Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Hubert Aiwanger! Ich habe ja eigentlich gedacht, dass Sie derjenige in dieser Landesregierung sind, der wirklich für die Energiewende in Bayern brennt. Aber jetzt habe ich hier 45 Minuten nur Kritik gehört, was Berlin anders machen muss, ohne einen einzigen konkreten Vorschlag, welchen Beitrag Bayern leistet, um die Energiekrise in diesem Land in den Griff zu bekommen.
Ich habe echt das Gefühl, dass Sie gar nicht mitbekommen haben, was die letzten Monate gerade alles in Berlin geleistet wird, in einem nie dagewesenen Tempo.
Robert Habeck hat ein Ministerium übernommen, in dem es wirklich eine Rumpelkammer der Energieversorgung gab, in dem Minister die letzten Jahre immer ausgebremst und nichts konkret vorangebracht haben. Bereits vor dem Konflikt mit der Ukraine, vor dem Angriffskrieg, hat er sich hingestellt, klar Bilanz gezogen und ganz klar das Ziel benannt: zu 80 % erneuerbarer Strom bis 2030.
Danach werden jetzt alle Gesetze angepasst, werden Maßnahmen aufs Gleis gesetzt, und das größte Flächenland, Bayern, das 20 % der Bundesfläche ausmacht, liefert heute keinen einzigen Beitrag, wie Sie diese Aufgabe unterstützen möchten. Das ist wirklich erbärmlich, Herr Minister.
In Berlin spürt man diesen Tatendrang gerade ganz deutlich, beim ErneuerbareEnergien-Gesetz: Die Einspeisevergütung für PV-Dachanlagen wird jetzt verdoppelt. Wer hat die Vergütung die letzten Jahre denn gesenkt? – Das waren nicht wir GRÜNEN, das waren Sie, in der Bundesregierung. Das waren Sie. Das wird jetzt geändert.
Wir haben noch andere Bereiche: Über die Bürgerbeteiligung bei Windkraft sind wir beide uns ja sogar einig; die braucht es dringend. Die Möglichkeit, dass Bürgerbeteiligungsanlagen Vorteile bei der Ausschreibung haben oder nicht daran teilnehmen müssen, wird jetzt aufs Gleis gesetzt. Darüber haben wir hier im Landtag oft diskutiert. Wer setzt das jetzt um? – Die GRÜNEN, die SPD und die FDP auf Bundesebene! Das wird jetzt geändert.
Weitere Bereiche im Energiewirtschaftsgesetz: Unsere Unternehmen in Bayern werden von Abgaben befreit, was gut und richtig ist, wenn sie selber sauberen Strom produzieren und diesen verwenden. Wir führen faktisch einen grünen Industriestrom ein. Das kommt doch Bayern zugute. Das sind alles Maßnahmen, die gerade aufs Gleis gesetzt werden.
Weitere Bereiche: Sie haben lange von der Angst gesprochen, dass der Gashahn eines Tages zugedreht wird. Was hat denn die Bundesregierung aktuell gemacht? – Sie hat die Abhängigkeit schon von 55 % auf 35 % reduziert, und das bereits bis Ende April. Da werden die Weichen doch richtig gestellt. Sie können sich das doch vorstellen; Sie haben ja selber ein Ministerium übernommen. Nach nicht mal 100 Tagen im Amt kommt diese große Krise, und alles wird auf den Kopf gestellt. Man arbeitet wirklich sieben Tage die Woche daran, dass die Energiewende in Bayern, in Deutschland gelingen kann.
Jetzt möchte ich ganz deutlich sagen: Ihre Regierungserklärung hier war ein reines Wunschkonzert an die Bundesregierung. Einen Großteil gehen wir bereits an. Ent
Ich möchte noch mal die Punkte aufrufen, die Sie angesprochen haben: Sie hätten 2019 das Thema Energiewende wieder in die Debatte eingebracht. – Richtig, da haben Sie 100 Windkraftanlagen in den Staatsforsten angekündigt.
Keine einzige ist bereits gebaut, keine in der Genehmigung, keine in der Planung. So funktioniert Energiewende nicht! Nachher wurden 300 versprochen, dann wurden 500 versprochen, dann waren es 800.
Es gab keine konkrete Maßnahme, wie man das Ziel erreicht. Und dann sagen Sie: 10 H war dafür da, um die Bürgerbeteiligung hinzubekommen! – Wir kennen doch die Zahlen: Wir hatten vorher 400 Genehmigungsanträge, und im letzten Jahr keinen einzigen Antrag. Das funktioniert doch nicht. Sie haben das massiv ausgebremst.
Das gilt auch für das Thema Solar: Es ist richtig, dass Bayern bei der erneuerbaren Energie im Stromsektor bei Sonne Spitzenreiter ist. Das ist vollkommen richtig. Was ist denn die Grundlage dafür? – Die Grundlage dafür wurde von der SPD und von den GRÜNEN vor über 20 Jahren geschaffen. Das war das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Das wurde die ersten Jahre von der Seite rechts von mir massiv ausgebremst. Man wollte es gar nicht, man hat blockiert und gebremst. Das ist der Erfolg der Energiewende Bayern. Die Weichen wurden bereits vor über 20 Jahren auch damals im Bund gestellt, mit einer grünen Regierungsbeteiligung. Das war gut für die Energiewende, das war gut für unser Land.
(Staatsminister Hubert Aiwanger: Dass wir mehr PV-Freiflächen haben, dass wir Zuschüsse bezahlt haben!)
Ja, für den Batteriespeicher haben Sie einen Zuschuss bezahlt. Aber auf der anderen Seite hat die Staatsregierung mal angekündigt, auf den staatlichen Liegenschaften Solaranlagen zu installieren. Von fast 11.000 Liegenschaften sind gerade
einmal bei 4 % Solaranlagen installiert, und dann noch relativ kleine. Bei Neubauten liegen wir gerade einmal bei 15 %.
Dann haben Sie noch vor über zwei Jahren – das war der Ministerpräsident, der heute nicht anwesend ist –, am 10.07.2020 eine Solarpflicht angekündigt. Und was ist fast zwei Jahre später? – Sie hätte eigentlich zum 01.07.2022 in Kraft treten sollen. Sie ist bis heute nicht gekommen.
In Baden-Württemberg gilt das für Gewerbebauten seit Anfang des Jahres, und bereits ab Mai dieses Jahres gilt es auch für Wohnbauten. Das zeigt doch, dass es funktioniert. Man kann es machen, wenn man es wirklich möchte.
Leider ist der Herr Ministerpräsident heute nicht anwesend. Er ist ja einer, der vieles angekündigt, aber bei der Energiewende eigentlich gar nichts geliefert hat. Wir haben das auch beim Bayerischen Klimaschutzgesetz erfahren: Nach dem Urteil des Gerichts haben Sie das selber in die Tonne getreten, weil das eigene Gesetz zu schlecht war. Es war ja auch schlecht. Das war ein richtiger Schritt. Das neue wurde versprochen, doch bis heute nicht in den Landtag eingebracht. Auch da wurde nur versprochen und nicht geliefert. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die letzten Jahre.
Ich möchte ganz deutlich sagen: Wir brauchen dringend ein Machen, ein Anpacken bei der Energiewende, und nicht ein Abschieben der Verantwortung und ein Aussitzen der Sache. So werden wir der Herausforderung nicht gerecht.
Ich bin durchaus ein optimistischer Mensch und glaube, dass man immer dazulernen und Fehler korrigieren kann. Was Sie zur Windkraft vorgelegt haben, greift aber deutlich zu kurz. Wir werden in Bayern die Windkraftleistung vervierfachen müssen, auch die Solarleistung vervierfachen müssen – da sind wir relativ nah beisammen –, um auch in Bayern den entscheidenden Beitrag wirklich zu leisten. Egal mit wem man spricht, ob mit Energiegenossenschaften, Stadtwerken, Landwirten oder Privatpersonen, alle, die sich an der Energiewende, an diesem großen gemeinsamen Projekt, beteiligen wollen, sagen immer eines: Es braucht Entschlossenheit, Planbarkeit und Verlässlichkeit. – Nichts davon wird hier in Bayern geliefert. Ich habe gedacht, es gibt jetzt eine Änderung. Nach der letzten Kabinettssitzung zur Energiepolitik hat Markus Söder aber wieder vom "Spargel-Schock" bei der Windkraft gesprochen. Er hat vom Windkraftschock für Oberbayern gesprochen.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die Menschen in Bayern erleben gerade in dreifacher Hinsicht einen Schock: Sie erleben einen Preisschock bei den fossilen Energieträgern. Sie sehen es an der Tankstelle, bei der Heizkostenabrechnung, beim Strom und beim Gas.
Sie erleben aber auch einen Abhängigkeitsschock. Wir wissen jetzt, wie abhängig unser Energiesystem ist. Man möchte aus dieser Abhängigkeit heraus, möchte sich befreien, weil man nicht sozusagen über die Gasrechnung einen Angriffskrieg mitfinanzieren möchte.
Die Menschen erleben auch einen dritten Schock: einen Schock durch Wetterextreme, weil die Klimaerhitzung durch das Verfeuern fossiler Energieträger immer schneller voranschreitet.
Das ist ein dreifacher Schock, den die Menschen erleben. Es ist kein Windkraftschock, es ist ein Schock in anderen Bereichen. Diesem Schock können wir etwas entgegensetzen: eine gute Energiepolitik hier in Bayern, die wirklich für Versorgungssicherheit, für sauberen Strom und natürlich für Bezahlbarkeit sorgen kann.
Ich kann nicht nachvollziehen, warum die Kolleginnen und Kollegen von der CSU mehr Angst vor Windkraftanlagen haben als vor Diktatoren und Kriegstreibern. Ich kann auch nicht verstehen, dass sie mehr Angst vor Windkraftanlagen haben als vor den Folgen der Erdüberhitzung, Dürren und Hungersnot. Wir alle wissen doch: Die Klimakrise bekommen wir nur dann in den Griff, wenn wir uns von den fossilen Energieträgern befreien. Das geht nur mit Wind und Sonne als Rückgrat einer neuen Versorgung.
Ich möchte hier noch mal etwas deutlich machen, weil ich glaube, dass es bei Teilen der Regierung noch nicht angekommen ist. Vielleicht erleben wir hier auch genau das Gegenteil dessen, was wir in Berlin erleben. In Berlin erleben wir ein Anpacken, einen Tatendrang, die Energiewende zu meistern. Nett ausgedrückt kann man sagen: In Bayern erleben wir eine gewisse Hilflosigkeit bei der Frage, wie man mit der Herausforderung umgeht.
Ich möchte deutlich machen, warum Wind und Sonne so entscheidend sind. Hier wurde von der Wasserkraft gesprochen – ich gehe nachher gerne noch kurz darauf ein, auch auf die Biomasse. Wir hatten vor über zwanzig Jahren die erste Regierungsbeteiligung der GRÜNEN. Wir haben mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz alle sauberen Energieträger auf die gleiche Startlinie gesetzt. Wir haben jenen die Vergütung gegeben, die sie gebraucht haben, um am Markt bestehen zu können. Jetzt, nach über zwanzig Jahren, müssen wir im Rückblick feststellen: Wir haben beim Wettrennen der sauberen Energien eigentlich nur zwei Gewinner, die wirklich unbegrenzt verfügbar sind, deren Kosten gewaltig nach unten gegangen sind: Das sind Wind und Sonne. Die Biomasse brauchen wir als flexiblen Energieträger, sie ist ein hochwertiger, sauberer Energieträger. Aber die Biomasse können wir nicht x-beliebig steigern, weil die Fläche im Land begrenzt ist.