Seit ich Finanzminister bin, seit 2011, haben wir mit Unterstützung des Parlaments umfangreiche Maßnahmen durchgeführt in der Gesetzgebung, beim Personal und in der Organisation, um die Steuerhinterziehung zu reduzieren und dagegen vorzugehen. Wir haben die Selbstanzeigenregelungen im Verbund mit den anderen Ländern deutlich verschärft. Wir haben steuerliche Schlupflöcher geschlossen. Die Bundesrepublik hat die internationale Zusammenarbeit verstärkt, was ganz wichtig ist. Ein Großteil der Probleme, die wir heute haben, ist durch den internationalen Transfer entstanden. Es geht hier nicht allein um die klassische Steuerhinterziehung, die wir früher im Land hatten, sondern um das, was international an Verschiebungen stattfindet. Beim Vorgehen dagegen haben sich in Europa und international enorme Möglichkeiten ergeben, und immer – wenn ich das sagen darf – mit Unterstützung der Staatsregierung. Die Staatsregierung hat immer gesagt: Wir wollen kein Hin- und Herschieben von Geld, um sich der Steuerpflicht zu entziehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen eine faire und gerechte Besteuerung überall in der Welt.
Es ist eine Mär, dass die Finanzverwaltung nicht funktionieren würde. Seit 2011, also seit ich Verantwortung trage, haben wir die Steuerverwaltung um rund 1.500 Stellen verstärkt. Herr Kollege Zellmeier hat das aus seiner Erfahrung sehr schön dargestellt. Wir haben so viele Auszubildende wie noch nie, nämlich 2.100. Das ist ein neuer Rekord. Das heißt, wir werden uns in Bayern in allen Bereichen der Finanzverwaltung in den nächsten Jahren stärker aufstellen. Ich sage auch eines: Es ist besser, in Bayern Finanzbeamter zu sein, als anderswo. Ein Steuerhauptsekretär in NRW bekommt 1.300 Euro pro Jahr weniger als in Bayern. Ich sage Ihnen eines: Man muss Personal gut ausstatten. Man muss gute Arbeit aber auch anständig bezahlen. Das tut der Freistaat Bayern, im Gegensatz zu anderen Bundesländern.
Wir haben die Steuerfahndung gegenüber dem Jahr 2011 um 115 Kräfte aufgestockt. Das sind 30 %. Meine Damen und Herren, die meisten anderen Bundesländer sind weder finanziell noch organisatorisch in der Lage, dies zu tun. Wir haben uns mit diesem Zuwachs von 30 % nicht nur in der Breite aufgestellt, sondern sind erstmals auch mehr in die Tiefe gegangen, im Gegensatz zu fast allen anderen Bundesländern. Wir haben uns überlegt: Wo ist denn die Steuerhinterziehung am herausforderndsten? Darum haben wir die Sonderkommission Schwerer Steuerbetrug, unser Steuer-FBI, im Jahr 2013 mit 45 Personen gegründet. Mittlerweile arbeiten dort 107 Personen. Wir stocken dieses Personal weiter auf, sodass wir im Jahr 2018 sogar 150 Personen haben werden, die sich mit diesen speziellen Tatbeständen beschäftigen.
Das sind ausgewiesene, erfahrene und speziell ausgebildete Steuerfahnder, die sich nicht nur um internationale Geldwäsche und Umsatzsteuerkarusselle kümmern, sondern sich auch mit der Verbindung von Geldwäsche und Terrorismus auseinandersetzen. In dieser Sonderkommission können sogar einzelne Teams gebildet werden, um besonders schwere Steuerfälle zu verfolgen. Zur Aufdeckung eines Umsatzsteuerbetruges müssen heute bis zu 10.000 Einzelprüfungen vorgenommen werden, um ein Muster zu erkennen. Meine Damen und Herren, deshalb wollen wir das Steuerverfahren für die einfachen Steuerfälle vereinfachen und die Zettelwirtschaft abschaffen. Wir wollen das Personal dort einsetzen, wo tatsächlich kriminelle Energie entsteht. Dafür brauchen wir Personal. Unsere Steuereinheit ist dafür eine ganz besonders effiziente Stelle. Meine Damen und Herren, diese Leute leisten eine großartige Arbeit.
Ich nenne einige Zahlen; zunächst zur Steuerfahndung insgesamt: In den Jahren 2013 und 2014 haben 3.283 Prüfungen stattgefunden. Durch diese Maßnahmen wurden Steuermehreinnahmen in Höhe von 633 Millionen Euro erzielt. Durch die Justiz wurden im Anschluss in den Steuerstrafverfahren Freiheitsstrafen von fast 700 Jahren verhängt. Die Fahndungsprüfung wurde in dieser Zeit um 4,5 % erhöht. Die Freiheitsstrafen wurden um 34,2 % mehr, die Geldstrafen sogar um 70 %. Wir sind bei diesen Verfahren also außerordentlich erfolgreich.
Ich möchte kurz die Zahlen der SKS nennen. Die neuesten Zahlen stammen aus dem Jahr 2015. Die Sondereinheit hat als solche in den Jahren 2013, 2014 und 2015 zusammen Steuermehreinnahmen in Höhe von 270 Millionen Euro erbracht. In der Folge wurden Freiheitsstrafen von 166 Jahren verhängt. Insgesamt hat diese Einheit von 2014 auf 2015 eine Steigerung um 40 % erzielt. Meine Damen und Herren, das ist eine effiziente Bekämpfung der Steuerhinterziehung, wie sie in der Form nur in Bayern zu finden ist. Diesen Weg wollen wir fortsetzen.
Herr Kollege Zellmeier, Herr Kollege Herold und Herr Kollege Fackler haben darauf hingewiesen, dass wir in den letzten Jahren auch im Bundesvergleich an der Spitze lagen.
In den letzten zehn Jahren haben wir siebenmal den ersten Rang, zweimal den zweiten Rang und einmal den dritten Rang erzielt. Meine Damen und Herren, bei der Steuerfahndung und den Betriebsprüfungen liegen wir immer an der Spitze. Deswegen ist der Ansatz zu glauben, mit Einzelverdächtigungen oder höheren Steuern andere Ergebnisse erzielen zu können, falsch. Meine Damen und Herren, wenn ich das so höre, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass solche Neiddebatten nicht zu Bayern passen. Wir brauchen leistungsfähige Unternehmer, die dieses Land voranbringen. Dazu stehen wir auch.
(Beifall bei der CSU – Dr. Herbert Kränzlein (SPD): Das ist keine Neiddebatte; das ist eine Gerechtigkeitsdebatte!)
Meine Damen und Herren, wir setzen uns für eine faire und gerechte Erbschaftsteuer ein. Aber eines muss doch klar sein: Wir hatten schon eine Verschonung. Wenn ein Familienunternehmen fortgeführt wird, geht es nicht um Segelboote am Starnberger See. Da geht es ausschließlich um Werte, die im Betrieb bleiben sollen, um die Arbeitsplätze und die Standortnähe zu erhalten. Wer hier dagegen ist, wer gegen Tausende von kleinen Handwerks- und Mittelstandsbetrieben ist, wird am Ende einen Verlust von Arbeitsplätzen erreichen. Wir setzen uns für Arbeitsplätze und für eine gerechte Erbschaftsteuer ein. Meine Damen und Herren, wir wollen Arbeitsplätze im Land halten und sie nicht aus Bayern vertreiben; denn das würde zu noch weniger Steuereinnahmen führen.
Deswegen sage ich zusammenfassend: In dem Einzelfall, den Sie angesprochen haben, wird nach Recht und Gesetz gehandelt. Dazu haben Sie umfangreiche Fragen für den Rechtsausschuss vorbereitet. Diese Fragen wird die Justiz im Ausschuss entsprechend beantworten. Für den Freistaat Bayern kann ich nur generell sagen: Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Steuerhinterziehung ist eine Straftat. Steuerhinterziehung wird hart geahndet. Wir haben stark gefahndet und entsprechende Erfolge erzielt. Wir werden diesen Weg auch fortsetzen.
Steuerhinterziehung bedeutet, geltende Steuergesetze nicht einzuhalten. Eines wird der Freistaat jedoch nicht tun: Der Freistaat Bayern wird nicht ständig höhere Steuern fordern. Wir haben jetzt Rekordsteuereinnahmen. Irgendwann muss ein Staat auch einmal lernen, mit dem Geld, das er hat, auszukommen und nicht immer höhere Steuern zu fordern.
(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Wenn wir es gerechter machen, können wir die Steuern sogar senken!)
Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (Drs. 17/10014) - Erste Lesung
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Das Wort hat Herr Staatsminister Herrmann.
gen! Angesichts der unverändert hohen Bedrohungslage ist es für mich und muss es für uns alle ein Kernanliegen sein, die Handlungsfähigkeit unseres Verfassungsschutzes auch für die Zukunft sicherzustellen. Der Verfassungsschutz stellt ein unverzichtbares Instrument einer wehrhaften Demokratie dar. Die Bundeswehr verteidigt die Sicherheit unseres Landes nach außen; der Verfassungsschutz verteidigt die freiheitliche demokratische Grundordnung im Innern gegen sämtliche Angriffe durch Extremisten und ihre Ideologien.
Als Frühwarnsystem beginnt die Arbeit des Verfassungsschutzes bereits, bevor eine konkrete Gefahr oder eine Verletzung von Rechtsgütern eingetreten ist. Nur so können Angriffe gegen die staatliche Ordnung und terroristische Bestrebungen bereits im Vorfeld der polizeilichen Tätigkeit aufgedeckt werden. Damit ist der Verfassungsschutz die erste Brandmauer in der staatlichen Gefahrenabwehr. Meine Damen und Herren, wir müssen unsere Sicherheitsbehörden nicht nur mit genügend Personal ausstatten, sondern ihnen auch die notwendigen Befugnisse geben. Sie brauchen und gebrauchen diese nicht gegen die Bürgerinnen und Bürger, sondern für sie.
Der von der Staatsregierung hiermit vorgelegte Gesetzentwurf eines neuen Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes ist dieser Zielsetzung verpflichtet. Dabei handelt es sich um ein vollständig neues Gesetz. Warum ein ganz neues Gesetz? – Das alte Verfassungsschutzgesetz mit seiner Grundkonzeption stammt aus dem Jahr 1990. Seit der letzten Neuverkündung wurde es allein neunmal geändert und gleicht, gelinde gesagt, derzeit mehr einem Flickenteppich als einem verständlichen Gesetzeswerk. Daher hat der Ministerrat am 16. Februar eine moderne und klar konturierte Gesetzesfassung beschlossen, der eine ebenso klar strukturierte Systematik zugrunde liegt.
Was sind die inhaltlichen Schwerpunkte? – Zunächst gilt es, die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses dieses Landtags sowie der Untersuchungsausschüsse des Bundestags und anderer Länder über die Aufarbeitung der Morde des NSU umzusetzen. Von all diesen Gremien wurde eine engere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz gefordert. Eine verstärkte Zusammenarbeit aller Sicherheitsbehörden ist in der Tat das Gebot der Stunde. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht zur Übermittlung von Informationen des Verfassungsschutzes an die Polizei durch sein Urteil zum Antiterrordateigesetz sehr enge Grenzen gezogen, die wir bei der Abfassung des Gesetzes selbstverständlich beachtet haben. Hier haben wir uns sehr eng an dem Vorgehen des Bundes orientiert.
Die Harmonisierung der Vorschriften von Bund und Land über die Ermittlung von Informationen wird den dringend gebotenen Austausch aller Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern erleichtern. Ich bin überzeugt, dass die Regelung, die wir nun gefunden haben, den schwierigen Spagat zwischen enger Zusammenarbeit einerseits und dem Antiterrordatei-Urteil des Bundesverfassungsgerichts andererseits meistert.
Fast wörtlich an die Bundesregelung angelehnt haben wir uns bei dem zentralen Thema V-Leute. Der Gesetzentwurf übernimmt so weit wie möglich die gesetzlichen Eignungskriterien und Rahmenbedingungen des Bundes für den Einsatz von verdeckten Mitarbeitern und Vertrauensleuten. Allerdings haben wir vor allem an zwei Punkten Anpassungen vorgenommen.
Zum einen können wir den dauerhaften Einsatz von V-Leuten nicht wie der Bund auf Bestrebungen von erheblicher Bedeutung, insbesondere solcher mit Gewaltorientierung, beschränken. Der Bund nimmt hier für sich eine Priorisierung seiner Aufgaben vor. Den Verfassungsschutzbehörden der Länder obliegt aber damit die Aufgabe, alle Bestrebungen auf Länderebene, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, zu beobachten, egal, ob sie nun gewaltorientiert oder legalistisch sind, wie etwa die erst vor Kurzem unter Beobachtung gestellten Pegida-Ableger oder die Identitäre Bewegung Deutschland.
Zum anderen hat es sich in Bayern bewährt, den Verfassungsschutz auch einzusetzen, um die Bestrebungen und Tätigkeiten der organisierten Kriminalität zu beobachten. Dass wir uns in vielen Punkten sehr eng an Vorschriften des Bundes angelehnt haben, mag in einem bayerischen Sicherheitsgesetz vielleicht auf den ersten Blick überraschen. Ich bin aber der Überzeugung, dass vor dem Hintergrund der aktuellen Bedrohungslage eine engere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden zwingend erforderlich ist und auch den dafür notwendigen gesetzlichen Rahmen braucht. Das heißt konkret, dass wir auch unsere Sicherheitsgesetze harmonisieren müssen. Auch dies war im Übrigen eine Erkenntnis aus den Untersuchungen der NSU-Morde.
In einem wichtigen Punkt weicht unser Gesetzentwurf aber vom Vorbild des Bundes bewusst ab. Wir wollen dem Landesamt für Verfassungsschutz die Befugnis einräumen, Auskunft aus Daten der sogenannten Vorratsdatenspeicherung zu bekommen, natürlich nur mit Genehmigung der G-10-Kommission des Landtags.
Mir ist durchaus bewusst, dass das Thema auf Bundesebene strittig ist. Und wahrscheinlich werden Sie, Frau Kollegin Schulze, wie bei allen Dingen, die mit dem Verfassungsschutz zu tun haben, wieder etwas dagegen haben. Die GRÜNEN haben ja schon eine Verfassungsklage in der Presse angekündigt, noch bevor die Staatsregierung diesen Gesetzentwurf überhaupt eingebracht hat. Die Meinung einer Partei, die den Verfassungsschutz am liebsten abschaffen will, kann aber hier nicht maßgeblich sein.
Es ist klar, dass die inzwischen vom Bundestag erlassene Regelung zur Vorratsdatenspeicherung auch dem Verfassungsschutz die Möglichkeit eines Zugriffs eröffnet. Mit diesem Gesetzentwurf wird Bayern erneut seiner Vorreiterrolle in Sicherheitsfragen gerecht; denn im Ergebnis kann kein Zweifel daran bestehen, dass dieser Schritt dringend erforderlich ist, insbesondere um auch die aktuellen Gefahren des islamistischen Terrorismus wirkungsvoll bekämpfen zu können. Der Bund und die übrigen Länder sollten schnellstmöglich unserem Vorbild folgen.
Inzwischen hat übrigens der NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg seinen Abschlussbericht vorgelegt: lesenswert, meine Damen und Herren. Alle Fraktionen, auch die GRÜNEN und die SPD, haben sich in Baden-Württemberg in diesem Abschlussbericht für eine Stärkung des Verfassungsschutzes ausgesprochen und der Landesregierung empfohlen, die Einführung der Vorratsdatenspeicherung zu prüfen. Man höre und staune!
Meine Damen und Herren, zum Schluss noch ein paar Worte an die Adresse derjenigen unter uns, die den Verfassungsschutz lieber heute als morgen abschaffen wollen. Als im Jahre 1929 der damalige SPD-Reichsminister des Innern Carl Severing die Vorgängerbehörde des heutigen Bundesamts für Verfassungsschutz, das Reichskommissariat für Überwachung der öffentlichen Ordnung, auflöste, glaubte er die Republik politisch hinreichend gegen links- und rechtsextremistische Bewegungen gefestigt. Die NSDAP hatte ja im Mai 1928 gerade einmal 2,6 % der Stimmen erreicht. Es hat keine vier Jahre gedauert, um unter Beweis zu stellen, wie falsch diese Einschätzung damals war. Wir müssen Gefährdungen unserer demokratischen Verfassungsordnung durch Extremisten aus allen Richtungen, ob Rechtsextremisten, ob Linksextremisten, ob islamistische Gefährder oder andere, ernst nehmen und unsere freiheitliche Demokratie vor Angriffen von diesen Seiten aktiv schützen. Wir wollen die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Wir wollen den aktuell aufkeimenden rechtsextre
In der nächsten Woche beginnt vor dem Bundesverfassungsgericht die öffentliche Verhandlung über ein Verbot der NPD. Wir wollen uns dort gemeinsam dafür einsetzen, dass dieses Verbotsverfahren erfolgreich wird, weil damit auch ein Signal gegen den Rechtsextremismus in unserem Land gesetzt werden soll. Wir wollen die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger um ihre Sicherheit ernst nehmen. Darum wollen wir mit diesem Gesetz den Verfassungsschutz in Bayern für die Herausforderungen der Gegenwart rüsten. Darum bitte ich Sie alle um eine sorgfältige, aufgeschlossene Beratung dieses Gesetzentwurfes. Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung für diesen Gesetzentwurf, der die Demokratie in unserem Land auch in den nächsten Jahren stärken wird.
Danke schön. – Ich eröffne nun die Aussprache und weise darauf hin, dass den Fraktionen 24 Minuten Redezeit zur Verfügung steht. Erster Redner ist der Kollege Professor Gantzer.
Frau Präsidentin, Herr Minister, Kollegen und Kolleginnen! Gewalt ist die Novellierung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes. Im Grundsatz sage ich einfach mal: Das ist wirklich dringend notwendig. Hinsichtlich der Grundlagen, Herr Minister, stimmen wir Ihnen zu. Wir meinen, dass das geschehen muss. Aber – und das ist das ganz große Aber –: Es muss die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und es müssen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen beachtet werden. Eine erste Durchsicht dieses Gesetzentwurfs zeigt, dass das leider nicht durchgehend der Fall ist. Ich nenne nur fünf Punkte, bei denen wir starke Bedenken haben.
Erstens, der Schutz der Berufsgeheimnisträger. Leider ist mein Kollege Herrmann nicht da, mein Ausschussvorsitzender; er ist Rechtsanwalt. Aber ich weiß, dass in Ihren Reihen eine ganze Menge Rechtsanwälte sitzen. Mich als Betroffenen stört ganz persönlich, dass es hier eine Unterscheidung zwischen den Berufsgeheimnisträgern gibt. Es gibt die erste Klasse, das sind die Geistlichen, die Verteidiger und die Abgeordneten, und es gibt die zweite Klasse, das sind die Rechtsanwälte, Notare, Ärzte, Journalisten und noch einige weitere, die in diesem System auf einer wesentlich niedrigeren Stufe stehen. Das kann ich nicht hinnehmen. Nein, Berufsgeheimnisträger ist Berufsgeheimnisträger. Sie müssen allesamt gleichbehandelt werden. Es kann nicht sein, dass wir ein
Zweiklassensystem schaffen. – Kollege Heike – Sie fotografieren gerade –, Sie sind auch Rechtsanwalt; Sie müssten mir da zustimmen.
Zweitens, der Abruf von Vorratsdaten. Der Verfassungsschutz soll jetzt auch Zugriff auf gespeicherte Vorratsdaten bekommen. Schon ein Blick in das Telekommunikationsgesetz zeigt, dass die Verfassungsschutzämter nicht zu denen zählen, die dies tun dürfen. Im TKG wird in § 113 Absatz 1 klar aufgelistet: Nummer 2: die Gefahrenabwehrbehörden; Nummer 3: das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz. Die Verfassungsschutzämter sind sicherlich auch Gefahrenabwehrbehörden; aber sie sind in der vorgenannten Nummer 3 des Absatzes 1 extra klar positioniert. Deswegen kann ich nur sagen: Das geht nicht. Das entspricht auch nicht dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts.