Protocol of the Session on January 25, 2023

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Herr Kollege. – Der nächste Redner ist der fraktionslose Abgeordnete Raimund Swoboda. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Hohes Haus, verehrte Bürger! Trotz aller Beschwichtigungen des Schulministers Piazolo ist klar: Im Freistaat Bayern herrscht Lehrermangel. Absehbar ist, dass die von Herrn Piazolo präferierte Abwerbung aus anderen Bundesländern nicht ausreichen wird, um die angekündigten 6.000 neuen Lehrerstellen bis zum Jahr 2028 nur ansatzweise zu besetzen. Deshalb schweift nun sein Blick zur Lehrersuche ins Ausland, weit über die EU-Mitgliedstaaten hinaus.

Die Not muss groß sein. Sondermaßnahmen sind nötig und wurden im Lehrerbildungsgesetz angesagt. Man ist bereit, bei diesen Bewerbern Abstriche bei der pädagogischen Qualität, der Kultur und der Sprachkunde zu machen. Zumindest verlangt man einen ausländischen Hochschulabschluss gemäß der LissabonKonvention, wenn dieser auch nicht gleichwertig ist. Was kümmert da der BolognaVertrag, der zur Harmonisierung der akademischen Ausbildung in der EU

abgeschlossen wurde? Die Frage, ob und inwieweit derartige Abschlüsse überhaupt geeignet sind, im bayerischen Schul- und Lehrplansystem eine qualitativ hochwertige Lehrtätigkeit sicherzustellen und ob Bewerber die deutsche Sprache in Wort und Schrift hinreichend beherrschen, um hiesige Schüler, auch mit Migrations- und Inklusionshintergrund, auf Augenhöhe unterrichten zu können, sollten wir gar nicht stellen.

Wer so die Anforderungen an das Lehramt absenkt und verramscht, nur um mit weniger qualifizierten Kräften die selbstverschuldeten Personallücken zu schließen, der fördert die fortschreitende Dummheit in den bayerischen Schulen und mindert die Qualität des Standortes Bayern nachhaltig. Das neue Lehrerbildungsgesetz macht es möglich. Aber dank der Zahlmeisterfunktion Deutschlands werden die Verhältnisse in den potenziellen Herkunftsländern immer besser. Die Leute bleiben lieber glücklich in ihrer Heimat, als hier in Bayern den Sündenbock für eine verfehlte Bildungspolitik von CSU und FREIEN WÄHLERN abzugeben.

Herr Abgeordneter, ich muss Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Was uns bleibt, ist der Lehrermangel.

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Bildung und Kultus als federführendem Ausschuss zu überweisen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Abstimmung über eine Europaangelegenheit und Anträge, die gem. § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der GRÜNEN, der FREIEN WÄHLER, der AfD, der SPD und der FDP. Nun die Frage an die fraktionslosen Abgeordneten, ob und welchem Fraktionsvotum sie sich anschließen wollen. – Es enthalten sich der Abgeordnete Bayerbach, der Abgeordnete Swoboda, der Abgeordnete Klingen und der Abgeordnete Busch. Das Abstimmungsverhalten des Abgeordneten Sauter? – Er stimmt dem Votum der CSU-Fraktion zu. – Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Bestellung eines neuen Mitglieds und des stellvertretenden Vorsitzenden des zweiten Untersuchungsausschusses des Landtags zur weiteren Aufklärung des NSU-Komplexes

Die CSU-Fraktion hat im Rahmen ihres Benennungsrechts darum gebeten, anstelle von Herrn Josef Schmid den Abgeordneten Max Gibis als neues ordentliches Mitglied für den Untersuchungsausschuss zu bestellen. Zudem hat die CSU-Fraktion gebeten, Herrn Holger Dremel als neuen stellvertretenden Vorsitzenden zu be

stellen. Eine Aussprache hierzu findet wie üblich nicht statt. Wir kommen deshalb sofort zur Abstimmung.

Wer der Bestellung von Herrn Max Gibis – anstelle von Herrn Josef Schmid – als ordentliches Mitglied für den Untersuchungsausschuss seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der GRÜNEN, der FREIEN WÄHLER, der AfD, der SPD und der FDP sowie die fraktionslosen Abgeordneten Busch, Sauter, Klingen und Bayerbach. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimme des Abgeordneten Swoboda (fraktionslos). Ich stelle fest: Damit hat Herr Max Gibis die erforderliche Mehrheit erreicht und wird als ordentliches Mitglied für den Untersuchungsausschuss entsandt.

Wer der Bestellung von Herrn Holger Dremel als stellvertretendem Vorsitzenden für den Untersuchungsausschuss seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind ebenfalls die Fraktionen der CSU, der GRÜNEN, der FREIEN WÄHLER, der AfD, der SPD und der FDP sowie die fraktionslosen Abgeordneten Bayerbach, Klingen, Busch und Sauter. Gegenstimmen? – Eine Gegenstimme des fraktionslosen Abgeordneten Swoboda. Dann ist das so beschlossen.

Ich wünsche den bestellten Kollegen viel Erfolg bei ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Gisela Sengl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Verbesserung der Agrarstruktur in Bayern (Bayerisches landwirtschaftliches Bodeneigentumsgesetz - BayLaBoG) (Drs. 18/23310) - Zweite Lesung

Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Festlegung im Ältestenrat 32 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion.

(Unruhe)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe im Sitzungssaal, schon aus Respekt vor den jeweiligen Rednerinnen und Rednern. – Ich eröffne die Aussprache und erteile Frau Kollegin Gisela Sengl von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute haben wir die Zweite Lesung dieses Gesetzentwurfs auf der Tagesordnung. Zwischenzeitlich haben wir schon die Debatte im Agrarausschuss geführt. Inzwischen liegt uns auch das Gutachten vom Thünen-Institut vor, das die Staatsregierung in Auftrag gegeben hat. Auf dieses Gutachten werde ich mich hier beziehen.

Anhand der Debatte über diesen Gesetzentwurf kann man die unterschiedlichen Zielsetzungen der Parteien ganz wunderbar darstellen. Der CSU geht es hauptsächlich um das finanzielle Wohlergehen der Bodenspekulanten.

(Tobias Reiß (CSU): So ein Quatsch!)

Diese sollen nämlich weiterhin möglichst viel verdienen, möglichst wenig Steuern zahlen und ansonsten vor allem in Ruhe gelassen werden. Die CSU vertritt in dieser Debatte ganz klar die außerlandwirtschaftlichen Grundstücksbesitzer.

(Tobias Reiß (CSU): Das stimmt doch nicht!)

Der CSU ist es vollkommen egal, ob aktive Landwirte überhaupt noch die Chance bekommen, landwirtschaftliche Flächen zu erwerben oder nicht; denn ein Vertreter der CSU sagte im Ausschuss wortwörtlich, man müsste sehr genau abwägen, ob und inwieweit der Staat in eine Preisfindung eingreifen könne.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau darum geht es aber. Es geht um einen Eingriff. Die Preise für landwirtschaftliche Grundstücke sind in den Jahren von 2010 bis 2020 um 147 % gestiegen. Die Preise werden dabei von der Zahlungsbereitschaft außerlandwirtschaftlicher Nutzer bestimmt und eben nicht von der landwirtschaftlichen Wertschöpfung. Der gesamte Bodenmarkt befindet sich somit in einer gewaltigen Schieflage.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das steht übrigens alles ganz genau so in dem Gutachten. Wir brauchen also eine klare Entscheidung. Was ist uns wichtiger: die privaten Profitinteressen Einzelner oder das Gemeinwohl?

Die Bayerische Verfassung regelt in den Absätzen 3 und 4 des Artikels 163: Bauernland soll seiner Zweckbestimmung nicht entfremdet werden. Der Erwerb von land- und forstwirtschaftlich genutztem Boden darf nicht lediglich der Kapitalanlage dienen. Das bäuerliche Eigentum an Grund und Boden soll gewährleistet werden. – Das alles ist aber in großer Gefahr; denn nicht Bauern und Bäuerinnen bestimmen den Kaufpreis, sondern nichtlandwirtschaftliche Käufergruppen. Für eine konsequente Anwendung der Preismissbrauchsklausel ist es also höchste Zeit. So eine Klausel gibt es jetzt schon. Sie liegt jetzt bei 50 %. Das heißt: Wenn der Kaufpreis 50 % höher ist als der ortsübliche Bodenrichtpreis, dann kann der Verkauf versagt werden.

Was sagt uns denn das Gutachten auf Seite 133 zu diesem Thema? – Insgesamt muss wohl konstatiert werden, dass der Preismissbrauch in der bayerischen Landesverwaltung kaum geprüft wird.

Wir wollen aber angesichts exorbitant hoher Preise vor allem in Oberbayern die Preismissbrauchsklausel schon bei 20 % ansetzen. Übrigens: Der Staat darf das. Das Bundesverfassungsgericht sagt ganz klar: Eine Preismissbrauchskontrolle stellt weder eine Einschränkung des Grundrechts auf allgemeine Handlungsfreiheit noch der Vertragsfreiheit dar. Individuelle Entscheidungen, welcher Preis bezahlbar ist, beeinflussten die gesamte Marktpreisentwicklung. Deshalb verfolgt der Versagungsgrund gesamtwirtschaftliche und soziale Ziele. Das sagt das Bundesverfassungsgericht.

Also: Besinnen wir uns auf unseren Verfassungsauftrag! Stimmen Sie alle unserem Gesetzentwurf zu! Denn wir verschärfen und kontrollieren den Preismissbrauch. Wir erhöhen die Transparenz durch verpflichtende Meldungen im zentralen Bodenregister. Wir schaffen die doppelte Grunderwerbsteuer ab. Wir verlängern die Fristen für das Vorkaufsrecht.

(Zuruf von der CSU: In Berlin, ja!)

Das ist ein Landesgesetz. Bayern war bisher zu faul, dazu überhaupt eine eigene Regelung zu verabschieden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Allein Baden-Württemberg hat es geschafft, ein Agrarstrukturverbesserungs – –

(Tanja Schorer-Dremel (CSU): Abwarten! Abwarten! – Zuruf von der CSU: Richtig macht ihr es auch nicht!)

Wenn ihr mit so etwas kommt, tut mir leid, ihr habt immer dieselben falschen Argumente. Euch fällt nichts Neues ein.

Das ist jetzt wirklich mal die Aufgabe des Landes Bayern – das wäre eine Aufgabe für das Ministerium –, regelnd einzugreifen.

(Zuruf von der CSU: Die Grunderwerbsteuer ist eine Bundessteuer!)

Es ist ein Auftrag. 2006 wurde der Auftrag vom Bund an die Bundesländer gegeben – damals wart ihr sogar in der Bundesregierung –, dass die Länder das regeln sollen, weil die Länder im Bodenmarkt sehr unterschiedlich aufgestellt sind und endlich mal ihre eigenen Regeln finden sollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir verlängern die Fristen für das Vorkaufsrecht. Das ist auch sehr wichtig. Wir regeln die Anteilskäufe an landwirtschaftlichen Betrieben strenger. Wir vereinfachen den Zugang zum Flächenpool der Landsiedlungsgemeinschaften und stärken die Verwaltungsorgane. Eines ist klar: Ein Gesetz macht keinen Sinn, wenn die Verwaltung nicht mitkommt. Es muss klar sein, dass die Verwaltungsorgane das kontrollieren und bei Bedarf auch sanktionieren können.

Also, wer weiterhin will, dass die Landwirtschaft in Bayern eine Zukunft hat – das wird ja immer betont –, wer will, dass auch in Oberbayern weiter Bäuerinnen und Bauern ihre Höfe bewirtschaften können, wer will, dass unsere Wiesen und Felder nicht von Finanzinvestoren aufgekauft werden, der muss unserem Gesetzentwurf zustimmen.