Protocol of the Session on February 25, 2016

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf noch auf den Änderungsantrag bezüglich Artikel 7 KAG eingehen, den wir im Gesundheitsausschuss einstimmig angenommen haben. Er betrifft die Kurorte und Heilbäder, ein für den ländlichen Raum sehr wichtiges Thema. Ich darf noch einmal die 100.000 Arbeitsplätze und die 3,7 Milliarden Euro Wertschöpfung im ländlichen Raum erwähnen. In Artikel 7 KAG werden unter anderem die Prädikate aufgezählt.

Ausgehend von der Diskussion um Pottenstein und die Teufelshöhle – ich darf mich da ganz ausdrücklich bei der Kollegin Brendel-Fischer und bei unserem Innenminister bedanken, die die Diskussion sehr eng begleitet haben – ist es jetzt möglich, dass wir einen Ort mit Heilstollenkurbetrieb, einen Ort mit Heilquellenkurbetrieb und einen Ort mit Peloid-Kurbetrieb in das KAG aufnehmen. Das schafft wiederum die Basis für die Überarbeitung der Anerkennungsverordnung. So kann sich Pottenstein in Zukunft auf den Weg machen, eine Anerkennung zu beantragen.

Man sollte nicht unterschätzen, was es heißt, wenn ortsgebundene Heilmittel genutzt werden und das System der Kurorte und Heilbäder als ein wichtiges Element in der gesamten Versorgungskette im ländlichen Raum betrachtet wird. Dort sind Ärzte, dort sind Therapeuten, die die Region mit versorgen. Deswegen ist es gut und wichtig, dass wir dieses starke

Stück der Gesundheitswirtschaft auch für die Zukunft weiter wettbewerbsfähig und fit machen.

Ich glaube aber auch, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir in der Zukunft einen Sonderlastenausgleich für die Kurorte und Heilbäder in Bayern brauchen; denn wenn man die Verschuldungsstatistik betrachtet, sieht man, dass es wegen der vermehrten Aufwendungen dieser Orte nötig ist, weiter zu investieren und Infrastruktur bereitzustellen. Das sollte auch honoriert werden. Auf diesen Weg müssen wir uns machen, wenn wir die Zukunft sichern wollen. Aufgrund der verschiedenen Gesundheitsreformen des Bundes ist es für die Kurorte und Heilbäder nämlich in den letzten Jahrzehnten schon sehr schwierig geworden. Der Strukturwandel von 900.000 Kuren am Anfang der Neunzigerjahre hin zu jetzt 54.000 Kuren in Deutschland zeigt, dass dank der Kreativität und der Leistungsbereitschaft vor Ort viel erreicht worden ist, aber trotzdem Arbeitsplätze weggefallen sind. Wir wollen die Kurorte und Heilbäder auch in Zukunft stärken. Heute haben wir redaktionell etwas auf den Weg gebracht, was wir in Zukunft für die Arbeitsplätze, für die medizinische Kompetenz und für unseren ländlichen Raum weiter mit Leben füllen müssen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Für die Staatsregierung erhält Staatsminister Herrmann das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der nun seit vielen Jahren in unserem Land herumwabernden Diskussion über die Probleme rund um die Kommunalabgaben, speziell die Straßenausbaubeiträge, will ich klar sagen, dass wir zum Ersten ein leistungsfähiges Straßennetz in unseren Kommunen brauchen, dass wir zum Zweiten natürlich auch Kommunen brauchen, die einen ausgeglichenen Haushalt haben und solide finanziert sind, und dass wir zum Dritten das Ganze möglichst bürgernah gestalten wollen.

Das sind die Eckpunkte. Auf dieser Grundlage hat sich der Landtag in den letzten Monaten erfreulicherweise intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Ich denke, die Expertenanhörung mit Betroffenen und mit Fachleuten von Rang und Namen, auch aus anderen Bundesländern, hat durchaus eindrucksvolle Ergebnisse gezeitigt. Nach dieser Expertenanhörung ist klar gewesen, dass unsere Gemeinden auch künftig mehrheitlich auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen angewiesen sein werden, dass es aber in der Tat in einigen Punkten noch Verbesserungsbedarf gibt.

So sollen unsere bayerischen Gemeinden künftig die Möglichkeit haben, als Alternative zu den bestehenden einmaligen Straßenausbaubeiträgen sogenannte wiederkehrende Beiträge zu erheben. In RheinlandPfalz hat sich dieses Modell in den vergangenen 30 Jahren ganz gut bewährt. Gemeinden wie auch Anlieger sind damit ganz zufrieden, weil bei Ausbaumaßnahmen auf die Grundstückseigentümer moderate und überschaubare Jahresbeiträge zukommen.

Gerade hohe und sehr hohe Forderungen waren es in der Vergangenheit, die zu einer Vielzahl von Eingaben und Petitionen geführt haben. Deshalb waren sich bis auf die SPD ja alle Fraktionen im Prinzip einig, dass eine betragsmäßige Obergrenze in Anlehnung an den Grundstückswert zur Entspannung beitragen könnte. Ferner sollen die Anlieger künftig rechtzeitig vor einer beitragspflichtigen Straßenausbaumaßnahme informiert werden, damit sie die Möglichkeit haben, sich in den Planungsprozess einzubringen. Aus meiner Sicht ist dies schon aus einem wohlverstandenen Eigeninteresse der Städte und Gemeinden heraus eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Es schadet aber nicht und nützt vielleicht, dies ausdrücklich ins Gesetz zu schreiben.

Legt man die Gesetzentwürfe der vier Fraktionen nebeneinander, kann man feststellen, dass sich die Fraktionen, abgesehen von kleinen Details, in den wichtigsten Punkten relativ einig sind. Es wäre nicht schlecht gewesen, wenn es gelungen wäre, einen gemeinsamen Gesetzentwurf zur Änderung des KAG vorzulegen. Aber ich darf an eines erinnern, Herr Kollege Adelt: Die SPD hat bereits einen Tag nach der Expertenanhörung einen Gesetzentwurf vorgelegt.

(Zuruf von der SPD: Respekt!)

Ja, Respekt. Also schien gerade die SPD kein besonderes Interesse daran zu haben, einen gemeinsamen Gesetzentwurf auszuarbeiten. Sonst hätte sie nicht am Tag nach der Anhörung ganz allein einen Gesetzentwurf vorgelegt. Das erscheint mir als nicht sonderlich überzeugend. Ich stelle damit fest, dass ein gemeinsamer Gesetzentwurf von der SPD offensichtlich gar nicht gewollt war. Deshalb hat die CSUFraktion sicher gut daran getan, ihren eigenen Gesetzentwurf zu entwickeln, vorzulegen und heute zur Abstimmung zu präsentieren.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber gerne.

Ich mache es auch kurz, Herr Staatsminister. Ich darf nur daran erinnern, dass

es die SPD-Fraktion war, die aufgrund des herumwabernden Unwohlseins in den Gemeinden – so ähnlich haben Sie sich ausgedrückt – bereits im Dezember beantragt hat, eine Expertenanhörung durchzuführen. Wir sind dann in einer kleinen Arbeitsgruppe die Themen, die Möglichkeit eines interfraktionellen Gesetzentwurfs und die Frage durchgegangen, ob der Kreis der Experten noch um den einen oder anderen ergänzt werden soll.

Herr Kollege Wengert, eine Zwischen-"Frage" bitte!

Natürlich mussten wir einen Gesetzentwurf vorlegen. Aber ich darf daran erinnern, dass – das ist auch protokolliert – in der Sitzung vom 27. Januar – –

Herr Kollege Wengert, die Frage bitte!

Ja. Halten Sie Ihre Bemerkung aufrecht, dass die SPD nicht an einer gemeinsamen Lösung interessiert war, obwohl ich am 27. Januar im Ausschuss ausdrücklich gesagt habe, lasst uns noch einmal 14 Tage Zeit nehmen und eine interfraktionelle Arbeitsgruppe bilden und die Ecken und Kanten abschleifen, die auch aufgrund der Schreiben der kommunalen Spitzenverbände noch da sind, damit wir alle miteinander einen Gesetzentwurf einreichen können? Halten Sie Ihre Bemerkung dennoch aufrecht?

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, Entschuldigung, es gibt kurze Zwischenfragen, und es gibt Zwischenbemerkungen am Ende eines Redebeitrages. Das hätten Sie auch machen können. – Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Geschätzter Herr Kollege, ich nehme Ihre Ausführungen gern zur Kenntnis und halte an meinen Aussagen fest.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, ich will gern noch eine Bemerkung zu den Ausführungen des Kollegen Adelt anfügen. Das ist mir wichtig für die weitere Praxis, was die Landeshauptstadt München anbetrifft. Ich habe mich im vergangenen Jahr intensiv damit befasst; das bitte ich zu berücksichtigen.

Mir ist an einem gleichmäßigen – zumindest an einem gleichmäßigeren – Verwaltungsvollzug sehr gelegen. Deshalb müssen wir die Frage beantworten, wie mit der Soll-Vorschrift umgegangen werden soll. Die Pra

xis in den Regierungsbezirken ist in der Tat noch etwas uneinheitlich. Damit werden wir uns auseinandersetzen.

"Sollen" heißt auf der anderen Seite auch, dass in bestimmten Situationen anders entschieden werden kann. Wenn ich es richtig sehe, Herr Kollege Adelt, sind Sie in Selbitz zu Hause. Ich nehme darauf Bezug, weil in Selbitz der Hebesatz der Grundsteuer B bei 325 % liegt. Das ist okay und sicherlich gut für Selbitz. Die Situation in der Landeshauptstadt München ist eine andere. Ich will das nicht bewerten, also nicht für gut oder schlecht befinden. Dennoch muss ich darauf hinweisen, dass der Grundsteuerhebesatz in München mit 535 % bayernweit mit Abstand am höchsten ist. Die hiesigen Grundstückseigentümer werden über die Grundsteuer in hohem Ausmaß zur Kasse gebeten. Darüber habe ich schon mit dem Oberbürgermeister und dem Kämmerer der Landeshauptstadt diskutiert. Folgt man den insoweit schlüssigen Ausführungen der Landeshauptstadt München, sind die Einnahmen aus den Straßenausbaubeiträgen in Relation zu den Einnahmen aus der Grundsteuer – die Grundstückseigentümer werden insoweit regelrecht abkassiert – so marginal, dass sich der Verwaltungsaufwand für die Erhebung der Straßenausbaubeiträge für die Stadt nicht mehr lohnt.

Ich sehe wenige Bezugsfälle, da es – ohne das politisch näher kommentieren zu wollen – in Bayern nur wenige Gemeinden geben dürfte, die Grundsteuerhebesätze in der Münchner Größenordnung anstreben.

Ich wollte den konkreten Fall hier ansprechen, da ich mich intensiv damit befasst hatte, bevor die Entscheidung fiel. Wichtig ist, dass die Gründe im Einzelfall plausibel dargelegt werden. Willkürliche Erwägungen dürfen nicht zugrunde gelegt werden. Es geht darum, dass sich für ganz Bayern eine schlüssige Verwaltungspraxis bezüglich der Frage entwickelt, wann ausnahmsweise von der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen abgesehen werden kann.

Meine Damen und Herren, ich halte den Hinweis für wichtig, dass wir mit dem neuen Gesetz eine Fülle von Verbesserungen im Detail schaffen. Eine wesentliche Verbesserung besteht darin, dass künftig für alle Beteiligten Rechtsklarheit dahin gehend besteht, dass für Erschließungsanlagen 25 Jahre nach ihrer erstmaligen Herstellung keine Erschließungsbeiträge mehr erhoben werden dürfen. Da diese Regelung erst am 1. April 2021 in Kraft treten soll, haben die Gemeinden fünf Jahre Zeit, ihren Straßenbestand zu überprüfen und ihr Vorgehen an die neue Rechtslage anzupassen. Wenn aber in den Archiven herumgekramt wird, um Straßen, die vor 30 oder 35 Jahren gebaut wurden, mit Beiträgen zu belegen – ich hatte in den

letzten Jahren solche Fälle auf dem Tisch –, dann entstehen absurde Situationen.

Mit der Neuregelung ist sowohl den Gemeinden als auch den Grundstückseigentümern gedient. Beide Seiten erhalten Rechtssicherheit. Die Gemeinden müssen künftig weder ihr Archiv noch zusätzliche Ingenieure bemühen. Bayern nutzt damit übrigens als erstes Bundesland eine Möglichkeit, die das Baugesetzbuch schon vor 54 Jahren eröffnet hat.

Wenn eine Gemeinde, etwa aus städtebaulichen Gründen, teures Pflaster oder aufwendige Straßenlaternen wählt, ist das in Ordnung, solange sie es sich leisten kann.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Jedoch soll sie das künftig aus ihrer eigenen Kasse, das heißt aus allgemeinen Haushaltsmitteln bezahlen und nicht die Grundstückseigentümer damit belasten. Daran soll der aus dem Baugesetzbuch übernommene Erforderlichkeitsgrundsatz erinnern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, alles in allem schafft das Gesetz mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Es bedeutet für die Grundstückseigentümer zusätzlichen Schutz vor übermäßigen Beiträgen. Es bringt die Gewissheit, nicht für Luxusaufwendungen und teure Spielereien zahlen zu müssen. Darüber eröffnen wir den Gemeinden, die neue Wege gehen und ihre Bürger von hohen Beitragsforderungen entlasten wollen, zusätzliche Handlungsmöglichkeiten.

Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zu einem Thema, das die Straßenausbaubeiträge nicht direkt betrifft. Herr Kollege Holetschek, ich bin dankbar, dass durch einen ergänzenden Antrag ein Anliegen, das insbesondere die oberfränkische Gemeinde Pottenstein an uns herangetragen hat, berücksichtigt wird. Das besondere Prädikat eines "Heilstollenkurbetriebs" kann nunmehr beantragt werden; unser Kommunalabgabengesetz eröffnet diese Möglichkeit.

Der Gesetzentwurf der CSU-Fraktion ist im Ergebnis sehr ausgewogen und bietet allen Beteiligten, sowohl den Bürgern als auch den Kommunen, Vorteile. Insofern handelt es sich, neudeutsch gesprochen, um eine Win-win-Situation. Ich appelliere daher an alle Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses, entsprechend der Beschlussempfehlung dem Gesetzentwurf der CSU-Fraktion zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatsminister. Einen kleinen Moment, bitte. Wir

haben noch eine Zwischenbemerkung. – Kollege Adelt, bitte schön.

Herr Minister, Sie haben eine neue, interessante Variante präsentiert, indem Sie auf das Beispiel Münchens verwiesen haben. Können die Gemeinden daraus schließen, dass sie dann, wenn sie einen über dem Landesdurchschnitt liegenden Hebesatz der Grundsteuer haben, auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verzichten können?

(Lachen bei der CSU)

Nein, dies gilt selbstverständlich nicht für jeden über dem Landesdurchschnitt liegenden Hebesatz, sondern für den – ich denke, das ist die allgemeine Einschätzung – extrem hohen, weit über dem Durchschnitt liegenden Hebesatz der Landeshauptstadt München, der zu derart hohen Einnahmen aus der Grundsteuer führt, dass die Einnahmen aus Straßenausbaubeiträgen wirklich marginal sind. Insofern ist die Argumentation der Stadt München plausibel. Deshalb habe ich – auch unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung – diesem Anliegen der Landeshauptstadt München Rechnung getragen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt.

(Unruhe)