Eines möchte ich beim Thema Bildung noch ergänzen; dies wird uns im neuen Jahr beschäftigen. Es geht um das Thema Gymnasium. Auch dafür bietet die Bayerische Verfassung einen wunderbaren Text. Bildung bedeutet natürlich die Vermittlung von Wissen. Die Schule soll und muss aber auch Herz und Charakter bilden. Das steht in Artikel 131 der Verfassung. Ich finde, das ist ein fantastischer Satz. Wenn man diesen Satz ernst nimmt, dann muss man die bayerische Bildungspolitik verfolgen. Die jungen Menschen darf man nicht alle gleich behandeln wie mit einer Heckenschere. Die jungen Menschen muss man mit den Fähigkeiten, die sie mitbringen, erreichen. Man darf ihnen nicht nur Wissen einpflanzen, sondern man muss auch das Herz und den Charakter bilden. Das ist nur mit einem vielfältigen, einem gegliederten und einem durchlässigen Schulsystem möglich.
Der genannte dritte Punkt steht im Zusammenhang mit meinem vierten Punkt. Meine lieben Abgeordneten, ich muss sehr häufig in Berlin sein. Es gibt dort ständig Versuche, auch in der letzten Woche, Zuständigkeiten zu zentralisieren. Diese Versuche basieren auf einem Irrglauben, dem unsere Verfassungsväter nicht unterlegen sind. Diese haben die Sache genau umgekehrt gesehen: Je mehr Zentralismus es gibt, desto größere negative Entwicklungen gibt es für das Land. Deshalb möchte ich die heutige Haushaltsdebatte nutzen, um Sie zu ermuntern, dass wir den Föderalismus stärken und dem Zentralismus die Stirn bieten. Dies sollten wir bei den vielen Unterschieden, die zwischen den Parteien auch sein müssen, nicht aus den Augen verlieren.
Der Zentralismus war für unser Land noch nie ein Segen. Die Vielfalt, die man innerhalb Europas will: Wir wollen sie jedenfalls. Das steht auch in unserer Bayerischen Verfassung. Die Vielfalt, die die geistige Grundlage für das föderale Prinzip der Bundesrepublik Deutschland war, hat dieses Land am stärksten nach vorne gebracht. Es ist schön, von Ministerpräsidenten mit derselben Meinung umgeben zu sein und in dieser Frage kein Einzelkämpfer mehr zu sein. Diese Ministerpräsidenten sagen: Lasst uns den Föderalismus gegen all diese Angriffe, die beinahe wöchentlich in Berlin erfolgen, verteidigen.
Ja, Herr Aiwanger, wissen Sie, wir führen extra eine Debatte über die Qualität dieses Verfassungsartikels. Ich möchte jetzt, dass das verabschiedet wird. Anschließend nenne ich Ihnen die Hintergründe, dann werden Sie den Zwischenruf wahrscheinlich zurückziehen.
(Volkmar Halbleib (SPD): Oh, da sind wir gespannt! – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Schauen wir mal!)
Prüfen Sie einmal, was sich bei den Autobahnen tatsächlich ändert und was auf bayerischen Vorschlag hin beschlossen worden ist zur Standortgarantie, zur Personalgarantie und zur Übernahmegarantie für das Personal. Schauen Sie sich das alles an. Das kann ich sehr, sehr gut gegenüber diesem Parlament und gegenüber den Beschäftigten vertreten. Wenn es anders wäre, hätte ich niemals zugestimmt. Darauf können Sie sich verlassen. Das ist kein Zentralismus.
Jetzt kann uns der Bund, wenn er will, Geld überweisen, auch für die Bildung. Wir nehmen das Geld auch an. Aber eines machen wir nicht: Wir werden dem Bund nicht mit dem goldenen Zügel Verantwortlichkeiten übertragen, nur weil er uns Geld gibt. Das machen wir nicht.
Bei diesem Thema bitte ich Sie alle inständig, auch diejenigen von der Opposition, dass wir uns in den nächsten Jahren in diesem Punkt einig sind. Die Ziehkräfte, mehr Zuständigkeiten nach Berlin und nach Brüssel zu transferieren, sind unheimlich stark. Wir müssen auch in der Zukunft ein Bollwerk für den Föderalismus sein. Wie wichtig dies war, hat die Lösung beim Bund-Länder-Finanzausgleich gezeigt. Am Donnerstag wurden nach 14 Stunden die Formulierungen festgelegt. Das Grundgesetz wurde noch nicht geändert. Man glaubt gar nicht, wie viel Zeit erforderlich ist, um wenige Sätze zu formulieren. Der Deutsche Bundestag muss diese jetzt beschließen und anschließend der Bundesrat. Aber wenn 16 Ministerpräsidenten und die Bundesregierung einer Meinung sind, darf man annehmen, dass es auch so kommt. Ich erinnere an unsere Debatte im Oktober. Am Donnerstag ist alles so gekommen, wie wir es am 14. Oktober vereinbart hatten. Es ist so gekommen, wie es bayerischen Interessen dient. Jeder einzelne Punkt, den wir am 14. Oktober vereinbart hatten, ist so gekommen. Ein Erfolg ist, dass Bayern als starkes Land zu
künftig 1,3 Milliarden Euro weniger in den Länderfinanzausgleich zahlt. Der größere Erfolg ist die Deckelung des Länderfinanzausgleichs. Folglich bleibt zukünftig das, was unsere Wirtschaft und unsere Arbeitnehmer erarbeiten, in Bayern. Das ist der größte Erfolg.
Der fünfte Punkt, auf den es mir ankommt, ist das Festhalten an der Koalition mit den Bürgern. Heute ist gute Politik ohne die ernsthafte Beteiligung der Bürger in unterschiedlichster Form nicht mehr möglich.
Sie muss ernsthaft betrieben werden. Man muss zuhören. Man muss über das, was man hört, nachdenken. Man muss das Wesen der Politik erfüllen, nämlich einen Interessenausgleich herbeiführen, da nicht alle Menschen gleich denken. Danach muss man entscheiden. Das tun wir in sehr engem Kontakt mit der Bevölkerung. Sie ist heute unser wichtigster Koalitionspartner. Die Bevölkerung überzeugt man nicht, indem man von oben herab mit erhobenem Zeigefinger Belehrungen und Bevormundungen von sich gibt. Man überzeugt die Bevölkerung nur, wenn man sie mit den Problemen, die sie bedrängen, ernst nimmt und überall dort, wo es Handlungsbedarf gibt, tatsächlich handelt. Die Eigentumsbildung für Familien halte ich zum Beispiel für einen ganz zentralen Beitrag zur Stärkung unserer gesellschaftlichen Mitte und zum Kampf gegen die politischen Ränder.
Heute ist nicht der Tag, an dem wir darüber diskutieren, welche Gefahren aus welchen Gruppierungen für uns erwachsen. Eines aber weiß ich heute aus positiver Erfahrung in über 40 Jahren Politik: Man kann nicht mit Belehrungen oder gar einem Verhalten, das in Richtung Bevormundung geht, der Bevölkerung gegenübertreten, nur weil wir in einem Parlament oder einer Regierung sitzen und deshalb alles besser wissen. Eine solche Attitüde sollte die Politik beerdigen. Wir sollten jeden Verdacht, dass wir so denken, beiseiteschieben. Nur der ehrliche und saubere Umgang mit Problemen hilft, um Links- und Rechtsradikale in unserem Land zu bekämpfen. Das ist die beste Prävention.
Mehr will ich gar nicht sagen. Diese fünf Punkte bringen neben der Analyse, der Bilanz und dem Befund aus Tausenden von Haushaltszahlen die Wirkung der Haushaltszahlen zum Ausdruck. Manchmal fällt es mir schon selbst schwer zu sagen, dass wir jetzt das elfte
Jahr schuldenfrei im allgemeinen Haushalt sind. Wir zahlen Schulden zurück, die Landesbank zahlt ihre Schulden zurück. Wir haben die höchste Investitionsquote, die niedrigste Zinsquote und vieles andere mehr. Am allerwichtigsten ist aber, welche Wirkungen diese Zahlen auf das tägliche Leben der Menschen entfalten. Da kann ich nur sagen: Bayern blüht, Bayern ist bestens in Schuss. Und trotzdem kann man nie sagen: Jetzt sind wir fertig. Das ganze Leben ist eine Baustelle. Man kann nie sagen, wir haben keine Probleme mehr, wir sind fertig. In der Politik ist man jedenfalls nie fertig. Wenn man der Gefahr des Erfolgs, nämlich der Selbstzufriedenheit, begegnen will, muss man sich selbst immer die Frage stellen, was wir tun können und müssen, damit wir auf diesem Niveau bleiben und uns in den nächsten Jahren gut fortentwickeln.
Deshalb appelliere ich an alle, die mitmachen wollen, dass wir weiter anpacken, uns jetzt nicht zurücklehnen und schon gar nicht wegen zweier Wahljahre sagen, dass sich diese Jahre nicht für politische Diskussionen eignen. Die Menschen erwarten von uns Diskussionen auf hohem Niveau. Sie erwarten, dass wir uns mit den realen Problemen und den möglichen Lösungen auseinandersetzen. Der Hauptauftrag, der sich aus dem Artikel 151 der Bayerischen Verfassung ergibt, ist es, die Lebensqualität der Menschen zu steigern. Es gibt keinen anderen Auftrag.
Dieser Auftrag gilt für alle und in allen Regionen Bayerns. Das ist unser zentraler Auftrag. Den haben wir bisher gut erfüllt. Dafür danke ich. Sie werden dafür Verständnis haben, dass ich meiner Fraktion, dem Fraktionsvorsitzenden, dem Haushaltsausschuss und seinem Vorsitzenden Peter Winter ganz besonders danke. Danke an die ganze Fraktion. Wir, die CSUFraktion und die Staatsregierung, sind eine Aktionseinheit. Weil wir das sind, haben wir auch Erfolg.
Wir sind eine sehr handlungsfähige Funktionseinheit. Ich war letzte Woche in Berlin. Ich habe keine Zeitung gefunden, in der ich etwas über den Inhalt der Debatte über das Integrationsgesetz lesen konnte. Ich habe nur ein Minutenprotokoll darüber, wer gestrickt hat, wer ein Buch gelesen hat und wer gegähnt hat, gelesen. Bei allem parlamentarischen Wettstreit und der Tatsache der Wertschätzung, dass wir in Berlin zusammenwirken, freut es mich, dass wir fast 40 Abgeordnete bei der Abstimmung mehr hatten als Sie von der Opposition miteinander. Das war eine schöne Sache.
Ich danke meinem ganzen Kabinett. Es ist immer schwierig mit der Nennung von Namen, aber ich mache es. Ich danke dem federführenden Finanzminister Markus Söder und seinem Staatssekretär Albert Füracker. Auch wenn das ganze Kabinett gut zusammenwirkt und jedes Haus für seinen Haushalt kämpft, muss doch einer die Federführung übernehmen. Deshalb danke an mein ganzes Kabinett, an den Finanzminister und seinen Staatssekretär.
Warten wir einmal, was Thomas Kreuzer anschließend und Markus Söder am Donnerstag sagen. Für mich ist es die höchste Auszeichnung, wenn ich außerhalb Bayerns, egal ob in anderen Bundesländern, in der Bundeshauptstadt oder außerhalb Deutschlands, den Satz höre, der nicht ganz neu ist, der aber stimmt: Wir wollen dahin, wo ihr schon seid.
Danke schön, Herr Ministerpräsident. – Als Nächster hat Herr Kollege Rinderspacher das Wort. Bitte schön.
Verehrter Herr Vizepräsident, Herr Ministerpräsident, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einer intensiven Plenardebatte über das Integrationsgesetz in der vergangenen Woche stehen nun drei Tage Haushaltsdebatte an. Einzelplan für Einzelplan wird beraten. Zum Auftakt ergibt sich die Gelegenheit zur Generalaussprache. Was läuft gut in Bayern, was läuft weniger gut? Wo gibt es Nachholbedarf? Woher kommen wir, wo stehen wir, wo wollen wir hin? Wo bleibt die Regierung gegebenenfalls hinter ihren Versprechungen zurück? Wo liegen die unterschiedlichen politischen Schwerpunkte der Fraktionen?
Nachdem der Ministerpräsident den Verdacht hatte, dass er von seinem eigenen Fraktionsvorsitzenden, von dem der CSU, keinen Dank erhält, möchte ich mich bei Ihnen, Herr Seehofer, beim Parteivorsitzen
den der CSU für die Zusammenarbeit unserer Parteien in der Bundesregierung bedanken. Sie war ganz gewiss nicht immer ohne Reibung und ohne Kollision. Darauf werde ich gleich zurückkommen. Aber die Bundesregierung aus CDU, SPD und CSU hat 2016 trotz erheblicher Meinungsverschiedenheiten in einzelnen Fragen einige wichtige Vorhaben in großer Gemeinsamkeit auf den Weg gebracht. Sie haben es bereits erwähnt: Wir haben nach einem umfangreichen Beteiligungsprozess gemeinsam das Bundesteilhabegesetz beschlossen, das die Leistungen für Menschen mit Behinderungen neu regelt. Das ist die größte Sozialreform seit 15 Jahren, ein Wendepunkt in der Behindertenpolitik. Künftig wird der Blick nicht mehr darauf gerichtet, was Menschen mit Behinderungen nicht können, sondern darauf, was sie zu leisten imstande sind. Das Bundesteilhabegesetz ist ein wichtiger Schritt hin zur weiteren Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Weitere Schritte müssen und werden folgen.
Wir haben in großer Gemeinsamkeit ein neues Pflegegesetz beschlossen. Es sichert die Versorgung in der Pflege und verbessert die Pflegeberatung vor Ort. Wir haben den Gesetzentwurf zur Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen beschlossen. Das war uns, der SPD, besonders wichtig. Das Gesetz wird am 1. April 2017 in Kraft treten. Auf Druck unserer Partei konnte ein wichtiger Durchbruch im Kampf gegen den Missbrauch erzielt werden: Equal Pay nach neun Monaten bei einer Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten. Das war die größte arbeitsmarktpolitische Reform der letzten Jahrzehnte. Sie, Herr Ministerpräsident, und Ihre Partei waren zunächst dagegen, haben aber dann doch mitgemacht. Auch hierfür ein Dankeschön.
Das BAföG, eines der größten sozialdemokratischen Projekte für mehr Chancengleichheit, ist ebenfalls verbessert worden. Seit 2015 trägt allein der Bund die Kosten für das BAföG. So entlastet er die Länder um jährlich 1,17 Milliarden Euro. Außerdem steigen die BAföG-Sätze für Studierende deutlich. Die Kommunen werden bei den Sozialausgaben künftig jährlich um 5 Milliarden Euro entlastet. Seit die SPD mitregiert, ist sogar der Haushalt des Ministeriums für Entwicklungshilfe um satte 35 % gestiegen. Er wurde um 1,1 Milliarden Euro aufgestockt.
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere gemeinsame Bundesregierung hat ganz offensichtlich 2016 eine bisweilen sehr gute, zumindest aber ordentliche
Bilanz vorzulegen mit wichtigen Entscheidungen, die auch für die Bürgerinnen und Bürger in Bayern gut sind. Deutschland ist im Jahr 2016 ein Stück sozialer, demokratischer und in der Gesellschaftspolitik moderner und menschlicher geworden. Das war alles in allem ein gutes Jahr, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich bedanke mich bei unserem politischen Partner im Bund für die gemeinsamen Entscheidungen.
Seitens der SPD sage ich aber auch: Nicht alles, was gut gemeint ist, ist automatisch auch gut gemacht. Die SPD wird sich in den nächsten Monaten sehr genau anzuschauen haben, ob die sogenannte DobrindtMaut nach den vielen Veränderungen der letzten Monate und Jahre am Ende überhaupt noch einen Sinn ergibt. Der Bundesrechnungshof hat intensive Zweifel angemeldet, ob die Maut am Ende nicht doch ein Draufzahlgeschäft ist. Das Versprechen der CSU von Mehreinnahmen für die Infrastruktur endet womöglich bei Mehrausgaben für Staat, Bürger und Autofahrer. Das darf nicht sein. Herr Ministerpräsident, ziehen Sie dieses Projekt besser zurück, bevor es letztlich in einer Blamage endet.