Protocol of the Session on June 14, 2016

Ich sage Ihnen aber schon eines: Ich bin schon eher dafür, dann eine Entscheidung zu treffen, wenn wir wissen, über was wir abstimmen. Sie wissen ganz genau, dass die Verhandlungspapiere in der übersetzten Form jetzt wohl vorliegen, aber erst seit Kurzem. Über was stimmen wir also ab? – Wir wissen nicht, was darin steht. Dies gilt auch für die Kolleginnen und Kollegen im Allgäu. – Sorry.

Wenn wir also eine Entscheidung treffen, sollte sie sachgerecht sein. Dies erreichen wir nicht, indem wir Anträge ins Blaue hinein stellen, die nur ein Ziel haben, Kolleginnen und Kollegen: Das Ziel, die Stimmung, die derzeit herrscht, zu befördern, statt die Stimmung vernünftig zu kanalisieren. Es mag ja falsch sein, wenn man dem zustimmt, oder falsch sein, wenn man das ablehnt – das mag ja sein. Diesen Abstimmungsprozess muss man aber doch zulassen, statt schon im Vorfeld ein politisches Vorhaben mit einem Federstrich abbügeln zu wollen.

Danke schön, Herr Pfaffmann. – Nächster Redner ist Herr Kollege Mütze. Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Unterschied zwischen unserer Sichtweise und der Sichtweise der USA – man kann das schon fast zwei Philosophien nennen – betrifft den Verbraucherschutz. Die USA wollen das wissenschaftsbasierte Prinzip durchsetzen: Ein Produkt wird zugelassen, und die Verbraucher müssen beweisen, dass es schädlich ist, bevor es wieder vom Markt genommen wird. Das ist, glaube ich, der diametrale Unterschied. Wir denken einfach anders. Wir denken verbraucherfreundlicher: Ein Produkt kommt erst dann auf den Markt, wenn bewiesen ist, dass es für die Verbraucherinnen und Verbraucher unschädlich ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Prinzip des vorbeugenden Verbraucherschutzes, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir nicht angleichen, aufweichen oder aufgeben.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Keiner will das!)

Das will keiner. Nun zeigen aber die geleakten Unterlagen – hinzu kommt ja, dass wir von anderen abhängig sind, die uns Unterlagen zur Verfügung stellen –, dass die USA auf ihrem Prinzip bestehen. Liebe Frau Wittmann, dazu haben Sie nichts gesagt. Sie haben gesagt, mit welchen Prämissen wir, die EU, in die Verhandlungen gegangen sind. Sie haben aber nichts dazu gesagt, dass die Amerikaner, alle Amerikaner, die sich bis jetzt dazu geäußert haben und von deren Äußerungen wir wissen, klar gesagt haben, dass das nicht ihr Prinzip ist. Sie wollen das wissenschaftsbasierte Prinzip durchsetzen, wenn es um den Verbraucherschutz geht, und sie bestehen darauf. Frau Wittmann, Sie haben nichts dazu gesagt, wie Sie sich dann verhalten wollen.

Als Nächstes fällt mir auf, Frau Wittmann, dass Sie sagen, der Antrag der FREIEN WÄHLER sei überflüssig. Warum haben Sie dann einen eigenen Antrag gestellt, der in dieselbe Richtung geht? – Das ist nicht ganz nachvollziehbar, wenn er doch so überflüssig sein sollte.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Wenn also unser Prinzip des vorbeugenden Verbraucherschutzes von den USA abgelehnt wird und sozusagen eine der Zinnen ist, die geschleift werden sollen, dann ist TTIP nicht zustimmungsfähig, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dieses Signal muss oder sollte heute vom Landtag ausgehen. Deswegen ist mir das Verhalten der CSU nicht verständlich. Das CSU-Prinzip ist ja: Stimme keinem Antrag der Opposition zu! – Das mag ja sein. Für die Menschen draußen ist das aber nicht nachvollziehbar. Entweder wir ziehen alle an einem Strang und sind alle einer Meinung, dass wir den Verbraucherschutz so beibehalten wollen, wie wir ihn kennen, oder nicht. Wenn Ersteres der Fall ist, dann müsste die CSU eigentlich Ihrem Antrag, dem Antrag der FREIEN WÄHLER, zustimmen. Wir werden das tun, weil wir das Prinzip der Glaubwürdigkeit auch im Bayerischen Landtag beibehalten wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Mütze. – Nun hat sich noch Frau Staatsministerin Dr. Merk zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Dr. Merk.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir nehmen jede Sorge, die CETA betrifft, ernst und überprüfen sie auch. Wir haben in der Vergangenheit über eine ganze Menge Sorgen diskutiert. Ich halte es für wichtig, dass die Menschen auch sehen, dass wir darüber diskutieren. Ich halte es auch für wichtig, dass wir noch einmal deutlich machen, dass wir klare Eckpunkte festgelegt und Leitplanken, Grenzen und rote Linien eingezogen haben. Wir können ein gutes Freihandelsabkommen auf den Weg bringen. Wenn die Verhandler jedoch in eine andere Richtung gehen, dann werden wir ein solches Abkommen nicht um jeden Preis durchsetzen.

Das bedeutet: Wir wollen für unsere Mittelständler ein gutes TTIP auf den Weg bringen. Wenn die Verhandler ein solches Abkommen jedoch nicht erreichen, dann werden wir dazu Nein sagen. Ich glaube, das müssen wir nicht in jeder Plenarsitzung wiederholen. Das versteht sich von selbst. Wir haben das klipp und klar gesagt. Deswegen ist es nicht notwendig, permanent neue Themen heraufzubeschwören und jeden Satz, den ein amerikanischer Politiker irgendwo einmal gesagt hat, sofort mit einer Forderung zu verbinden und zu sagen: Deshalb müssen wir die Verhandlungen auf der Stelle abbrechen. Nein, wir müssen die Verhandlungen nicht abbrechen, sondern abwarten, bis das Endergebnis vorliegt. Wir müssen das Endergebnis, sobald es in unsere Sprache übersetzt ist, sorgfältigst mit den Fachleuten prüfen. An dem Ergebnis dieser Prüfung werden sich dann möglicherweise die Geister scheiden oder auch nicht. Dann werden wir uns entscheiden, ob wir zustimmen oder auch nicht.

Im Moment liegt jedoch noch nichts vor. Im Moment wird noch verhandelt. Im Moment sind sich die Verhandler dessen bewusst, was sie beachten müssen, um einen Erfolg herbeizuführen. Ilse Aigner ist nach Amerika gegangen, um deutlich zu machen: Wenn wir es schaffen, innerhalb dieser Leitplanken ein TTIP zu bekommen, dann wollen wir dieses Abkommen auch mit aller Kraft vorwärtstreiben; wenn wir es nicht schaffen, dann werden wir es bleiben lassen.

Das Vorsorgeprinzip steht nicht zur Disposition. Das ist auch im Mandat festgelegt, wie das Frau Wittmann vorhin sehr deutlich dargestellt hat. Sollte gegen das Vorsorgeprinzip verstoßen werden, werden wir unser Plazet zu diesem Abkommen nicht geben. Hier sind wir uns alle einig. Herr Pfaffmann hat das gesagt, und Frau Wittmann hat das gesagt. Auch die Bundesregierung, die Kommission und alle Mitglieder der EU sind sich darin einig. Darüber müssen wir nicht streiten. Hier geht es immer nur um Fakten und darum, dass wir hinterher diese Fakten prüfen. Um nichts an

deres geht es. Wir wollen aber unsere Chance aufrechterhalten und nicht einfach einen Schlussstrich ziehen; denn dafür besteht überhaupt kein Grund, da noch überhaupt nichts auf dem Tisch liegt.

Wir haben die Pflicht, unserem Mittelstand Möglichkeiten zu geben. Wir haben die Pflicht, auf die Verhandler einzuwirken, damit sie im Rahmen unserer Leitlinien bleiben. Dies tun wir permanent. Deshalb können wir dem Antrag der FREIEN WÄHLER nicht folgen und unterstützen unseren eigenen Antrag, den wir für richtig halten.

Ich bitte Sie, TTIP eine Chance zu geben und nicht in jeder Plenarsitzung Diskussionen zu führen, in denen die Punkte falsch dargestellt werden.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Zu beiden Anträgen wurde namentliche Abstimmung beantragt.

Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Aiwanger, Streibl, Kraus und anderer und Fraktion (FREIE WÄHLER) betreffend "Keine Kompromisse beim Vorsorgeprinzip gegenüber den USA bei TTIP!" auf der Drucksache 17/11041 abstimmen. Ich gehe davon aus, dass Sie damit einverstanden sind, wenn ich für die Abstimmung drei Minuten vorsehe. –

(Thomas Kreuzer (CSU): Nein!)

War das ein Widerspruch? – Einen Moment bitte.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Wir sind in der Abstimmung! – Namentliche Abstimmung von 18.44 bis 18.48 Uhr)

Kolleginnen und Kollegen, die drei Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung. Das Ergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben. – Ich bitte Sie, die Plätze wieder einzunehmen und noch einmal an diesem Abend zur Ruhe zu kommen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich lasse nun über den Antrag der Abgeordneten Dr. Rieger, Schreyer-Stäblein, Brückner und anderer (CSU) betreffend "Keine Relativierung des Vorsorgeprinzips durch Freihandelsabkommen" auf der Drucksache 17/11171 abstimmen. Auch diese Abstimmung erfolgt in namentlicher Form. Die Urnen stehen bereit.

Sie haben drei Minuten Zeit. Ich eröffne die Abstimmung.

(Namentliche Abstimmung von 18.48 bis 18.52 Uhr)

Die drei Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung. Auch dieses Ergebnis gebe ich in wenigen Minuten bekannt. Ich bitte, die Plätze nochmals einzunehmen. Ich habe noch wenige Bekanntgaben zu machen.

Ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner, Ruth Müller, Kathi Petersen und anderer (SPD) betreffend "Crystal-Präventionsprogramm für junge Frauen" auf Drucksache 17/11080 bekannt: Mit Ja haben 68 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 70. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Der Tagesordnungspunkt 10 – Eingabe betreffend Aufenthaltsduldung und Arbeitserlaubnis – wird im Einvernehmen der Fraktionen auf die nächste Plenarsitzung am 29. Juni verschoben.

Jetzt warten wir auf das Ergebnis der beiden letzten namentlichen Abstimmungen. Dann sind wir fertig. –

Ich gebe jetzt die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen bekannt.

Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Nikolaus Kraus und anderer und Fraktion (FREIE WÄHLER) betreffend "Keine Kompromisse beim Vorsorgeprinzip gegenüber den USA bei TTIP!" auf Drucksache 17/11041: Mit Ja haben gestimmt 63, mit Nein 73. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 5)

Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Franz Rieger, Kerstin Schreyer-Stäblein, Michael Brückner und anderer (CSU) betreffend "Keine Relativierung des Vorsorgeprinzips durch Freihandelsabkommen" auf Drucksache 17/11171: Mit Ja haben gestimmt 136, mit Nein hat niemand gestimmt. Stimmenthaltungen gab es auch keine. Damit ist der Antrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 6)

Damit haben wir alle Tagesordnungspunkte abgearbeitet. Ich danke Ihnen für die Geduld und für das

Ausharren bis zur Bekanntgabe der Ergebnisse. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.

(Schluss: 18.55 Uhr)