Gesetzentwurf der Staatsregierung über die Feststellung des Haushaltsplans des Freistaates Bayern für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 (Haushaltsgesetz 2017/2018 - HG 2017/2018) (Drs. 17/12806) - Erste Lesung
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und erteile zunächst Herrn Staatsminister Dr. Markus Söder das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! An sich ist heute der wichtigste Tag im Parlamentsjahr; denn die Feststellung des Haushalts ist erste Pflicht und höchstes Recht der Abgeordneten. Mit dem Haushalt wird Bilanz gezogen und Rechenschaft abgelegt, werden aber auch Perspektiven eröffnet.
Viel Arbeit liegt vor uns: Der Haushalt umfasst insgesamt 5.100 Seiten mit 15.700 Titeln. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies ist aber nicht nur eine Aneinanderreihung von Zahlen – hier geht es nicht um Mathematik –, sondern unser Haushalt in Bayern
Wenn man sich den europäischen Kontinent ansieht, die Verwerfungen und Sorgen, Arbeitslosigkeit, finanzielle und politische Instabilität,
Warum kann Deutschland in Europa so stark auftreten? Warum ist Deutschland dieser Anker in Europa? – Das liegt an der wirtschaftlichen Stabilität. Diese wirtschaftliche Stabilität Deutschlands kommt aber durch den Freistaat Bayern zustande; denn der Freistaat Bayern ist der finanziell stärkste Teil von Deutschland. Wir halten Deutschland an der Stelle hoch.
Dabei ist es schon eine besondere Situation, in der wir in diesem Jahr den Haushalt diskutieren, und zwar ist sie psychologisch besonders. Meine sehr verehrten Damen und Herren, eigentlich befinden wir uns in wirtschaftlich blühenden Zeiten. Uns geht es so gut wie nie. Wir hatten noch nie so wenige ernsthafte Probleme wie heute. Das heißt nicht, dass es keine Herausforderungen gibt, aber wirtschaftlich stehen wir so gut da wie noch nie.
Wir haben einerseits einen hohen sozialen Frieden, andererseits gibt es aber eine starke und tiefe Verunsicherung sowie die Sorgen der Menschen. Unser Haushalt ist deswegen so angelegt, dass er nicht nur eine faktische, sondern auch eine psychologische und emotionale Antwort auf die Herausforderungen bietet. Dieser Haushalt ist eine humane und innovative Antwort auf die Herausforderungen der Zeit. Wir reagieren auf das, was von außen auf Bayern zuströmt, denken aber auch an die eigenen Hausaufgaben in Bayern und – das ist am wichtigsten – vergessen dabei die einheimische Bevölkerung nicht. Für sie, meine Damen und Herren, ist der Haushalt besonders gemacht.
Es ist natürlich erwartbar, dass ein Finanzminister das sagt. Allerdings ist er nicht der Einzige, der das sagt. Wir bekommen bestätigt, dass Bayern stark und Spitze ist, und zwar von denjenigen, die sich relativ objektiv damit beschäftigen. PwC macht Bayern im aktuel
len Länderfinanzbenchmarking erneut und zum vierten Mal in Folge zur absoluten Nummer eins für nachhaltige Haushaltspolitik. Auch die großen Ratingagenturen, die über internationale Vergleiche verfügen, zeichnen ein hervorragendes Bild von Bayern und verleihen uns ein Triple A.
Darum kann man sagen: Unser Haushalt ist nicht nur in Bayern akzeptiert, sondern er findet auch international bei Experten und Fachkundigen Beachtung. Das ist ebenso eine der Stärken Bayerns: Ein Land mit internationaler Wirtschaft, ein Land mit internationalen Verflechtungen muss auch international geachtet werden, und das ist eindeutig belegt.
In unserem Entwurf geht es – damit das die Bürgerinnen und Bürger wissen – um 117,2 Milliarden Euro für die nächsten beiden Jahre. Das ist im Jahresdurchschnitt eine Ausgabensteigerung um rund 2,5 % ohne Berücksichtigung des Länderfinanzausgleichs und um 3,3 % mit dessen Berücksichtigung. Zu diesem Thema komme ich später noch.
Bayern wächst – das muss man sagen – in allen Bereichen. Obwohl Bayern wächst und die Ausgaben wachsen – die Menschen erwarten ja auch eine Betreuung in vielen Fragen; wir haben es gerade gehört –, machen wir zum 12. und 13. Mal in Folge keine neuen Schulden. Wir sind ein Land, das keine Schulden macht und für andere Länder sogar noch einen Länderfinanzausgleich zahlt.
Wir sind ein Land, das trotz der großen Herausforderungen nach wie vor Schulden tilgt; im nächsten Doppelhaushalt ist es wieder eine Milliarde Euro. Zum Vergleich: Nordrhein-Westfalen plant für 2017 eine Neuverschuldung von 1,8 Milliarden Euro, und wir tilgen alte Schulden. Das ist der Unterschied zwischen den Regierungen in Bayern und in Düsseldorf.
Das führt übrigens auch dazu, dass wir die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung haben. Der bayerische Bürger ist mit 2.317 Euro verschuldet, der Bürger in Nordrhein-Westfalen mit 10.730 Euro.
Unsere Zinsen und Belastungen bzw. Schulden sinken, woanders steigen sie. Das ist nicht nur im Hinblick auf die Momentanbetrachtung oder die Ausgabetitel für dieses und nächstes Jahr wichtig; denn Zinsausgaben sind der Lackmustest für die nächste Generation, ob junge Menschen in Bayern eine finanzielle Perspektive haben. Unsere bayerische Finanzpolitik gibt nicht nur Antworten auf die Gegenwart,
sondern sie gibt vor allem jungen Menschen eine Perspektive, damit sie auch im nächsten Jahrzehnt in Bayern noch leben und arbeiten können.
Wir kommen gleich zu den Ausgabenposten und sehen, wie viel Geld wir an welchen Stellen ausgeben wollen bzw. ausgeben müssen. Zuvor aber noch eine Kennzahl, die man auch nennen muss: Trotz der Herausforderungen international und national bleibt am Ende eine stabile Rücklage von 1,5 Milliarden Euro für die Wirren der Zeit. Meine Damen und Herren, ich möchte das ansprechen, weil in den anderen Ländern Schulden gemacht werden. In den anderen Ländern fordert man höhere Steuern. Wir können all das, was wir für andere leisten müssen, und all das, was wir in Deutschland zahlen müssen, bewältigen. Wir schaffen es darüber hinaus, in Bayern eigene Impulse zu setzen und – das ist wichtig – für weitere wirtschaftlich und international schwierige Zeiten noch eine stabile Rücklage von 1,5 Milliarden Euro zu behalten.
Deswegen sage ich Ihnen: Keine Schulden, Schuldentilgung, hohe Investitionen und solide Rücklagen sind die mathematische Erfolgsformel für die Zukunft, und die gibt es nur in Bayern.
Manch einer fragt: Warum wächst ein Haushalt überhaupt? Wäre es nicht besser, er würde schrumpfen? Ist Schrumpfen nicht generell besser? – Nun, meine Damen und Herren, Bayern wächst in jeder Beziehung, wir haben es gerade gehört: in der Bevölkerung, im Zuzug und Gott sei Dank auch langsam wieder in den Geburtenraten. Bayern wächst aber vor allen Dingen in der Wirtschaft. Das bayerische Bruttoinlandsprodukt ist im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum wieder um 3,3 % gewachsen. Bayern liegt beim Wirtschaftswachstum absolut auf Platz eins im Ländervergleich.
Meine Damen und Herren, in den letzten zehn Jahren ist die bayerische Wirtschaft preisbereinigt um 21 % gewachsen; die Steuereinnahmen sind um 50 % gestiegen. Deshalb kann ich Ihnen allen sagen: Es gibt ganz klar kein ebenso attraktives Land für Menschen und Wirtschaft wie unser Bundesland. Der Haushalt muss wachsen, damit diese Geschwindigkeit des Wachstums gehalten wird und es so gestaltet werden kann, dass es für die Menschen verträglich ist.
Wofür geben wir das viele Geld aus? – Das Geld wird sinnvoll eingesetzt für die Herausforderungen von außen und für die Stärkung nach innen. Ich sage
Ihnen sehr offen: Leider bleibt der große Ausgabeposten auch für 2017/2018 bei der Flüchtlingsthematik und der Asylfrage. Wir müssen noch einmal mindestens 4,7 Milliarden Euro ausgeben. Zur Relation: Der Haushalt des Saarlandes für ein Jahr ist geringer als das, was wir in den nächsten beiden Jahren beim Asyl ausgeben müssen. Wir werden dafür für die Jahre 2015 bis 2019 zusammengerechnet 9 Milliarden Euro ausgegeben haben. Meine Damen und Herren, lassen Sie einmal die guten Worte weg: Lasst uns nicht nur an den Worten sie erkennen, sondern an den Taten; so steht es in entsprechenden Texten.
(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Da fällt mir Apple ein! – Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))
Genau, zuhören! Wenn es um die Bibel geht, zuhören, gerade auf der Seite! Da habt ihr noch Nachholbedarf. Da habt ihr noch einen schweren Nachholbedarf.
Ich höre Sie auch so. – Meine Damen und Herren, erinnern Sie sich an die Szenen im letzten Jahr. Was wurde Bayern in Deutschland angegriffen, als die Flüchtlingsherausforderung kam: Die sollen sich nicht so haben, die Bayern. Bayerische Kommunalpolitiker sollen sich nicht so haben. Das muss man doch schaffen. – Jeder bayerische Kommunalpolitiker, das gesamte Land hat es damals geschafft, allen Menschen, die zu uns gekommen sind, ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen zu geben sowie sie medizinisch zu versorgen.
Erinnern Sie sich noch, wie es einige Monate später nach Ankündigung einer geringen Zahl im Bundesland Berlin ausgesehen hat? Es ist bekannt, dass Berlin nicht einmal einen Flughafen bauen kann. Aber dass sie auch humanitär versagen, macht den Unterschied zu Bayern.
Meine Damen und Herren, diese Aussagen, die wir im Haushalt treffen und die wir belegen, zeigen, dass Humanität die Richtschnur unseres Handelns ist. Meiner Meinung nach ist das der barmherzigste Haushalt,
den es in Deutschland gibt. Kein anderes Land macht das. Nirgendwo gibt eine solche Hilfe wie in Bayern.
Man darf mahnen und kritisieren, aber die Wahrheit ist: Die bayerischen Bürger erbringen eine großartige humanitäre Leistung.
Aber neben Barmherzigkeit braucht es auch Gerechtigkeit. Gerechtigkeit bedeutet, dass wir schon darüber nachdenken müssen, wie die Kosten insgesamt in der Relation zu den Herausforderungen stehen und auch von der einheimischen Bevölkerung akzeptiert werden. Die Summen, die wir ausgeben – das kann ich keinem ersparen –, können wir kein zweites Mal für etwas anderes ausgeben. Wir hätten möglicherweise Rücklagen in Höhe von 8 bis 9 Milliarden Euro bilden können, wenn wir diese großen Herausforderungen nicht gehabt hätten. Wir könnten davon Hunderttausende von Lehrern und Polizisten oder Kitaplätze finanzieren. Wir könnten davon vielleicht sogar vier Universitäten komplett neu bauen und schlüsselfertig abgeben. Darum müssen wir auch darüber Rechenschaft ablegen, wie und für was wir das Geld ausgeben. Landräte und Oberbürgermeister haben recht, wenn sie sagen: Wir dürfen nicht einfach nur Geld ausgeben, sondern wir müssen es vernünftig ausgeben. Deswegen sage ich Ihnen: Auf Dauer müssen die Kosten sinken. Wir brauchen eine sinnvolle Ausstattung, die von den Bürgern als gerecht und fair empfunden wird. Sonst bekommen wir ein Problem in unserem Land.
Deswegen müssen Standards überprüft werden. Das Glücksrittertum muss bei einzelnen Maßnahmen beendet werden. Auf Dauer darf es keine Besserstellung bei Hartz-IV-Leistungen geben. Das sagen auch die kommunalen Spitzenverbände. Der Staat – davon bin ich fest überzeugt, darüber muss man reden – muss insgesamt ein gerechtes und soziales Gefüge haben. Wenn mit der Gesundheitskarte in einigen Bundesländern sehr schnell alle Leistungen ermöglicht werden und die Empfänger dieser Leistungen damit mit Menschen gleichgestellt werden, die ihr Leben lang in die sozialen Sicherungssysteme eingezahlt haben, dann wird das in Deutschland nicht als gerecht empfunden. Wenn wir in Bayern mindestens 700 Millionen Euro für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ausgeben, dann fordern Landräte und der Städtetag sofort – und das auch mit Recht – eine Änderung des Rechtes, die jetzt übrigens in Berlin auch erfolgen soll, damit die Kosten neu strukturiert werden und zurückgehen. Ich unterstütze diese Vorschläge, die übrigens auch von der Bundesfamilienministerin kommen. Eines sage ich
Ihnen, und dabei bleibe ich: Am Ende werden wir nicht zum sozialen Frieden beitragen, wenn wir für die Versorgung und Betreuung unbegleiteter Minderjähriger bis zu 5.000 Euro im Monat ausgeben müssen, während es unglaublich viele Rentner gibt, die maximal 500 oder 600 Euro Rente bekommen. Das ist nicht gerecht. Das muss fair und vernünftig gestaltet werden.