Herr Präsident, Herr stellvertretender Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute gleich zu Beginn über den Einzelplan des Wirtschaftsministeriums zu beraten. Das gibt mir Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass wir Haushalte nicht nur von der Ausgabenseite, sondern auch von der Einnahmenseite her denken müssen. Warum können wir uns in Bayern so viel leisten? – Das ist deswegen der Fall, weil wir ein weit überdurchschnittliches Steueraufkommen haben. Daher gilt an dieser Stelle mein Dank all denjenigen, die hier in Bayern Steuern zahlen, den Unternehmern, Arbeitnehmern, den Steuerzahlern insgesamt. Sie leisten ihren Beitrag dazu, dass Bayern so dasteht, wie es dasteht. Wir stehen in vielen Bereichen in Deutschland unangefochten an der Spitze.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Position müssen wir auch stabilisieren. Sie ist nicht vom Himmel gefallen. Deswegen müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, damit das auch weiterhin so bleibt. Ich bin sehr froh darüber, dass wir mit Hubert Aiwanger einen Mann an der Spitze haben, der Themen anpackt, die andere nicht anpacken. Er hat die Zukunft im Blick und führt nicht die Diskussionen der Vergangenheit. Er steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Marktwirtschaft und ergeht sich nicht in Gesellschaftsutopien.
Ein zweiter Punkt muss an dieser Stelle angesprochen werden: Der Wirtschaftsminister ist es, der sich vor die Schlüsselindustrie in Bayern stellt, vor die Automobilindustrie. Ich sage an die Adresse all derer, die unsere Autoindustrie schlechtreden und ihr Vorschriften machen wollen: Lasst doch einfach die Fachleute ran. Unser Wirtschaftsminister ist derjenige, der sehr energisch anmahnt, dass wir in Bayern nicht den Weg von Nordrhein-Westfalen gehen dürfen. Ich unterstreiche das ausdrücklich, weil ich weiß, aus welcher Situation Nordrhein-Westfalen kommt und wo es jetzt steht. Das darf in Bayern nicht passieren.
Wir haben hier in Bayern etwas, worauf wir sehr stolz sein dürfen. Das verkörpert gerade die Spitze dieses Hauses: flexibles Denken, flexibles schnelles Handeln!
Ich will an einem Beispiel deutlich machen, wie schnell Politik, wenn sie gefordert ist, zumindest hier in Bayern reagieren kann. Im November letzten Jahres war Alexander Gundling, der Geschäftsführer von Carbon Composites aus Augsburg bei mir, um mir eine Karbonstrategie für Luft- und Raumfahrt vorzustellen. Er hat um einen Termin im Wirtschaftsministerium gebeten. Ich habe diesen Termin organisiert. Kollege Fabian Mehring war mit dabei. Wir haben für ein neues Projekt "Karbonstrategie für die Luft- und Raumfahrt" gekämpft. Es ging um 20 Millionen Euro. Das Geld war im Haushalt zunächst einmal nicht vorhanden. Wir haben als Fraktion einen Antrag gestellt, für den Einstieg in dieses Programm eine Million Euro im Haushalt bereitzustellen. Dafür gab es im Haushaltsausschuss – ich bin den Oppositionsfraktionen, die dafür gestimmt haben, sehr dankbar – eine breite Mehrheit. Als es jetzt Schwierigkeiten bei Premium AEROTEC gab, hat das Wirtschaftsministerium, hat der Wirtschaftsminister sehr schnell reagiert. Er hat am vergangenen Montag gemeinsam mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten verkündet: Ja, wir machen diese Karbonstrategie! Wir investieren 20 Millionen Euro in die Zukunft Bayerns.
Ich sage jetzt auch ganz deutlich: Es muss nicht immer in München sein. Es kann in München sein, wenn es passt, aber es kann auch in Augsburg, kann auch anderswo sein. Das ist sicherlich auch etwas, was diese Regierung im Gegensatz zu früheren Regierungen auszeichnet: dass sie gleichwertige Lebensverhältnisse, dass sie ganz Bayern im Blick hat und nicht nur die Region München.
Flexibilität heißt auch, dass man sich zum Beispiel im Bereich der Automobilindustrie nicht auf einen Antrieb, aufs Elektroauto, verengt und sagt, Diesel und konventionelle Treibstoffe seien ein Werk des Teufels. – Nein, wir müssen verschiedene Wege gehen. Wir müssen der Wirtschaft Ziele vorgeben und sagen, diese Ziele hätten wir gern erreicht. Könnt ihr das? Dann müssen wir im Dialog mit der Wirtschaft die Zukunft gestalten. Wir dürfen aber nicht sagen, das Elektroauto bilden wir uns jetzt wie ein trotziges Kind ein, es muss nur das Elektroauto sein und darf gar nichts anderes sein. – Am Ende sind es die Chinesen, die die Elektroautos produzieren, und wir sind der Importeur.
Aber das Wirtschaftsministerium hat ja nicht nur Industriepolitik im Auge. – Frau Kollegin Fuchs, Sie haben gesagt, der Mittelstand werde nicht gefördert. Das kann ich aber ganz und gar nicht erkennen. Gerade beim Thema gleichwertige Lebensverhältnisse – ich sage Ihnen das jetzt einfach mal exemplarisch – hat das Wirtschaftsministerium, hat dieser Wirtschaftsminister ein Dorfwirtschaftsprogramm aufgelegt. Das ist mit Sicherheit nicht für irgendwelche Konzerne gedacht, sondern für den kleinen Unternehmer vor Ort, für jenen mit zwei, drei, vier oder fünf Mitarbeitern. Da können Sie sicher nicht von Großindustriepolitik sprechen.
Gleichwertige Lebensverhältnisse sind das, was wir FREIE WÄHLER uns, seit wir im Bayerischen Landtag sind – und auch schon vorher –, auf die Fahnen geschrieben haben. Wir glauben, dass da der Schlüssel zum Erfolg liegt.
Schauen Sie doch mal: Wir diskutieren – das werden wir zu einem späteren Zeitpunkt noch tun, wenn wir den Etat des Bauministeriums beraten – über explodierende Mieten in München und über den Verkehrsinfarkt. Wie kann man das am
besten lösen? – Indem man attraktive Anreize schafft, auf dass sich die Menschen in ganz Bayern ansiedeln. Ganz Bayern ist schön, nicht nur die Metropolregionen. Das wissen wir. Aber Schönheit allein reicht nicht. Wir brauchen Arbeitsplätze. Wir brauchen attraktive Wohnmöglichkeiten. Diesem Ziel ist diese Regierung verpflichtet. Daran arbeitet diese Regierung.
Der Staatsminister ist für Landesentwicklung zuständig. Er hat, sehr ehrgeizig, auch das Thema Flächenverbrauch auf seine Agenda gesetzt. Es ist wahr, wir müssen uns deutlich gegen Flächenverschwendung zur Wehr setzen. Ich sage aber auch: Es ist gut, dass wir hier von Richtgrößen und nicht von Verpflichtungen reden. Denn die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse kann durchaus auch mal im Widerspruch zum Flächenverbrauch stehen. Bayern hatte in den letzten zehn Jahren einen Einwohnerzuwachs von einer Million Menschen. Diese Menschen müssen irgendwo hin. Da brauchen wir auch Konzepte für den Wohnungsbau. Ich habe mit dem Kollegen Hartmann vor einem Jahr eine interessante und engagierte Diskussion zu diesem Thema geführt.
Ja, wir haben unterschiedliche Ausgangspositionen. Und doch kann ich sagen, dass wir bei etwa einem Drittel der konkreten Handlungsfelder Übereinstimmung erzielt haben. Ich denke, es geht, wenn man will. Man kann Lösungen finden, aber man sollte sich davon verabschieden, feste Vorgaben zu machen. Die festen Vorgaben haben einfach das Problem, dass wir nicht wissen, wie viele Menschen zu uns kommen. Bei Bevölkerungsstillstand haben wir natürlich weniger Flächenverbrauch. Wenn die Wirtschaft zurückgeht, werden wir weniger Fläche verbrauchen, als wenn die Wirtschaft boomt und alles nach oben geht. Das – ich sage es noch mal – muss man auch mit dem Ziel "Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Bayern" vereinbaren können. Das ist die große Überschrift, weil wir damit ganz viele Dinge auf einen Schlag erreichen können. Wir können damit hier in Bayern auch eine umweltverträgliche, gute und gesunde Lebensweise schaffen, zum Beispiel dann, wenn das Ziel erreicht wird, dass Leben und Arbeiten wieder enger zusammenkommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sehe Bayern gut aufgestellt, möchte aber ganz zum Schluss doch noch ein Signal nach Berlin senden. Ein Wirtschaftsstandort ist auch davon abhängig, dass eine vernünftige Steuerpolitik gemacht wird.
Da habe ich leider meine Zweifel. – In Deutschland werden Jahr für Jahr Steuerrekorde erwirtschaftet. Wenn Sie in einem Betrieb arbeiten, der Jahr für Jahr Rekordgewinne ausweist, was werden Sie von Ihrem Arbeitgeber fordern? – Natürlich, Bonuszahlungen, ist doch klar! Sie wollen irgendeine Gegenleistung dafür haben, dass Sie so fleißig sind. Aber wie ist es beim Steuerzahler? – Der Steuerzahler kriegt jedes Jahr, obwohl er immer mehr leistet, durch die kalte Progression nur eine immer noch höhere Steuerbelastung. Das kann es nicht sein. Der Soli muss weg. Die kalte Progression muss weg. Wir brauchen eine faire Steuerpolitik für die Menschen, die Leistung erbringen. Das ist das Signal nach Berlin. Berlin sollte sich doch einmal das eine oder andere von unserer Wirtschaftspolitik in Bayern abschauen. Wir stehen hinter diesem Haushalt.
Sehr verehrter Herr Vizepräsident, sehr verehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Als Fachpolitiker, der seit Jahrzehnten in der Tourismus- und Gastgewerbebranche tätig ist, werde ich mich natürlich dieses Fachgebiets annehmen.
Also, grundsätzlich wäre uns damit geholfen, wenn es statt Förderprogrammen überall faire Wettbewerbsbedingungen gäbe. Förderprogramme sind dazu da, Symptome zu bekämpfen. Hier geht es um Glaubwürdigkeit in der Politik. Ich erinnere an die heutige Meldung vom Europäischen Gerichtshof, Arbeitszeitaufzeichnungen seien jetzt so wichtig, Arbeitszeiten müssten wirklich eingehalten werden. In der Gastronomiebranche sind laut Erhebung des DWIF-Institutes 100.000 Euro Umsatz bei 50 % der Betriebe, die eine Gaststättenzulassung haben, die Normalität. Wenn Sie sich das vor Augen führen, heißt das, dass die Unternehmer selbst und ständig arbeiten und sie dann selber noch mit elektronischen Arbeitszeitaufzeichnungsgeräten sozusagen die Arbeitszeit aufzeichnen oder wahrscheinlich die der Frau oder von mehreren 450-Euro-Angestellten. Das ist doch lächerlich. Das ist Bürokratie! Genau diese Bürokratie ist das, was die Betriebe stört, worunter sie ächzen.
Dann gibt es natürlich Politiker wie unseren Ministerpräsidenten, der im Wahlkampf ein 30-Millionen-Euro-Förderprogramm verspricht. Am 22.04. sagte er, es wird 2018 sein, es wird nicht in den nächsten Jahren sein, sondern es wird 2018 sein. – Wo war es denn?
Es wurden dann Ausreden gebraucht: Der Landesrechnungshof hätte hier Bedenken angemeldet. Wenn die Staatsbürokratie aber ein Jahr braucht, um ein solches Förderprogramm auf die Füße zu stellen und es dann um die Hälfte weniger ist, als seinerzeit versprochen wurde, dann sage ich: Wahlkampfgetöse. Es muss jedoch Glaubwürdigkeit vorhanden sein. Viele Betriebe glauben nicht mehr daran, vor allem, wenn sie den Bürokratieaufwand sehen.
Sehr geehrter Herr Finanzminister, Sie waren auch bei dem GastroFrühling am 29.04.2019. Dort wurden Sie auf Finanzkontrollen, Finanzämter etc. angesprochen; die Präsidentin hat das ganz klar angesprochen. – Sehr geehrter Herr Füracker, es wäre besser, wenn sich die Finanzämter mehr als Dienstleister für den Bürger und nicht nur als Kontrolleure verstünden. Die Unternehmer haben Angst, wenn die Steuerprüfung ins Haus steht. Das kann es nicht sein. Wir müssen mehr mit den Bürgern anstatt gegen die Bürger arbeiten.
Sehr verehrte Damen und Herren, es ist natürlich nicht so, dass ich nur alles beklagen will, sondern ich hätte auch konkrete Vorschläge. Wenn wir das Geschäft in der Gastronomie beflügeln wollen, dann denken wir an die Schulverpflegung. Die Schulverpflegung muss einen regionalen Bezug bekommen, sie muss eine regionale Komponente beinhalten, und es darf nicht sein, dass wie am Gymnasium in Waldkraiburg das Mittagessen aus der Steiermark geliefert wird. Das muss unterbunden werden.
Wir brauchen von der IHK eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für alle öffentlich geförderten Veranstaltungsstätten, weil das Steuergelder sind, die hier eingesetzt wurden und die in der Konkurrenz bei den privatwirtschaftlich betriebenen Gaststätten abgehen. Wir brauchen die Arbeitszeitflexibilisierung. – Das sind Punkte, bei denen wir die Weichen für die Zukunft stellen müssen. Ansonsten geht die Wirtschaft im Dorf immer mehr den Bach herunter, und wenn die Wirtschaft stirbt, stirbt das Dorf.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Aufgrund der kurzen Redezeit kann ich leider nur einige Schlaglichter auf diesen Haushalt werfen. Das Thema Energie wird dann der Kollege Ritter bearbeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die aktuelle Steuerschätzung zeigt: Bayern und der bayerischen Wirtschaft geht es gut. Das ist ein Verdienst der fleißigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und guter Unternehmer, und das gilt sowohl für die Industrie als auch für die kleinen und mittleren Unternehmen, die das Rückgrat im ländlichen Raum sind.
Blicken wir auf ganz Deutschland, sehen wir aber, dass dunkle Wolken aufziehen. Die Wachstumskurven zeigen langsam nach unten. Damit stellen sich auch für Bayern Herausforderungen; denn Bayern liegt nicht auf einer Insel der Seligkeit. Das haben auch die Reden des ehemaligen und aktuellen Präsidenten der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft – vbw – letzte Woche deutlich gemacht; es ging um die Herausforderungen Energie, Digitalisierung und Fachkräftemangel. Der Freistaat Bayern ist hier gefordert, gute Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit, aber vor allen Dingen auch für die Zukunftsfähigkeit zu schaffen.
Ministerpräsident Söder hat bei der gleichen Veranstaltung schöne Worte gefunden. Er sprach davon: Wir stehen für die Förderung des innovativen Mittelstands. Wir brauchen ein Konzept der digitalen Transformationsbegleitung. – Keiner weiß, was das ist, es klingt aber gut. – Wir sind Partner für die kleinen und mittleren Unternehmen – soweit Söder.
Wie immer aber: Nach den plakativen Worten des Ministerpräsidenten folgt dann die Realität. Schaut man sich den Haushalt an, sieht man: einmal am Wirtschaftsministerium vorbeigerutscht, und von Zukunftsfähigkeit ist nichts mehr übrig.
Retrostyle mag ein vernünftiges Konzept für Kleider oder Möbel sein, nicht aber für ein Ministerium. Ich nenne als Beispiel den Digitalbonus. Dieses Förderprogramm ist überaus erfolgreich, weil es niederschwellig ist, bürokratiearm für kleine Betriebe. Es gab und gibt eine riesige Nachfrage. Was macht die Staatsregierung da
raus? Unterstützt sie etwa und stockt den Haushalt auf? – Nein, mitnichten. Bereits 2008 wurde eine Kontingentierung eingeführt. Nach dem Windhundprinzip können nur ein paar Anträge pro Monat genehmigt werden. Spätestens am Achten eines jeden Monats war das Kontingent ausgeschöpft. Damit wurde der Bedarf künstlich reduziert und viele Unternehmen gingen leer aus.