Protocol of the Session on February 2, 2016

- Herr Waschler, ich freue mich gleich auf Ihren Beitrag, wobei ich schon ahne, was Sie sagen werden. Sie werden sagen, wie großartig Ihr Gesetzentwurf ist, der ja nur eine Grundlage, eine Möglichkeit schafft.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Sie werden enttäuscht sein!)

- Sie können mich überhaupt nicht enttäuschen. Dazu müsste ich erst einmal Erwartungen an Sie haben, und die habe ich nicht.

Ich möchte feststellen, dass Sie dieses Instrument auch dazu nutzen wollen, um die Belegung der Fächer steuern zu können, die eine so tolle Nachfrage haben, dass Sie den darin Ausgebildeten keine Plätze an den Schulen anbieten können. Haben Sie schon einmal von fachfremdem Unterricht gehört? Das ist eine großartige Idee, die viele Bundesländer umsetzen und dabei beste Erfolge haben. Wir brauchen alle jungen Menschen, die Lehramt studieren, an den Schulen. Dafür brauchen wir das Referendariat, damit sie dann an der Schule angestellt werden können. Das wollen Sie irgendwie steuern.

Ich sehe, dass sich meine Rednerinnenzeit allmählich dem Ende zuneigt. Herr Kollege Eisenreich, Sie sagen, 13 Bundesländer machen das bereits so, aber Sie haben verschwiegen, dass kaum ein Bundesland davon Gebrauch macht. Sie brauchen das also gar nicht erst einzubringen.

Wissen Sie, was Sie überhaupt steuern, wenn Sie steuern wollen? - Sie sagen damit jungen Menschen, macht mal lieber nicht die Lehramtsausbildung, werdet nicht Lehrerinnen und Lehrer, weil eure Zukunft ungewiss ist. Welcher junge Mensch geht in eine so ungewisse Zukunft, wenn er nicht weiß, ob er erst einmal ein, zwei oder drei Jahre Däumchen drehen muss? - Mein Petitum ist: Wenn Sie schon steuern wollen – dabei denke ich an die erfolgreiche eigenständige Schule, egal welcher Schulart -, dann steuern Sie guten Unterricht. Schaffen Sie dafür die Voraussetzungen. Steuern Sie gut rhythmisierten Ganztagsunterricht, und steuern Sie so, dass wir keine Unterrichtsausfälle mehr haben. Wenn Sie das hinkriegen, bin ich bei Ihnen. Dieser Entwurf ist aber nichts Tolles.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin. - Als Nächster hat der Kollege Lederer von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute nicht über Unterrichtsausfall. Wenn wir darüber sprechen würden, könnten wir zumindest hier in Bayern eine sehr gute Bilanz aufweisen; denn wir haben es in den letzten Jahren Gott sei Dank geschafft, den Unterrichtsausfall an bayerischen Schulen deutlich zu reduzieren. Wir sind dabei bundesweit führend, Frau Kollegin. Anscheinend ist diese Zeit an Ihnen vorübergegangen.

(Beifall bei der CSU)

Tatsache ist, dass seit einiger Zeit für einige Schularten und dabei insbesondere für bestimmte Fächerkombinationen ein massiver Bewerberüberhang besteht, während für andere Schularten ein Bewerbermangel zu verzeichnen ist. Das zeigt, dass wir Handlungsbedarf haben.

Wie kann man diesem Problem begegnen? - Dafür gibt es eine ganze Reihe von Lösungsansätzen, die wir in der Vergangenheit schon verfolgt haben. Ich glaube, wir sind uns in diesem Hause auch ziemlich einig darüber, was wir verstärkt machen können. Ich nenne als Beispiel die Beratung von Interessenten, die ein Lehramtsstudium absolvieren wollen. Wir haben hierfür zum Beispiel Online-Eignungstests eingeführt, an denen sich die jungen Menschen orientieren können. Die Lehrerbedarfsprognose wird allen, die daran Interesse haben, zur Kenntnis gegeben. Die Beratung bei Studienbeginn, aber auch die studienbegleitende Beratung sind von besonderer Wichtigkeit.

Wir versuchen auch, die Studiengänge in den einzelnen Lehramtsfächern möglichst durchlässig zu gestalten. Nicht zuletzt wollen wir eine polyvalente Lehrerausbildung schaffen. In Bayern haben sich bereits 13 Hochschulen auf den Weg gemacht und bieten zusätzliche Abschlüsse an, beispielsweise einen Bachelor oder Master of Arts, of Science, of Education. Auch eine verbesserte Mehrfachqualifizierung wird angeboten oder der Erwerb zusätzlicher Kompetenzen. Das alles wird angeboten, um die Beschäftigungschancen zu erhöhen. Was machen wir aber, wenn das alles nicht ausreicht? Ist es dann nicht sinnvoll, darüber nachzudenken, ob man den Instrumentenkasten erweitert? – Deshalb soll im Bayerischen Lehrerbildungsgesetz ein neuer Artikel 5a eingeführt werden. Mit diesem Artikel 5a soll eine Zulassungsbe

grenzung ermöglicht werden. Wichtig ist dabei, dass der grundsätzliche Anspruch auf Zulassung keineswegs infrage gestellt wird. Jetzt kann man sich natürlich fragen, ob eine Zulassungsbeschränkung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. - Ja, das ist sie, aber nur dann, wenn strenge formelle und materielle Voraussetzungen eingehalten werden. Das ist nach unserer bisherigen Durchsicht bei diesem Gesetzentwurf durchaus der Fall. Wir meinen, auch die maximale Wartezeit von drei Jahren ist hinnehmbar. Wir glauben, auch der Vertrauensschutz ist gewährleistet.

Was ist denn der eigentliche Zweck, was ist das Ziel dieser Gesetzesänderung? – Wir wissen, dass die Zahl der Lehramtsstudierenden und der Absolventen traditionell stark schwankt, und zwar nach der jeweiligen Schulart und der Fächerkombination. Sie ist aber nun in einigen Bereichen seit längerer Zeit anhaltend hoch. So ist ein hoher Bewerberandrang zu verzeichnen und eine entsprechend niedrige Einstellungsquote. Im Herbst des vergangenen Jahres hatten wir bei den staatlichen Realschulen eine Gesamtanstellungsquote von 3,2 %.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Sauber! – Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Traurig! – Thomas Gehring (GRÜNE): - Ja, traurig!)

Ist das zielführend?

(Thomas Gehring (GRÜNE): Nein!)

Macht es dann nicht vielmehr Sinn, die jungen Menschen im Vorfeld darauf hinzuweisen, möglichst dort zu studieren, wo man im Nachgang auch den entsprechenden Bedarf hat?

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Wir haben aber auch viele Klassen mit über 30 Schülern!)

Es macht jedenfalls keinen Sinn, was die Opposition in der Vergangenheit gefordert hat, nämlich einfach pauschal alle Lehrer zu übernehmen, wenn wir in einem Bereich einen Überhang und in einigen Fächern Mangel zu verzeichnen haben. Es macht doch viel mehr Sinn, soweit es irgend geht, darauf steuernd einzuwirken.

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Aber nicht auf diesem Weg!)

Die Zulassungsbeschränkung ist - das ist mir völlig klar - nicht unumstritten. Manche sagen, das löst das Problem nicht, sondern es verschiebt das Problem nur. Ich denke aber, diese Antwort verkennt, dass es eine Steuerungsmöglichkeit gibt, weil die Regelung eine psychologische Auswirkung auf junge Studierende hat. Sie werden angeregt, sich mit dem eigenen

Berufswunsch noch einmal intensiv auseinanderzusetzen.

(Günther Felbinger (FREIE WÄHLER): Aber doch nicht nach drei oder vier Jahren Studienzeit!)

Wenn Sie hier die Frage stellen, ob dann die Besten ausgeklammert werden, dann haben Sie den Gesetzentwurf nicht gelesen. 70 % der zu besetzenden Stellen werden nämlich nach Qualität vergeben, also an diejenigen, die dafür in besonderer Weise geeignet sind. Nur 30 % werden nach der Warteliste besetzt.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Das heißt: Numerus clausus!)

Es sind also nur 30 %, die von der Warteliste kommen. Es wurde gefragt, was die jungen Leute in der Zwischenzeit machen sollen. Es war von Däumchendrehen und Ellbogenstemmen die Rede.

(Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Sollen Sie vielleicht Schiffchenversenken spielen?)

- Nein, so etwas ist nicht gemeint. Sie können diese Zeit vielmehr sinnvoll nutzen und beispielsweise zusätzliche Qualifikationen erwerben.

(Isabell Zacharias (SPD): Ach, da schau her!)

Sie könnten weitere Kompetenzen erwerben, um später im gewünschten Berufsbild unterzukommen. Sie könnten sich aber auch für den öffentlichen Arbeitsmarkt weiterqualifizieren.

(Isabell Zacharias (SPD): Und wer soll sich das leisten können? – Thomas Gehring (GRÜNE): Ein Doppelstudium! So viel zum Thema lange Studienzeit!)

Es geht nicht darum, eine Zulassungsbegrenzung einzuführen, sondern es geht darum, die grundsätzliche Möglichkeit für eine Einführung zu schaffen. Interessanterweise ist das in 13 anderen Bundesländern der Fall, in denen die SPD und auch die GRÜNEN mitregieren. Interessanterweise haben die Vertreter dieser Parteien dort kein Problem. Hier und heute hören wir hingegen etwas anderes. Darüber bin ich überrascht. Die gleichen Argumente, die wir in anderen Bundesländern von Ihren Parteien hören, werden hier und heute negiert. Ob das eine einheitliche Linie ist, kann ich nicht sagen. Ich würde aber zumindest darum bitten, dass man möglichst objektiv und seriös über diesen Gesetzentwurf diskutiert und darüber auch die breite Öffentlichkeit informiert.

(Zuruf der Abgeordneten Isabell Zacharias (SPD))

Vor diesem Hintergrund freue ich mich auf eine interessante Diskussion im Bildungsausschuss.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. - Als Nächster hat Herr Kollege Professor Dr. Piazolo von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf passt gut in die närrische Zeit.

(Isabell Zacharias (SPD): So kann man das auch sehen!)

Herr Lederer, vieles von dem, was Sie gerade gesagt haben, war richtig. Viele Ihrer Überlegungen waren richtig, wie die Studienberatung, der Bachelor-Abschluss und vieles mehr. Das alles steht aber nicht im Gesetz. Ich frage mich, warum schreiben Sie es nicht hinein? Warum schreiben Sie etwas ganz anderes in das Gesetz hinein? – Das passt nicht zusammen.

Herr Staatsminister, Ihnen stelle ich die Frage, ob es eigentlich irgendjemanden außerhalb der CSU gibt, der diesen Gesetzentwurf gut findet. Irgendjemanden? Der Lehrerverband? - Ich sehe nichts. Die Referendare? – Ich sehe sie nicht. – Studierende? - Auch nicht. Die Opposition? - Schon gleich gar nicht. Das heißt, Sie stehen mit diesem Gesetz allein. Es ist bei diesem Thema einsam geworden um die CSU.

Der Gesetzentwurf ist auch nicht zielführend. Man hat deutlich gemerkt, mit welcher Vorsicht Sie ihn vorgestellt und begründet haben. Sie haben gemerkt: Mit über 20.000 Unterschriften gibt es starken Gegenwind. Wenn man hier im Haus durch die Gänge geht und ein bisschen lauscht, dann hört man, Hauptgrund für diesen Gesetzentwurf sei gewesen, dass sich die CSU-Abgeordneten vor Ort nicht länger dafür kritisieren lassen wollen, dass die genannten Übergangsquoten so gering sind. Sie wollten sich nicht kritisieren lassen, dass so viele junge Lehrer keine Anstellung bekommen. Es kann aber doch nicht sein, dass ein Problem, das viele CSU-Abgeordnete in ihren Stimmund Wahlkreisen haben, auf die Studierenden abgewälzt wird. Das ist doch nicht die Aufgabe, die Sie haben. Sie müssen sich der Diskussion doch offensiv stellen.

Es gibt drei Argumente gegen diesen Gesetzentwurf. Erstens. Ich erachte ihn als verfassungsrechtlich bedenklich. Ich sehe nicht, wo ein überragendes Schutzgut wäre, welches rechtfertigt, dass eine nicht abgeschlossene berufliche Ausbildung zwangsweise

unterbrochen wird. Ich glaube auch, dass die KannRegelung des Artikels 5a rechtlich kaum zu halten ist. Darüber müssen wir uns im Bildungsausschuss noch ausführlich austauschen. Wie Sie wissen, gibt es eine Verpflichtung, dass die Studierenden ihre Referendarzeit antreten können. Sie reden immer von mindestens drei Jahren, die Sie aussetzen wollen, aber nach dieser Kann-Regelung ginge es auch länger. Das halte ich verfassungsrechtlich für bedenklich.

Zweitens. Sie schaffen damit auch eine große Bürokratie. Es ist typisch, der Gesetzentwurf ist wieder eineinhalb Seiten lang. Eineinhalb Seiten, um einen solchen Sachverhalt zu klären! Man müsste also Ranglisten aufstellen. Sie setzen auf das falsche Zeichen. Ihren ehemaligen Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten Edmund Stoiber haben Sie nach Europa geschickt, um Bürokratie zu vermeiden. Dann aber schafft das "triple S", bestehend aus Seehofer, Söder und Spaenle, hier neue Bürokratie. Das kann es doch nicht sein! – Diese Bürokratie ist nicht nötig. Zudem wird sie auf Jahre hinaus verzögert; denn Sie sagen bewusst: Wir wollen das Gesetz im Grunde genommen nicht vor 2019 einführen, und auch dann wissen wir’s noch nicht; wir wollen dieses Folterinstrument nur in unseren Werkzeugkasten legen; dort sollen die Daumenschrauben liegen; wir drohen damit, und dann schauen wir mal.

Drittens. Falscher Zeitpunkt! Im Moment werden mehr als 1.000 Lehrer gesucht, aber Sie betreiben Lehrervermeidungsstrategien. Das passt nicht zusammen. – Von der Ausbildung, von der Didaktik her – das ist gerade schon erwähnt worden – stimmt es auch nicht: Dann, wenn ein Studierender beginnen soll, die gelernte Theorie in der Praxis anzuwenden, wollen Sie drei Jahre Pause.

Insofern glaube ich, dass der vorliegende Gesetzentwurf junge, kluge Köpfe abschreckt. Er ist ein Folterinstrument für den Werkzeugkasten verfehlter CSU-Bildungspolitik. Der werden wir nicht folgen. – Vielen Dank, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. - Jetzt darf ich Herrn Kollegen Gehring das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gesetzentwurf ist überflüssig wie ein Kropf. Es ist ein falsches Gesetz zum falschen Zeitpunkt.