Protocol of the Session on November 10, 2016

Wir haben in diesem Gesetz auch den Auslagenersatz und die kostenlose Verpflegung geregelt. Ferner haben wir eine Situation geregelt, die bisher nicht sauber geregelt war: die der volljährigen Schüler und deren Freistellungsansprüche. Hier wurde ebenfalls eine Gleichstellung herbeigeführt, sodass wir auch hier in Zukunft von einigermaßen gleichen Verhältnissen ausgehen können. Bei den beruflich Selbstständigen haben wir die Verdienstausfallentschädigung auf zehn Stunden angehoben; auch das ist ein wesentlicher, positiver Gesichtspunkt. Darüber hinaus wurde die Weisungsbefugnis vor Ort im Detail geregelt.

Insgesamt stellt dieses Gesetz eine deutliche Verbesserung dar, und wir signalisieren, es positiv zu begleiten. Dennoch gibt es einige Kritikpunkte, die im Detail geklärt werden müssen.

An dieser Stelle auch von unserer Seite ein herzliches Dankeschön an die ehrenamtlichen Helfer vor Ort. Sie leisten immer wieder eine hervorragende Arbeit und sorgen dafür, dass wir solche Katastrophen wie in Bad Aibling – das wurde heute bereits erwähnt – hervorragend lösen. Allen Helfern dafür ein herzliches Dankeschön!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat nun der Kollege Mistol von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Dr. Wengert und Herr Kollege Hanisch haben es gerade getan, und der Herr Kollege Tomaschko sogar gleich zweimal: Ich schließe mich deren Worten an und danke ebenfalls den Rettungsdiensten und den Menschen, die dort tätig sind, für ihre wertvolle Arbeit für die Gesellschaft.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, eigentlich könnten wir uns diese Erste Lesung heute sparen; denn wir hatten sie sozusagen schon vor zwei Wochen. Damals haben Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, die Staatsregierung aufgefordert, den Gesetzentwurf in toto zurückzuziehen, bevor er überhaupt in den Landtag eingebracht wurde. Ihren Dringlichkeitsantrag und den Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER

haben wir GRÜNE abgelehnt, und zwar nicht nur, weil es sich um ein aus meiner Sicht sehr merkwürdiges parlamentarisches Verfahren gehandelt hat, sondern auch, weil wir Ihre Fundamentalkritik, die Sie damit an dem vorgelegten Gesetzentwurf geäußert haben, nicht nachvollziehen konnten.

Die Opposition fordert schon seit Jahren die Rettungshelfergleichstellung. Allerdings ist im Sinne der Interessen aller Ehrenamtlichen im Rettungsdienst an dieser Stelle kein blanker Aktionismus gefragt, sondern eine konstruktive Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren; wir wollen doch eine Lösung, die auch richtig gut werden soll.

Kolleginnen und Kollegen, Ihre massive Kritik begründeten Sie anhand einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Bevölkerungsschutz vom August. Gleichzeitig muss man aber festhalten, dass aktuell das BRK die Novelle des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes ausdrücklich begrüßt und allen Fraktionen für die parlamentarische Unterstützung dankt. Sie kennen sicher die Pressemitteilung, Herr Kollege Dr. Wengert.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Sie müssen ganz zitieren!)

Genau, ja. Aber dort ist schon einiges enthalten, das nicht so negativ klingt. Ich würde sagen, dass es relativ eindeutig ist, was dort geschrieben steht.

Wie bei nahezu jeder Gesetzesänderung gibt es natürlich auch hier Änderungswünsche und Verbesserungsvorschläge, die wir im weiteren Verfahren selbstverständlich diskutieren werden. Ich habe bereits vor zwei Wochen gesagt, dass dieser Gesetzentwurf viele Regelungen enthält, die durchaus begrüßenswert sind: Die Rettungshelfer dürfen im Fall des Falles rechtssicher ihren Arbeitsplatz verlassen. Hinzu kommt die Entgeltfortzahlung, die wir GRÜNE für essenziell halten. Auch die grundsätzlichen Regelungen, dass die Leitstelle den Hut auf hat und der Anspruch auf Freistellung vom Arbeitsplatz, auf Fortzahlung des Gehalts sowie auf Erstattung von einsatzbedingten Kosten nur dann gelten kann, wenn die Leitstelle die Kräfte offiziell angefordert hat, halte ich für durchaus sachgerecht.

Ebenso wie die Kollegen von der SPD sehe aber auch ich kritisch, dass die Ausbildungs- und Übungszeiten nicht unter die Freistellung fallen sollen. Wir GRÜNE wollen, dass hier ebenfalls eine Gleichberechtigung zwischen den Rettungsdiensten und Feuerwehren herrscht, und zwar eine Gleichberechtigung, die diesen Namen verdient.

Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich auf intensive Beratungen im Ausschuss, um für die Rettungshelferinnen und Rettungshelfer eine gute Regelung auf den Weg zu bringen und um eine Rettungshelfergleichstellung dann zügig umsetzen zu können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Mistol, bitte bleiben Sie am Rednerpult, der Kollege Dr. Wengert hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Herr Kollege Dr. Wengert, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Mistol, Sie haben aus einer Pressemitteilung des Bayerischen Roten Kreuzes zitiert, die mir als Vizepräsident natürlich bekannt ist. Ich frage mich allerdings, warum Sie nur einen Teil davon zitieren. Darin steht nämlich auch, dass es Ergänzungswünsche und Anregungen vor allem bei so schwierigen Themen wie der Alarmierung von Einsatzkräften gibt; ich hatte das angesprochen. Dann heißt es wörtlich: "Deshalb hofft das BRK nach wie vor darauf, dass der Gesetzentwurf noch an einigen Stellen nachgebessert wird."

Des Weiteren führt unser Präsident in einem Schreiben an den Herrn Ministerpräsidenten aus: "Die Berücksichtigung von Ausbildungs- und Trainingszeiten in einem definierten Umfang sollte entweder im Gesetz selbst oder in einer Ausführungsverordnung noch zusätzlich ebenso geregelt werden wie die Behandlung von bestimmten ILS-alarmierten Einsatzkräften, die keiner SEG angehören." Genau das habe ich heute wiederholt, Sie haben es leider nur nicht mit zitiert.

Danke schön, Herr Kollege. – Herr Kollege Mistol, Sie haben das Wort.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Kollege Dr. Wengert, ich habe hier nur eine begrenzte Redezeit und wollte deshalb nicht die gesamte Pressemitteilung vorlesen, aber zumindest die Überschrift, die meistens einiges über den Inhalt aussagt. Weil Sie schon wesentlich länger Mitglied des Bayerischen Landtags sind als ich, wissen Sie natürlich, dass ein Gesetzentwurf den Landtag selten so verlässt, wie er eingebracht wurde. Es ist – so kenne ich das – in der Regel so, dass wir intensiv diskutieren und dass Änderungsvorschläge kommen. Ich gehe davon aus, dass Sie Änderungsanträge einbringen werden. Wir werden das wohl auch machen. Dann werden wir im Ausschuss darüber diskutieren. Aber in der Pressemitteilung des BRK steht, dass die Stoßrichtung richtig ist. Das können Sie nicht verneinen.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Das ist klar!)

Ihr Dringlichkeitsantrag von letzter Woche war eine Fundamentalkritik. Sie haben damit zum Ausdruck gebracht, dass in dem Gesetzentwurf überhaupt nichts drinsteht, das in die richtige Richtung geht.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Das war genau die gleiche Vorlage!)

Deswegen haben wir GRÜNE Ihren Dringlichkeitsantrag abgelehnt. Ich bin heute noch davon überzeugt, dass das die richtige Entscheidung war.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Interpellation der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Pflege in Bayern - häusliche, ambulante und stationäre Altenpflege (Drs. 17/12728)

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat Herr Prof. Dr. Bauer von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, die Frau Ministerin hat sich entschuldigt. Sie kommt etwas später. Das ist völlig akzeptabel. Ich weiß, dass es Tränen gibt, wenn man Kinder verlassen muss. Deswegen habe ich volles Verständnis, dass sie erst später kommt. Richten Sie ihr das bitte aus. – Nichtsdestoweniger möchte ich mich auch an die Frau Staatsministerin persönlich wenden und mich bei ihr und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für die Bearbeitung unserer Interpellation bedanken. Dabei möchte ich besonders positiv die zum großen Teil aussagekräftigen Ausführungen, die offen angesprochenen Probleme und Differenzen im Bereich der Pflege sowie die ehrlichen Antworten hervorheben. Herzlichen Dank für diese sehr gute Arbeit.

Die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen, denen wir in der Pflege in den kommenden Jahren und Jahrzehnten gegenüberstehen werden, sind ge

waltig. Deshalb heißt es gleich zu Beginn unserer Interpellation: "Pflege ist eines der bedeutendsten, aktuellsten und brisantesten Themen unserer Gesellschaft." – Die Qualität der Pflege steht und fällt mit der Leistung, aber auch mit der Anzahl der Pflegekräfte. Pflegekräfte, die engagiert sind und auf qualitativ hohem Niveau arbeiten, brauchen insbesondere Rahmenbedingungen für ihre Arbeit, die sie motivieren. Sie brauchen keine zunehmende Arbeitsverdichtung und keine Demotivation. Eine weitere Verschlechterung der Rahmenbedingungen in der Pflege hätte verheerende Folgen für uns alle. Das muss uns allen bei den Entscheidungen bewusst sein.

Die Bertelsmann Stiftung prognostiziert in der Studie "Pflege 2030", auf die auch die Staatsregierung in ihrer Antwort eingeht, eine Versorgungslücke in Höhe von rund 14.000 Vollzeitäquivalenten in der ambulanten Versorgung und knapp 48.000 Vollzeitäquivalenten in der stationären Versorgung. Dieses Ergebnis ist höchst besorgniserregend, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das schreit förmlich nach einer Lösung. Der Handlungsbedarf ist also offenkundig.

Trotzdem zeichnen sich keine sichtbaren Verbesserungen ab. Klare, zukunftsfeste Konzepte sind nicht erkennbar. Aus diesem Grund haben wir FREIE WÄHLER uns zur Erarbeitung der vorliegenden Interpellation entschlossen; denn wir benötigen für sachgerechte Entscheidungen zunächst die tatsächlichen Zahlen und Fakten. Auf dieser Grundlage können wir dann sinnvolle und zielorientierte Lösungen erarbeiten. Mein Wunsch wäre, dass wir das gemeinsam erarbeiten.

Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich für die engagierte Unterstützung durch die Pflegefachverbände und durch viele einzelne Pflegekräfte bedanken – Hermann, du hast die Zuschriften auch bekommen –; denn ohne ihre Mithilfe und ohne ihre Berichte direkt aus dem Inneren der Pflege wäre diese Interpellation in der vorliegenden Form nicht möglich gewesen.

Wie wichtig es ist, die Situation in der Pflege endlich zu verbessern, zeigt sich ganz deutlich an der Fachpflegequote. Bei uns gilt die Regel, dass bei mehr als vier pflegebedürftigen Bewohnern mindestens jede zweite Pflegekraft eine Fachkraft sein muss. Das ist eine sehr sinnvolle Regelung. Dies dient dazu, die Qualität der Pflege auf einem hohen Niveau sicherzustellen; denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Fachkräftemangel in der Pflege darf nicht dazu führen, dass die Pflege nicht mehr auf die Art und Weise erledigt werden kann, die ein pflegebedürftiger Mensch erwarten darf. Pflege muss immer den Menschen in den Mittelpunkt stellen!

Die Antwort der Staatsregierung auf diese Fragen ist jedoch ernüchternd. Im Jahr 2012 wurde bei 144 stationären Einrichtungen die Nichteinhaltung der Fachquote festgestellt. Im Jahr 2013 waren es 143 Einrichtungen, im Jahr 2014 – das sind die letzten Zahlen – bereits 166 Einrichtungen. Die Situation hat sich also mit den Jahren verschlimmert. Das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich hervorheben.

Die Vorgaben für die Pflegefachkraftquote sind nicht einfach unverbindliche Meinungen oder Bekundungen, sondern rechtlich verpflichtende, verbindliche Vorgaben, die kontinuierlich und über Jahre hinweg nicht eingehalten wurden. Dieser Zustand ist höchst bedenklich und nicht zu akzeptieren. Das schreit aus sozialpolitischer Sicht nach einer Lösung. Woran liegt das? – Es gibt zu wenig Fachkräfte. Diese Situation verschlimmert sich von Tag zu Tag. Wir haben diese Binsenweisheit an dieser Stelle schon öfter thematisiert. Es ist deshalb dringend notwendig, mehr Menschen für die Pflegeberufe zu begeistern, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das bedeutet aber auch, dass diese Berufe viel attraktiver ausgestaltet werden müssen und die Rahmenbedingungen möglichst optimal gefasst sein müssen. Die bisherigen Maßnahmen sind offenkundig nicht ausreichend. Sie sind teilweise sogar gescheitert.

Vor diesem Hintergrund ist es völlig unverständlich, warum die Staatsregierung die Einrichtung einer echten bayerischen Pflegekammer ablehnt und dies in der Interpellation auch noch deutlich formuliert. Schon bei der Expertenanhörung des Jahres 2012 – ich erinnere daran: Minister Söder war damals für die Pflege verantwortlich – lautete der Titel der Fachanhörung "Ausgestaltung einer bayerischen Pflegekammer". Damals stand nicht das "Ob" zur Diskussion, sondern nur das "Wie". Heute haben wir eine Rolle rückwärts gemacht. Jetzt wird das "Ob" infrage gestellt. Das verstehen wir FREIE WÄHLER nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

In jener Anhörung wurde vom Vertreter des Deutschen Pflegerates erklärt – er zitierte dabei das Bundesverfassungsgericht –, dass durch die Übertragung hoheitlicher Funktionen auf eine Kammer Kräfte aktiviert werden sollen, um gesellschaftlichen Gruppen die Regelung von Aufgaben eigenverantwortlich zu ermöglichen, die sie selbst betreffen und die sie selbst am besten und sachkundigsten lösen können. Das ist der zentrale Punkt einer Kammerkonstruktion. Genau das ist in der Pflege dringend notwendig. Die gesellschaftlichen Kräfte müssen aktiviert werden, um die erforderlichen Verbesserungen und Veränderungen in der Pflege voranzubringen und Lösungen herbeizuführen. Die Pflegekräfte müssen in der Lage sein, mit

den anderen Akteuren im Gesundheitswesen – das ist ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt – auf Augenhöhe selbstbewusst zu verhandeln.

Der Gesetzentwurf, der jüngst vonseiten der Staatsregierung eingereicht wurde und zu dem ich für die FREIEN WÄHLER Stellung genommen habe, ist jedoch ein Schlag in das Gesicht der Pflegekräfte in Bayern. Anstatt einer selbstbestimmten Pflegekammer – ich erinnere noch einmal daran: Vor Jahren hat es der Minister Söder auch in einer Pressemeldung so angekündigt und propagiert – ist nun das Konstrukt eines Gängelbandes der Staatsregierung entstanden. Dies führt zu einer Dominanz von oben. Auf eine verbindliche Mitgliedschaft aller Pflegekräfte wird verzichtet, sodass diese Vereinigung – das ist ein weiterer Punkt – nicht für alle professionellen Pflegekräfte sprechen kann. Das ist einfache Logik und Lebenserfahrung. Unter diesen Bedingungen werden niemals 100 % der Pflegekräfte freiwillig beitreten. Die Folge ist, dass sie nicht für alle Pflegekräfte sprechen kann. Deshalb kann auch nicht die Rede von einer starken Stimme für die Pflege sein. Wirksame Entscheidungen können aber nur getroffen werden – das kommt noch dazu –, wenn das Ministerium diese umsetzt, ansonsten würde die demokratische Legitimation fehlen, so der vorliegende Gesetzentwurf.

Eine weitere Regelung in diesem Gesetz macht eine selbstbestimmte Interessenvertretung in dem Konstrukt der Staatsregierung unmöglich: der gesetzlich vorgeschriebene Beirat. Er soll zur Hälfte aus Vertretern von Einrichtungen bestehen, und der Vorsitzende soll vom Gesundheitsminister, also von der Exekutive, bestellt werden. Dadurch wird ein fachfremder Einfluss geschaffen, der eine wirksame Vertretung der Interessen der Pflegekräfte unmöglich macht. Aus diesem Grund verwundert es auch nicht, dass bei keiner anderen klassischen Berufskammer eine solche Gängelung von oben herab besteht oder überhaupt nur angedacht wäre. Es ist auch richtig so, dass das so nicht gemacht wird. Der Einfluss der Einrichtungsträger und des Ministeriums erhöht sich weiterhin dadurch, dass das Votum des Beirats in den wichtigen Fragen der Fort- und Weiterbildung für die Fachkräfte zwingend berücksichtigt werden muss. So steht es im Gesetzestext.

Um dem Ganzen aber die Krone aufzusetzen, ist das Wohl und Wehe dieses Konstrukts auch finanziell vollkommen von der Staatsregierung abhängig, die von der Mehrheitsfraktion getragen wird. Klassische berufsständische Vertretungen werden durch Beiträge ihrer Mitglieder finanziert. Das führt zur Unabhängigkeit von Ministerien, von der Exekutive. Das ist doch, Kolleginnen und Kollegen der CSU, der große Vorteil einer Pflichtmitgliedschaft in einer Kammer mit Pflicht

beiträgen: Man gewinnt dadurch ein großes Stück Unabhängigkeit und Freiheit. Das nehmen Sie aber von diesem Konstrukt der Pflege weg. Sie meinen es als Kritik, wenn Sie sagen, da entstehen Pflichtbeiträge, aber hier liegt der Schlüssel für mehr Freiheit und mehr Selbstbestimmung. Das wollen wir FREIEN WÄHLER für die Pflegekräfte erreichen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wie es jetzt geregelt ist, hängen diese Zuschüsse von den alle zwei Jahre zu treffenden Entscheidungen für den Haushalt ab und – ohne hier etwas unterstellen zu wollen – dann wohl auch von der "guten Führung" der Vereinigung ab und darüber hinaus – bitte bedenken Sie dies, gerade angesichts der Themen, die wir vorhin in der Aktuellen Stunde diskutiert haben – von der politischen Großwetterlage. Es ist nicht festgeschrieben, dass die politische Großwetterlage so bleibt, wie sie jetzt ist.

Echte Selbstbestimmung für die Pflege sieht anders aus. An den anderen Kammern für Apotheker, Ärzte usw. kann man das klar erkennen. Aus diesem Grund bin ich sehr erfreut, dass wir FREIEN WÄHLER zusammen mit den GRÜNEN – herzlichen Dank dafür, lieber Uli – eine Expertenanhörung zustande gebracht haben. Dank auch an die SPD- und die CSU-Fraktion, die sich angeschlossen haben. Dadurch wird die Möglichkeit eröffnet, dieses ganze Konstrukt noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Ich erwarte mir von den Experten, von ihrer Sachkompetenz, dass diese gravierende Fehlentwicklung noch verhindert werden kann. Noch ist es Zeit, den Hebel umzulegen. Noch ist es Zeit, die Weichen richtig zu stellen. Das erwarte ich mir von der Expertenanhörung.