Protocol of the Session on December 14, 2016

In Bayern hielten sich Mitte 2016 circa 60.000 Kinder und Jugendliche mit Fluchthintergrund im schul- bzw. berufsschulpflichtigen Alter auf.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Genau! Dank der CSU?)

Ich sage auch mit großer Überzeugung – Herr Pfaffmann, ich weiß, Sie hören das nicht gern –: Die gelingende Integration dieser Kinder setzt eine passgenaue Beschulung – sprich: das Erlernen der Sprache und das Kennenlernen des Wertefundaments unserer Gesellschaft – voraus.

(Volkmar Halbleib (SPD): Wenn es so wäre, wären wir froh!)

Wir haben, was dies angeht, in den kommenden Jahren eine gigantische Herausforderung vor uns. Diese bezieht sich auf den gesamten Freistaat, aber vor allem auf die Lehrkräfte vor Ort. Bereits im Nachtragshaushalt 2016 hatten Staatsregierung und CSU-Frak

tion die Weichen entsprechend gestellt und rund 160,7 Millionen Euro bereitgestellt.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Tosender Applaus bei der CSU! – Zuruf von der CSU: Da sollten auch Sie klatschen, Herr Pfaffmann!)

Sie alle, insbesondere die Haushalts- und die Bildungspolitiker, können sich wahrscheinlich noch an die Beratungen über den Nachtragshaushalt für das Jahr 2016 erinnern. Die 1.079 zusätzlichen Planstellen für Lehrerinnen und Lehrer möchte ich besonders hervorheben. Angesichts der großen Herausforderungen haben wir beschlossen, insgesamt 5.400 neue Stellen zu schaffen. Ein erheblicher Anteil ist – natürlich – für den Bereich innere Sicherheit vorgesehen. Aber auch die Bereiche Integration und Bildung profitieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, all diese Stellen sind notwendig, damit wir die großen Herausforderungen weiterhin bewältigen können. Ich habe vor einiger Zeit eine Grundschule und eine Berufsschule besucht. Dort konnte ich auch persönlich sehen, welch gute Arbeit dort geleistet wird.

Abschließend noch ein Wort zu dem Thema Verwaltungsangestellte. Dieses ist für die Mehrheitsfraktion, die Fraktion der CSU, eine sehr wichtige Angelegenheit.

(Volkmar Halbleib (SPD): Ihr habt doch unsere Änderungsanträge dazu abgelehnt!)

Die Sekretärinnen an den Schulen bilden deren Rückgrat – das habe ich schon deutlich erwähnt – und stellen den reibungslosen Ablauf des Schultags sicher.

(Margit Wild (SPD): Aber die sind häufig gar nicht da! Die Schulleiter müssen deren Aufgaben übernehmen!)

Ich bin sehr froh darüber, dass sich unsere Fraktion dafür ausgesprochen hat, weitere 100 Stellen für Verwaltungsangestellte vorzusehen. Das ist ein sehr wichtiger Beschluss.

(Beifall bei der CSU – Harald Güller (SPD): Warum habt Ihr unsere Änderungsanträge abgelehnt? Bekommen wir darauf noch eine Antwort?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann Ihnen noch ein Beispiel nennen, um zu verdeutlichen, wie gut unser bayerisches Schulsystem funktioniert. Es ist ein Beispiel aus meiner Familie. Meine Nichte hat von dem Projekt, das das Kultusministerium unter dem Titel "Kein Abschluss ohne Anschluss" initiiert

hat, erheblich profitiert. Diese junge Frau hat nicht einen Tag lang ein Gymnasium besucht. Sie besuchte zunächst die Grundschule und die Hauptschule, absolvierte dann eine Ausbildung und holte an der BOS das Abitur nach. Anschließend studierte sie Medizin. Heute ist sie Ärztin an einem Krankenhaus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schon an diesem einen Beispiel sehen Sie sehr gut, wie durchlässig das Schulsystem in Bayern ist. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächster Redner ist Herr Kollege Strobl.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Und: Liebe Kolleginnen und Kollegen in den Büros und in der Gaststätte!

(Heiterkeit und Beifall bei allen Fraktionen)

Herr Kollege Hans Herold hat vorhin darauf hingewiesen, dass wir in Bayern noch nie so viele Lehrer wie heute hatten. Diese Information muss aber ergänzt werden: Unsere Lehrer hatten nämlich noch nie so viele – auch nicht so viele neue – Aufgaben zu erfüllen wie heute. Deshalb brauchen wir so viele Lehrkräfte. Wenn ich es richtig sehe, sitzt auf der Besuchertribüne die Frau Präsidentin des BLLV. Recht herzlich willkommen! Sie verfolgen die heutige Debatte mit großem Interesse.

Verschiedene Entwicklungen in unserer Gesellschaft verdeutlichen die Notwendigkeit, in unserem Schulsystem einiges zu reformieren. Wir brauchen nur an den demografischen Wandel zu denken, der sich zugegebenermaßen in den Regionen unterschiedlich bemerkbar macht. Darauf müssen wir reagieren. In manchen Regionen des ländlichen Raums sinken die Schülerzahlen. Unter Umständen kommt es zu weiteren Schulschließungen. Damit verlängern sich für die Schüler die Anfahrtswege.

Die familiären Strukturen verändern sich. Wenn, wie es immer öfter der Fall ist, beide Eltern berufstätig sind – und berufstätig sein müssen –, dann brauchen die Kinder qualifizierte Unterstützung auch am Schulnachmittag.

Zu uns kommen junge Menschen, die vor Krieg, Elend, Hunger und Not, das heißt, um ihr Leben zu retten, geflohen sind. Die meisten dieser Kinder müssen unsere Sprache erst erlernen. Die Lehrer berichten davon, dass viele dieser Kinder die deutsche Sprache unheimlich schnell erlernen und dass sie hervorragende schulische Leistungen erbringen. Wer

je in einer Übergangsklasse war, wird bestätigen können, dass die Kinder unheimlich fit sind und sich freuen, wenn sie etwas lernen können. Daraus ergibt sich ein Potenzial für unser Land. Mit der Förderung dieser jungen Menschen investieren wir auch in die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei der SPD)

In Bezug auf die bestehenden Strukturen besteht dringender Handlungsbedarf. Viele sehen zum Beispiel das G-8-Gymnasium – das ja über Nacht gekommen ist; am Tag zuvor hatte noch das G-9-System gegolten – auch mehr als zehn Jahre nach seiner Einführung noch als Baustelle an, unter deren Mängeln Schüler, Eltern und Lehrer zu leiden haben. Wenn Eltern wählen dürfen, stimmen sie eindeutig für mehr Bildungszeit und weniger Stress. Wie ist es mit dem Lerndruck? Ist es denn nicht wichtiger, den Kindern mehr Zeit zum Lernen zu geben? Ist eine Entschleunigung im Bildungsbereich denn nicht besser als Schulstress? Das Forum Bildungspolitik in Bayern wies in seiner Petition darauf hin, dass es die seit Jahren anhaltende gute Konjunkturlage in Bayern jetzt auch erlaubt, im neuen Doppelhaushalt 2017/2018 Ungleichgewichte zu überwinden.

Unsere Bildungspolitiker Martin Güll, Kathi Petersen, Dr. Simone Strohmayr und Margit Wild weisen immer wieder darauf hin, dass die pädagogischen Anforderungen an den Schulen enorm gestiegen sind. Sie haben entsprechende Anträge formuliert und in die Haushaltsdebatte eingebracht, und wir Haushaltspolitiker durften sie dort auch vertreten.

Die Lehrkräfte brauchen wegen der ständig steigenden Heterogenität ihrer Klassen und Lerngruppen immer mehr Unterstützung. Die bisher bereitgestellten Mittel reichen bei Weitem nicht aus, die dadurch entstehenden Fortbildungsbedarfe zu decken. Dazu gehört auch eine Ausweitung der Fortbildungsmaßnahmen im Bereich der Inklusion.

An den Grundschulen in Bayern fehlen schon seit Jahren Lehrkräfte, um Qualitätsverbesserungen zu erreichen. Wir fordern deshalb zusätzliche Stellen zur Verbesserung des Übergangs von der Kindertagesstätte in die Grundschule, den Einstieg in das ZweiPädagogen-System, eine Entlastung der Schulleitungen an den Grund- und Mittelschulen und eine Erhöhung des Lehrerbudgets in den Mittelschulverbünden.

(Beifall bei der SPD)

Die Realschulen in Bayern – heute sind Vertreter einer Realschule aus Ochsenfurt anwesend – leisten ganz hervorragende Arbeit und sind eine von den El

tern häufig gewählte Schulart. Die Leistung der Realschulen wurde bisher nicht durch Investitionen und weitere Qualitätsverbesserungen belohnt. Nach wie vor werden Stellen insbesondere für den Abbau der großen Klassen, zum Ausbau des Ganztagsangebots und zum Ausbau der integrierten Lehrerreserve benötigt. Zu allen Punkten, die ich jetzt nenne, gab es ja Anträge, die wir auch im Haushaltsausschuss behandelt haben, die aber eben immer wieder abgelehnt wurden.

Bei den Gymnasien besteht ebenfalls ein großer Bedarf an Lehrern für den Abbau der großen Klassen und für die Abfederung der Klassenmehrung durch die Einführung des neunjährigen Gymnasiums. Gestern habe ich eine Pressemitteilung des Bayerischen Philologenverbandes in die Hand bekommen:

Schon wieder stehen hunderte Referendare vor einer ungewissen Zukunft. (...)

Planstelle oder Bayern? – Diese Entscheidung müssen auch dieses Jahr wieder hunderte fertig ausgebildete Gymnasiallehrer treffen – denn sie bekommen im Februar

obwohl gebraucht –

kein Einstellungsangebot vom Freistaat. Deswegen

so der Philologenverband –

entscheiden sich immer mehr dafür, Bayern den Rücken zu kehren und in einem anderen Bundesland oder gar im Ausland als Lehrkraft zu arbeiten.

Man muss sich das einmal vorstellen. Ich zitiere weiter:

Angesichts steigender Herausforderungen am Gymnasium wie Inklusion, Flüchtlingsbeschulung oder individuelle Lernzeit ist die derzeitige Einstellungspolitik nicht nachvollziehbar.

An den Berufsschulen herrscht genauso schon seit vielen Jahren ein Stellendefizit. Um die Schulleitungen zu entlasten, die Klassen zu verkleinern und die allgemeinbildenden Fächer zu stärken, werden zusätzliche Stellen benötigt. Auch hier ist eines klar: Die Investitionen in die Qualität der Berufsschulen lohnen sich.

Überall gilt das Gleiche: Die Fachoberschulen und die Berufsoberschulen leisten einen großen Beitrag zum Erreichen höherer Bildungsabschlüsse und verzeichnen seit Jahren Schülerzuwächse, denen aber die Zu

wächse an Lehrkräften nicht in gleichem Maße gefolgt sind. Deshalb fordern wir mehr Stellen.

Was immer noch nicht zur Zufriedenheit gelöst ist, ist die Refinanzierung von kommunalen und privaten Schulen.

(Beifall bei der SPD)

Leider ist auch ein diesbezüglicher Antrag abgelehnt worden. Der Freistaat steht in der Pflicht, diese Bildungseinrichtungen, an denen nach staatlichem Lehrplan gelernt wird, besser zu unterstützen. Kommunale Schulen gibt es in der Regel nur in den größeren Städten, in denen es auch Brennpunkte und sozial schwache Familien gibt. In solchen Gegenden sind öffentliche Schulen sehr, sehr wichtig, um für ein grundlegendes Bildungsangebot inklusive Ganztagsbetreuung zu sorgen.

Jetzt komme ich auf den Bereich zu sprechen, den mein CSU-Kollege gerade angesprochen hat und der mir auch persönlich sehr am Herzen liegt. Wir haben schon über Jahre hinweg Verbesserungen für die Verwaltungsangestellten an bayerischen Schulen gefordert, die aber immer wieder abgelehnt wurden. Wir wissen schon seit Langem, dass die Verwaltungsaufgaben an den Schulen in den letzten Jahren aufgrund verschiedener Maßnahmen gestiegen sind. Die Mehrarbeit an den Schulen, nicht nur durch die Kinder und Jugendlichen mit Fluchthintergrund verursacht, und die damit verbundenen zusätzlichen Aufgaben auf der Verwaltungsebene sind bisher ebenfalls noch nicht berücksichtigt. Auch müsste – das sage ich jetzt dazu – bei der Bezahlung der Verwaltungskräfte endlich etwas getan werden.