Protocol of the Session on January 28, 2016

Präventionsarbeit ausbauen: Ich verweise auf meinen Redebeitrag vom 24.11. Darin ist genügend dazu gesagt worden: Jugendliche sensibilisieren, Eltern helfen, individuelle Ängste der Menschen ernst nehmen, Perspektiven schaffen, Lehrpersonal muss ausgebildet sein. Der ganze Kanon ist bekannt; ich wiederhole mich hier nicht.

Sicherheit schaffen: Die Polizei – das ist korrekt gesagt und bis jetzt von allen betont worden – muss personell und finanziell weiter gestärkt werden. Die Justiz und die zuständigen Behörden müssen personell und finanziell weiter gestärkt werden. Aber – wieder an den Antragsteller gewandt -: Unverständlich ist uns dann in diesem Zusammenhang Ihre Haltung zur Videoüberwachung und zur Vorratsdatenspeicherung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie haben als weiteren Punkt angegeben: Demokratie stärken. Das ist eigentlich der einzige neue Gedanke in dieser Debatte. Dazu haben Sie nichts gesagt. Demokratie lebt von der Gleichbehandlung, von der Mitsprachemöglichkeit, von der Beachtung der Sorgen der Bevölkerung und von der Transparenz. Da haben wir wieder die üblichen Verdächtigen: Familie, Schule, Gesellschaft. Daran muss gearbeitet werden; das sollten wir betonen.

Jetzt wende ich mich an uns selber, an uns Politiker, zunächst auch wieder an den Antragsteller: Auch Vertrauen in den Rechtsstaat führt zu einer Stärkung der Demokratie. Bei manchen Anfragen und bei manchen Diskussionen hat man schon das Gefühl, dass zunächst einmal das Misstrauen in den Rechtsstaat im Vordergrund steht. Das bedauern wir sehr.

In anderer Hinsicht richte ich mich auch an uns alle. Ich denke, das ist der Sinn dieses ernsten Themas: Wir müssen zusammenhalten. Wir müssen Vorbild sein. Die demokratischen Kräfte müssen zusammenhalten. Hier habe ich heute das Gefühl, man dividiert sich auseinander. Man hat bisher jedenfalls von diesem demokratischen, gemeinsamen Kampf gegen diese unseligen Kräfte wenig gemerkt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Frau Schulze, Sie haben am Anfang zu Recht gesagt: Populismus bekämpft man nicht mit Populismus. – Aber was bis heute zumindest von Ihnen geboten worden ist, war auch Populismus. Ängste werden auch geschürt, wenn man sagt, die Sicherheit des Landes sei gefährdet.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der CSU)

Es war aus unserer Sicht bis jetzt leider keine sachliche Debatte, sondern das Thema wurde verfehlt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Jetzt darf ich für die CSU-Fraktion Frau Kollegin Dr. Eiling-Hütig das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie wissen – Herr Reichhart hat es schon angeführt -, hat der Bayerische Landtag gestern Abend am Internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus mit einem Festakt die Wanderausstellung "Die Weiße Rose" eröffnet. Mit ihrem Eintreten gegen das verbrecherische NS-Regime und dessen grausame Intole

ranz haben die Mitglieder der Weißen Rose ein zeitloses Vermächtnis hinterlassen. Auch heute noch ist der mutige Widerstand ihrer Mitglieder, die meisten davon Studenten wie Hans und Sophie Scholl, eine Aufforderung an uns alle, sich einzumischen und einzuschreiten, wenn der freiheitlich-demokratische Staat und die Rechte der Menschen angegriffen werden. Ich weiß, dass sich Generationen von bayerischen Schülerinnen und Schülern im Unterricht mit der Geschichte der Weißen Rose beschäftigt haben und das noch immer tun; denn ihr Leben und ihr Tod berühren viele Schülerinnen und Schüler ganz besonders, da sie auch junge Menschen waren, die sich gegen die Diktatur aufgelehnt haben und dafür mit ihrem Leben bezahlen mussten.

Aber auch über die Geschichte der Weißen Rose hinaus ist das Thema Rechtsextremismus seit Langem an unseren bayerischen Schulen sehr präsent. Es ist nicht nur Bestandteil des Lehrplans in Geschichte und Sozialkunde, sondern wird auch in vielen anderen Lehrplänen intensiv behandelt. Darüber hinaus finden dazu an den Schulen viele nachhaltige Projekte statt, wie etwa "Werte machen stark", "Prävention im Team" und "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage". Mittlerweile wurde rund 400 bayerischen Schulen der Titel "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" verliehen. Das zeigt, wie erfolgreich allein dieses Projekt ist.

Auch die Jugendsozialarbeit an den Schulen leistet einen wichtigen Beitrag zur Prävention. Ich freue mich besonders, dass ich zum Thema der heutigen Aktuellen Stunde sprechen darf, weil mir persönlich der Kampf gegen Rassismus und gegen jede Form des Extremismus sehr am Herzen liegt. Nach meiner festen Überzeugung muss in unseren Schulen nicht nur über den Extremismus von rechts, sondern auch über den Extremismus gesprochen werden, der von den Islamisten ausgeht. Dieser ist nicht nur eine der Hauptursachen für die Flucht vieler Menschen aus Syrien und dem Irak, sondern bedroht uns alle im Westen auch ganz persönlich und fast überall, wo wir uns aufhalten. Das hat vor Kurzem erst wieder der schreckliche Terroranschlag auf eine deutsche Reisegruppe in Istanbul gezeigt. Nach dem Todesfall einer weiteren Frau vor zwei Tagen ist die Zahl der Todesopfer dieses Anschlags mittlerweile auf elf gestiegen. Ebenso wie der Rechtsextremismus will auch der islamistische Extremismus unsere freiheitlich-demokratische Ordnung zerstören und schreckt zur Erlangung dieses Ziels vor keiner noch so großen Grausamkeit zurück.

Das von den GRÜNEN für diese Aktuelle Stunde gewählte Thema "Gegen rechte Gewalt …" greift deshalb leider viel zu kurz.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch des Abgeord- neten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Ob bewusst oder unbewusst, das lasse ich einmal dahingestellt. – Herr Dürr, wenn Sie nichts Richtiges zu sagen haben, halten Sie doch einfach mal den Mund.

(Beifall bei der CSU – Eric Beißwenger (CSU): Bravo!)

Sie haben überhaupt nicht begriffen, dass es nicht nur um den Kampf gegen rechte Gewalt geht; denn korrekterweise müsste man sagen – das sollte Ihnen auch bewusst sein, und Sie alle sollten dahinterstehen -: Es geht um den Kampf gegen jede Art von Gewalt.

(Beifall bei der CSU)

Von meiner schulpflichtigen Tochter und ihren Kameraden weiß ich, dass die Schülerinnen und Schüler diesen Terror im Fernsehen und im Internet sehen und dafür nach Erklärungen und Antworten suchen. Wer von uns hätte das in dem Alter nicht getan? – Auch bei diesen leider im wahrsten Sinne des Wortes "brennenden" Fragen muss die Schule ihrem Bildungsauftrag nachkommen.

Hier spricht die Historikerin aus mir. Ein Blick zurück in die Vergangenheit zeigt: In allen Diktaturen und diktatorischen Regimen sind vor allem die Jugendlichen immer mit großen Versprechungen einer tollen Zukunft geködert worden. Da müssen wir ansetzen. Das gilt auch für die Terroristen, die sich selbst Islamischer Staat nennen und vor allem junge Menschen via Internet dafür gewinnen wollen, im Dienst eines Gottesstaates andere Menschen zu unterdrücken, zu vertreiben und zu ermorden.

Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, dass auch in Bayern junge Menschen rekrutiert werden. Deshalb kann in unserer aktuellen Situation "Demokratie stärken – Sicherheit schaffen – Prävention ausbauen" nur bedeuten, dass wir unsere Kinder in der Schule nicht nur gegen die Gefahren des Rechtsextremismus, sondern auch gegen die Gefahren des islamistischen Extremismus, gegen Gewalt generell wappnen. Das sollte unser gemeinsames Ziel sein.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Jetzt darf ich für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Dr. Rabenstein das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Auf der

einen Seite sind wir wirklich erschüttert, wenn wir heute wieder die Überschriften in den Zeitungen lesen und brennende Häuser sehen, in die Asylanten aufgenommen werden sollen oder in denen sie wohnen. Wir sind erschüttert, weil wir so etwas schon einmal erlebt haben. Auf der anderen Seite muss ich sagen: Überrascht bin ich nicht. Nach wie vor gibt es einen rechten Bodensatz. Wir wissen, dass die Rechten gerade in Krisensituationen – und eine solche Krisensituation haben wir jetzt – ihre dumpfen Parolen formulieren und vom rechten Bodensatz Beifall bekommen.

(Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Deshalb müssen wir uns überlegen, welche die historischen Ursachen sind!)

In der Weimarer Republik haben wir erlebt, dass in Krisensituationen Anfang der Dreißigerjahre die NSDAP stark geworden ist. Heute sehen wir, dass die rechten Rattenfänger aus ihren Löchern kommen, diesmal unter dem Tarnmantel von Pegida und AfD. Dagegen müssen wir gemeinsam vorgehen, dagegen müssen wir gemeinsam etwas tun.

(Beifall bei der SPD)

Es ist schon gesagt worden: Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zündeln; denn der Ton macht die Musik. Wenn Hans-Peter Uhl davon spricht, dass in Deutschland nicht mehr die Sicherheitsbehörden, sondern kriminelle Schlepperbanden bestimmen, wer über die Grenzen kommen dürfe,

(Josef Zellmeier (CSU): Stimmt doch!)

und wenn er dann noch fortfährt, dass der Bund jedem alles geben wolle, statt das Gesundheitssystem zu schützen und zu sanieren, dann klingt das zunächst recht harmlos. Von meinem Kollegen Horst Arnold ist aber schon gesagt worden: Die Rechten sehen das als Aufforderung, gegen unseren Staat vorzugehen. Das ist gefährlich, und deswegen bitte ich Sie, nicht zu zündeln.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben es gehört: In Fernsehdebatten bezeichnet Beatrix von Storch Deutschland als Bananenrepublik und spricht davon, dass Frau Merkel nicht nur abdanken, sondern auch aus Deutschland flüchten und in einem anderen Land ihre Memoiren schreiben solle. Für mich ist es ungeheuerlich, wenn aus dieser rechten Ecke solche Töne kommen.

(Beifall bei der SPD)

Das Zweite: Wir müssen die Zivilgesellschaft stärken. Ich bin immer froh und stolz, wenn Tausende andere,

linke Kräfte und demokratische Kräfte dagegen demonstrieren, wenn hundert Rechte auf die Straße gehen. Das ist die richtige Antwort, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Zur Zivilgesellschaft gehören auch die Tausende oder Zehntausende von Helfern, die wir in München, in Bayern und in ganz Deutschland erlebt haben, die den Flüchtenden geholfen haben. Auch das verdient Respekt. Das ist die richtige Antwort.

(Beifall bei der SPD)

Als Drittes – es ist schon erwähnt worden – möchte ich die Prävention bei Kindern und Jugendlichen ansprechen. Für mich heißt Prävention weniger verordnete, sondern mehr gelebte Demokratie an den Schulen. Darin besteht ein Unterschied. Wir müssen die Debattenkultur an allen Schularten wieder stärken. Erst wenn einer zu diskutieren lernt, erst wenn er nachzudenken lernt, ist er gegen rechte Parolen gefeit.

(Beifall bei der SPD)

Das muss unser Ziel sein. Natürlich müssen wir – das ist von der CSU schon angesprochen worden – auch Lernorte außerhalb der Schulen schaffen. Das, was wir jetzt in Hersbruck gestaltet haben, ist richtig. Eines ist mir auch klar: Wenn sich einer vor Ort in den KZGedenkstätten aktiv mit den Verbrechen der Nazis auseinandersetzt, ist er zwar nicht völlig gegen rechte Parolen gefeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass er auf rechte Parolen hereinfällt, ist aber sehr viel geringer. Deswegen sind auch diese Lernorte die richtige Antwort.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich zum Schluss noch Folgendes betonen: Gerade aufgrund der Erfahrungen aus der Weimarer Republik müssen wir in diesem Haus trotz hitziger Debatten als demokratische Parteien zusammenhalten. Im Mittelpunkt muss stehen, dass wir anders als damals in der Weimarer Republik gegen die Rechten zusammenstehen und deutlich zeigen, dass wir keine Schwatzbude sind, wie es damals geheißen hat. Wir müssen darum ringen, dass es den Menschen gut geht, dass es unserem Land gut geht und dass wir gemeinsam gegen die rechten Kräfte vorgehen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. Für die CSU-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Schreyer-Stäblein das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Gekreische von Frau Schulze fällt es sehr schwer, diesem Thema gerecht zu werden und ihm in Ruhe zu begegnen. Frau Präsidentin, ich möchte damit anfangen, dass ich Ihnen und der Stiftung Weiße Rose für den gestrigen Abend danke. Ich glaube, das kann ich mit allen Kolleginnen und Kollegen, die hier im Raum sind und gestern Abend anwesend waren, tun. Frau Strohmayr, wir saßen nebeneinander. Wir können miteinander feststellen, dass der gestrige Abend gelungen war und uns dieses Thema etwas nähergebracht hat. Deshalb erst einmal vielen Dank für den gestrigen Abend.