Deshalb unterstützen wir beide Anträge der SPDFraktion. Wir wollten auch eine Konkretisierung des ersten Antrages. Diese Konkretisierung ist erfolgt. Heute sind wir deshalb in der Lage, beiden Anträgen zuzustimmen.
Danke schön, Herr Leiner. – Nächster Redner ist Staatssekretär Hintersberger. Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinder mit chronischen und seltenen Erkrankungen oder Behinderungen und ihre Familien benötigen unsere Unterstützung. Ich weiß – und Sie wissen es auch –, wie groß die Leistung der Familienangehörigen und der Eltern ist, die diese Tag für Tag für ihre chronisch kranken oder behinderten Kinder aufbringen. Selbstverständlich ist diese Unterstützung – darüber muss nicht diskutiert werden – ein wichtiges Anliegen der Staatsregierung und jedes Mitglieds dieses Hohen Hauses. Wir sorgen uns seit vie
len Jahren um eine gute Infrastruktur, um Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen zu unterstützen und ihnen helfen zu können. Diese Infrastruktur ist beileibe nicht statisch, sondern sie entwickelt sich ständig weiter. Sie muss weiter ausgebaut und verbessert werden. Auch dies ist eine Selbstverständlichkeit. Wenn der eine oder andere Bedarf an einem zusätzlichen Flyer oder einem zusätzlichen Internetportal – so etwas haben wir im Übrigen schon – besteht, soll dies an uns nicht scheitern. Dies ist unser operatives Geschäft.
Lassen Sie mich ein paar Punkte nennen; denn manchmal entsteht der Eindruck, es gibt nur weiße Flecken und keiner tut etwas für die Familien in dieser besonderen Situation. Einmal gibt es die familienentlastenden Dienste und die offene Behindertenarbeit. Sie unterstützen Familien von Kindern mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen mit intensiven Beratungsangeboten, mit Krisenintervention, mit stundenweiser Betreuung und mit Freizeitgestaltung für die Kinder. Insgesamt gibt es 181 regionale und 84 überregionale Dienste der offenen Behindertenarbeit, die wir mit Ihrer Unterstützung mit über 8 Millionen Euro jedes Jahr fördern.
Ein zweiter Punkt. Wir haben in Bayern ein nach meinem Dafürhalten gut funktionierendes Netz von rund 200 Frühförderstellen. In den Frühförderstellen arbeiten Spezialisten unterschiedlicher Fachrichtungen interdisziplinär bei der Therapie behinderter oder chronisch kranker Kinder zusammen. Zu den Aufgaben der Frühförderstellen gehören auch die Beratung und die Begleitung der betroffenen Familien von der Geburt bis zum Schuleintritt, also von null bis sechs Jahren.
Lieber Kollege Leiner, ich halte es überhaupt nicht für schlimm oder negativ, wenn die Klinikärzte oder die niedergelassenen Kinderärzte die Familien beraten und sie zu den Frühförderstellen bringen. Die Ärzte sind eine wichtige Schnittstelle, sie sind wichtige Multiplikatoren, und sie sind eine richtige und wichtige Beratungsstelle. Dieses Angebot wird mit 19 Sozialpädiatrischen Zentren, die unter medizinischer Leitung stehen, ergänzt und vervollkommnet.
Ein weiterer Punkt, den Sie angesprochen haben, ist die Information. Wie bringe ich die Informationen bestmöglich rüber? Lassen Sie uns hierzu noch den einen oder anderen kreativen Aspekt nennen.
Sie haben die kommunikativen Aspekte angesprochen, Frau Schmidt, darum habe ich sie auch aufgegriffen. Die Selbsthilfegruppen und die Selbsthilfeverbände, aber auch die Internetplattform "intakt.info", die Informationen und Kontakte für Eltern mit behindertem Kind bietet, sind gute Instrumente zum Erfahrungsaustausch. Über "intakt.info" erhalten Eltern von Kindern mit Behinderung fachliche und rechtliche Hilfe, aber auch praktische Unterstützung durch andere selbst betroffene Familien. Dieses kostenfreie Serviceangebot ist abrufbar. – Es gibt also auch durch die modernen Medien eine umfassende Beratung. Auf die gilt es immer wieder hinzuweisen, und in dieser Richtung kann noch mehr getan werden.
Am 1. Januar 2015 ist das Erste Pflegestärkungsgesetz mit niedrigschwelligen Betreuungsangeboten in Kraft getreten. Diese Angebote stehen selbstverständlich auch Kindern mit chronischen und seltenen Erkrankungen oder mit Behinderungen und ihren Familien zur Verfügung. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ärzte in den Kliniken oder auch die niedergelassenen Ärzte bieten ganz besonders viele Unterstützungsmöglichkeiten, die abgerufen werden können. Auf diese Möglichkeit haben auch Sie, Herr Kollege Leiner, im Hinblick auf die Kinderärzte hingewiesen. Ich verweise auf ein konkretes Beispiel, die sogenannte Harl.e.kin-Nachsorge. An mittlerweile 17 Standorten in Bayern wird eine intensive Begleitung und Ausarbeitung des Förderkonzeptes durchgeführt.
Kurzum, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind nicht nur auf einem guten Weg, sondern wir verfügen auch über eine gute Infrastruktur. Jeder kann für seine Familie die Information bekommen, die er braucht. Dass die Information auch weitergehen muss, ist eine Selbstverständlichkeit. Parallelstrukturen würden aber möglicherweise nur verwirren. Davon halte ich nichts. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab bzw. wir bitten darum, diesen Antrag abzulehnen.
Danke schön, Herr Staatssekretär. – Jetzt hat sich Frau Kollegin Sonnenholzner zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön.
Herr Staatssekretär, Ihr Hinweis auf das Pflegestärkungsgesetz gibt mir die Möglichkeit, Ihnen zu sagen, dass die nötige Landesverordnung zu diesem Gesetz bis zum heutigen Tage nicht erlassen ist. Es ist deshalb schwierig, die haushaltsnahen Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Zustän
digkeit dafür nicht bei Ihrem Hause liegt, sondern beim Ministerium für Gesundheit und Pflege. Hier geht es nicht darum, haushaltsnahe Dienstleistungen niederschwelliger Art anzunehmen, sondern es geht um den niederschwelligen Zugang zu bestehenden Angeboten. Ich sage noch einmal, was eine pflegende Angehörige bei der Diskussion gesagt hat, die wir im Ausschuss geführt haben. Sie sagte: Wir brauchen so etwas wie den ADAC. – Das wären in diesem Fall die Pflegestützpunkte. Jeder, der in eine solche Situation kommt, würde dann wissen, dass dies die Stelle ist, an die er sich wenden kann, bei der er die notwendigen Informationen bekommt, ohne dass er sich stunden-, tage- oder wochenlang erkundigen und herumsuchen muss, weil dort die Informationen zusammenfließen. Das kostet kein Geld, das kostet nur ein bisschen guten Willen. Nur darum geht es uns in diesem Antrag.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, die Antwort darauf habe ich in meinen Ausführungen gegeben. Wir sind der Meinung, dass wir durch dieses Netzwerk, das von den Internetplattformen bis hin zu den Frühförderstellen und den Förderstellen reicht, in Verbindung mit den Ärzten, seien sie nun in den Kliniken oder seien es niedergelassene Ärzte, gute Möglichkeiten haben, um schnell zu Information und Beratung zu kommen. Das betrifft auch ein niederschwelliges Angebot für häusliche Dienste.
Danke schön, Herr Staatssekretär. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Der federführende Ausschuss für Gesundheit und Pflege empfiehlt beide Anträge zur Ablehnung.
Ich lasse zunächst über den Antrag auf Drucksache 17/10339 – Tagesordnungspunkt 10 – in einfacher Form abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen, bitte. – Das ist die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Nun lasse ich über den Antrag auf Drucksache 17/10572 – Tagesordnungspunkt 11 – in namentlicher Form abstimmen. Die Urnen sind bereitgestellt. Sie haben fünf Minuten Zeit. Ich eröffne die Abstimmung.
Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung. Die Stimmkarten werden draußen ausgezählt. Das Ergebnis geben wir, wie immer, zu einem späteren Zeitpunkt bekannt.
Antrag der Abgeordneten Horst Arnold, Florian von Brunn, Ruth Müller u. a. (SPD) Missbrauch des EU-Patentrechts endlich stoppen - rechtliche Klarheit über das Verbot konventionell gezüchteter Pflanzen und Tiere schaffen! (Drs. 17/9840)
Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, die Plätze wieder einzunehmen, damit wir fortfahren können. Ich eröffne die Aussprache. Als Erstem darf ich Herrn Kollegen Arnold das Wort erteilen. – Darf ich Sie bitten, die Plätze einzunehmen bzw., wenn möglich, die Gespräche draußen zu führen? – Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem Antrag bitten wir, die Staatsregierung aufzufordern, in den Chor derer einzustimmen, die eine Konkretisierung der EU-Biopatentrichtlinie fordern, sodass die Patentierung landwirtschaftlicher und biologischer Produkte nicht mehr möglich ist.
Das Problem liegt auf der Hand. Patente sind Rechte für den Erfinder, die auf 20 Jahre festgelegt sind und dazu da sind, andere von der Nutzung dieser Erfindung auszuschließen und damit Geld zu machen. Das mag für sächliche Gegenstände in Ordnung sein. Für Schöpfungsangelegenheiten wie Züchtungen, Tiere und Pflanzen ist das nicht in Ordnung. Der Zugang zu GenPools zugunsten der freien Forschung und Entwicklung ist die Grundlage der Landwirtschaft nicht nur in Deutschland und nicht nur in Bayern, sondern auch in Europa. Die Vielfalt und die Schöpfung sind in diesem Zusammenhang hohe Güter. Damit dürfen nicht einhergehen Geschäftemacherei, Monopolisierung, Kostensteigerung und Abhängigkeit auch der Landwirtinnen und Landwirte und insbesondere des Mittelstandes, auf den wir insbesondere deswegen angewiesen sind, weil gerade im kleinteiligen Bereich Forschung und Züchtung zu einem wichtigen gesellschaftlichen Fortschritt führen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen im Haus, 75 % der Saatgutforschung werden von den zehn größten Konzernen der Welt kontrolliert. Die Forschungsmittel des Konzerns Monsanto alleine sind doppelt so hoch wie die Forschungsmittel im Bundeshaushalt. Diese Tatsachen weisen eindeutig darauf hin, dass, wenn eine Patentierung möglich ist, andere davon ausgeschlossen werden und letztendlich die Gesundheit und die Artenvielfalt im Hinblick auf die Ermöglichung von Vielfalt reduziert und ins Belieben einiger weniger gestellt werden.
Das ist rechtlich so anerkannt. In der EU-Richtlinie 98/44 wird tatsächlich in Artikel 4a ein Patentierungsverbot auf biologische Vorgehensweisen und entsprechende Produkte ausgesprochen. In unserem Bundespatentgesetz ist es noch deutlicher zum Ausdruck gekommen. § 2a Absatz 1 dieses Gesetzes spricht von einem Patentierungsverbot.
Gleichwohl hat das Europäische Patentamt zu unser aller Überraschung zu Beginn des Jahres 2015 erste Patente auf Brokkoli und Tomaten als Produkte festgelegt, nachdem im Jahr 2010 von genau demselben Patentamt gesagt worden ist, man dürfe derartige Prozesse nicht patentieren. Der Aufschrei war groß. Es gab viele Reaktionen. Wir haben uns schon damals gemeinsam verständigt, dass dies nicht so sein kann.
Nun wird in diesem Haus eingewandt, man habe vonseiten der Bayerischen Staatsregierung schon alles unternommen. Man habe den Bundesjustizminister kontaktiert. Man habe diesen Prozess in Gang gesetzt, weil die Bundesregierung derselben Meinung ist. Es sei schwierig, weil diese Biopatentrichtlinie in einen völkerrechtlichen Vertrag einfließen muss, in den 37 europäische Staaten eingebunden sind. Es sei auf den Weg gebracht. Mehr müsse man nicht unternehmen. Das war im Juni 2015. Im Dezember 2015 wurde ein weiteres Biopatent auf eine Tomate ausgestellt, die besonders gesund sein soll.
Dieses Unterfangen hat mitnichten gewirkt. Deswegen fordern wir Sie auf, sich uns anzuschließen und weiterhin dagegen vorzugehen. Wir sind damit nicht allein; denn bereits im Dezember 2015 hat das EU
Parlament eine gemeinsame Resolution – federführend war Ihr Kollege Albert Deß von der CSU-Fraktion – verabschiedet, die fordert, genau dasselbe zu machen. Herr Heidl hat die Forderung des Bauernverbandes am 11.03.2016 im Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt veröffentlicht und Herrn Staatsminister Marcel Huber übergeben. Auch dort sieht man offensichtlich Handlungsbedarf. Herr Staatsminister, ich hoffe nicht, dass Sie dem Herrn Heidl gesagt haben: Sie brauchen gar nicht kommen, das ist alles schon unterwegs. – Sie haben ihm natürlich zugesagt, dass Sie sich dafür einsetzen werden. Nichts anderes wollen wir hier vonseiten des Parlaments.
Vielleicht glauben Sie, dies sei eine Angelegenheit nur des Justizministeriums. Im Bundeslandwirtschaftsministerium sagt man, im Rahmen des Biopatent-Monitorings seien zu wenige Zahlen da. Eine Einflussnahme auf einzelne Patenterteilungsverfahren sei nicht beabsichtigt. Das ist der Stand vom 28.07.2015. Ihr Bundeslandwirtschaftsminister, der Kollege Schmidt, sieht in diesem Zusammenhang keinen Bedarf, dort Einfluss zu nehmen.
Ich denke, wir sind als Parlament gut beraten, ein Signal zu setzen. Die Schöpfung, die Züchtung, ist unveräußerlich und wichtig für unser aller Zusammenleben. Deswegen fordere ich Sie auf, dieser Resolution zuzustimmen und unserem Antrag die Zustimmung zu erteilen.
Vielen Dank. – Jetzt erteile ich für die CSU-Fraktion Frau Kollegin BrendelFischer das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Arnold, inhaltlich sind wir uns einig. Nur ist die SPD mit diesem Antrag etwas spät dran. Wir haben bereits im Jahr 2011 einen entsprechenden Antrag hier in das Hohe Haus eingebracht, und man kann nachlesen, wie die Ergebnisse waren.
Es geht eben nicht, wie das hier immer anklingt, um eine Entscheidung einer bayerischen Behörde, einer Bundesbehörde oder gar einer europäischen Behörde, sondern des Europäischen Patentamts – das haben Sie selber ausgeführt. Dieses basiert auf einem völkerrechtlichen Vertrag. Deutschland ist dabei einer von 38 Vertragspartnern. Wir haben diese Grundsatzentscheidung der Großen Beschwerdekam
mer vom März 2015 – Sie haben sie genannt – natürlich im Widerspruch zu einer früheren Entscheidung aus dem Jahr 2010 gesehen. Damals hat das Europäische Patentamt nämlich noch entschieden, dass Verfahren, die auf biologischen Züchtungsmethoden beruhen, nicht patentierbar seien, auch dann nicht, wenn ein technischer Schritt hinzukommt, wie zum Beispiel bei einer Selektion, die durch Genmarker gestützt wird. Das alles sind Fortentwicklungen. Im März 2015 hat das Europäische Patentamt schließlich überraschenderweise verfügt, diese Produkte seien patentierbar. Jetzt wäre eine Änderung des europäischen Rechts notwendig, um eine Angleichung an die deutsche Patentgesetzgebung zu erreichen. Bei uns ist das entsprechend strenger geregelt. Bei uns darf im Wesentlichen alles, was auf biologischer Züchtung basiert, nicht nur die Verfahren selbst, sondern auch die mit solchen Verfahren hergestellten Pflanzen und Tiere, nicht patentiert werden.