Protocol of the Session on July 20, 2016

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Güll, bleiben Sie bitte noch am Rednerpult. Der Kollege Professor Dr. Piazolo hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. – Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Kollege Güll, zur Klarstellung möchte ich bemerken: Erstens. Kein Vertreter der FREIEN WÄHLER hat hier gesagt, dass in den Fachverbänden keine Fachleute seien. Selbstverständlich sind sie das. Wir hören auf die Verbände und sind im Gespräch mit ihnen. Wir haben nur gesagt, dass man, abgesehen von den Verbänden, auch den Elternwillen und das Kindeswohl beachten muss.

Zweite Bemerkung – zur Wahlfreiheit. Ich gebe Ihnen völlig recht, dass der Pilotversuch natürlich nur einen kleinen Teil abbildet. Wir wissen also nicht, was die anderen Schulen, Eltern und Kinder wählen würden. Deshalb brauchen wir aber doch nicht zu sagen: Wir schreiben euch genau das vor. Wir sagen: Wählt, und zwar alle!

Dritte Bemerkung – einheitliches Schulmodell. Wir mögen vielleicht ein einheitliches Schulmodell in Bayern durchsetzen. In Baden-Württemberg gibt es etwas anderes. Die Wahlfreiheit wurde dort übrigens unter Mitregierung der SPD eingeführt. Auch in Hessen gilt Wahlfreiheit. In anderen Ländern gibt es noch das G 8. Das heißt, in den deutschen Ländern besteht durchaus Wahlfreiheit und gibt es verschiedene Modelle. Wir sollten in Bayern Wege nicht künstlich verschließen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Herr Kollege Güll, Sie haben das Wort.

Ich muss das jetzt nicht groß kommentieren, möchte aber einfach zur Klarstellung Folgendes sagen: Wir sprechen nicht von Modellen. Wir sprechen davon, dass wir für das Gymnasium nach zwölf Jahren endlich wieder ruhiges Fahrwasser brauchen, und das kann man nur durch eine Grundstruktur wiederherstellen. Über die Ausgestaltung lassen Sie uns anschließend reden. Dann lassen Sie uns auch über Möglichkeiten der Verkürzung reden. Das ist alles in Ordnung. Aber keine Realschule, keine Grundschule, keine FOS, keine Mittelschule und keine Berufsfachschule hat ein beliebiges Modell. Es gibt überall ganz klare Grundstrukturen mit der Möglichkeit, neun plus zwei zu wählen. Im Gesetz steht eine ganz klare Grundstruktur. Darum geht es, und

darum drückt sich die CSU. Das wollen wir verhindern.

Danke schön, Herr Kollege. – Als Letzter hat nun Herr Staatssekretär Eisenreich das Wort. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eine kurze Vorbemerkung machen, etwas zum aktuellen Stand sagen und vor allem unseren Zeitplan vorlegen.

Erstens, eine Vorbemerkung. Das bayerische Gymnasium mit seinem hohen Qualitätsanspruch, seinen vielfältigen Angeboten und seinen Entwicklungs- und Fördermöglichkeiten steht gut da, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Lehrerinnen und Lehrer leisten großartige Arbeit. Die Schülerinnen und Schüler am Gymnasium sind erfolgreich, wie unter anderem das diesjährige Abitur wieder gezeigt hat. Deswegen warne ich immer davor, in Reden so zu tun, als seien die Leistungen schlecht. Das sollten wir nicht tun.

(Beifall bei der CSU)

Die Lehrer leisten großartige Arbeit. Die Schülerinnen und Schüler und das bayerische Gymnasium stehen gut da. Die SPD und die GRÜNEN – sehr geehrter Herr Piazolo, Sie haben das auf sehr unterhaltsame Art dargestellt – haben ihre Meinung in dieser Frage so oft geändert, dass mich ihr Selbstbewusstsein heute wirklich wundert.

(Beifall bei der CSU)

Mehr möchte ich dazu nicht als Vorbemerkung sagen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sagen Sie etwas zur Position der CSU-Fraktion!)

Zweitens, zum aktuellen Stand: Schülerinnen und Schüler stehen im Mittelpunkt unserer Bildungspolitik, was wir durch viele Maßnahmen und eine konsequente Bildungspolitik seit Langem wirklich bewiesen haben. Die Schülerschaft am Gymnasium ist heterogener geworden. Deswegen haben wir natürlich auch die Frage der Lernzeit am Gymnasium in den Blick genommen und vor einem Jahr die Mittelstufe Plus gestartet. Die Pilotphase der Mittelstufe Plus hat das Ziel, zum einen den pädagogischen Bedarf ergebnisoffen zu ermitteln und zum anderen natürlich auch die Frage der Organisierbarkeit und der Umsetzbarkeit zu betrachten. Wir haben als erste Ergebnisse nach dem einen Jahr eine vergleichsweise große Nachfrage nach der Mittelstufe Plus, und wir haben eine hohe Zufriedenheit. Aber wir sehen auch bezüg

lich der Organisierbarkeit offene Fragen. Das stellt die Schulen doch vor große Herausforderungen. Das ist der aktuelle Stand.

Jetzt komme ich zum dritten Punkt, zum Zeitplan für die nächsten Monate. Wir wollen auf der Basis der Erfahrungen in der Pilotphase eine tragfähige Antwort auf die Frage der Lernzeit entwickeln. Wir sind gerade dabei, dafür Eckpunkte zusammenzustellen, die wir nächste Woche in der Kabinettsklausur vorlegen werden. Tagungsort ist übrigens kein Kloster; das nur als Ergänzung.

Wir wollen dann auf der Grundlage dieser Eckpunkte nach der Sommerpause eine Diskussion beginnen. Wir werden uns für diese Diskussion mehrere Monate Zeit nehmen. Wir wollen in diese Diskussion die gesamte Schulfamilie mit einbinden und werden selbstverständlich auch hier im Haus berichten. Wir freuen uns auf diese Diskussion.

Wir haben also einen ganz klaren Zeitplan. Wir erarbeiten jetzt die Eckpunkte; sie werden die Diskussionsgrundlage sein. Wir werden alle Beteiligten einladen, an dem Diskussionsprozess teilzunehmen. Dann freuen wir uns auf eine konstruktive Diskussion, um am Ende in der Frage der Lernzeit zu wirklich tragfähigen Lösungen zu kommen. Selbstverständlich sind alle Bildungspolitiker und alle anderen, die sich dafür interessieren, herzlich eingeladen, sich an der Diskussion zu beteiligen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatssekretär. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.

Ich lasse als Erstes über den Dringlichkeitsantrag der SPD auf Drucksache 17/12612 in namentlicher Form abstimmen. Die Bedingungen sind bekannt. Ich gebe Ihnen dafür fünf Minuten Zeit. Ich weise aber darauf hin, dass wir noch zwei weitere, nicht namentliche Abstimmungen haben, die unmittelbar im Anschluss an diese namentliche Abstimmung folgen. Die Abstimmung ist eröffnet.

(Namentliche Abstimmung von 11.06 bis 11.11 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die fünf Minuten Abstimmungszeit sind vorbei. Ich schließe die Abstimmung und bitte, das Ergebnis außerhalb des Saales festzustellen. – Ich bitte Sie, die Plätze wieder einzunehmen, weil wir noch zwei weitere Abstimmungen zu erledigen haben.

(Unruhe)

Ich darf Sie noch einmal höflich bitten, die Plätze einzunehmen.

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wir fahren mit der Abstimmung fort. Es geht um den Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/12614. Wer dem Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen! – Die Fraktionen der CSU und der FREIEN WÄHLER. Stimmenthaltungen? – Sehe ich keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Ich komme damit zum Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER auf Drucksache 17/12627. Dazu ist eine zweigeteilte Abstimmung über den ersten Absatz und über den zweiten Absatz beantragt worden.

Ich lasse jetzt über den ersten Absatz des Dringlichkeitsantrags der FREIEN WÄHLER abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen! – Die Fraktionen der CSU, der SPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Teil des Antrags abgelehnt.

Dann lasse ich über den zweiten Absatz dieses Antrags der FREIEN WÄHLER abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen! – Die Fraktion der CSU. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 17/12615 mit 17/12621 sowie 17/12628 und 17/12629 werden in die zuständigen federführenden Ausschüsse verwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkte 7 bis 9 gemeinsam auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Jürgen Mistol u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bestattungsgesetzes (Drs. 17/8884) - Zweite Lesung

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Paul Wengert, Prof. Dr. Peter Paul Gantzer u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bestattungsgesetzes Bekämpfung ausbeuterischer Kinderarbeit bei der Grabsteinherstellung (Drs. 17/10925) - Zweite Lesung

Gesetzentwurf der Staatsregierung Gesetz zur Bekämpfung ausbeuterischer Kinderarbeit bei der Grabsteinherstellung (Drs. 17/10903) - Zweite Lesung

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Erster Redner ist Herr Kollege Mistol von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Im April 2009 beschloss der Nürnberger Stadtrat, dass auf städtischen Friedhöfen nur noch Grabsteine aufgestellt werden dürfen, die in der gesamten Wertschöpfungskette nachweislich ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention Nr. 182 hergestellt wurden.

Was danach kam, ist hinlänglich bekannt. Dass die Mühlen der Politik mitunter furchtbar langsam mahlen, obwohl man sich in der Sache einig ist, zeigt sich an den vorliegenden Gesetzentwürfen sehr deutlich. Es brauchte nicht nur mehr als sieben Jahre, sondern auch zahlreiche Initiativen insbesondere der Opposition, von den GRÜNEN und der SPD. Beschlüsse des Landtags und Absichtserklärungen der Staatsregierung waren vorhanden, bis hier und heute endlich ein Verbot von Grabmalen vorgenommen wird, die durch Kinderarbeit entstanden sind.

Kolleginnen und Kollegen, am 12. Juni war der Welttag gegen Kinderarbeit. Nach Schätzungen von UNICEF, ILO und Weltbank sind aktuell 168 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 17 Jahren Kinderarbeiter. Mehr als die Hälfte davon leiden unter Arbeitsbedingungen, die gefährlich und ausbeuterisch sind. Dabei haben sich fast alle Staaten der Welt dazu verpflichtet, jegliche Form der Kinderarbeit bis 2025 vollständig abzuschaffen. Auch wenn Gesetze allein nicht ausreichen, um Kinderarbeit zu bekämpfen, sind sie doch wichtig und senden eine klare Botschaft aus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Viele bayerische Kommunen wollen auf ihren Friedhöfen keine Grabsteine aus Kinderarbeit, keine Grabsteine, an denen Blut klebt, weil sie aufgrund sklavereiähnlicher Praktiken gefertigt wurden.

Kolleginnen und Kollegen, die nun vorliegenden Gesetzentwürfe unterscheiden sich nur in Nuancen und sind gleichzeitig ein Beleg dafür, dass man sich im Grundsatz einig ist. Die Gesetzentwürfe schaffen nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für eine entsprechende Satzungsregelung, um Grabsteine und Grabeinfassungen aus ausbeuterischer Kinderarbeit zu verbieten,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

sondern legen gleichzeitig auch grundlegende Anforderungen an die Nachweispflicht fest. Dabei setzen alle Gesetzentwürfe auf ein abgestuftes Verfahren zur Nachweisprüfung, wobei die Staatsregierung anders als die GRÜNEN in ihrem Entwurf davon absieht, das Sozialministerium zu ermächtigen, die Regelung auf den Herstellungsprozess in weiteren Staaten auszudehnen, in denen ebenfalls keine ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention Nr. 182 stattfinden darf.

Strittig ist zudem, ob es ausreicht, ein bewährtes Zertifikat vorzulegen, oder ob stattdessen zudem eine schriftliche Erklärung einer Organisation einzuholen ist, was unseres Erachtens ungefähr auf das Gleiche hinausläuft. Will man diesbezüglich mehr Verbindlichkeit herstellen, wäre es wünschenswert, sich in Abstimmung mit anderen Bundesländern für ein bundesweit einheitliches Nachweissystem bzw. eine Zertifizierungsstelle einzusetzen. Ist die Vorlage eines Zertifikates nicht möglich, wollen wir GRÜNE nicht – wie die CSU bzw. die Staatsregierung – nur den Letztveräußerer in die Pflicht nehmen, sondern alle betroffenen Händler, auch Zwischenhändler und Großhändler. – Kolleginnen und Kollegen, die Kritik der kommunalen Spitzenverbände ist zwar nachvollziehbar, allerdings sehe ich aufgrund der gültigen Rechtsprechung keine Möglichkeit einer klareren Umsetzung.