Protocol of the Session on May 31, 2022

Ich bin neugierig, was Ihnen dann wieder einfällt, um unsere Erfolge kleinzureden.

(Ludwig Hartmann (GRÜNE): Es ist keine einzige Anlage genehmigt!)

Aktuell müssen wir das Thema der erneuerbaren Energien auch mit dem Thema des Wasserstoffs abrunden. Das ist ein Thema, das Sie auch vor zwei Jahren noch so weit weggeschoben haben, dass Sie gar nicht darüber reden wollten. Immer wenn wir das Thema aufgerufen haben, haben Sie nur von 10 H, aber nicht von Wasserstoff geredet.

(Gisela Sengl (GRÜNE): Vielleicht brauchen wir für den Wasserstoff auch Windräder? – Ruth Müller (SPD): Überlegen Sie einmal, wie viele Windräder wir für so viel Wasserstoff brauchen!)

Meine Damen und Herren, auch hier bräuchten wir Klarheit von Ihnen. Ich nenne hier sogar Firmennamen: Ich habe heute mit einem Vertreter von Paul Nutzfahrzeuge aus dem Raum Passau telefoniert; sie haben viele Kunden, die händeringend Wasserstoff-Lkw kaufen wollen. Seit Monaten wartet sowohl das Unternehmen als auch die Kundschaft auf die Klarheit aus Berlin, wann endlich das Zuschussprogramm für Wasserstoff-Lkw freigeschaltet wird, damit in die Produktion von Wasserstoff-Lkw eingestiegen werden kann. Sie wissen: In Pfeffenhausen bei Landshut ist jetzt ein Wasserstofftechnologie- und -anwenderzentrum im Anmarsch; in Kürze kaufen wir hier den Grund.

Bayerns Aufgabe bei der bundesweiten Aufgabenverteilung ist es, hier vor allem auf die Mobilität setzen, das heißt: vor allem auf Langstrecken-Lkw. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, brauchen wir bis 2030 mindestens 80.000 Lkw in Deutschland, die klimaneutral, also nicht mehr mit Diesel, fahren.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Jeder Fachmann sagt Ihnen, dass Sie das alleine mit batterieelektrischen Antrieben nicht hinbekommen. Es wird vielleicht eine Teilung geben, bei der zwei Drittel der Fahrzeuge batterieelektrisch und ein Drittel mit Wasserstoff betrieben werden.

Wir haben in Bayern das WTAZ, um genau diese Dinge umsetzen zu können. Daimler Truck ist mit uns im Gespräch und will mit uns schon an den Prüfstellen arbeiten. Die Hersteller warten auf den Förderbescheid. Die Unternehmen wollen diese Lkw kaufen, aber Berlin steht am Schlauch und liefert nicht. Ich werfe den GRÜNEN fast vor, dass sie das aus ideologischen Gründen tun. Sie wollen verhindern, dass der Langstrecken-Wasserstoff-Lkw zum Ziel fährt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU – Staats- sekretär Roland Weigert: Recht hat er!)

Lieber wollen Sie riskieren, dass die Speditionsbranche in die Knie geht und sich an Strafen für die Diesel-Lkw dumm und dämlich zahlt, weil die batterieelektrischen Lkw nicht genügend Ladestationen und Lademöglichkeiten haben werden.

Sie haben vorhin gesagt, wir müssen mit der Windenergie deutlich nach vorne kommen, um den Treibstoff, an dieser Stelle also den Wasserstoff, zu ersetzen; zumindest habe ich den Zuruf so verstanden. – Wie viel mehr Strom müssten Sie denn erzeugen, um alle Lkw und auch immer mehr Autos in Bayern selbst elektrisch zu betanken? Im Bereich Wasserstoff haben wir die Möglichkeit, erneuerbare Energien in Form von grünem Wasserstoff aus Ländern wie Norwegen, Schottland, Griechenland, Spanien bis hin zu Katar oder woher auch immer zu importieren, um damit bei uns die Mobilität und nicht nur die Industrie zu unterstützen. Ich sage Ihnen: Wenn der Wasserstoff günstig genug ist, um in der Industrie in großem Umfang eingesetzt zu werden, dann hätte das auch für die Mobilität Sinn.

Also sagen Sie bitte Ihren Regierungsparteien in Berlin, Sie sollen das Thema Wasserstoff und Mobilität nicht ideologisch beiseiteschieben, auch dieser Entwicklung eine faire Chance lassen und hier endlich diese Förderbescheide ermöglichen! Die Wirtschaft wartet darauf.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU – Staats- sekretär Roland Weigert: Bravo! Sehr gut!)

Wir haben in Bayern in den letzten Jahren im Bereich der erneuerbaren Energien vieles angeschoben – bereits 2019 mit unserem "Bayerischen Aktionsprogramm Energie", als noch niemand wieder über erneuerbare Energien gesprochen hatte.

(Lachen des Abgeordneten Ludwig Hartmann (GRÜNE))

Das war Jahre davor und nach Fukushima ein größeres Thema, dann ist es eingeschlafen; in Zeiten von Corona war es nicht nur ein Nullthema, sondern ein Negativthema. Das hat sich auch in den Preisen abgebildet; es gab Zeiten, in denen der Ölpreis ein negatives Vorzeichen hatte, weil zunächst einmal niemand viel von dieser fossilen Energie wollte. Dann sind Industrie und Wirtschaft wieder schneller als erwartet in Schwung gekommen. Heute haben wir einen großen Energiehunger, verschärft durch die Situation in der Ukraine und die zunehmenden Versuche, von russischen Energieimporten unabhängig zu werden, die ich voll unterstütze. Jetzt haben wir sehr hohe Energiepreise, auf die wir jetzt reagieren müssen.

Es geht in diesem Bereich darum, LNG-Terminals zu errichten. Ihr Bundesminister Habeck ist löblicherweise ja dran, aber hier wird vorausgesagt, dass das erste Terminal frühestens Mitte nächsten Jahres, vielleicht noch heuer schon in Betrieb gehen kann,

(Ludwig Hartmann (GRÜNE): Das ging richtig schnell!)

und nächstes Jahr eventuell ein zweites. Dann haben wir eben in Deutschland das amerikanische Fracking-Gas. Wir sind froh, dass wir dieses statt keines haben. Früher hätten Sie sich auf die Straße geklebt, wenn das der Fall gewesen wäre.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU – Zuruf der Abgeordneten Gisela Sengl (GRÜNE))

Heute müssen Sie diese energiepolitische Realität zur Kenntnis nehmen.

(Lebhafte Zurufe der Abgeordneten Gisela Sengl (GRÜNE) – Lebhafter Widerspruch des Staatsministers Thorsten Glauber)

Das heißt also, dass wir diese Möglichkeiten unterstützen müssen, sehen aber ganz klar, dass wir diese Situation damit allein nicht bezahlbar und erneuerbar hinbekommen werden. Das kann bestenfalls wieder nur eine Brücke sein, um eben deutlich mehr erneuerbare Energien in Deutschland auszubauen und Zeit zu gewinnen, um Wasserstoff – –

(Ruth Müller (SPD): Dazu hattet ihr lange genug Zeit!)

Wir haben die Zeit genutzt! Bayern ist das führende Land bei den erneuerbaren Energien. Sie haben vorhin anscheinend nicht zugehört.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU – Lebhafte Zurufe des Staatsministers Thorsten Glauber – Lebhafter Widerspruch der Ab- geordneten Florian von Brunn (SPD) und der Abgeordneten Ruth Müller (SPD))

Wir haben die Zeit genutzt und im Jahr 2021 1.600 Megawatt erneuerbare Leistung in Bayern installiert.

(Ludwig Hartmann (GRÜNE): Sie haben gesagt, dass Sie das erst anschieben mussten! – Unruhe)

Kein anderes Bundesland hat auch nur annähernd diese Zahl erreicht. So viel zu Ihren Zwischenrufen, um auch diese richtigzustellen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU – Anhalten- de Unruhe)

Jetzt geht es schlichtweg darum, die Industrie auf diesem Weg mitzunehmen. Ich sage Ihnen noch einmal: In der Wirtschaft geht die Angst um, weil mittlerweile relativ offen Abschaltszenarien diskutiert werden, wer als Erster, wer als Zweiter usw. vom Gasnetz gehen müsste. Das ist ein Szenario, das wir noch vor wenigen Wochen als völlig absurd mit der Ansage abgetan haben, dass man große Verunsicherung auslösen würde, wenn man damit beginne. Das nimmt man mittlerweile aber schulterzuckend hin.

Also noch einmal von hier, von München aus an die Zentrale der Bundesnetzagentur: Liefert endlich den Beweis, dass es ohne Atomkraft geht,

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN sowie Abgeordneten der CSU)

oder setzt in Gang, dass wir wenigstens eine Übergangslösung von einigen Monaten realisieren können! Soweit aus Berlin möglich: Macht den erneuerbaren Energien den Weg frei! Wir sind in Bayern in dieser Hinsicht schon erfolgreich und tun sehr viel. Und: Lassen Sie dem Wasserstoff endlich eine Chance und diskreditieren Sie ihn nicht! Ich honoriere, dass Bayern, das über eines der vier Wasserstoffzentren in Deutschland verfügt, jetzt auch diese Bundesförderung in Höhe von

72,5 Millionen Euro zugesagt bekommen hat. Im Vorfeld wurden zwar um die 100 Millionen Euro versprochen,

(Florian von Brunn (SPD): Von Scheuer! – Ruth Müller (SPD): Scheuer!)

aber wir müssen uns jetzt eben nach der Decke strecken und damit beginnen, etwas kleiner zu planen. Lassen Sie dann eben dieser Entwicklung die Chance, und arbeiten Sie nicht dagegen!

Ich will nicht die abgedroschene Formulierung, dass wir alle in einem Boot sitzen, benutzen, aber in diesem Fall ist es wirklich so. Keine Partei in diesem Landtag oder im Bundestag kann Interesse daran haben, dass permanent hohe Energiepreise den Wohlstand in Deutschland aufzehren. Niedrige Energiepreise waren jahrelang Wohlstandsgarant für Deutschland. Man war mobil, man konnte mit billiger Energie Industrieprodukte produzieren und war weltweit wettbewerbsfähig. Wir dürfen diese Position jetzt nicht verlieren.

(Zuruf der Abgeordneten Gisela Sengl (GRÜNE))

Wir haben Gott sei Dank noch Vollbeschäftigung. Die heutigen Arbeitsmarktzahlen sind jetzt sogar bei 2,8 %. Die Firmen suchen nach wie vor Leute, aber wenn auf Dauer die Inflation in dieser Größenordnung bleibt, dann wird diese Zahl sehr schnell eine andere sein, dann werden wir Wohlstand verlieren.

Also lasst uns gemeinsam daran arbeiten, die Energieversorgung in Bayern und Deutschland sicher, bezahlbar und erneuerbar hinzubekommen. Da haben wir unseren Anteil zu leisten, da hat die Bundesregierung ihren Anteil zu leisten, und ich sehe auf alle Fälle, dass die letzten Versuche mit dem Tankrabatt ja gut gemeint, aber vielleicht nicht ganz gut gemacht waren. Also schauen Sie auch diesen Preistreibern auf die Finger.

(Gisela Sengl (GRÜNE): Ich habe keinen einzigen Vorschlag gehört!)

Das wurde früher immer sehr schnell von der SPD gefordert. Ich appelliere also an die SPD, hier auch darauf zu schauen und ihrem Ruf, der zumindest in der Vergangenheit bestand, den Großen auf die Finger zu schauen, an der Stelle auch gerecht zu werden und zu sagen: Die Mineralölkonzerne dürfen uns in der Form nicht abkassieren. Das ist jetzt auch Ihr Auftrag als Bundesregierung, den Sie zu erfüllen haben, um den Wohlstand in Deutschland zu sichern und keine soziale Schieflage zu produzieren.

(Lebhafter Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU – Zuruf der Abge- ordneten Gisela Sengl (GRÜNE))

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Es liegen keine weiteren Fragen vor.

(Heiterkeit – Zurufe)

Das hat jetzt nicht geklappt. Sie sind auch gar nicht zulässig während der Regierungserklärung.

Wir beginnen jetzt mit der Aussprache. Als Gesamtredezeit sind 151 Minuten vorgesehen. Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, kann ich dem Herrn Haushaltsausschussvorsitzenden – jetzt geht er! –, unserem heutigen Geburtskind – jetzt ist es da! –, ganz herzlich gratulieren.

(Allgemeiner Beifall)

Der erste Redner in der Aussprache ist der Kollege Ludwig Hartmann für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.