Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Volksmund sagt: Was lange währt, wird endlich gut. Nach mindestens fünfjähriger Beratungszeit stehen wir unmittelbar vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes. Auch ich freue mich, dass sich das gesamte Hohe Haus im Grundsatz darüber einig ist, dass wir die Genehmigungsgrenze zur Veräußerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke absenken sollten. Der scheinbar einzige Differenzpunkt ist, ob wir sie von zwei Hektar auf einen Hektar oder von zwei Hektar auf 0,5 Hektar absenken sollen. Man kann sicher für beide Möglichkeiten Argumente finden. Dennoch bitte ich, zu bedenken, dass wir einerseits die Interessen des Veräußerers, mit möglichst wenig Bürokratieaufwand verkaufen zu können, berücksichtigen sollten und andererseits auch den Anliegen des Bauernstandes Rechnung tragen sollten, damit, wie es Herr Kreitmair formuliert hat, Bauernland auch in Zukunft in Bauernhand bleibt.
Wir wissen, dass sich die Grundstückspreise in den letzten fünf bis sechs Jahren verdoppelt haben. Im Jahr 2015 wurden in Bayern 47.358 Euro für einen Hektar Grund gezahlt. Damit haben wir in Deutschland einen Höchstwert erreicht. Das ist auch nicht verwunderlich, weil tagtäglich Grund und Boden für Infrastrukturmaßnahmen und anschließende Kompensation verbraucht wird. In Bayern werden pro Tag 13 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche verbaut.
Ja, da sind wir uns einig, und wir wollen alles tun, um den Flächenverbrauch zu minimieren. Aber letzten Endes ist die Bereitstellung von Grund und Boden auch Voraussetzung für eine wirtschaftliche Weiterentwicklung. Sonst gibt es kein Gewerbegebiet, kein Industriegebiet, kein Baugebiet, keine Ortsumfahrung und keine Aussiedlung von Bauernhöfen mehr. In dem Ziel einer Reduzierung mit Augenmaß sind wir uns einig, und auch bei den Kompensationsflächen muss mit Fingerspitzengefühl vorgegangen werden, um die Situation nicht unnötig zu verschärfen.
Die Flurstückgröße liegt in Bayern bei durchschnittlich 1,7 Hektar, und auch deswegen ist die Grenze von einem Hektar durchaus sinnvoll. Eine Verringerung auf einen Hektar, die in diesem Haus jetzt mehrheitsfähig ist, ist, denke ich, ein vernünftiger Kompromiss. Im Übrigen sind wir uns darüber einig, dass wir die Kommunen davon ausnehmen – das war ihr expliziter Wunsch –, damit sie nicht noch größere Hindernisse bekommen, wenn sie Grundstücke im allgemeinen Interesse kaufen wollen. Ich hoffe, dass das die SPD genauso sieht und mittragen kann. Das ist auch deshalb erfreulich, weil wir dadurch eine Vereinfachung der Bürokratie erreichen; denn die vielen verstreuten Regelungen zum landwirtschaftlichen Bodenrecht werden künftig in einem Gesetz geregelt. Ein bayerisches Gesetz und zwei bayerische Verordnungen werden damit vollständig aufgehoben. Anders als bisher sind damit im Bayerischen Agrarstrukturgesetz alle relevanten Regelungen auf einen Blick erkennbar. Auch dadurch wird der Verwaltungsvollzug erleichtert.
Dem, was Herr Kollege Dr. Herz vorhin angesprochen hat, wird mit einem Landtagsbeschluss vom 28. Januar 2016 Rechnung getragen. In diesem Beschluss hat man bereits eine Evaluierung festgelegt. Das heißt, nach drei Jahren sind die Auswirkungen der getroffenen Maßnahmen zu überprüfen und ist, wenn es sinnvoll ist, auch nachzubessern. Wir haben also alle Möglichkeiten, auch in Zukunft den Entwicklungen Rechnung zu tragen und Anpassungen vorzunehmen.
Insgesamt ist das Gesetz eine erfreuliche Nachricht für die Grundstücksbesitzer, es enthält klare Regelungen für die Kommunen und damit auch die Botschaft an die gesamte Gesellschaft: Wir wehren uns gegen Landgrabbing, dessen Folgen in den neuen Bundesländern schon überaus deutlich zu sehen sind, weil große Konzerne große Flächen aufkaufen. Gott sei Dank sind unsere bäuerlichen Strukturen in Bayern
ein gewisses Hindernis für diese Begehrlichkeiten großer Konzerne, weil für sie kleinstrukturierte Flächen nicht so interessant sind. In diesem Sinne ist das ein guter Tag für die Landwirtschaft und ein Garantieschein dafür, dass auch künftig mit Augenmaß und im Interesse der Land- und Forstwirtschaft vorgegangen wird.
Danke schön. Herr Minister, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Wir haben noch eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Dr. Magerl.
Herr Staatsminister, Sie haben gesagt, Sie wären mit mir einer Meinung, dass der Landverbrauch deutlich reduziert werden müsste, weil es, wie Sie das richtig ausgeführt haben, immer zu 100 % landwirtschaftliche Nutzfläche ist, die beim Landverbrauch und durch den Flächenfraß vernichtet wird. Dann sind Sie mit mir aber auch einer Meinung, dass die jetzt laufende Änderung des Bundesbaugesetzbuchs mit dem neuen § 13b, mit dem das Bauen deutlich erleichtert wird, ein völlig falsches Signal ist. Diese Änderung wurde Ende November im Bundeskabinett beschlossen. Eigentlich müssten Sie mit uns zusammen dafür kämpfen, dass dieser § 13b wieder gestrichen wird.
Herr Dr. Magerl, ich denke, alle in Deutschland, die politische Verantwortung tragen, haben sich zum Ziel der Verringerung des Verbrauchs von landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Flächen bekannt. Die Bundesregierung hat das Ziel, den Flächenverbrauch in absehbarer Zeit von derzeit täglich 90 Hektar auf 30 Hektar zu reduzieren. Dieses Ziel ist sehr ehrgeizig, vielleicht auch unrealistisch. Wir wollen unserer Verantwortung für land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen gerecht werden. Ich bitte aber darum, dass wir dabei die Realität nicht aus dem Blick verlieren. Ich habe vorhin angedeutet, dass wir auch die wirtschaftliche Entwicklung bedenken müssen und dafür Sorge tragen sollten, dass in Zukunft Arbeitsplätze gesichert werden können.
Was die Änderung des Bundesbaugesetzbuchs betrifft, sind aus meiner Sicht die Vorschläge, gerade aus dem Umweltministerium, untauglich und ideologisch gefärbt. Damit würde auch die Eigenverantwortung ein Stück weit geschmälert. Deshalb lehne ich diese Vorschläge ab.
Wir haben noch zwei weitere Zwischenbemerkungen, zunächst Herr Kollege Huber, dann Herr Kollege von Brunn.
Herr Staatsminister, würden Sie vielleicht den unkundigen Kollegen Dr. Magerl darüber aufklären, dass der neue § 13b des Bundesbaugesetzbuchs, den das Bundeskabinett verabschiedet hat und der jetzt in den Bundestag und in den Bundesrat gehen wird, genau das Ziel hat, Ortschaften und Dörfer im ländlichen Raum lebendig zu halten?
Die Entscheidung treffen die Kommunen. Diese Regelung ist kommunalfreundlich. Davon wollen Sie nichts wissen, weil die GRÜNEN eine Reglementierungspartei sind.
Außerdem werden die Kommunen dadurch ermächtigt, für die Dörfer und für den örtlichen Bedarf Bauplätze auszuweisen; denn wir wollen keine Konservierung der Dörfer à la 19. Jahrhundert. Wir wollen lebendige Dörfer mit Zukunft. Deshalb brauchen wir diese Verbesserung im Bundesbaugesetz.
Herr Kollege Huber, ich muss das eigentlich nicht kommentieren. Ich habe vorhin auf die Eigenverantwortung abgestellt, weil wir das Subsidiaritätsprinzip beherzigen. Wir wollen den Verantwortungsträgern die Möglichkeit geben, über ihre zukünftigen kommunalen Planungen selbst zu entscheiden. Ich bin mir sicher: Je näher am Bürger, desto verantwortungsbewusster wird auch mit einem Gut wie Grund und Boden umgegangen. Den Kommunen zentral vorzuschreiben, was sie zu tun haben, ist nicht die Politik der CSU.
Herr Staatsminister, zu den Einlassungen des Herrn Kollegen Huber ist zu sagen, dass in Bayern seit vielen Jahrzehnten eine verantwortliche Landesplanung praktiziert wurde. Von dieser Landes- und Regionalplanung verabschieden Sie sich immer mehr und überlassen sie den Interessen vor Ort.
Das ist das Prinzip Ihres Handelns. Sie erheben die Prinzipienlosigkeit zum Prinzip, genauso, wie Sie das bei der Novellierung des Baugesetzes tun. Diese Novellierung hatte das Ziel, die innerstädtische Entwicklung voranzutreiben, nicht eine Ausdehnung in den Außenbereich.
Nachdem Sie hier beklagt haben, dass es in Bayern einen Flächenverbrauch gibt, der über jedes Maß hinausgeht, möchte ich von Ihnen wissen, welche konkreten Maßnahmen die Bayerische Staatsregierung in petto hat, um diesen Flächenverbrauch zu reduzieren, vor allem vor dem Hintergrund, dass der Flächenverbrauch der Jahre 2014 und 2015 wieder um fast 20 % angewachsen ist.
Herr von Brunn, mit Ihren Ausführungen bringen Sie ein deutliches Misstrauen gegenüber den Verantwortlichen vor Ort zum Ausdruck.
Sie misstrauen den Gemeinderäten und den Bürgermeistern, die von allen Bürgerinnen und Bürgern gewählt und mit Vertrauen ausgestattet wurden. Diese Leute haben in einem Eid zum Ausdruck gebracht, dass sie das Beste für die Bürger und für ihre Gemeinden tun wollen. Ich sage es noch einmal: In dieser Frage entscheiden wir nicht in München, sondern wir wollen den Gemeinden mehr Eigenverantwortung ermöglichen und eigene Befugnisse geben. Das bedeutet ja nicht automatisch, dass damit mehr Bautätigkeit verbunden ist. Wir wollen aber verhindern, dass sich eine Kommune gegen den Willen der örtlich Verantwortlichen entwickelt. Eine Kommune kann zum Beispiel dafür sein, dass es zu keinem Kaufkraftabfluss kommt und dass dort bestimmte Einrichtungen der Nahversorgung bestehen. Ich komme aus dem Bayerischen Wald, einem sehr peripheren Raum. Die Menschen dort müssen häufig viele Kilometer fahren, um sich zu versorgen, weil ihnen die Versorgung vor Ort unmöglich ist. Deswegen ist es sinnvoll, diese Möglichkeit zu eröffnen.
Was tun wir konkret, um den Flächenverbrauch einzudämmen? – Wir haben schon Verbesserungen erreicht. Wir waren schon bei einem Verbrauch von 25 Hektar pro Tag, jetzt liegt er bei 13 Hektar. Richtig
Ich will Ihnen erklären, dass unsere Maßnahmen bereits Früchte tragen. Aufgrund der gewünschten wirtschaftlichen Entwicklung gibt es zwangsläufig einen weiteren Bedarf an Flächen. Wir wollen aber abgewogen handeln. Deshalb gibt es viele, die mitreden und mitplanen können. Mit den Instrumenten zur ländlichen Entwicklung, die in meinem Hause angesiedelt sind, reagieren wir seit geraumer Zeit. Ich nenne die Dorferneuerung, die Innenentwicklung und die Revitalisierung der Ortskerne. Wir haben Förderprogramme aufgelegt, um wieder mehr Leben in die Ortskerne zu bringen und Leerstände abzubauen. Die Innenentwicklung geht eindeutig vor Außenentwicklung.
Wir müssen auch darüber nachdenken, ob wir beim Denkmalschutz da und dort überhöhte Forderungen stellen, die eine Verbesserung des Innenlebens verhindern. Wir müssen darüber nachdenken, ob leer stehende Gebäude einer anderen Nutzung zugeführt werden dürfen, zum Beispiel für das Handwerk oder den Mittelstand. Wir müssen uns überlegen, wie wir mit Planungs- und Vollzugsrichtlinien weitere Anreize geben können, um eine Verbesserung der Ortskerne zu erreichen, bevor wir uns weiter nach außen entwickeln. Das muss jedoch immer im Einzelfall abgewogen werden.
Im Übrigen haben das Umweltministerium und das Landwirtschaftsministerium einvernehmlich eine neue Bayerische Kompensationsverordnung verabschiedet, die den Grundsatz hat, dass eine Kompensation über 1 : 1 nicht mehr möglich ist. Danach sollen auch produktionsintegrierte Maßnahmen als Ausgleichsflächen akzeptiert werden. Die Gemeinden sind nicht zwingend gefordert, weitere Flächen anzukaufen und diese aus der Produktion zu nehmen. Vielmehr sollen über Verträge mit den Landwirten extensive Nutzungen ermöglicht werden. Im Einzelfall soll es möglich sein, anstelle von Quadratmetern auch Euros in einen Fonds einzubringen, um bereits bestehende Schutzgebiete zu optimieren oder zu erweitern. Die Bayerische Kompensationsverordnung zielt genau in die Richtung, den Flächenverbrauch zu verringern und verantwortungsvoll mit Grund und Boden umzugehen.
Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt.
Ich lasse zunächst über den Initiativgesetzentwurf der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/13065 abstimmen. Der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der CSU, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.
Jetzt folgt die Abstimmung über den Gesetzentwurf der Staatsregierung. Der Abstimmung zugrunde liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/13794 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf Drucksache 17/14594. Der federführende Ausschuss empfiehlt Zustimmung. Der Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung ebenfalls zu. Ergänzend schlägt er vor, in Artikel 4 Satz 1 als Datum des Inkrafttretens den "1. Januar 2017" und in Satz 2 als Datum des Außerkrafttretens den "31. Dezember 2016" einzufügen. Wer dem Gesetzentwurf mit dieser Ergänzung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung der SPD-Fraktion so beschlossen.
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich jetzt vom Platz zu erheben. – Das sind die Fraktionen der CSU, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Keine Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung der SPD-Fraktion ist das Gesetz so angenommen. Es trägt den Titel: "Bayerisches Gesetz zur Sicherung der bäuerlichen Agrarstruktur (Bayerisches Agrarstruktur- gesetz)".