Angesichts der letzten Sitzungen in diesem Hause erlaube ich mir die Bemerkung: Es liegt in unser aller Verantwortung, wie wir diese Diskussion führen, welche Debattenkultur wir pflegen, wie wir wirken bei den Menschen, wie wir wahrgenommen werden, wie viel uns vertraut wird, insbesondere bei gesamtgesell
Eines wird dabei immer deutlicher: Wir müssen nicht nur diskutieren, wir müssen vor allem erklären; denn die Komplexität der Themen, vor allem in unserer globalisierten Welt, hat dermaßen zugenommen, dass sich immer häufiger einfache, sogenannte populistische Antworten nicht mehr anbieten. Einzelne Schlagworte können nicht komplexe Zusammenhänge widerspiegeln. Der Duden erklärt den Begriff des Populismus als opportunistische Politik, die die Gunst der Massen zu gewinnen sucht. Populismus mag für die schnelle Wählerstimme reichen, aber nicht für die Demokratie. Wir sollten unseren Mitmenschen Tiefgang zutrauen. Wir müssen sie abholen, wir müssen mit ihnen eine Sprache sprechen, die man versteht, die aber trotzdem der Komplexität der politischen Themen gerecht wird. Eurobonds, Entgeltgleichheit oder Systemrelevanz sind abstrakte Begriffe der politischen Kaste, aber nicht einer gesellschaftlichen Debatte. Sie grenzen mehr aus, als dass sie erklären. Wir koppeln uns durch diese selbst ab und drohen dadurch unsere Systemrelevanz zu verlieren.
Die Leerstelle wird dann, wenn wir nicht dagegen ankämpfen, von Kräften besetzt, die an einer Demokratie, wie wir sie kennen, nicht interessiert sind. Diese Kräfte haben uns erst kürzlich hier im Landtag besucht. Lassen Sie uns darauf achten, dass wir zukünftig im Sinne der Demokratie debattieren und uns auch gerne die Köpfe heiß reden, aber wir sollten dabei nicht drohen, sie einzuschlagen, oder gar den Mitdiskutanten als lächerlich abtun. Debattieren wir in einer Art und Weise, die Vorbild ist und die auch zu den Menschen spricht, für die wir Politik machen. Es geht einfach um zu viel.
Ich wünsche Ihnen allen in der Weihnachtszeit erholsame Stunden und ein wenig Zeit, um in sich zu gehen.
(Lebhafter Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Beifall bei Abge- ordneten der CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Jetzt darf ich den Herrn Ministerpräsidenten ums Wort bitten. Bitte schön, Herr Ministerpräsident.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auch die letzte Gelegenheit in diesem Jahr nutzen, um mich auf die Bayerische Verfassung zu beziehen. Wir feiern heuer bekanntlich das Jubiläum.
Nach dieser Bayerischen Verfassung ist die Bayerische Staatsregierung auf das Vertrauen des Bayerischen Landtags angewiesen. Deshalb beginnt mein erster Dank mit einem Vergelt‘s Gott an Sie alle für Ihr Vertrauen in diesem Jahr 2016, insbesondere auch, weil es bei meiner Fraktion, der CSU-Fraktion, uneingeschränkt vorhanden war.
Im Namen der gesamten Bayerischen Staatsregierung danke ich für die Unterstützung, für das Vertrauen, das wir in diesem Jahr wiederum hatten. Ich bedanke mich auch bei der Opposition für jede konstruktive Kritik. Dabei ist meine Erfahrung, dass die Kritik vor Sonnenuntergang noch ein Stückchen besser ist als nach Sonnenuntergang.
Ich bedanke mich bei allen Mitgliedern des Präsidiums. Die politische Arbeit des Parlaments ist mit sicherer Hand geleistet und geleitet worden. Vor allem hat unser Präsidium mit der Präsidentin an der Spitze, aber auch mit den Vizepräsidenten und den Vizepräsidentinnen unser Parlament in sehr würdevoller Weise immer wieder im gesamten Freistaat Bayern repräsentiert.
Ich bedanke mich bei allen Vertretern von Presse, Rundfunk und Fernsehen. Jeder sachliche Bericht und jeder gut begründete Kommentar nutzt einer lebendigen und bürgernahen Demokratie, und jede kritische Begleitung hat uns zusätzlich motiviert. Auch heute gilt ein "Passt schon" im Verhältnis zwischen uns und Ihnen. Ich denke, es war menschlich sehr angenehm. Inhaltlich haben wir unterschiedliche Verantwortlichkeiten. Auch Sie haben Ihre Verantwortlichkeit gut wahrgenommen. Das spreche ich jedenfalls für die Bayerische Staatsregierung aus. – Auch ein Parlament könnte dazu Beifall klatschen.
Ich bedanke mich auch bei den Landtagsbeauftragten, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landtagsamtes, an der Spitze Herrn Worm, bei dem Stenografischen Dienst, bei dem technischen Personal, der Polizei und bei allen Kräften, die dafür sorgen, dass das Hohe Haus auch im äußeren Erscheinungsbild seinem Rang entspricht. Danke an alle guten Geister!
Wenn ich auf das zu Ende gehende Jahr in aller Kürze zurückblicke, sehe ich es vor allem durch zwei Begriffe geprägt. Als Erstes denke ich an die Schicksalsschläge, die uns in diesem Jahr in Bayern in besonderer Weise buchstäblich heimgesucht haben. Ich denke an das Zugunglück in Bad Aibling. Ich denke auch in diesem Jahr wieder an Flutkatastrophen, vor allem an die Sturzflut in Simbach. Ich denke an den Amoklauf in München, an die beiden unsäglichen Kapitalverbrechen in Ansbach und in Würzburg. Wir sind über die Feiertage mit unseren Gedanken bei den betroffenen Familien und den Opfern. Sie haben unser Mitgefühl auch heute und in den nächsten Wochen, während der Feiertage. Dann ist es für die betroffenen Menschen besonders bitter. Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, unserer Bevölkerung für die hervorragende Reaktion und das gute Miteinander bei all diesen Vorfällen zu danken, ebenso unseren Sicherheitskräften und Rettungskräften. Das war in diesem Jahr sehr prägend.
Damit verbunden ist mein Wunsch für das nächste Jahr 2017, dass wir von solchen Schicksalsschlägen in Bayern und in ganz Deutschland verschont bleiben mögen.
Der zweite Begriff, der jedenfalls für mich in diesem zu Ende gehenden Jahr prägnant war, war der Begriff der Geduld. Wir haben viele Vorhaben zum Vorteil und zum Nutzen unseres Landes bewerkstelligt, die seit Jahren, zum Teil seit Jahrzehnten verfolgt wurden. Ich will jetzt nicht eine Regierungserklärung wiederholen, erinnere aber an die zweite Stammstrecke hier in München. Dieses Vorhaben wurde seit einem Vierteljahrhundert rauf und runter, hin und her gewälzt. Und nächste Woche werden wir, Herr Innenminister, die abschließende Finanzierungsvereinbarung unterzeichnen, einschließlich der Regelungen zur Barrierefreiheit und zu den vielen Knotenpunkten im Großraum München, für die schon vorweg eine Lösung gefunden werden muss. Es hat 25 Jahre gedauert. Ich richte an alle einen Appell. Man kann unterschiedlicher Ansicht sein; die Ansichten etwa zu dem berühmten Südring sind ja auch abgewogen worden. Aber wenn nach 25 Jahren die Entscheidung getroffen ist, sollte man diese Entscheidung respektieren und im Interesse unserer Pendler nach München und im Großraum München einfach jetzt Ja sagen zum Baubeginn. Es ist höchste Zeit.
Die gleiche Geduld musste man beim Länderfinanzausgleich haben. Auch dessen Abschaffung ist ein langfristiges Werk, das sich nur mit einer Änderung des Grundgesetzes verwirklichen lässt. Wir haben die Ziellinie noch nicht ganz überschritten, weil Bundestag und Bundesrat noch abstimmen müssen; aber die Gesetzestexte dazu sind von den 16 Ministerpräsidenten und der Bundesregierung beraten worden. Deshalb hoffe ich, dass dieses Langzeitthema mit Geduld auch in Berlin zu einem positiven Abschluss gebracht wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen vor einer Serie von Wahlen und Wahljahren. Fünf Jahre am Stück, bis zum Jahre 2021, finden nur Wahlen statt: Bundestagswahl, Landtagswahl, Europawahl, Kommunalwahlen und im fünften Jahr schon wieder die Bundestagswahl. Ich höre immer, dass man sich in den politischen Parteien wechselseitig die Befürchtung zuspielt, es könnte schwierig werden im Hinblick auf die politische Kultur. Man unterstellt sich gegenseitig, dass man in einem Wahlkampf nicht die politische Kultur auf dem erforderlichen Niveau halten kann, und wundert sich dann, wenn die Bevölkerung zu der Auffassung kommt, dass es genau so ist. Manchmal laden wir selbst durch unsere Einlassungen die Bevölkerung geradezu zur kritischen Betrachtung unseres Tuns ein.
Deshalb blicke ich zurück auf das Jahr 2013. Damals hatten wir auch zwei sehr wichtige Wahlen, nämlich die Landtagswahl in Bayern mit einem sehr starken Gegenkandidaten Christian Ude und die Bundestagswahl. Im Rückblick erkenne ich, dass zwar sehr intensiv um das Vertrauen der Bevölkerung in diesem Lande gekämpft worden ist; aber es waren faire Wahlkämpfe. Es ist nichts zurückgeblieben. Auch heute gehen wir vernünftig miteinander um, gerade auch Christian Ude und ich, obwohl wir uns gegenseitig nichts geschenkt haben. Das erwähne ich deshalb, weil das Jahr 2013 ein Beispiel dafür sein könnte, wie wir vor allem die nächsten zwei Jahre gestalten, nämlich anständig und fair. Das schließt ausdrücklich nicht aus, dass man streitet. Wir haben unterschiedliche politische Überzeugungen. Wir müssen den Menschen diese Überzeugungen vermitteln und auch über den richtigen Weg streiten. Aber wir sollten es, wie gesagt, so machen, wie wir es 2013 gemacht haben, mit dem Vorsatz, diesen Wettstreit fair und anständig zu führen. Das ist übrigens der beste Beitrag dazu, dass wir unser aufgewühltes Land, unser gespaltenes Land, unser polarisiertes Land wieder stärker in der Gesellschaft zusammenführen. Das sollte unsere gemeinsame Zielsetzung sein, trotz Wahlkampf.
schlag mitgeben. Er hat einmal formuliert, dass vor allem drei Qualitäten gute Politik und gute Politiker ausmachen: Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und Augenmaß. Das ist ein guter Ratschlag, auch in den Jahren 2017/2018. Dabei darf ich mir die Anmerkung erlauben, dass man nicht immer sofort, wenn man unser Tun bewertet – damit meine ich jetzt alle –, Leidenschaft mit Populismus gleichsetzen sollte. Wenn Politikerinnen und Politiker mit Leidenschaft für die Menschen und für ein Land kämpfen, wundere ich mich, dass diese Leidenschaft in vielen Fällen als Populismus interpretiert wird. Dem möchte ich entschieden entgegentreten. Ich wünsche mir Leidenschaft in der Politik. Ich wünsche mir auch Typen in der Politik. Sie ergeben sich meistens durch Leidenschaft und nicht durch Langweiligkeit.
Leidenschaft, Augenmaß und Verantwortungsgefühl: Vielleicht kann man diese Worte in die Feiertage mitnehmen und mit diesem Vorsatz das Jahr 2017 beginnen. Ich finde, es war ein aufregendes, ein spannendes, ein anspruchsvolles Jahr 2016. Wir können schon mit dem Gefühl in die letzten Tage dieses Jahres gehen, dass wir alle miteinander bei allem Streit Vernünftiges und Gutes für diesen Freistaat Bayern und vor allem für die Menschen in diesem Freistaat Bayern geleistet haben. Auch dafür noch einmal fraktionsübergreifend: Danke schön.
(Anhaltender Beifall bei der CSU – Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und Abgeordneten der GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun darf ich uns allen ein schönes und gesegnetes Weihnachtsfest und für das neue Jahr alles Gute wünschen; bei uns in Unterfranken sagt man so schön: einen guten Beschluss! Vor allen Dingen wünsche ich uns Gesundheit und neue Kraft für das nächste Jahr.
Den Kolleginnen und Kollegen, die heute nicht unter uns sein können, weil sie krank sind, wollen wir noch einen ganz besonderen Gruß und gute Besserung sagen. Wir freuen uns, wenn wir sie im neuen Jahr hier wiedersehen.