Ist das sinnvoll? Braucht es KI? Ist das nicht alles abgehoben? – Meine Damen und Herren, künstliche Intelligenz ist kein Science-Fiction, sondern Realität. Die KI für sich genommen ist die Dampfmaschine der neuen digitalen Welt, sie ist Antreiber, Motor und Basis für eine grundlegende technische, aber auch industrielle Revolution. Wie agieren wir jetzt, um in diesem KI-Bereich führend zu sein? – Der KIDistrict Bayern hat München als Zentrum, und davon gehen überall im Land Knotenpunkte im KI-Netz aus. Es gibt Endpunkte mit verschiedenen regionalen Initiativen. Alles ist miteinander vernetzt.

Schwerpunkt in München ist dabei die intelligente Robotik. Die Voraussetzungen sind mit dem Forschungsökosystem aus den Exzellenz-Hochschulen LMU und TU sowie einer Reihe von Zentren außeruniversitärer Forschung und unzähligen Unternehmen und Start-ups einfach genial. Als Zentrale der künstlichen Intelligenz etablieren wir neu das KI Mission Institute, es wird das Hirn des Netzwerkes und

des KI-Districts Bayern sein. An dem sogenannten Mission Institute für Künstliche Intelligenz werden alle Forschungs- und unternehmerischen Aktivitäten gebündelt, verzahnt und strategisch justiert. Es entwickelt sich aus der Munich School of Robotics mit dem Forschungszentrum Geriatronik in Garmisch-Partenkirchen und dem Munich Center for Machine Learning von TU und LMU. Bereits heute sind wir dort weltweit mit an der Spitze. Dort forscht man an robotischen Prothesen, geriatronischen Pflegerobotern und, ganz spannend, neuartigen KI-Drohnen.

Wir werden deswegen an dem Verbund von LMU und TU insgesamt allein 22 neue Lehrstühle ausloben und berufen, und zwar Lehrstühle für Methoden der künstlichen Intelligenz, Modelle des Machine-Learning, KI-basierte Medizintechnik und die Ethik der künstlichen Intelligenz. Als Langzeitvision wollen wir daraus eine spektakuläre Industrietechnik entwickeln, die KI-Fabrik. Das ist übrigens die erste, die es auf der Welt gäbe. Diese wird bestückt mit Robotern, die von Unternehmen oder Arbeitnehmern über das Internet ferngesteuert werden können. Das ist ein weltweit ganz neuer Ansatz für Maschinenbau in der Verzahnung mit künstlicher Intelligenz. Meine Damen und Herren, das hat sich bislang noch keiner getraut, weder in China noch in den USA. Wir wollen hier Pionierarbeit leisten. Der bayerische Weg ist der Pionierweg der Zukunft, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Zusätzlich vernetzen wir unsere Aktivitäten mit außeruniversitärer Forschung und schaffen auch neue Spezialzentren. Schon länger im Blick, oft gefordert, aber niemals ausfinanziert, ist die Gründung des Fraunhofer-Instituts für kognitive Systeme in Garching. Wir werden dort bewusst investieren, um zum Beispiel autonomes Fahren und Fliegen sicherer zu machen. Auch das bestehende Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit in Garching soll zusammen mit dem Lernlabor an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden – OTH Amberg-Weiden – ausgebaut und verstärkt werden. Hier geht es um Cybersicherheit, einen echten Wachstumsmarkt. Dieses Projekt wurde schon lange gefordert, konnte bislang aber nicht finanziert werden.

Ganz neu soll die Gründung eines sogenannten ELLIS-Instituts am Helmholtz Zentrum in München sein. Sogenannte ELLIS-Institute des Helmholtz Zentrums entstehen in jedem europäischen Land. Wir wollen hier das deutsche KI-Zentrum in Bayern haben. Es soll im Bereich der biomedizinischen künstlichen Intelligenz die gesamten Aktivitäten der Helmholtz Zentren in Deutschland bündeln, steuern und europäisch vernetzen. Meine Damen und Herren, damit soll zum Beispiel die zielgenaue Bekämpfung von chronischen Krankheiten wie Diabetes ermöglicht werden.

Mit diesen Maßnahmen, den neuen Lehrstühlen im Zentrum, einer KI-Fabrik, der außeruniversitären Forschung wird allein schon München zu einem KI-Zentrum von Weltrang werden. Eines wissen wir: Wir stehen im Wettbewerb. Wir müssen mit einem Zentrum anfangen, und natürlich ist die Landeshauptstadt das Zentrum, und dieses Zentrum wollen wir stärken.

(Lebhafter Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄHLERN)

Aber wir wollen nicht allein München stärken. Das KI-Netz Bayern hat ein Zentrum, aber es hat auch im ganzen Land Knotenpunkte. Jeder Knoten steht für einen Spezialbereich. In Würzburg wird der Knoten Data Science entwickelt, denn Daten sind die Währung von morgen. An der Universität Würzburg soll ein neues Institut entstehen, um die effektive Nutzung und Auswertung von Abermillionen Daten zu erreichen und bestimmte Muster für die jeweilige Forschung zu erkennen. Das Insti

tut und die Stellen waren seit Langem erwünscht und können jetzt verwirklicht werden. Es handelt sich um zehn Professuren.