Bei der Formulierung dieser Leitsätze danken wir auch dem Eine-Welt-Netzwerk Bayern und namentlich dessen Geschäftsführer Dr. Alexander Fonari für die kritische und konstruktive Zusammenarbeit. Wir freuen uns, dass das, was vor Jahren begonnen wurde, nun zu einem Abschluss kommt und der Bayerische Landtag damit entwicklungspolitische Leitsätze formuliert, um Qualitätsstandards zu setzen.
Tag für Tag zeigt sich die Notwendigkeit immer dringender. Wir sagen, zur Entwicklungspolitik gehören nicht nur Maßnahmen und Hilfen in den Zielländern, sondern eben auch Änderungen des Lebensstils hier. Dazu gehört die Änderung unseres Umgangs mit der Energie und den Ressourcen bei uns.
Nur wenn wir den Klimawandel stoppen, nur wenn wir der Nutzung der fossilen Energie ein Ende setzen, können wir verhindern, dass die Flüchtlingszahlen auf dieser Welt auf mehrere Hundert Millionen ansteigen. Wir sehen in den Grundsätzen des Fair Trade einen wichtigen Beitrag zu einer gerechteren Weltwirtschaft. Das steht im Gegensatz zu den Abkommen TTIP, CETA, und wie sie alle heißen. Entwicklungspolitische Informationsarbeit – ich erinnere an die Arbeit in den Schulen, aber auch an das Promotorenprogramm und die Arbeit in den unterschiedlichen NGOs – muss auf einen nachhaltigen Lebensstil abzielen und auf gute Partnerschaftsarbeit. Sie muss sich an Good Governance, Rechtstaatlichkeit, nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung und einer Stärkung der ländlichen Räume orientieren. Das muss einhergehen mit der Stärkung der Ernährungssouveränität vor Ort. Das ist besonders wichtig, gerade im Hinblick auf Afrika, wo immer mehr Menschen ihre Ernährungsgrundlagen entzogen werden.
Für alle entwicklungspolitischen Aktivitäten müssen wichtige Grundsätze gelten, nämlich die Stärkung der Eigeninitiative, Transparenz, Partnerschaft auf Augenhöhe, Subsidiarität und Kohärenz mit anderen Politikfeldern des Freistaats. Wir haben nun Standards für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit, die nicht nur für die entwicklungspolitischen Aktivitäten der Staatskanzlei und der Ministerien gelten sollen, sondern sie sollen auch Leitlinien für unsere eigenen Beschlüsse aufzeigen und für die Förderung engagierter Projekte der zahlreichen Eine-Welt-Initiativen. Klar definierte Grundsätze und Leitlinien sollen künftig mehr Orientierung und Richtung geben. Entwicklungspolitik ist eine wichtige Querschnittsaufgabe. Wir hoffen in Zukunft auf die stärkere Fokussierung der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit in unserer politischen Arbeit.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass dieser durchaus streitbare Tag nun doch relativ friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen abgeschlossen wird. Ich unterstütze, was meine Vorrednerinnen und Vorredner gesagt haben. Ich freue mich, dass die Arbeit an den Leitlinien, was Inhalt und Anspruch anbelangt, umfassend dargestellt wurde. Ich denke, es ist ein sehr wichtiger Beschluss, den wir heute fassen.
Die eine Welt beginnt vor deiner Tür – das ist die Botschaft der Zukunftscharta, und das ist auch unser Motto. Ich möchte aber noch weiter gehen: Eine Welt beginnt in unseren Wohnzimmern, in unseren Köpfen und in unseren Herzen. – Alle wollen eine gute Zukunft für ihre Kinder haben. Wenn wir aber Verantwortung für die Generationen nach uns ansprechen, dann bedeutet das nicht nur die Generationen, die vor uns stehen. Es ist auch die Entwicklungsarbeit, es geht also auch um die Generationen in anderen, in fernen Ländern. Mit den Entwicklungspolitischen Leitsätzen beweisen wir, gemeinsam und über Fraktionsgrenzen hinweg, Verantwortung für unsere eine Welt. Wir zeigen, auch wenn der Bund Hauptakteur in der Entwicklungspolitik ist: Bayern stellt sich seiner Verantwortung.
Von meinen Reisen kann ich Ihnen nur sagen, dass unsere Hilfe gefragt ist. Ich stelle es immer wieder fest, ob ich mit Staatspräsidenten, mit Vertretern der NGOs, mit Vertretern der Hochschulen, der Kommunen oder auch mit Studenten spreche, sie alle beto
nen den besonderen Wert der regionalen Partnerschaft, weil das sehr viel persönlichere Partnerschaften sind und weil intensiv miteinander gearbeitet wird. Wir stehen gerne mit Erfahrung, Vorschlägen und Hilfen zur Seite, zum einen, weil es selbstverständlich ein Gebot der Solidarität und Nächstenliebe ist, zum anderen aber auch, weil es in unserem ureigenen Interesse ist, die Lebensbedingungen der Menschen in anderen Teilen der Welt zu verbessern, so gut wir das können.
Deswegen habe ich mich auch sehr gefreut, dass der Landtag für den Nachtragshaushalt 2016 zusätzlich 2,3 Millionen Euro zur Fluchtursachenbekämpfung bereitgestellt hat. Schaut man, wo es überall brennt und wo wir helfen können, dann sieht man, dass das ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein ist. Trotzdem können wir mit diesem Geld helfen, und manchmal bedarf es gerade vor Ort nicht viel, um Menschen das Leben ein wenig zu erleichtern und ihnen Perspektiven zu geben.
Wir haben lange überlegt und diskutiert, in welchen Ländern und für welche Projekte das Geld am besten angelegt ist; denn wenn man es wie mit einer Gießkanne über alle Brennpunkte hinweg verteilen würde, wäre das "kleckerlesweise" und hätte kaum einen Effekt; wir würden das gar nicht spüren und die Menschen vor Ort auch nicht. Aus meiner Sicht ist es deswegen vernünftiger, thematische und geografische Schwerpunkte zu setzen. Damit können wir den Mitteleinsatz und die hoffentlich eintretenden Erfolge besser kontrollieren. Außerdem weiß ich, dass ich irgendwann einmal in diesem Haus gefragt werde, was ich denn mit dem Geld getan habe.
Wir wollen die Lebensverhältnisse in den Herkunftsländern und den Anrainerstaaten verbessern. Dabei setzen wir vorrangig auf Bildung und Gesundheit, weil das sehr nachhaltig ist. Deswegen werden wir zum einen in den Ländern helfen, die am meisten von der Flüchtlingswelle betroffen sind, den Anrainerstaaten Syriens wie Libanon und Jordanien. Im Libanon leben gerade einmal so viele Menschen wie in Berlin, dort wurden bisher 1,2 Millionen Menschen aus dem Nachbarland aufgenommen. In diesen Ländern werden wir vor allem die Bildung fördern. Die Menschen dort haben mir immer gesagt: In Syrien können unsere Kinder nicht in die Schule gehen; dann kommt man in den Libanon, und dann gibt es wieder keine Schulen. – Es ist wichtig, dass die jungen Leute dort eine Perspektive für ein selbstbestimmtes Leben haben.
Ein anderer Schwerpunkt liegt in Tunesien, mit dem es schon jetzt eine enge Partnerschaft gibt. Tunesien ist leider das einzige Land, das es geschafft hat, die Dynamik des Arabischen Frühlings hin zu einer De
mokratie umzusetzen. Es ist aber gerade diese Demokratie, die Attentäter herausfordert, wie diejenigen, die im letzten Jahr auf das Bardo-Museum oder den Strand von Sousse gezielt haben. Der Hoffnungsträger des Arabischen Frühlings darf nicht scheitern. Ein weiterer instabiler Staat in Nordafrika wäre eine Katastrophe für die ganze Region und ein Sicherheitsrisiko für Europa.
So werden wir beispielsweise mit einem dezentralen bayerischen Bürgerbüro in der Stadt Beja die kommunale Entwicklung fördern. Ich möchte in diesem Land noch weitere größere Projekte angehen, und zwar deswegen, weil seit Kurzem mit unserem ehemaligen Kollegen Franz Maget ein enger Freund und Partner in der Deutschen Botschaft in Tunis sitzt, der die bayerisch-tunesische Zusammenarbeit weiter voranbringen kann
und der vor allen Dingen ein Auge darauf werfen wird, dass das von uns investierte Geld auch dort ankommt, wo es gebraucht wird. Auf dem kurzen Weg fragen zu können "Hat das Sinn?" und "Wo tun wir etwas?", finde ich hervorragend.
Darüber hinaus werde ich ausleuchten, ob wir mit einem Staat oder mehreren weiteren afrikanischen Staaten Entwicklungspartnerschaften eingehen. Wichtig ist, dass die Verantwortlichen vor Ort bereit sind, verlässlich mit uns zusammenzuarbeiten, ob nun Bereitschaft besteht, muss man erst einmal herausbekommen. In diesem Sinn werden wir erste Gehversuche in Subsahara-Afrika in drei Staaten machen, die derzeit am stabilsten erscheinen: Togo, Kenia, vielleicht Ghana – Togo, weil wir hier eine bayerische Initiative mit Erfahrung haben, die Togohilfe Maisach.
Kenia hat mir zum Beispiel Ruth Paulig mit ihrem Wissen über die dortige Situation empfohlen. Dort wollen wir gemeinsam kleine, weniger kostenintensive Projekte auf den Weg bringen, vor allem zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung auf dem Land bzw. der dualen Ausbildung von Elektrikern und Solartechnikern. – Von der ghanaischen Regierung ist mir ein Frauenprojekt in Ghana ans Herz gelegt worden.
Das also ist für uns wichtig. Bei der Auswahl der Projektträger greifen wir auf die Expertise gemeinnütziger Ausführungsorganisationen, kirchlicher und weltlicher
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich danke Ihnen allen. Besonders danke ich dem Vorsitzenden des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen Dr. Franz Rieger. Ich danke meinem Kollegen Michael Brückner, der sich intensiv um die Leitlinien mitbemüht hat, sowie allen Kolleginnen und Kollegen des Landtags, die konstruktiv zusammengearbeitet haben und diskutieren. Dadurch ist die Fortentwicklung der entwicklungspolitischen Leitsätze der Staatsregierung von 2013 durch die Parlamentarier des Bayerischen Landtags parteiübergreifend möglich geworden.
Ich möchte Ihnen abschließend sagen: Nachhaltig helfen, das können wir nur miteinander. Wir alle setzen ein Zeichen für Humanität, Solidarität und Gerechtigkeit. Ich freue mich sehr, wenn Sie heute diese Leitsätze absegnen und sie dann die Basis unseres weiteren Handelns sind.
Den letzten Satz unterstützen wir natürlich sehr. Sie haben vorher einige Ausführungen gemacht zu zukünftigen Partnerschaftsregionen in Nordafrika. Wir haben eine Zeitlang versucht, mit Tunesien eine solche Partnerschaftsarbeit aufzubauen. Die Leitsätze implizieren, dass wir sagen: Wir wollen uns konzentrieren und die Sache richtig und gut machen. Das schließt natürlich nicht aus, dass man unterschiedlichste Projekte in verschiedenen Ländern fördert. Eine entwicklungspolitische Partnerschaft und Zusammenarbeit können wir als Bayern, als Land, das originär keine entwicklungspolitische Zuständigkeit hat, sondern das praktisch nur über Partnerschaftsregionen handelt, nicht mit allzu vielen Ländern tatsächlich umsetzen. Darum würde ich Sie bitten, die Ideen zur Weiterentwicklung der Partnerschaftsregionen in Nordafrika zu erläutern, in welchen Ländern vorrangig Projekte gefördert werden sollen, in welchen Ländern tatsächlich eine Entwicklungspartnerschaft angestrebt wird.
Tunesien ist für mich der wesentliche Punkt, weil wir da schon eine sehr gute Basis haben und weil wir wissen, dass wir mit der tunesischen Regierung, genauso wie mit allen Stiftungen der unterschiedlichen Parteien, den NGOs sehr gut zusammenarbeiten. Immer, wenn ich dort bin, habe ich mit denen Kontakt, und das zeigt auch, dass es sehr stabil ist. Das ist für uns wichtig.
Wie ich gesagt habe, bietet die Tatsache, dass Franz Maget in der Botschaft quasi jetzt unser Ansprechpartner vor Ort ist und weiß und sieht und fühlt und hört, wo etwas anzupacken ist, eine sehr gute Möglichkeit, dort noch mehr zu investieren. Deswegen habe ich auch einen Teil dieser 2,3 Millionen Euro noch nicht verplant, um noch Möglichkeiten zu haben.
Verplant sind aber schon Gelder für Togo und für Kenia, allerdings in einem deutlich geringeren Ausmaß; ich kann Ihnen die Zahlen dann noch sagen. Sie werden sehen, das ist deutlich geringer. Für Ghana haben wir noch gar nichts verplant, sondern da schauen wir gerade, was dieses Frauenprojekt bedeutet. Das heißt noch nicht, dass wir mit diesen drei Ländern Partnerschaften machen wollen. Ich habe gesagt, wir schauen uns die drei Länder einmal an, inwieweit überhaupt eine verlässliche und stabile Zusammenarbeit mit den Leuten vor Ort möglich ist – deswegen auch kleinere Projekte.
Wir sollten uns vielleicht auch noch in Subsahara-Afrika nach einer Partnerschaft umschauen, um auch dort, wo viele Flüchtlinge aufgenommen werden, die schon durch den Kontinent gereist sind, eine Hilfeleistung zu erbringen.
Das heißt aber nicht, dass wir deswegen Tunesien in irgendeiner Weise benachteiligen – ganz im Gegenteil.
Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung.
Der federführende Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen empfiehlt Zustimmung. Im Einvernehmen aller Fraktionen soll der Einleitungssatz folgende Fassung erhalten:
Der Landtag hat die nachfolgenden von den entwicklungspolitischen Sprechern der Landtagsfraktionen in Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei und dem Eine-Welt-Netzwerk Bayern e.V. erarbeiteten "Entwicklungspolitischen Leitsätze des Landtages" beschlossen.
Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist ohne Stimmenthaltung einstimmig angenommen. Vielen Dank.
Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Rosi Steinberger u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Landesbeauftragte/n für Tierschutz in Bayern einrichten (Drs. 17/8959)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Tierschutz hat in Bayern Verfassungsrang. Das ist auch gut so. Allerdings muss dieser Verfassungsrang auch mit Leben gefüllt werden, und da sehen wir GRÜNE noch deutliche Defizite.
Wir haben uns an dieser Stelle schon mehrmals über das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände unterhalten. Das wollten Sie schon einmal nicht. Das ist schade. Aber ich bin überzeugt, dass Sie diesem Anliegen auch einmal werden zustimmen müssen. Das wird vielleicht noch ein bisschen dauern; aber es wird kommen.
Jetzt versuchen wir es auf einem anderen Weg. Wir wollen in Bayern eine neue Organisationseinheit am Umweltministerium schaffen, nämlich die Stelle einer Tierschutzbeauftragten. Als Vorbild kann uns hier Baden-Württemberg dienen. Wir hatten die dortige Tierschutzbeauftragte Frau Dr. Cornelie Jäger im Sommer bei uns zu Besuch. Sie hat uns überzeugend dargelegt, wie sie dem Gedanken des Tierschutzes in Baden-Württemberg zur Geltung verhelfen konnte. So etwas können wir auch für Bayern brauchen.