Lassen Sie mich, Herr Kollege Güll, sagen: Die Num mer 2 hätte es in dieser ganzen Breite überhaupt nicht gebraucht. Es hätte vollkommen ausgereicht, wenn Sie geschrieben hätten: In Artikel 1 Absatz 1 wird "bis einschließlich Jahrgangsstufe 10" gestrichen. – Dann bräuchten wir eigentlich die ganze Nummer 2 Ihres Gesetzesvorschlags nicht. Aber das nur am Rande. Was Sie da aufgeschrieben haben, ist so überflüssig wie ein Kropf. Aber darüber können wir vielleicht im Ausschuss noch etwas intensiver disku tieren.
Nein, es ist schlicht und ergreifend nicht notwendig. Wenn Sie das Gesetz insgesamt durchlesen, sehen Sie in Artikel 1 Absatz 1, wie man es leichter lösen könnte: indem man einfach ein paar Worte streicht. Ich habe Ihnen schon erklärt, warum wir dem so nicht nähertreten werden.
Ein anderer Punkt, der mir wichtig ist: Sowohl die FREIEN WÄHLER als auch die SPD geben mit die sen Gesetzentwürfen den Eltern einen Erstattungsan spruch an die Hand. Das heißt: Nicht nur diejenigen, die ihre Kinder nicht auf die nächstgelegene Schule schicken, sondern jeder bekommt einen Erstattungs anspruch in Höhe der fiktiven Kosten, die notwendig sind, um die Beförderung durch den ÖPNV sicherzu stellen. Das heißt: Jeder Elternteil, egal, ob er seine Kinder mit dem Omnibus fahren lässt oder nicht, be kommt einen Erstattungsanspruch und das entspre
chende Geld in die Hand gedrückt. Genau das steht drin: Die Schülerinnen und Schüler sind ab sofort nicht mehr verpflichtet, mit dem ÖPNV zur nächstge legenen oder zu einer anderen Schule zu fahren, son dern der zuständige Elternteil bekommt einen Erstat tungsanspruch dafür, dass diese Beförderung erfolgt. Das Ergebnis dieses Gesetzentwurfes ist, dass die Einzelbeförderungen letzten Endes mehr werden, weil die Schülerinnen und Schüler nicht mehr auf den ÖPNV angewiesen sind. Mit Ihren Gesetzentwürfen schlagen Sie dem ÖPNV im ländlichen Raum nicht nur ein Bein, sondern beide Beine weg. Oder um es anders auszudrücken: Die Gesetzentwürfe, die Sie zu diesem Punkt vorlegen, führen zu einem Motorscha den für den ÖPNV im ländlichen Raum.
Damit unterbinden Sie jegliche Möglichkeit für die Auf gabenträger, die den ÖPNV zu organisieren haben, in irgendeiner Form zu planen, wie die Schülerinnen und Schüler zu ihren Schulen kommen. Die Eltern sind nämlich nicht mehr verpflichtet, den ÖPNV zu nutzen, weil sie das Geld in Anspruch nehmen und dann überlegen können, ob sie vielleicht zusammen mit an deren Eltern eine Fahrgemeinschaft bilden und so den Schulweg individueller gestalten. Genau das ist der Punkt. Wenn Sie das nicht glauben, Kollege Geh ring – Sie schütteln den Kopf –, schauen Sie in den Text. Da heißt es: "Die Kosten der notwendigen Beför derung sind … zu erstatten."
Diese Kosten sind zu erstatten. Das bedeutet, die El tern sind nicht verpflichtet, den ÖPNV in Anspruch zu nehmen. Der Aufgabenträger gewährleistet die Beför derung von einem Ort zum anderen, indem er den ÖPNV als Sachleistung bereithält. Sie konstruieren je doch einen Erstattungsanspruch gegen jeden einzel nen Aufgabenträger. Damit würden Sie uns die Mög lichkeit nehmen, die Infrastrukturleistung ÖPNV anständig zu organisieren und zu planen.
Ich freue mich auf die Auseinandersetzung im Aus schuss; denn ich habe den Eindruck, dass Sie tat sächlich noch nicht begriffen haben, was dieser Erst attungsanspruch tatsächlich bedeutet. Herr Kollege Prof. Dr. Piazolo, Sie sagen, die Kosten der notwendi gen Beförderung sind zu erstatten. Diese Kosten wären dann den Eltern zu erstatten; das geht aus dem Kontext hervor. Im Fall des Besuchs einer weiter entfernten Schule erstattet der Aufgabenträger gegen Nachweis zumindest die Kosten bis zur Höhe der Kosten der notwendigen Beförderung. Diese Erstat tung richtet sich an die Eltern, an niemanden sonst.
Damit haben Sie im Grunde die Axt an den ÖPNV ge legt. Dieses Problem haben Sie konstruiert. Offen sichtlich haben Sie es noch nicht verstanden, was Sie mit diesen Gesetzesvorschlägen anrichten würden. Wir werden deswegen mit Ihnen interessiert im Aus schuss diskutieren. Ich kann mir jedoch nicht vorstel len, dass wir diesen beiden Gesetzentwürfen näher treten werden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Recht auf Bildung heißt, der Schulbesuch in Bayern ist kostenfrei. Dieses wichtige Gut ist in der Verfassung verbrieft. Recht auf Bildung und auf soziale Gerechtigkeit heißt aber auch, dass der Weg zur Schule frei ist und dass die jungen Menschen zur Schule kommen können. In einem Flä chenstaat wie Bayern, wo es nicht nur flaches Land, sondern auch gebirgiges Land gibt, ist dies kein bana les Thema.
Ich weiß nicht, wann Sie heute Morgen aufgestanden sind. Ich bin heute um 6.30 Uhr bei mir zu Hause im Gunzesrieder Tal aufgestanden. Um diese Zeit ist es dort noch dunkel, aber die Schulkinder sind schon un terwegs. Manche von ihnen müssen zwei bis vier Kilo meter Weg bis zur nächsten Bushaltestelle zurückle gen. Ab 6.45 Uhr fährt dann der Bus 200 Höhenmeter hinunter ins Tal, bei uns heißt das "aufs Land", wo sich die Schulstandorte befinden. Um 7.50 Uhr oder 8.00 Uhr beginnt dann der Unterricht. Am Nachmittag kommen die Kinder zurück.
Es wäre schön, wenn auch die Kolleginnen und Kol legen der Fraktion der CSU in der ersten Reihe zuhö ren würden. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frage, wie die Kinder zu ihren Schulen kommen und wie dies finanziert werden soll, ist also nicht banal. Ich muss sagen: Im bayerischen Schulwegkostenfrei heitsgesetz gibt es erhebliche Lücken. Hier geht es auch um die Frage, ob die Kinder die geeignete Schu le ihrer Wahl besuchen können, wie dies in Artikel 132 der Bayerischen Verfassung beschrieben ist, oder ob diese Möglichkeit eingeschränkt wird. Deswegen be grüßen wir die Gesetzentwürfe der Fraktion der FREI EN WÄHLER und der Fraktion der SPD. Wir haben zu diesem Thema zeitgerecht einen eigenen Antrag ein gebracht, der in den Ausschüssen und bei der Zwei ten Lesung im Plenum mit beraten wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die Streichung der Schulwegkostenfreiheit ab der 10. Klasse ist kein
banales Thema. Diese Streichung ist ein typisches Relikt aus der StoiberZeit. Wir sind der Auffassung, dass auch der Weg zum Abitur und zum Fachabitur nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen darf.
Die Forderungen unseres Antrags decken sich zum Teil mit den Forderungen der Gesetzentwürfe. Wir müssen erreichen, dass für die Schülerinnen und Schüler, die eine andere als die nächstgelegene Schule besuchen, die sogenannten fiktiven Kosten übernommen werden. Diese Kosten müssen den El tern erstattet werden. Herr Kollege Hofmann, ich ver stehe Ihre Aufregung nicht. Durch eine Ausführungs bestimmung ließe sich regeln, dass dafür eine Fahrkarte vorgelegt werden muss und dann die Kos ten erstattet werden. Es geht nicht darum, den Eltern Geld auf die Hand zu geben, damit sie ihre Kinder selbst zur Schule fahren. Im Übrigen, wer die Situa tion auf dem Land kennt, weiß, dass es für die Eltern nicht einfach ist, ihre Kinder selbst oder mit Fahrge meinschaften in die Schule zu fahren. Die Eltern sind froh, wenn es einen Bus gibt und ihre Kinder mit die sem Bus fahren können. Das müssen wir ihnen aber auch ermöglichen und finanzieren.
Das Gleiche gilt für die Schulwegkostenfreiheit in der Oberstufe nach der 10. Klasse. Hier geht es um die Attraktivität des ÖPNV. Die jungen Leute fahren häu fig per Roller oder Anhalter zur Schule, weil sie die Kosten für die Monatskarte scheuen. Deshalb ist es wichtig, dass der ÖPNV gestärkt wird und die Schü lerinnen und Schüler die Kosten dafür erstattet be kommen.
Wir sollten einmal im Ausschuss mit unseren Ver kehrspolitikern über Themen wie zum Beispiel das AzubiTicket diskutieren. Bei meinen Nachbarn in Vor arlberg gibt es bereits entsprechende Angebote. Viel leicht müssen wir hier neue Wege gehen und weiter denken. In uns haben Sie Kollegen, die darüber gern mitdiskutieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zusätzlich zu den Forderungen des Gesetzentwurfs der SPD und des Gesetzentwurfs der FREIEN WÄHLER sehen wir vor, dass auch die Kosten für Schulen besonderer Art, zum Beispiel die Gesamtschule in Hollfeld oder Ge meinschaftsschulen, übernommen werden. Bisher gibt es dazu lediglich eine SollBestimmung. Diese SollBestimmung muss zu einer MussBestimmung werden.
Es geht auch um die Kosten für neue Einrichtungen, bei denen viele Irritationen entstanden sind. Ich nenne die InGymKlassen und die SPRINTKlassen, die für Flüchtlinge an den Gymnasien eingerichtet worden sind. Diese Klassen befinden sich natürlich nicht an dem Standort, der dem Wohnort am nächsten liegt, sondern an weiter entfernten Standorten. Für solche Fälle muss klar geregelt sein, dass die Kosten über nommen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, beim Thema Schul wegkostenfreiheit geht es darum, Regelungen aus der StoiberÄra rückabzuwickeln, wie dies schon bei an deren Themen geschehen ist, zum Beispiel bei der Arbeitszeitverlängerung für Beamte und beim G 8. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss.
Danke schön. – Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, die beiden Gesetzentwürfe dem Ausschuss für Bildung und Kultus als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Danke schön. Dann ist das so beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte jetzt um etwas Ruhe. Die Schülerinnen und Schüler, die oben auf der Tribüne sitzen, müssen auch ruhig sein, wenn sie in der Schule sind.
Der Herr Ministerpräsident hat mitgeteilt, dass mit Ab lauf des 31. Januar der Vorsitzende Richter am Ober landesgericht München, Herr Michael Lorbacher, in den Ruhestand getreten ist. Der Präsident des Verfas sungsgerichtshofs schlägt als Nachfolgerin Frau Kor nelia Kornprobst, Richterin am Oberlandesgericht München, zur Wahl vor.
Am 3. März endet die Amtszeit des berufsrichterlichen Mitglieds Dr. Herbert Veh. Der Präsident des Verfas sungsgerichtshofs schlägt als Nachfolger Herrn Ro land Glass, Präsident des Landgerichts Nürnberg Fürth, zur Wahl vor.
Die Vorgeschlagenen sind bereit, im Fall der Wahl das Amt anzunehmen, und haben die entsprechende Er klärung gemäß Artikel 6 des Verfassungsgerichtshof gesetzes abgegeben.
Die RichterWahlKommission hat am 8. Februar 2017 dem Vorschlag des Präsidenten des Verfassungsge richtshofs zugestimmt und beschlossen, der Vollver sammlung zu empfehlen, die Wahlvorschläge anzu nehmen.
Wir kommen damit zur Wahl. An Ihrem Platz finden Sie einen gelben und einen blauen Stimmzettel vor. Für den Wahlgang ist außerdem die in Ihrer Stimm kartentasche enthaltene gelbe Namenskarte zu ver wenden. Die Urnen für die Namenskarten und für die Stimmzettel befinden sich auf beiden Seiten des Sit zungssaals im Bereich der Eingangstüren sowie auf dem Stenografentisch. Ich bitte Sie, sowohl die Na menskarte als auch die Stimmzettel nicht selbst in die Urnen einzuwerfen, sondern diese den hierfür bereit stehenden Mitarbeitern des Landtagsamtes auszu händigen. Nur so kann der ordnungsgemäße Ablauf des Wahlvorgangs sichergestellt werden.
Die fünf Minuten sind um. Der Wahlgang ist beendet. Wir geben das Wahlergebnis später bekannt. Bitte nehmen Sie wieder Platz.
Die SPDFraktion hat darum gebeten, anstelle von Herrn Volkmar Halbleib Frau Annette Karl als neues Mitglied in den Beirat für Informations und Kommuni kationstechnik zu bestellen. Eine Aussprache hierzu findet nicht statt.
Bitte nehmen Sie doch wieder Platz. – Wir kommen sofort zur Abstimmung. Wer dem Vorschlag zur Be stellung von Frau Kollegin Karl in den Beirat für Infor mations und Kommunikationstechnik seine Zustim mung erteilen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die CSUFraktion, die SPD Fraktion, die FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine Gegenstimme. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Dann ist es so beschlossen.
Abstimmung über eine Europaangelegenheit und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage)